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Berliner Spaziergang – Plänterwald: Bunte Schachsessel, die blasse Trennschärfe und ein Fenster zum Himmel

Wie zwei Bengels auf dem Schulhof balgen sich dieser Tage Frühling und Sommer, stellen sich Beine, grätschen und greifen auch mal unorthodox ins struppige Scheitelhaar. Die Siege werden nicht tageweise abgefeiert, sondern ziehen sich jeweils episodisch durch die Zeiträume zwischen zwei Sonnenaufgängen. Den ganzen Mai ging das schon so zwischen allen Wettern und Temperaturlagen hin und her, bis am Monatsübergang wie schon in so manchem Jahr spontan auf Sommer umgeschaltet wurde.

Mauerwegstreifen an der Kiefholzstraße

Der letzte Maitag und auch die darauffolgenden Tage des Juni standen spontan im Zeichen von kurzen Ärmeln und Sandalen, wehenden Kleidern und losen Hosen. Cabrios fuhren offen, Radler kurbelten vergnügter als zuvor. Alle Vögel, die man über den Lauf des Frühlings so hören möchte, waren oder sind noch Teil der Geräuschkulisse. Viele Paare haben sich gefunden und daher wird es ab jetzt wird es nach und nach stiller in Sachen Tirili.

Bassin im Schulenburgpark

Noch vor Ablauf einer Woche ging das Wettergeschehen dann wieder zurück auf Anfang Mai. Kräftige Winde schütteln seit Tagen alles Bewegliche, Hälse werden wieder bedeckt und Kapuzen übergezogen. Die freien Tage rund um Pfingsten fallen damit in Wind und Wasser, und wer den Strand von See oder Meer im Sinne hatte, musste stark sein – oder einfach stoisch aushalten, wenn es ins Bierglas regnet. Hin und wieder bricht die Sonne für ein Viertelstündchen durch und prahlt mit voller Juni-Kraft, doch das ist weniger noch als ein laues Tröstchen. Kann man also auch gleich in Berlin bleiben, wo sich die ständigen Wechsel im Wetter gut mit der Vielfältigkeit arrangieren lassen, welche die Stadt an so vielen Stellen und Vierteln bietet.

Schacheckchen im Park am Buschkrug

S-Bhf. Plänterwald

Vom Bahnhof Plänterwald mit seinem hübschen kleinen Vorplatz kann man sich nicht nur in Richtung Spree, Treptower Park und Plänterwald entfernen, es gibt auch einen kleinen Pfad am Fuß der Gleisböschung, der nach einem kleinen Schlenker zum idyllischen Grünzug des Mauerwegs führt. Wesentlich mitgestaltet wird die Idylle vom Heidekampgraben, der ja mit seinem schönen Namen schon ein Versprechen abliefert.

Gutshof Britz, bei den Tiergehegen

Gleich am Rand der Kleingartenanlage Sorgenfrei, wo Schilder aus dieser Richtung den Weg zur S-Bahn weisen, taucht man bei einer grauen Skulptur ein in diesen schmalen Streifen Grüns und verschwindet umgehend tief in die Natur, zumindest gefühlt. Das lichte Bild mit den mitteljungen Birken, den bewegten Gräsern und den geschwungenen Wegen ist vertraut von vielen anderen Stellen am Außenrand des einstigen West-Berlins. Heute strahlt es ebenso intensiv Frieden aus, wie der einstige Todesstreifen für negative Emotionen, Sorge und Leid sorgte. Hier öffnen sich kleine Wiesen, durch Regen und Wärme schon hochgewachsen und im Wind des Tages wogend, da und dort stehen großzügige Bänke als Angebot. Der Mauerweg scheint zu kichern und wissend „Mauer weg!“ zu wispern.

Mauerwegstreifen kurz vorm Dammweg

Das Wasser des Heidekampgrabens steht zwischen seinem üppigen Grün schattig und schwarz, obwohl es kaum mehr als knöcheltief ist. Dichtes Schilf und hochgewachsene Schwertlilien stehen am Rand. Am jenseitigen Ufer liegen Gärtchen, über denen sich in vereinzelten Blickfenstern immer wieder das aktuell höchste Haus Berlins erhebt, Nebengebäude eines bestehenden Hotels. Das in seiner architektonischen Originalität etwas bemüht wirkende Turmhochhaus an der Warschauer Brücke weist es mild lächelnd in die Schranken und kann damit ein paar Sympathiepunkte einheimsen.

In der Märchensiedlung

Immer wieder schweifen winzige Pfade mit wurzeligem Grund ab, teilt sich der Weg in einen Ast für eilige Radfahrer und einen anderen für Schlenderer oder Hundepersonal auf Leergang. An Tagen mit knallender Sonne gibt es hier schönste Schattenplätzchen, auf denen sich durch das stete, wenn auch lose Hin und Her eine gewisse Grundunterhaltung darbietet. Dabei ist diese wenig genug, um beim Lesen oder ähnlichem nicht groß zu stören.

Märchenbrunnen im Schulenburgpark

Beim Überqueren des meist leicht belebten Dammweges bietet sich ein Abstecher ins hübsche, denkmalgeschützte Siedlungsviertel mit den leicht gekrümmten Straßen an, welche allesamt nach Sternzeichen benannt sind. Das lässt sich aber auch gut und gern für einen anderen Tag aufheben, denn es könnte vielleicht vom bald kommenden, recht besonderen Park ablenken. Doch erstmal folgt noch eine Fortsetzung am stets leicht kurvig stehenden Heidekampgraben, der vor dem Unterführungshalbrund der S-Bahn-Trasse in ein kleines Teichoval voller Entengrütze ausbaucht. Für noch mehr Atmosphäre sorgen ein paar Hängeweiden.

Märchenbrunnen mit Blick aufs Bassin

Märchensiedlung

Gleich hinter dem Durchgang landet man in der verträumten Gartenstadt der Märchensiedlung, die quasi in unmittelbarer Nachbarschaft mit der markanten High-Deck-Siedlung beiderseits der Sonnenallee liegt. Beide liegen nur fünf Jahrzehnte auseinander, wirken jedoch von der Empfindung und vom Erscheinungsbild her wie aus verschiedenen Jahrhunderten. Und beide sind sie auf ihre Weise faszinierend. In der Märchensiedlung zwischen Planeten- und Rübezahlstraße gibt es neben kleinen Vorgartenstreifen auch einen tiefer liegenden, großen Innenhof voll üppigen Grüns, in welchen sich hier und da über den Gartenzaun ein Blick erhaschen lässt.

Kiez-Bäckerei an der Sonnenallee

Der weniger verspielte Häuserblock zwischen Gretel- und Drosselbartstraße dürfte zeitlich etwa auf der Mitte liegen und bietet damit ein schlüssiges Bindeglied. Wer noch den Abstecher zum Beton-Koloss der High-Deck-Siedlung einschieben will, kann sich dort eine sehenswerte Spielart der Trennung von motorisiertem und rein muskulärem Verkehr anschauen, die schon öfter als Filmkulisse herhalten durfte.

Pfad über den Venusplatz am S-Bhf. Köllnische Heide

Nach ein paar Straßenbögen ist der Von-der-Schulenburg-Park erreicht, ein Gartendenkmal, welches mit weiten Wiesen, alten Bäumen und der eleganten Anlage samt Bassin durchaus mondän wirkt und mit seinem stilistisch spannenden Märchenbrunnen der Siedlung einen gelungenen i-Tupfen aufsetzt. Die kleine, eher versteckt liegende Parkanlage wirkt weitläufiger als sie ist, das langgezogene Wasserbecken wird zu beiden Seiten von alten Platanen bestanden und ist lang genug auch für Enten, welche eine extralange Landebahn benötigen. Ein detailreicher Märchenspielplatz macht die Sache rund.

Bildprägendes Hotel-Hochhaus

S-Bhf. Köllnische Heide/Planetenviertel

Bestens passend zum Bedarf nach einer ersten Pause und der Lust auf einen dampfenden Kaffee ist der vielgesichtige Kiez rund um den S-Bhf. Köllnische Heide, wo die Planetenstraße die Sonnenallee quert und den Namen der langen Sonnenallee an dieser Stelle zu einen konkreten Bezug verankert. Passend dazu gibt es in Rufweite den Venusplatz und die Siriusstraße, in Schreiweite die Jupiterstraße und bald darauf die erweckte Frage, ob es eine Planeten Delphin oder ein so lautendes Sternzeichen gibt. Doch die bleibt fürs Erste unbeantwortet. Jetzt gehen wir erstmal in die Kiez-Bäckerei an der Ecke, wo einen hinter der verlockend bestückten Kuchentheke beste türkischstämmige Gastfreundlichkeit empfängt. „Wie viele Leute bist Du? Egal, kriegen wa irgendwie unter!“

Unterm Autobahn-Dreieck Neukölln

Herzlich geht es zu, und dementsprechend gut besucht von manch berlinerndem Stammgast, plaudernd-wortreichen Damenrunden oder Passanten wie uns ist das drinnen und draußen gemütliche Café, wo sich frühstücken, imbissen oder einfach Kaffee trinken lässt. Vieles muss bei nächsten Malen probiert werden. Direkt gegenüber gibt es gleich eine zweite Option, welche mit ähnlichen Reizen lockt und von steinernen Figuren umgeben ist. Die gehören thematisch noch klar zum Märchenviertel, stehen aber an den planetennamigen Straßen. Doch gänzlich trennscharf ist das hier ohnehin nicht immer zwischen Märchenfiguren, Planeten und Sternzeichen und auch eingestreuten Sagengestalten, denn neben der Delphinstraße gibt es drüben bei den Sternzeichen auch die Einhornstraße. Wahrscheinlich sitzt an jedem zweiten ungeraden Sonntag im Monat am Nebentisch der Klaus vom Planeten Delphin, Sternzeichen Einhorn, Aszendent Drosselbart.

Am Neuköllner Schifffahrtskanal

S-Bhf. Köllnische Heide

Die ganze Ecke ist wiegesagt enorm vielgesichtig. Die Kiezbäckerei ist stilistisch in einem der Häuser der Märchensiedlung untergebracht, auf der anderen Seite der Sonnenallee das zweite Frühstückscafé zählt schon zu einem Block neueren Datums mit einer kleinen, zwei flache Stufen höhergesetzten Ladenzeile im Untergeschoss, wo Haare schön, Nägel hübsch und Hautbildstecher gerahmt werden von einem Pizzaservice und einem Späti. An der langen Seite des Venusplatzes stehen wuchtige, fast etwas mondäne Bürgerhäuser.

Britzer Hafensteg

Der von gewaltigen Platanen umringte Platz ist zum größten Teil von einer bunten Blühwiese bedeckt, die wohl nur zweimal im Jahr gemäht wird und somit eine große Vielfalt an Wachsendem und Schwirrendem hervorbringt. Mitten hindurch geht in elegantem Schwung ein breiter Trampelpfad. Und rechts schaut zwischen den Häusern mal wieder der Hotelturm hindurch, der jetzt hier gar nicht sonderlich hoch, sondern eher stämmig aussieht. Die Wolken haben sich in der laufenden Viertelstunde zu etwas Heiterkeit entschlossen, doch eine Ecke weiter warten schon die nächsten düsteren Massive.

Hafen Britz-Ost mit Autobahnbrücke und Eisbrecher

Jenseits der Wiese wird der Blick angezogen vom eleganten Bahnhofsgebäude des S-Bahnhofs Köllnische Heide, einer von den weniger bekannten Bahnhöfen Berlins. Und auch leicht verwirrend, da doch das Waldgebiet Köllnische Heide eher in Richtung Köpenick liegt. Viele, die in anderen Stadtteilen wohnen, werden den Bahnhof am ehesten daher kennen, wenn Sie vom östlichen Ring kommend gen Schöneweide wollten und versehentlich in der Ringbahn saßen. Oder vom südlichen Ring kommend in der Ringbahn bleiben wollten und versehentlich im Grünauer saßen. Jedenfalls ein sehr schickes Empfangsgebäude mit schmalen, hohen Lichteinlässen und einem großflächigen Dach. Und mit direktem Anschluss an die Sonnenallee und zwei besuchenswerte Frühstückscafés.

Im Park am Buschkrug

Bis zum nächsten nennenswerten Parkgrün folgt nun ein spröder Abschnitt, der für uns als willkommene Knochenbeilage durchgeht (auch das ist Berlin), sich jedoch auch gut und genussverlustfrei mit einem Kurzstreckenfahrschein überspringen lässt. Die Verlängerung der Delphinstraße erfolgt in einem schmalen Gehweg zwischen Hecken und einer hübschen Häuserzeile, die ebenfalls nach Siedlung aussieht. Entlang großer Gewerbeflächen und rudelweise Bussen wird es nun minütlich lauter. Das ist kein Wunder, denn neben der verkehrsreichen Grenzallee liegt auch ein verschachtelter Autobahnknotenpunkt ums Eck. An der Szenerie von Hochhaus, Bogenbrücke und klobigen Gewerbebauten ist gerade gar nichts romantisch, eine Fasziniation geht von diesem Bild dennoch aus. Nicht zuletzt ist das dem aktuellen Wolkenbild geschuldet.

Wasserlauf im Park am Buschkrug

Autobahn-Dreieck Neukölln und Kanalkreuz

Kurz nach der wohl einzigen Autobahnauffahrt in Deutschland, die komplett ohne Hinweisschild daherkommt und wohl als Feldversuch auf menschliche Wahrnehmung und gesunden Menschenverstand setzt, liegt der lange Bau einer weltweit vertretenen Hühnerbraterei. Dahinter verschwindet, ebenfalls frei von Hinweisen, eine Zufahrt, in der ein Radweg wurzelt. Fünf Arme Autobahn sind hier gebündelt und verwoben, flechten sich in mehreren Ebenen durcheinander. Autobahnromantik in Reinbeton von unten, doch zumindest ein guter Regenschutz, falls es mal regnen sollte. Schon bald wird die schnelle Piste akustisch von einer umrankten Wand abgekoppelt, fängt nun eher der stille Neuköllner Schifffahrtskanal die Aufmerksamkeit. Am Ufer steht einzeln eine mächtige Kastanie und empfiehlt die Stelle für ein Päuschen.

Hochplateau überm Park am Buschkrug

Der Kanal lässt sich auf dem holzbeplankten Britzer Hafensteg überqueren, von der Stahlfachwerk-Brücke übersieht man gut das große Wasserstraßenkreuz, welches der abbiegende Teltowkanal gemeinsam mit dem erwähnten und dem von Osten hinzustoßenden Britzer Verbindungskanal bildet. Alle drei stehen sie mit dem Wasser der Spree in direkter Verbindung, und die große Kreuzung sieht schon ein wenig beeindruckend aus. Im Hafen Britz Ost liegt das Bild unterstützend der kleine Eisbrecher Seeadler, vorrangig schwarz, mehr als fünfzig Jahre alt und von der Bauart her fast noch etwas betagter aussehend. Das kompakte Stahlgefährt erinnert ein bisschen an die kraftvollen, wendigen Barkassen im Hamburger Hafen.

Akazienwäldchen an der Blaschkoallee

Jetzt folgt echte Knochenbeilage, doch nur ein kurzes Stück. Zwischen abgeparkten Hängern und Lastern wackelt ein Fahrschüler auf dem Mopped zwischen Hütchen hindurch. Auf der Buschkrugbrücke wird dann der Teltowkanal überquert und fürs Erste verabschiedet. Ein Burger-Kiosk in Hochuferlage würde einladen, ist aber heute geschlossen. Gegenüber erstreckt sich das Gelände des einstigen West-Berliner Spaßbades Blub, aktuell wird hier eine Wohnanlage mit flottem Marketing-Namen errichtet, der vermuten lässt, dass alle halbwegs originellen Namen schon aufgebraucht bzw. vergeben waren.

Rathaus Britz

Park am Buschkrug

Ein Schleichweg befreit vom Grundrauschen der Buschkrugallee und setzt sich im Kienheideweg fort, vorbei an einem kleinen, umzäunten Rosengarten. Einige Höhenmeter später landen wir im erwähnten nächsten Park, der ausreichend Stoff für einen längeren Aufenthalt bietet. Der Park am Buschkrug ist leicht hügelig, zu etwa gleichen Teilen von Wald und Wiese bedeckt und überreich an thematischen Spielplätzen und sympathischen Trimm-Dich-Strecken in vier Gruppen. Dazwischen gibt es gediegene Treppen mit breiten Stufen, schöne Plastiken und Mosaik-Objekte und ganz am Rand auch einen überdachten Flachbau mit Gastronomie. Ein Ort, der allein schon als kleines Ausflugsziel taugt und zugleich die einzige größere Grün- und Parkfläche im weiteren Dreh darstellt.

Am West-Berliner Fennpfuhl

Vorbei am Dracula-Spielplatz gelangt man zur Kreuzung an den Säulen mit den Namen europäischer Hauptstädte, kann von dort entlang des verspielten Wasserlaufes aufsteigen und die Wasser zum Laufen bringen, die Schleusentore öffnen oder schließen. Weiter oben steht mitten auf einer hoch gelegenen Wiese ein Tor, aus zwei Mosaik-Säulen wuchert ein eisernes Rosengeflecht als Torbogen. Gleich benachbart steht sich ein Paar gewaltiger Mosaik-Sessel gegenüber, zwischen sich ein Schachbrett. Und auch der Stufen-Abstieg zum U-Bhf. Blaschkoallee wird von Mosaik-Elementen begleitet. Wer war jetzt eigentlich Blaschko? Das war ein Mediziner, nicht aus der Slowakei, sondern aus dem brandenburgischen Freienwalde stämmig, welcher um die vorletzte Jahrhundertwende vor allem Geschlechtskrankheiten den Kampf angesagt hatte. Und Alfred hieß. Alfred Blaschko.

Rosengarten beim Schloss Britz

U-Bhf. Blaschkoallee

Jenseits der Blaschkoallee verschwindet man gleich wieder im Akazienwäldchen, einer lichten Wiese, die lose mit eben diesen Bäumen bestanden ist und wie eine kleine Hochebene wirkt. Von oben lässt sich auf die Türme und die Fassade der prächtigen Britzer Rathausanlage schauen, beim Verlassen des Parks fällt der Blick auf einen farbenprächtigen Hindu-Tempel mit zahllosen steingemeißelten Gottesfiguren in der oberen Fassade. Der Tempel ist einer von eher wenigen Hindu-Tempeln auf der nördlichen Erdhalbkugel und steht Besuchern mit unbeschuhten Füßen offen.

Im Rosengarten

Falls Fragen erwachsen, hier in aller Kürze ein paar sehr allgemein gehaltene Informationen: der Hinduismus, nach Christentum und Islam die weltweit drittgrößte Glaubensgemeinschaft, ist ein ganzer Komplex von Glaubensrichtungen. Der Buddhismus ging aus dem erheblich älteren Hinduismus hervor, dementsprechend haben beide eine Reihe von Gemeinsamkeiten, ebenso gibt es markante Unterschiede. Weltweit gibt es weit mehr als eine Milliarde Hindus, von denen der allergrößte Teil in Indien lebt.

Schlosspark Britz

Gleich geht es weiter im dichten Grün, das zum Fennpfuhlpark gehört. Dieser sieht gänzlich anders aus als sein liebevoll angelegter Namensvetter in Lichtenberg. Still, verwunschen und naturromantisch liegt der Weiher weit unten im Schatten, schattig sind auch die Wege entlang seiner Ufer und Wohnhäuser sind allenfalls zu erahnen. Nach einer Wiese mit wogenden Gräsern schafft ein breiter Weg entlang eines bemerkenswerten Schulgeländes die Verbindung zur Fuhlhamer Allee, wo jetzt mit dem Schloss und dem Kirchteich das Herz von Britz erreicht wird.

Schloss Britz

Schloss und Gutspark Britz

Schon fällt der Blick in den Schlosspark mit seinen alten Bäumen, doch vorher nehmen wir in einem Abstecher noch den Rosengarten mit. Gerade ist die Hochzeit der Rosen, und dementsprechend gibt es hier verschiedenste Exemplare zu bestaunen, mit Auge und Nase und auch sonst. Eine hübsche kleine Anlage mit verschiedenen Ebenen, einem Pergola-Gang und ein paar schattigen Bänken. Ein kleines Tor gestattet tagsüber den Übergang in den Schlosspark, gleich dahinter steht ein riesengroßer Gingkobaum und qualifiziert sich laut Texttafel als Baum mit außerordentlich hoher Stadttauglichkeit.

Allee im Schlosspark

Schon nach zwei Abbiegungen öffnet sich dann dieser herrliche Blick zum Schloss mit der Fontäne des Springbrunnens davor. Unterwegs gilt es noch, das Milchmädchen über seinen zerbrochenen Krug zu trösten und vom sprudelnden Brunnen aus einen Blick zurück in die herrliche Allee zu werfen. Hier und da rücken sich ein paar Palmen ins Bild, in großen, orangerietauglichen Bottichen. Eine weitere Pforte gestattet den Übergang zum Gutshof Britz, einer Anlage mit großem kopfsteingepflasterten Innenhof. Drum herum stehen eine Menge schöner Stall- und Wirtschaftsgebäude, in denen heute ein Museum, Kultur und Gastronomie untergebracht sind, auch eine Musikschule gibt es.

Freilichtbühne auf dem Gutshof

Ins Auge fällt zudem die Freilichtbühne, welche modern und minimalistisch gebaut wurde und über ein Zeltdach verfügt, genauer genommen also vorrangig eine Freiluftbühne ist. Hauptanziehungspunkt gerade für Familien dürften aber die verschiedenen Tiere sein, deren Gatter sich dahinter anschließen. Ein pittoresker, leicht gebogener Alleegang führt hindurch zwischen goldigen Pferden und still versonnenen Ziegen, vorbei an Ruhe ausstrahlenden Rindern und vielbeschäftigten Schafen. Nur ein paar Minuten entfernt lässt sich übrigens der Britzer Kirchteich auf einem Spazierweg umrunden, wobei sich die Kirche sehr schön in Szene setzt.

Gutshof Britz

Direkt am südöstlichen Ausgangstor beginnt dann einer von diesen waldschattigen Grünzügen, die es in West-Berlin an vielen Stellen gibt und wo man manchmal meint, sie würden sich mehr oder weniger gleichen. Und immer wieder feststellen darf, dass es so nicht ist. Links und rechts des etwa hundert Meter breiten Streifens stehen Hochhäuser und andere Gebäude, und doch hat man oftmals das Gefühl, tief im Grünen und fernab von Siedlungen unterwegs zu sein. Alles ist saftig, grün und würzig duftend, was auch den jüngsten Regengüssen zu verdanken ist. Auffällig sind die zahlreichen Spielplätze, welche den Waldweg begleiten und jeweils ein wenig anders sind als der vorhergehende.

Ziegengehege am Gutshof

An der rumpligen Rückseite einer kleinen Ladenzeile mit Mülltonnen und Entlüftungsgebläse endet der Waldweg recht schnöd. Nur ein paar Meter weiter führt ein Durchgang auf einen großen Parkplatz, über dem sich jetzt mehr und mehr eine voluminöse, tiefdunkle Wetterwolke festsetzt, drohend auftürmt. Das lang angekündigte Gewitter – das könnte es sein. Der Parkplatz übrigens wird dann und wann zum Marktplatz, so auch heute. Nur wenige Buden stehen noch, darunter die Hähnchenbraterei und der Experte für orthopädisches Strumpfwerk, die meisten jedoch sind schon im Abbau oder der Abreise begriffen.

Kleine Allee zwischen den Tiergehegen

Ganz links gibt es ein großes Geschäft für osteuropäische Lebensmittel, gleich rechts findet uns ohne Umschweife und zum richtigen Zeitpunkt der einladende Schankgarten einer richtig schönen Berliner Gaststätte. Hier ist alles so, wie man es sich an so einem Platz wünscht. Ein Tisch unterm Vordach ist frei und die Einkehr bekommt jetzt die Zeit, welche sie braucht. Die Küche weiß neben manch anderem, wie man richtig gute Bratkartoffeln macht, das ist immer schön und keineswegs selbstverständlich.

Grünzug Britz-Süd

U-Bhf. Britz-Süd

Ziemlich genau nach dem Zahlen bricht dann das Unwetter los. Wir wollen wie gehabt die Schirme aufspannen und losgehen, doch der graue Vorhang geht im 45°-Grad-Winkel herab, da schützt kein Schirm und meist auch keine Regenpelle. Also verlängern wir noch um ein Käffchen in Tresennähe und sitzen den so starken wie kurzen Wolkenbruch gemütlich aus.

Zeitweiliger Marktplatz Britz-Süd

Auch drüben beim Eingang zum U-Bahnhof gibt es noch so eine bungalowflache Ladenzeile, die vor allem mit Dienstleistern bestückt ist. Beim hübsch überdachten hinteren U-Bahn-Ausgang ist der Weg gesperrt, weithin und ernst gemeint. Die Umgehung auf einem mit Kiefern bestandenen Grünzug bringt uns zur Bruder-Klaus-Kirche, an der wir sonst vorbeigegangen wären. Das moderne katholische Gotteshaus hat ein riesiges, von einem winzigen Türmchen gekröntes Ziegeldach. Von Westen her lässt ein langes Dachfenster den Hauptteil des Lichtes in das Kircheninnere. Ein Blick ins Kirchenschiff ist vom Vorraum aus möglich, der komplett hölzerne, recht eindrückliche Dachstuhl liegt frei für den Blick. Der Lichtstreifen des langen Fensters wird um das Wort Hoffnung ergänzt, das kann man derzeit gar nicht oft genug vor die Augen bekommen. Nach Osten hin zeigen ebenholzdunkel drei hölzerne Tore, so groß, dass sie klassische Scheunentore würden winzig erscheinen lassen.

Bruder-Klaus-Kirche

Rudower Straße

Vom Ende der Baustelle geht es nun wieder weiter wie geplant, durch die parkgrünen Innenhöfe des Bruno-Taut-Rings, dann durch grüne Pfadgassen entlang kleiner Gärtchen. Die geleerten Wolken haben umgehend große Pfützen hinterlassen, sodass hier und da etwas Umhertanzen angesagt ist. Fast ohne Vorahnung wirft einen die letzte kleine Grünfläche an der breiten Rudower Straße aus. Der Bereich um die Kreuzung hat mit allerlei Geschäften und Gastronomie mit Siebziger-Jahre-Touch durchaus etwas Kieziges, auch wenn er durch seine Weite zunächst eher spröde wirkt. Fisch, Döner und Torten sowie ein Zeitungsladen auf der einen, Goldhähnchen und Rudower Quelle und Fontane-Apotheke auf der anderen Seite, um nur ein paar zu nennen. Dazu gibt es vier Bushaltestellen an allen vier Kreuzungsarmen.

Innenhof-Pfade am Bruno-Taut-Ring

Durch den Innenhof einer niedrigeren Plattenbausiedlung zieht sich ein Grün- und Spielstreifen, der von einem Brunnen mit Mosaik-Anleihen eröffnet wird. Auch eine wellige Fläche für Skater und Räder gibt es, groß angelegt mitsamt Brücke. Ab jetzt wird die Tour beschaulicher, nach und nach. Ein breiter Spazierweg taucht tief ein in ein ganzes Knäuel von Kleingartenanlagen, das abgsehen von einigen Hauptwegen frei von Autoverkehr ist. So lässt sich entspannt in die Gärten schauen, wo gerade alles blüht, allen voran natürlich die Rosen. Hunderte Gärten sind das, entsprechend groß die Vielfalt an Rosen und allem anderen. Viele Menschen sind nicht da, da ja kein Prachtwetter angesagt war.

An der Rudower Straße

Nach etwas Zickzack landen wir am Uferweg, welcher den Teltowkanal begleitet. Drüben säuselt die Autobahn, versteckt hinter Schallschutzwänden, gleich darunter verläuft gemeinsam mit dem Radweg einer der Grünen Hauptwege für Leute zu Fuß. Der Kanal bleibt hier im Hintergrund, der Weg wird beiderseits vom üppigen Grün der Jahreszeit gestaltet. Nach einem Parkplatz wandelt sich das Asphaltband zum leise knirschenden Splittweg und der Bogen der nächsten Kanalbrücke kommt in Sicht. Am jenseitigen Ufer sind die passiven Teile von Schubverbänden abgeparkt, leer und im Standby.

Innenhof am Goldhähnchenweg

Erneut wird nun der Teltowkanal überquert und damit die einstige Grenzlinie überschritten, wir sind nun wieder auf Treptower Seite unterwegs. Nach einem kurzen Stück unterhalb der Johannisthaler Chaussee wechseln wir in die nächsten Kleingartenanlagen. Im Unterschied zu vorher ist hier nahezu jeder Garten per Auto zu erreichen, das Ganze ist entsprechend etwas ungemütlicher und manche Pfütze kommt somit nie ganz zur Ruhe. Einige wenige Schleichpfade lassen sich auch hier finden, und die werden alle beide mitgenommen. Am fünften der Spartenheime, von denen bisher alle belebt waren an diesem Pfingstwochenende, ist gerade eine große Gesellschaft beim Feiern, mindestens jede und jeder Zweite ist elegant und zumeist farbenfroh gekleidet, was in dem grünen Rahmen für ein schönes Gesamtbild sorgt.

Durch die Kleingärten zum Teltowkanal

Der Königsheideweg ist die nördliche Begrenzung der Gärten und wir wechseln in den dichten Wald der Königsheide, das erste größere Waldgebiet heute. Auch hier scheint es geregnet zu haben, und so dampft es regelrecht aus dem dichten Wald, schiebt würzigen Duft aus allen Poren. Die erste Pfadpassage ist so schmal, dass wir quasi ununterbrochen vom klammen Laub gestriffen werden und bald gutgehend eingeweicht sind. Doch die Temperatur hat sich im Laufe des Tages in moderate Höhen hochgeschaukelt, und so geht das in Ordnung. Unzählige Pfade queren unsere Spur und es stellt sich die Frage, ob es irgendwen gibt, der sie alle kennt, sich vollständig in diesem größeren Wald auskennt.

Teltowkanal kurz vor der Johannisthaler Chaussee

Am Ostrand liegt das Breite Fenn, ein Feuchtgebiet und Überrest der ursprünglichen Spreeniederung. Doch das ist komplett und zudem weiträumig umzäunt, man bekommt also selbst vom Zaun aus nichts zu Gesicht. Daher sollte man an einer entscheidenden Stelle nicht nach rechts, sondern nach links gehen und sich dann gleich wieder rechts halten. Bzw. wenn man kurz nach einem rechten Abbiegen auf den Zaun stößt, gleich wieder zurückgehen und sich dann bei erster Gelegenheit rechts halten.

Pfad durch die Kleingärten Richtung Königsheide

All das wissen wir leider noch nicht, und so folgen wir dem zwar vorhandenen, doch äußerst schmalen Pfad quasi in dauerhafter Tuchfühlung mit dem Maschen des hohen Drahtzauns. Irgendwann ist alles so nass, dass es auch schon egal ist. Ohne Sucherei kommen wir zum Weg, der am Heizwerk des ehemaligen Kinderheims Makarenko vorbei zur Südostallee führt. Ab hier kann nun langsam getrocknet werden, damit wir letztlich auch in die S-Bahn gelassen werden.

In der grünen Königsheide

Da die Tour heute irgendwie im Zeichen von Siedlungshäusern stand, wird jetzt auch noch die hübsche Siedlung an der Friedrich-List-Straße mitgenommen, einer der vielen Orte in Berlin, wo man sich wie auf dem Dorf fühlt. Schleichwege durch die Gärtchen zwischen Straße und Schwarzem Weg, die es vor Kurzem noch gab, verbergen sich heute erfolgreich, sind vielleicht nur von der anderen Seite kommend ermutigend zum Eintritt. Oder einkassiert worden. Doch auch die Straße hat Anschluss an den Schwarzen Weg, von dem nun schon der S-Bhf. Schöneweide zu sehen ist.

Siedlungshäuser Friedrich-List-Straße

S-Bhf. Schöneweide

Der letzte Besuch hier liegt schon eine Weile zurück, das war noch vor dem großen Umbau, als die Damen vom Bäckerladen im Durchgang bedauerten, dass sie wohl vor Renteneintritt hier nicht mehr arbeiten würden. Da hatten sie wohl Recht, denn es hat ja eine ganze Weile gebraucht, weit mehr als zehn Jahre. Der Platz hinterm Bahnhof mit seinem Wäldchen im großen Öhr der Straßenbahnwendeschleife zählte während der Lehre jeden Tag zu meinem Arbeitsweg, weil ich dort frühmorgens von der S-Bahn in den Bus umstieg. Kann gut sein, dass ich seitdem nicht mehr hier war.

Hinterm Bahnhof Schöneweide

Jetzt ist es weit und groß, fast ohne Grün, und mutet nahezu wie ein kleiner ZOB an. Fast immer ist in der weiten Kurve etwas in Bewegung, sieht manchmal wie eine Choreographie zwischen gelben Bussen und gelben Bahnen aus. Hinauf zum Bahnhofsdurchgang führt eine breite Treppe, der Eintritt wurde mit großen historischen Ansichten des Bahnhofs gestaltet. Die S-Bahn rollt ein, die Schrift vorn am Zug und der Zugrichtungsanzeiger unterm Bahnsteigsdach sind sich nicht gänzlich einig. Egal – falls wir versehentlich an der Köllnischen Heide stranden sollten, ließe sich daraus auf jeden Fall etwas Gutes machen!












Anfahrt ÖPNV (von Berlin Zentrum):
mit der S-Bahn bis Plänterwald (ca. 0,25 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): nicht sinnvoll

Länge der Tour: 16 km (Ab-/Verkürzungen vielfach möglich)



Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

 

 

Einkehr (Auswahl): S-Bahn-Stübchen (Kneipe) am S-Bhf. Plänterwald
Kiez-Bäckerei, ggbr. S-Bhf. Köllnische Heide
Imbiss Z-Burger, Buschkrugallee/Brücke über den Teltowkanal
Café am Buschkrug, im Park am Buschkrug
Buchholz, Gutshof Britz (am Schloss)
Gaststätte Zum Bierseidel, am U-Bhf. Britz-Süd
div. Angebote, Rudower Str./Grüner Weg
Vereinsheime in den Kleingartenanlagen (z. B. Gaststätte Britzer Wiesen, Wirtshaus Heide am Wasser)


Sperenberg: Nasse Schafe, Gebirgsseen und das volle Jahrzehnt

Der Mai ist mit Schwung in die Vollen gegangen, ist zu einem sensationellen Festival der Farbe Grün herangereift, wie das scheinbar lange nicht mehr der Fall war. Geholfen dabei haben ungleichmäßige Verteilungen von Wärme und Kälte, Sonne, Trockenheit und punktuellem Wasser von oben. Ein fieser Nachfrost kam nicht so früh wie letztes Jahr, erst im ersten Drittel des Mai, und richtete daher weit weniger Schaden bei Obstblüten und anderen Schönheiten an. Dennoch sind in Büschen und Bäumen so einige Opfer klar sichtbar.

Krummer See in Sperenberg

Da bisherige Hitzeepisoden wohlplatziert und jeweils von kurzer Dauer waren, hielten sich im üppigen Blühwerk dieses Monats zahlreiche Blütenstände und sorgen nun dafür, dass zur gleichen Zeit Flieder und Rhododendron, Holunder und Weißdorn sowie auch die Kastanien und Robinien blühen. Dazu gesellen sich auf Fußhöhe noch lieblich duftende Maiglöckchen in manchem Waldstück sowie der bunte Farbenkanon aus rot, blau und weiß an den Feldrändern.

Der Raps wird nur langsam gelb, dafür stehen so gut wie alle Laubbäume großzügig im dichtem Laub. Dementsprechend hervorragend ist die Luft, was in den Monaten zuvor so gar nicht der Fall war. Alles in allem also ein prächtiger Mai, der mal wieder kurz die Freuden des Sommers verhieß, dann bald schon in Richtung einstelliger Temperaturen zurückwich.

Stichteich bei Rehagen

Ähnlich sah der Wonnemonat vor zehn Jahren aus, wo sich die Eisheiligen auch mehr als wörtlich nahmen, obendrein in beide Richtung um jeweils eine Woche verlängert wurden und unverhandelbar dafür sorgten, dass die Mütze noch lange nicht im Winterschrank verschwinden durfte.

10 Jahre Reportagen aus Brandenburg und Berlin –
10 Jahre voll gesammelter Wege

Damals begab es sich, dass jemand gänzlich ohne Erfahrung einen Reportagen-Blog ins Leben rief, ihn Wegesammler Brandenburg nannte und schaute, was wohl passieren würde. Der erste Beitrag spielte an der Spree und nannte sich „Kossenblatt, die Spree und der verschollene Räuberberg“. Die dreiteilige Gestaltung des Titels blieb, hat sich über die Jahre gehalten. Die Texte hingegen trauten sich mit den Jahren, blumiger und ausführlicher zu werden. Bilder spielten anfangs eine untergeordnete Rolle, was sich jedoch schnell änderte. Die grundlegende Gestalt der Beiträge, welche sich letztlich ausformte, ist bis heute zu erkennen.

Pfad in den Klausdorfer Tongruben

Da ja niemand vom Wegesammler Brandenburg wissen konnte, gab es zunächst kaum Besucher. Doch nach und nach sprach es sich herum, so dass aus einstelligen bald zweistellige Zugriffszahlen wurden, punktuell und an besonderen Tagen soll es auch schon dreistellige Werte gegeben haben. Vor Ort wurden bald kleine, orangene Schilder hinterlassen – erst noch per Reißzwecke, bald schon geklebt-, die per QR-Code direkt zur Webseite führen. Später kamen hübsche Bierdeckel hinzu, die seitdem an Rastplätzen ganz praktisch zum Schonen der Tischplatten beitragen.

Insel im Gipsbruchteich

Neben der Verbreitung von Mund zu Mund halfen beim Sichtbarwerden Beiträge in der Presse, später auch im Radio, einmal auch im Fernsehen. Der erste Radiobeitrag ließ erfreulicherweise einen in Berlin ansässigen Buchverlag neugierig werden. Man war sich bald einig, einen Auszug aus dem Blog in ansprechende Buchform zu bringen und nannte das Buch „Unterwegs in Brandenburg“ (2019). Drei Jahre später folgte mit der Auftragsarbeit „Wild Brandenburg“ (2022) ein geballtes Überblickswerk über fünfzig wenig bekannte Landschafts-Schönheiten in Brandenburg, reich an Herzblut. Besondere Herausforderung waren hier die auf jeweils eine Seite beschränkten Textparts.

Backofen am Strandbad Sperenberg

Ein drittes Buch widmet sich seit letztem Frühjahr dem Übergangsbereich zwischen Berlin und Brandenburg und beschreibt unter dem Namen „Rund um Berlin“ einen Fernwanderweg, der sich abwechselnd in beiden Bundesländern bewegt – die Berliner Gürtellinie. Der schöne und gleichsam unterhaltsame Rundweg einmal um die ganze Stadt ist ein Herzensprojekt von meiner Frau und mir und wurde mittlerweile schon von vielen Leuten komplett begangen. Andere entdecken ihn nach und nach oder sogar über Jahre verteilt, wieder andere begnügen sich mit sporadischen Stichproben oder gemütlichen Feierabend-Schnipseln. Mit das Schönste dabei: der Wunsch, Spaziergänger und Leute mit Wanderbeinen neugierig zu machen, scheint geglückt!

Ortsmitte von Sperenberg

Beim Wegesammler Brandenburg sind über die Jahre Dutzende Beiträge zusammengekommen, die einen schönen Überblick über die Regionen des abwechslungsreichen Bundeslandes geben und ebenso dazu taugen, neugierig zu machen auf bekannte und weniger bekannte Regionen in Brandenburg sowie ferner auf lange und teils verspielt-verkringelte Spaziergänge durch das so vielgesichtige Berlin. In den letzten Jahren lange oft große Abstände zwischen den Beiträgen, war die Zeit immer wieder knapp oder die Muße gerade woanders. Beabsichtigt ist, dass es wieder mehr Beiträge im Jahr werden.

Draisinenstrecke unweit des alten Bahnhofs, Sperenberg

Sperenberg

Wenn man heute so durch Sperenberg geht, kann man sich überhaupt nicht vorstellen, dass der Ort vor dreißig Jahren einer der heißen Kandidaten für den Hauptstadt-Flughafen war, neben Jüterbog und Schönefeld einer der drei Bewerber. Es ist still, beschaulich und idyllisch. Den Flughafen nebenan gibt es nach wie vor, doch eher als historischen Ort, der ein oder ein paarmal im Jahr im Rahmen von Führungen beschaut werden kann. Rundherum und auch in vielen Beton-Fugen üppiges Grün, dazu viel Stacheldraht und zahlreiche Waldwege, die als Sackgasse enden. Alles ein bisschen geheimnisvoll, zugeknöpft – was den Mythos ganz gut nährt und vielleicht genau so sein soll. Weitere Details lassen sich im Archiv nachlesen.

Zuwachsendes Gleis in Sperenberg

Der Ort wird zum guten Teil gestaltet von zahlreichen Seen, zwei bzw. drei eher klassischen in Wasserfarbe und drei farbkräftigen, welche eine still-spektakuläre Tagebau-Folgelandschaft mit unzähligen Pfaden prägen. Die drei letzteren können ein sagenhaftes Türkis an den Tag legen, wenn der Tag mit Sonne prahlt. Ist es hingegen wolkig oder diesig, erscheint das tiefe Wasser unter seinen Felswänden trüb und dunkel und ist dem des Krummen Sees gar nicht so unähnlich.

Rückblick zur Sperenberger Kirche

Zum Freibad am Krummen See gehört einer der wohl anmutigsten Parkplätze in Brandenburg, mit gezackelten Bordsteinkanten und grünem Wiesenteppich sowie hübschen Fächern für die Gefährte. Der Tag ist eher zurückhaltend vom Wetter und so ist nicht viel los am Bad. Ein Hänger, von dem sonst Gegrilltes und Bier über den Tresen geht, wird auf- oder abgebaut, die weite Wiese ist frei und dient mehreren Gänsefamilien als unbeschwerter Tummelplatz.

Begrenzungsmauer der Ruinenstadt Kummersdorf

Vom winzigen Strand jenseits des Zaunes bietet sich vorbei an frischem Schilf ein schöner erster Blick auf die Sperenberger Kirche mit ihrer klaren Form. Der zuständige Haubentaucher lässt sich kurz sehen und veschwindet augenblicklich unter der Wasseroberfläche. Im kleinen Schneidegraben strömt es sichtlich bewegt vom See in Richtung Mellensee. Dort trifft sein Bachwasser unter anderem auf das der Wünsdorfer Fließe und verlässt gemeinsam mit jenen im Nottekanal den großen See.

Die netten Leute von Kummersdorf

Schön und gemütlich ist die Dorfstraße. Der Bürgersteig läuft leicht erhöht und wird von erwachsenen Linden begleitet. Die großen, für den Fläming typischen Toreinfahrten lassen sich bestaunen, verfügen teils über kunstvolle Türstöcke. Im alten Krug steht die große Flügeltür zum Saal offen und lockt zu einem kurzen Blick in den stattlichen Raum. Gen Ortsrand werden unweit des einstigen Bahnhofs die Gleise überquert, auf denen einst die Königlich Preußische Militär-Eisenbahn entlangratterte. Eine von Hand bedienbare Schranke weist auf den heutigen Gebrauch als Draisinen-Strecke hin.

Am Ortsrand von Kummersdorf

Gleich hinter dem Gleis biegt der Wiesenweg ab, welcher direkt neben dem alten Gleis seinen weiten Bogen zieht. Ein Mädchen ist mit dem Fahrrad unterwegs, am Lenker eine riesige Tüte. Stellt das Rad immer wieder ab und schwärmt in die Wiese aus, bückt sich dort und lässt den Blick abtauchen. Die Gräser, Rispen und alles stehen schon hoch, und so ist ist nicht zu erspähen, ob sie einfach Futter für die Karnickel sammelt. Doch sie scheint kundig und sucht jeweils länger, und so könnten es auch Kräuter oder dergleichen sein, worauf sie aus ist. Beim querenden Schneidegraben ergibt sich vorbei an einer abenteuerlichen Brücken-Gleis-Konstruktion nochmal ein Blick zurück zur Kirche, die schon erstaunlich klein ist.

Heidelandschaft in der Schneise der Stromtrasse

Nach dem letzten Haus wird es nun richtig grün und still, das gerade so noch wahrnehmbare Gleisbett verschwindet bald hinter einem verrammelten Tor. Hier beginnt das erwähnte Gelände, das nahezu lückenlos von einer Mauer bzw. einem stabilen Zaun umgeben ist, zugleich nicht unbedingt die Neugier weckt. Die Idylle wird kaum gestört, da der Blick ohnehin eher nach rechts über die Wiesen gelockt wird, wo der Schwendegraben im Verborgenen seine Bögen zieht. Der Wald ist üppig und grün, der Weg angenehm schattig, die Bäume hochgewachsen. Dann und wann schwirrt, unerwartet an diesem kühl-klammen Tag, ein Maikäfer vorbei, so zielstrebig und koordiniert, wie das nur Maikäfer können.

Stille Stichteiche bei Rehagen

Kummersdorf

Kurz vor dem nächsten Dorf wird aus dem blattdichten Laubwald nun märkischer Kiefernwald mit seinem lichten Boden aus Wiese und Moos. Ein Weg zweigt ab vom Hauptweg und lädt ein, von diesem zweigen bald wieder Pfade ab, von denen bald darauf Pfade abzweigen. Falsche Entscheidungen sind kaum möglich, solange die Grundrichtung halbwegs beibehalten wird, und so landet man auf dem Jugendheimweg, der Schumkastraße oder dem Waldweg bald im Herzen von Kummersdorf, das am heutigen Tag insgesamt einen reservierten Eindruck hinterlässt. Davon ausgenommen sind zwei Handvoll grundverschiedener Schafe, die uns höchst kommunikativ begegnen und es auf einem weitläufigen Grundstück zwischen beachtlichen Findlingen und einem selbstgemauerten Ruinchen wohl recht gut haben.

Ehemaliger Steg am Stichteich

Ganz am Ende des Dorfes, am östlichen Ausgang, ist noch ein alter Bahndamm zu erahnen, welcher beiderseits von hübschen Wegen begleitet wird. Als Ausgleich zur missglückten Einkehr steht nun hier die schönste Bank weit und breit, am Beginn eines buschigen Streifens aus herrlichen Klettereichen, umgeben von weiten, im Wind wogenden Wiesen und mit einer Rückenlehne, welche vor der frischen Brise schützt. Voraus am Waldrand erhebt sich ein sagenhafter Baum, fängt sofort den Blick. Von ganz hinten naht eine Reiterin, kostet den weiten Bogen des Trampelpfades genießerisch aus und belässt das große Tier auf kleinstem Tempo.

Schattengasse bei den Rehagener Teichen

Unser Rucksack ist am Ende um einiges leichter. Beim Losgehen tauschen wir einen kurzen Blick mit der Dame im Sattel aus. Voraus kündigen hohe Masten die dreisträngige Stromtrasse an, unter der sich in schönster Ausfertigung diese typische Natur aus jungen Bäumen, mittelalten Birken und flächigem Heidekraut gestaltet hat. Der niemals gänzlich gerade Weg trägt seinen Teil zum schönen Bild bei.

Verlassener Blechschuppen am Stichteich

Nach ein paar Minuten Radweg entlang der stillen Landstraße beginnt bald die erste von dreien dieser Landschaften, welche grob betrachtet als Bergbau-Folgelandschaft bezeichnet werden können. Aus einer ehemaligen Tongrube wurde ein See, der weiter unten über eine schöne Strandstelle verfügt. Eine kleines Rudel mannshoher Pfähle kündet davon, dass hier einst mehr Wasser drin war.

Pfad am Stichteich

Tongruben bei Rehagen

Der Weg setzt sich als geschlossene Gasse mit dichtem Blätterdach fort, gerade kommt jetzt die Sonne kurz raus und zaubert mit den Lichtpunkten. Bald beginnt ein enorm verspielter Pfad, dessen Eingang etwas im Unklaren lässt, ob das hier wirklich langgeht. Wie durch einen Dschungel schlängelt sich die winzige Spur, kurvt zwischen umrankten Baumstämmen. Auf Fußhöhe ist alles großflächig von Efeu bedeckt. In der Luft liegt hier eine Mischung aus feuchtem Waldboden, frischen Blüten und saftigem Grün und lässt einen sofort tiefer atmen. Immer wieder muss man sich bücken oder über gefallenes Stammholz steigen. Da steht ein rostiger Metallschuppen, kurz dahinter steigt, nicht viel breiter als zwei Schuhsohlen, eine heimliche Stiege hinab zu einem überwucherten Raum. Ein fensterloser Keller ohne Haus darüber. Ohne Zweifel ein geheimnisvoller Ort.

Weg zu den Klausdorfer Tongruben

Bei einigen Gärten mit Bauwagen oder kleinen Lauben beginnt ein Fahrweg, der bald an einem Draisinen-Haltepunkt endet. Links beginnt die Ortschaft Rehagen, nach rechts wird die einstige Bahntrasse überquert. Weitere Bruchteiche liegen unter dichtem Grün, sind eher zu erahnen als zu entdecken. Vom Weg am Waldrand kann der Blick herrlich schweifen über weite Wiesen. Hier lassen sich nun endlich, wenn auch nur vereinzelt, die erhofften Mohnblumen und Margariten entdecken. Und ein paar Minuten weiter wahrhaftig auch die ersten drei Kornblumen dieses Jahres. Eine Kinderhand hat die drei Farben schon in einem dünnen Sträußchen versammelt, es dann doch am Wegesrand liegen lassen.

Unterer Weg durch die Tongruben

Klausdorfer Tongruben

Voraus wird die Wiese von dichtem Laubwald begrenzt, aus dem einzelne Gruppen von Menschen kommen. Nach dem Abbiegen wird bald eingetaucht in die zweite dieser Landschaften, die nun weit dramatischer daherkommt in Sachen bewegtem Relief. Wie ein kleines Gebirge. Wer die Glindower Alpen unweit von Werder an der Havel kennt, hat eine ungefähre Vorstellung. Die Sache mit dem Relief zeigt sich schon direkt nach dem Abbiegen beim tiefen Blick hinab zum ersten Teich. Ein abenteuerlicher Sandpfad führt zu einer potentiellen Uferstelle, doch ob man den – selbst auf allen vieren – so einfach wieder hochkäme, bleibt fraglich. Bald besteht die Wahl zwischen einem breiten, gediegenen Weg, der sich auf gleicher Höhe durch die teils steilen Hanglagen zieht, und einem munter kraxelnden Gebirgspfad.

Oberer Weg durch die Tongruben

Beide sind wunderschön und laden nachdrücklich ein, doch der zweitere ist ganz klar zu empfehlen, trägt er doch quasi konzentriert die DNA dieser Landschaft in sich. Bis auf den Pfad ist hier fast alles von Grün bedeckt, denn selbst kräftige Baumstämme sind dicht umrankt und lassen kaum Rinde durchschauen. Es ist sagenhaft – ein Pfad so schön, dass er fast schon übertrieben wirkt. Doch es ist alles echt, und es ist auch nicht nach 100 Metern schon vorbei. Nach links fällt die Flanke steil ab und lässt hinabblicken auf eine Senke, wobei nicht klar ist, ob das Grün- oder Wasserfläche ist da unten.

Gebirgspfad über den Tongruben

Auch zur Rechten liegt unten eine Senke, doch die ist weitaus zerfurchter und abenteuerlicher, fast noch üppiger im Grün. Es ist wirklich alles sehr fett, sehr reichlich, ein bisschen wie ohne Maß am Rechner modelliert. Eine kleine Hohlgasse lässt Höhenmeter verlieren, die gleich darauf wieder auszugleichen sind. Zarte Wurzeln sorgen für Halt im sandigen Wegboden. Unvermindert verspielt windet sich der Pfad und umrundet dabei die Senke, gestattet ab und an Blicke bis zu deren Grund und lässt auch hier das Fragezeichen groß, ob da unten Wasser oder fester Grund den Boden bedeckt.

Treffpunkt der beiden Wege

Schließlich finden der Gebirgspfad und der untere Weg wieder zusammen, kurz vorher bieten sich für ungeduldige Halsbrecher immer wieder winzige Alpinpfadpassagen an. Es ist wirklich eine großartige kleine Landschaft hier. Gut und gern auf Augenhöhe mit den etwas weitläufigeren Glindower Alpen. An einem riesigen, kunstvoll abgestuften Schornstein und einem alten Lokschuppen wird diese besondere Welt verlassen, Nachschläge sind noch hier und dort möglich, hier mit einem alten Ringofen, dort mit einer kurzen, steilen Stiege.

Am Rand der Klausdorfer Tongruben

Klausdorf

Recht sachlich geht es hinein nach Klausdorf, wobei man immer wieder auf verstaubte alte Gleise trifft. Im Ort gibt es immer wieder hübsche Schleichpfade zwischen den Straßen, und mit einem Mal zeigt sich klar, dass dieser Tag nicht trocken bleiben wird. Schnell hat sich voraus eine dunkle Wand aufgebaut und bringt in Erinnerung, dass da im Wetterbericht irgendwas von Regen oder sogar Gewitter erzählt wurde. Regen ist gut, und dann soll er jetzt bitte auch mal liefern. Und das tut er, und zwar schneller, als wir die Schirme aufspannen können. Mit einem Mal wird es dunkel im Dorf und fängt an zu pladdern, kräftig, doch zunächst noch unentschlossen. Zwischen den Häusern zweigen wir ab in den aufsteigenden Weg, der bald ganz herrlich über die Wiesen führt. Kommen vorbei an einem kleinen Kessel aus schönstem Dünensand, in dessen Grund ein paar junge Bäume ein Wäldchen eröffnet haben.

Schornstein bei Klausdorf

Die Landschaft öffnet sich und der Regen erwischt uns nun kalt, denn die Regenhosen hatten wir heute zu Hause gelassen. Dazu gesellt sich von Norden her noch ein Gewitter, das es jedoch bei allem blechernen Radau bei einem einzigen Blitz belässt. Wir sehen zu, dass wir zum nächsten Waldstück kommen und werden vorn bei den Häusern von nassen Schafen angestiert, die sich nur zum Teil unter Überdachungen retten wollen. Als wir den schützenden Wald erreicht haben, bricht der Regen richtig los, während voraus im Süden schon wieder erstes Licht zu sehen ist. Vor dem Kontrast des blau-weiß-schwarzen Himmels setzt sich eine einzelstehende Kronen-Kiefer eindrucksvoll in Szene und beweist einmal mehr, was diese Baumart anstellen kann, wenn genügend Platz da ist.

Dorfschleich in Klausdr

Hinter dem Baum in seiner großen Geste öffnen sich nun wieder die Felder, den nächsten Schutz vor dem waagerechten Regen gibt es erst oben am Waldrand. Dorthin führt als herrlicher Wiesenweg der Kalkscheuengrundweg. Gegen nasse Hosen und kalte Luft hilft es am Besten, in Bewegung zu bleiben, und so werfen wir oben am schützenden Buschstreifen kurz etwas Energie ein und kürzen dann quer übers Feld ab. Ganz rechts ist der Sperenberger Aussichtsturm zu sehen, der auch dieses Mal wieder stark an einen Sendemast erinnert.

Waldrand vor Sperenberg

Der bald erreichte Waldrand wird von einem schnuckeligen Pfad begleitet und bringt uns in wenigen Minuten zur dritten und letzten Tagebau-Folgelandschaft mit Gebirgsanleihen, den Sperenberger Gipsbrüchen. Die sind nicht minder einzigartig wie die Tonbrüche bei Klausdorf, und es ist immer wieder ein Vernügen, dass sich die beiden verschiedenartigen Areale in einer Tour von moderater Länge vereinen lassen.

Feldweg in Richtung Sperenberg

Sperenberger Gipsbrüche

Zahlreiche Aussichtspunkte und –plattformen gibt es in den hohen Lagen, von denen die erste gleich erreicht ist, die mit Blick auf den Vierten Tiefbau. Die vier Seen sind ganz pragmatisch durchnummeriert, von West nach Ost. Drei von ihnen tragen viel von Gebirgsseen in sich, zum ersten steigt sogar eine felsige Stiege ab, die auch in einem gängigen Mittelgebirge liegen könnte. Erstmals probieren wir heute den Absteig zwischen dem Dritten und Vierten Tiefbau, wobei es zu beiden Seen hin jeweils ein Aussichtsplateau gibt.

Pfad zur Oberkante der Gipsbrüche

Heute ziemlich nass, doch um so wildromantischer. Ein Wandersmann mit Zipfel-Regenumhang kommt uns im Aufstieg entgegen, schaut zugleich grimmig und zufrieden beim Grußwechsel und strebt weiter zum höchsten Punkte. Der Weg dort oben wird von teils uralten Kirschbäumen begleitet und irgendwann sollte man es einmal schaffen, zur Zeit der Kirschblüte im April diesen sagenhaft schönen Höhenpfad zu besuchen.

Blick auf den Gipsteich No. 4

Am Ende des Abstieges wirft einen der Wald auf einen sachlichen Fahrweg aus, der entlang von teils brachliegenden Betriebsflächen führt, vermutlich denen der Fischerei. Auch dort endet ein Gleis und verweist damit auf die Zeit des Gips-Abbaus, die noch kein Menschenalter lang zurückliegt. Wind und Wetter wollen uns nahelegen, den Rest der Tour abzukürzen. Doch so oft ist man nun auch nicht in dieser Ecke und schon gar nicht im vollen Grün, und nass sind wir ja ohnehin, können also viel nasser kaum werden. Also schwenken wir wieder ein und statten noch jedem der Teiche einen Besuch ab. Der dritte Gipsbruch fasziniert mit seiner felsigen Uferstelle, dem unmittelbar tiefen Wasser und der steil ansteigenden Wand, der zweite durch den liebreizenden Weg entlang eines Geländers.

Aussichtskanzel auf Teich No. 3

Zwischen beiden lässt sich ohne Aufwand noch die Stelle der seinerzeit tiefsten Bohrung der Welt besuchen, womit das Jahr 1867 gemeint ist. Gleich benachbart bietet bei richtig fiesem Wetter ein überdachter Rastplatz effektiven Schutz. Zwei Leute mit einem Hund sind dort gerade untergekommen und haben viel Spaß daran, ganz laut eine Menge Inhalte ohne viel Inhalt auszutauschen, was in der Tat einigen Unterhaltungswert hat.

Schluchthang Sperenberg

Dennoch lassen wir uns nicht aufhalten und streben zum Teich Nr. 1, dessen Alleinstellungsmerkmal eine hübsche kleine Insel mit Birken ist, die in zartgrünem Laub stehen und trotz Regens gerade von einem Sonnenstrahl getroffen werden. Ein regelrechtes Portal am Westrand des Höhenzuges ergibt sich in einer Art Durchbruch zwischen steil ansteigenden Flanken, in denen sich mit teils abenteuerlich frisiertem Wurzelwerk die Bäume festkrallen.

Maiwetter am Krummen See

Sperenberg

Beim Erreichen der Gipsstraße bricht der Regen nun wieder richtig los, und an diesem Punkt ist es schön zu wissen, dass es bald wärmer und trockener wird als es gerade ist. Ein Damm führt zwischen östlichem und westlichem Krummen See zur Endhaltestelle der Draisine, wo sich gegenüber von Süsselbecks Eisbutze drei eins-a Eisleckbänke finden. Der kleine Kiosk steht noch da, doch ob er tatsächlich noch in Betrieb ist – in dichter Nachbarschaft zum Eiscafé im Strandbad – lässt sich heute nicht herausfinden.

Ein hübscher Pfad folgt dem Seeufer, vorbei an einer weiteren schönen Badestelle mit Bank und Ruderkahn. Der Wasserspiegel des Sees ist gerade so gar kein Wasserspiegel, lässt bestens erkennen, wie stark es regnet, wie dicht die Tropfen fallen. Wenn man das nicht ohnehin schon wüsste. Fast eine Stunde nach dem letzten Donnerschlag grollt es jetzt erneut vom Himmel. Draußen vom See schnattert es empört und voraus auf der Wiese sehen die Gänse mit ihren zahllosen Küken zu, dass sie schnellstens in den See kommen.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
per Regionalbahn nach Zossen, dann weiter mit Bus bzw. Rufbus (1,25-1,75 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): über Landstraße (wahlweise B96 oder B101)(ca. 1,5 Std.)

Länge der Tour: ca. 16 km (Abkürzungen mehrfach gut möglich)



Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

 

Links:

Gipsabbau in Sperenberg

Klausdorfer Tongruben

Informationen zum ehemaligen Flughafen Sperenberg

 

Einkehr: Eiscafé (Mo-Fr auch Mittagstisch) und benachbarter Imbiss im Strandbad Sperenberg
Zum alten Krug, Sperenberg (am Wochenende ab spätem Nachmittag)
Tiamo Pizzaservice (zum Abholen), Sperenberg
Einkehrmöglichkeit im Ort, Kummersdorf
Trattoria Due Fratelli, Klausdorf

 

 

Woltersdorfer Schleuse: Das polnische Ufo, zwei Seebäder und die bildschöne Eule

So ziemlich alle, die von Berlin aus hin und wieder einen Ausflug machen, werden die Woltersdorfer Schleuse kennen und besucht haben, ganz gleich ob Flaneure, Spazeure oder Leute in Wanderstiefeln. Ebenso genießerische Ganztagesbankdasitzer, die sich an schönem Orte einfach dem hingeben, was sich vor der jeweiligen Bank abspielt an Unterhaltsamem. Bedarfsfalls zu einer anderen Bank in Sichtweite umziehen, die mehr Potential bieten könnte. Wir zwei passen in jede der vier Kategorien, ganz nach Bedarf, Tagesform und Aufforderungscharakter der jeweiligen Kulisse.

Ufertreppe am Flakensee, Woltersdorf

Und auch wenn die Woltersdorfer Schleuse in jedem ernstzunehmenden Ausflugsführer zu finden ist, möchte ich heute diese wunderschöne Eule nach Athen tragen und dabei versuchen, mich ganz kurz zu fassen. Denn rund um die namensgebende Schleuse gibt es so viele Plätze, die für sich schon ein lohnendes Tagesziel darstellen und hier in aller Breite beschrieben werden könnten. Wer ab und zu hier hineinliest, weiß was das konkret bedeuten kann.

Brauerei-Gasthof am Flakensee, Woltersdorf

Als alter Wald- und Feldhase in Sachen Brandenburg denkt man manchmal von so klassischem Ausflugszielen mit entsprechendem Publikumsverkehr „klar, ist wunderschön, aber war ich schon hundertmal und verschieb ich lieber auf Zeiten, wenn weniger Leute unterwegs sind“. Und lässt dann viel Zeit verstreichen, bis Zufall oder Notwendigkeit einen wieder mal dorthin führen. Im Falle der Woltersdorfer Schleuse folgt dann jedes Mal ein großes Staunen, wieviel schöner es ja noch ist, als man’s im Gedächtnis hatte. Direkt vor den Türen der weitläufigen, lärmigen Stadt.

Auf dem Gipfel des Hohen Zacken

Dann ist es kaum zu fassen, insbesondere, wenn nach grauen, dämmrigen Januartagen das Wetter alles gibt und Sonne und Himmel für diese klare Licht sorgen, das nur diese Jahreszeit beherrscht und das gut Vorfreude auf die nächste Jahreszeit schüren kann. Sicherlich kann es bis dahin noch acht Wochen dauern, doch einige Vorboten werden sich weder von Kälte noch von Schnee beeindrucken lassen.

Die oben erwähnten vielen Plätze werde ich also, wie versprochen, weder aufzählen noch im Detail unters Wort nehmen. Doch ein paar von ihnen werden natürlich am Weg liegen und erwähnen sich damit ganz von selbst.

Uferweg am Kalksee

Woltersdorf

Bereits die Anreise nach Woltersdorf ist einzigartig und wäre es für sich wert, die kleine Reise anzutreten. Mit der S-Bahn bis Wilhelmshagen, dann in einen der fast schon historischen Gothawagen aus den 1960er Jahren, mit ihrem Rumpeln in allem, was sie tun. Oder seit kurzem in einen der polnischen Moderus Gamma LF 10 AC BD, die passend zu ihrem Namen an ein sympathisches UFO erinnern, so eins, wo man beim Erstkontakt den Kopf etwas schieflegt und einen sanft abschüssigen Summton hervorbringt. Und zum Auftakt ohne Pause minutenlang durch den Wald.

Liebesquelle am Mühlenteich

Die allererste Option ist denkbar einfach. Bis zur Endstation fahren, gleich beim Konditor rein und Windbeutel oder Waffeln verschmausen – falls man es geschafft hat, der Kuchenauslage zu widerstehen. Dann kurz zum Schleusenteich, Foto hier, Foto da, Foto von sich selbst mit schiefem Schleuserstand nicht vergessen – und dann steht sicher auch schon die Bahn für die Rückfahrt durch den Wald da. Gelungener Tag!

Mühlenteich an der Woltersdorfer Schleuse

Oder man erweitert, schafft es am Mühlenteich vorbei und findet sich sofort im Seebadcharme der Strandpromenade mit ihren Kurparkbänken und Bootsstegen wieder. Neben den weißen Bänken und den langen Schwanenstufen bremsen hier gleich zu Beginn der Biergarten der Brauerei und der Bäckerstand, ergänzt durch die hölzerne Flakenseeterrasse.

Biergarten am Flakensee, Woltersdorf

Wer es dennoch auf die Promenade geschafft hat, staunt zum Wasser hin über die Seeblicke, die Uferschuppen und die alten Linden am Weg, zum steil ansteigenden Hang hin über manch mondäne Villa auf der Höhe oder kleine Stiegen, die auf die Höhe der Straße klettern. Bei den baulichen Geschmacksverirrungen schaut man einfach wieder nach rechts auf den Flakensee oder rückzu zum Gipfel des Eichsberges, der als einstige Deponie schon jetzt einiges hermacht in Sachen Bergoptik.

Kurviertel in Woltersdorf

Wer jetzt Mut geschöpft hat, bleibt am Ende der Promenade einfach auf dem Uferweg, der bald zum urigen Pfad wird – mit kleinen Badestellen, liegenden Bäumen mit sitzenden Enten und kräftigen Wurzeln quer übern Weg. Dieser ist hier nach Theodor Fontane benannt, einem Apotheker aus Neuruppin. Manche werden den Namen noch aus der Schulzeit kennen.

Strandpromenade in Woltersdorf

Kranichsberg/Kranichsberge

Wer im Bereich Woltersdorf bleiben möchte, steigt beim Weißen Strand hinauf zur Fangschleusenstraße und folgt dieser zurück in den Ort. Dabei trifft man nun die oberen Enden der steilen Stiegen. Voraus ist schon die bewaldete Höhe der Rüdersdorfer Heide zu sehen, die neben unzähligen lockenden Pfaden einen stattlichen Aussichtsturm mit illustrer Filmvergangenheit zu bieten hat. Hinauf zum Kranichsberg gibt es fordernde oder moderate Aufstiegsmöglichkeiten, letztere kompromissbetont und also in verschiedenen Graustufen.

Blick über den nördlichen Flakensee zum Eichsberg

Die Wege und Pfade hier tragen herrliche Namen wie Brotsteig und Rennsteig, Thüringer Weg oder Förstersteig, auch den Löwensteig und die Harte Stiege gibt es sowie Pirschweg, Hornweg und Breiten Grund. Einige von ihnen haben durchaus kurze Abschnitte mit alpinem Charakter zu bieten. Wer schon öfter in sächsischen Wäldern unterwegs war, wird sich zudem über Gestell T und Gestell Z freuen, die sich meist schnurgerade, jedoch in höhenmetersammelndem Aufundab durch den laubbetonten Forst ziehen.

Uferweg am Flakensee

Zurück zum Kranichsberg: so dicht an Berlin kommt man selten zu einem veritablen Hunderter-Gipfel, der oben angekommen wirklich Gebirgsflair vermittelt und gut und gern am Kammweg im Oberlausitzer Bergland oder dem Erzgebirge liegen könnte. Selbst der Turm ist von passender Gestalt, die letzten Meter bis hinauf zu seinem Fuß zeigen sich jeweils nochmal etwas berglerischer.

Am Weißen Strand

Eine Baude gibt es leider nicht hier oben, was sich aber verschmerzen lässt in Anbetracht der reichen Auswahl im nahen Tale und der großzügigen überdachten Rastfläche. Die Aussicht von unten ist lieb gemeint, den vollwertigen Ausblick gibt es jedoch nur von der Aussichtsplattform des Turmes. Der ist für gewöhnlich am Wochenende sowie feiertags geöffnet. Derzeit bestehen bautechnische Probleme und die Tür bleibt bis auf Weiteres leider geschlossen.

Aufstiegspfad zum Hohen Zacken

Hoher Zacken

Tauglichen Ersatz für die fehlende Aussicht gibt es ganz in der Nähe – die Südtreppe runter und die Steile Stiege wieder hinauf – auf dem knapp hundert Meter hohen Nachbargipfel des Hohen Zacken, wo sich nach Südwesten hin ein schöner Blick über den See öffnet.

Ausblick vom Hohen Zacken

Mit dem Turm im Rücken oder dem Zacken im Nacken lässt allmählich das Gebrabbel der Stimmen nach, mit dem man hier selbst an Tagen mit beigem Wetter rechnen sollte. Besonders laut sind dabei gern Jungs jenseits der Fümmunvierzig, die mit geländegängigen Akku-Rädern den Gipfel erlangt haben und ihre Tat noch brühwarm in laute Prosa fassen, auch wenn gar niemand gefragt hatte.

Aussichtsturm auf dem Kranichsberg

Hochebene Rüdersdorfer Heide

Durch schönen Laubwald zieht sich der erste Abstieg auf dem Hornweg genüsslich in die Länge. Der Wald ist schon älter und wirklich schön, von der nahen Autobahn hier noch nichts wahrzunehmen. Wer seine Schritte durch diesen Wald setzt, ist tief im Mittelgebirge, zieht hörbar die klare Waldluft ein, welche Flechten und Moosen bezeugen. Die schnurgeraden Gestelle mit ihren Geländewellen haben ihren Reiz, schöner noch sind die kurvenreichen Wegspuren, die immer erst kurz vorher verraten, was direkt voraus liegt.

Fuß des Aussichtsturmes

So macht die Kombination aus Priesterweg, Pirschweg sowie einem weiteren entsprechend Spaß, bis zuletzt der Hochwald auf Niederwald wechselt. An Tagen mit Ostwind ist nun etwas guter Wille gefragt, um das stete Rauschen der Autobahn als Sturmwind in den Wipfeln oder als Rauschen einer tobenden Küstenlinie in die Wahrnehmung zu lassen. Oder es einfach als Autobahn hinzunehmen und sich umso mehr zu freuen, dass man hier durch tiefen Wald stapft mit Wegen, die immer wieder an den Harz denken lassen.

Diesem Eindruck wird inmitten einer breiten Starkstrom-Schneise ein Krönchen aufgesetzt, als wir fast schon in Sichtweite der sechsspurigen Piste des Berliner Rings zu einem verwunschenen, fast entrückten Teich kommen. Der kleine Weiher liegt von ganz jungem Wald umgeben mitten im Nichts. Wie so ein Hochländer Harz-Teich. Ein Bächlein bewegt sich im Sickertempo gen Kalkseer Taltiefe, kommt jedoch nicht weit, zumindest nicht mit sichtbarem Wasser. Umso überraschender, dass sich am krautigen Uferpfad ein blaues Buddelförmchen findet, ganz gut erhalten, mit dem man am Woltersdorfer Strand hübsche Tintenfischlein formen könnte.

Harzteich im Rüdersdorfer Hochland

Seebad Rüdersdorf

Ein sanfter Abwärtstrend nimmt entlang des temporären Bachlaufes Gestalt an, der Wald ist licht und weiter vorne ist kurz ein Auto zu sehen. Kaum zu glauben gerade, wo man sich doch so tief im Wald wähnte. In der Tat wird an der Straße die kleine Siedlung mit dem schmeichelhaften Namen Seebad Rüdersdorf erreicht, die zur reichlichen Hälfte aus der Klinik Immanuel besteht. Als Frage bleibt noch, wo die fehlenden Abstiegsmeter bleiben, denn es ging in der letzten Stunde dem Anschein nach länger bergauf als man zuletzt abwärts stieg.

Die Siedlung trägt ein Durchschnittsgesicht, keine Bäderarchitektur und kaum Häuser mit Villen-Chique, keine krummen Gassen, keine Reihen mit gestutzen Linden oder so. Keine großen weißen Bänke. Oder klunkerbehangene Pensionärsdamen mit per Grundsatz überlegener Miene. Auch kein unbefestigter Trampelpfad zum Strand, doch, den zumindest gibt es. Und dann gleich noch einen, der jetzt die ausstehenden Abstiegsmeter in der Gestalt eines alpinen Pfades nachliefert. Das ist ganze Arbeit in schönster Optik, und man sollte wirklich gut aufpassen, wohin man seinen nächsten Schritt setzt.

Uferweg am Kalksee

Unten endet die wilde Stiege direkt am Seeufer, dem schönen und naturnahen, und zugleich auf einem unerwartet urigen Uferpfad. Bäume ragen weit übers Wasser, hier und da hängt ein entsprechendes Seil für imponierträchtige Wasserungsaktionen beweglicher Körper. Noch ein paar Mal führen ansehnliche Stiegen in die Höhe, zuletzt als schnieker Serpentinenweg. Dann übernimmt am steil ansteigenden Hang wieder die Natur, neben den Laubbäumen stehen hier auch respektable alte Kiefern. Der Weg lässt nun wieder an eine andere Landschaft denken, erinnert an Nebentäler des großen Elbstroms am westlichen Eintritt in den Elbsandstein.

Blick über den Kalksee nach Rüdersdorf

Wer dachte, die Höhenmeter seien vollbracht und jetzt seien auf flachem Uferweg nur noch die Beine nach vorn zu werfen, um möglichst aufwandsarm die Schritte zu setzen, darf staunen. Immer wieder fordert der wurzelige, teils von Geländerbohlen begleitete Pfad kräftigere Wadenarbeit oder ein Abfedern beim folgenden Hinab. Tiefe Natur, bereits kurz hinter den letzten Gebäuden der Ortslage. Und wieder allerhand schöne Uferstellen, von denen sich die Länge des glasklaren Kalksees gut in den Blick nehmen lässt.

Als wäre man nicht schon überverwöhnt von der Fülle verschiedener Natur und Verweisen auf andere Landschaften, wird nun am schon schmaler werdenden See noch ein breiter Streifen niedrigen Uferbruchwaldes gestreift. Das kleine Labyrinth ist verwunschen und wild, das schwarze Wasser scheint an einzelnen Stellen nach dem Weg zu greifen, bekommt ihn jedoch nie zu fassen. Damit der Fuß bis zuletzt trocken bleibt, hilft ein kurzes Stück Plankenweg, was ja auch immer ein Hingucker ist.

Wilder Nassuferstreifen am Kalksee, Woltersdorf

Nach einem letzten Stück direkt am Wasser des schmalen Verbinders zwischen Kalksee und Flakensee steht man schließlich vor dem großen Vogelkäfig, der die altehrwürdige Liebesquelle vor unqualifizierten Handlungen schützt und erwartungsgemäß mit vielen bunten Schlössern behangen ist. Das Wasser der Quelle hat sich schon vor Jahren andere Wege gesucht, doch die Liebe und Romantik ziehen Liebende nach wie vor an diesen wunderschönen Ort.

Pavillon der Liebesquelle, Woltersdorf

Aufs Neue besteht jetzt die Frage danach, was nun als nächstes am schönsten wäre. Manchmal hat man Glück und erwischt schon Anfang Februar, noch mitten im Winter, einen Tag, um die Biergarten-Saison zu eröffnen. Gewärmt durch Eintopf, Braubier und die letzten Strahlen der sinkenden Sonne. Oder gegenüber am Bäckerstand durch Heißes in der Tasse. Oder mit dem letzten heißen Tee aus dem Rucksack genau dazwischen, auf den breiten Stufen.

Nachmittägliche Ufertreppe am Kurviertel, Woltersdorf

Hier sind an Ausflugstagen immer Enten und Schwäne, Kinder und Großeltern zu Gange, gibt es immer etwas zu sehen, Geschichten einzufangen. Oder einfach die Augen halbscharf auf einen festen Fokus einzustellen, die Wahrnehmung auf Geräuschkulisse und Wind auf der Haut zu reduzieren und das ganze bis zum ersten Frösteln zu genießen. Nicht zuletzt die Möwen steuern einiges dazu bei.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
S-Bahn und Woltersdorfer Straßenbahn (0,75-1 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): über B 1 (0,75-1 Std.)

Länge der Tour: ca. 10 km (Abkürzungen mehrfach möglich)



Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

 

 

Einkehr: div. rund um den Mühlenteich

 

Raddusch: Fliehendes Wasser, Mühlentumult und die Gipfelkladde

So gut getränkt das Frühjahr war und entsprechend vegetationsüppig der Sommer, so bunt fällt in diesem Jahr auch der Herbst aus. Je nach Gegend sieht man die sagenhafte Farbpalette der Ahornbäume, die Goldton-Spielarten des Buchenlaubes gemischt mit flirrendem Birkengelb oder etwas später die handfesten Farben des Eichenlaubes. Durch die ganze Jahreszeit flechten sich sagenhafte rote Gebilde oder Hauswände mit wildem Wein.

Boblitzer Kahnfahrt

Nach ersten frostigen Nächten Mitte Oktober ist es in dessen letzten Tagen mit einem Mal kalt geworden. Auf der Weltbühne spielen sich zugleich Dinge ab, so absurd, dass sie kaum wahr sein können – ein bisschen wie aus einem kruden B-Movie. Doch sie sind tatsächlich ernst gemeint. Kleine Fluchten sind daher willkommen, weite Landschaften dafür besonders geeignet.

Gipfelkreuz auf dem Schwarzen Berg

Neben dem Oderbruch oder dem Havelland hat davon auch der Spreewald reichlich zu bieten, was manchem vielleicht gar nicht so gegenwärtig ist. Meistens sind dafür ausgedehntere Wegstrecken ohne Abkürz-Optionen in Kauf zu nehmen, denn das Wasser und sein tausendläufiges Adernetz geben hier die Regeln vor. Selbst wer daran dächte, eine Sackgasse zu erkunden und am Ende einfach das sackstiftende Fließ zu durchschwimmen, trifft am anderen Ufer nur selten auf einen Anschlussweg und hat mich etwas Pech ein paar Blutegel zu Gast. Es ist ein tief verwunschenes Reich aus lichtem, doch zugleich tiefem und unberechenbarem Wald, und so setzt man den Fuß besser auf bestehende und angeschlossene Wege und nirgendwo anders hin.

Radduscher Buschmühle

Klassiker unter solch ausgedehnten, nicht kürzbaren Rundtouren beginnen in Lübbenau, Straupitz oder Alt Zauche. Etwas entfernt von den Besucherströmen gibt es von Raddusch aus einen schönen Moorlehrpfad in moderater Länge, der zudem eine Reihe von Variationen, Abkürzungen oder Erweiterungen gestattet. Der Themenweg ist vor Ort nicht ausgeschildert, doch per mobilem Endgerät gut nutzbar und wird an einzelnen Stationen auch am Wegesrand sichtbar. Ein Zweierteam gehäkelter Frösche in Plauderlaune bietet guten Wiedererkennungswert.

Südumfluter bei Raddusch

Raddusch

Raddusch liegt eher in Randlage des Spreewaldes, noch südlicher als der Südumfluter, einer der beiden großen Klammern des unvergleichlichen Labyrinths, und ist Ausflüglern am ehesten durch die Slawenburg bekannt. Deren eindrückliches Ausmaß wird einem erst bewusst, wenn man im Innenhof des runden Gebildes steht, das scheinbar ohne einen Nagel aus Naturmaterial errichtet wurde. Raddusch ist ein hübsches Dorf mit ein paar Hotels und einem kleinen Kahnhafen, der ohne viel Menschengebautes die holzverflochtenen Ufer der Radduscher Kahnfahrt nutzt. Das spiegelnde Wasser scheint unbewegt, doch etwas Fließen lässt sich bei beharrlichem Hinsehen entdecken.

Am Kahnhafen Raddusch

Im Ort gibt es zudem das gemütliche Alte Backhaus, das wohl schon in der Kuchen-Winterpause ist, ferner einen Skulpturenweg und eine Alpakafarm. Am Zupfad zu den Spreewaldbrücklein am Hafen steht auf der Straße ein Bärtiger und stiert irgendwo hin, so ausdauernd und unbewegt, als zählte er schon zum Skulpturenpfad.

Alpakas in Raddusch

Eine textreiche Gruppe von Kindern mit gemischten Elternteilen strebt zum Ortsrand, wobei eher die Großen plappern als die Kleinen, welche eher mit spreewäldischem Entdecken oder dem Vortragen einschlägiger Beschwerden beschäftigt sind. Ein Brücklein und eine Pfadminute später öffnet sich eine weite, durchnässte Wiese und zieht den Blick sogleich auf eine bunte Horde von Alpakas, einige Stimmlagen schnellen daraufhin nach oben. Die Tiere sind ja von Hause aus schon niedlich, vor allem dank ihrer Gestalt und ihres Felles und wie und wo sie es gerade tragen. Sie können am ganzen Leib oder nur am Kopf pausbäckig aussehen, wirken stets interessiert und bleiben eine Zeitlang im Dialog mit jedem, dessen Aufmerksamkeit gerade gewonnen wurde.

Radduscher Skulpturenpfad

Drüben läuft die heutige Kontaktbörse zwischen Alpaka-Wandertour-Leuten und den gute Laune stiftenden, frostbeständigen Kameltieren. In der anderen Richtung stehen zwischen meterdicken Eichen die verschiedenen Skulpturen, bei denen die Kettensägen-Virtuosen sich teils an ebensolchen mächtigen Stämmen austoben konnten.

Am Ortsrand von Raddusch

Der Weg aus dem Dorf wird begleitet von einer Reihe abgeparkter Strohrollen, die in der just erwachten Sonne würzig duften und weitaus fester gepackt sind, als man denkt. Von links schleicht sich das gewundene Seeser Fließ herbei und trödelt bald unterhalb eines langen Wiesenhanges, was im flachen Spreewald schon staunen lässt. Tatsächlich ist kurz darauf ein Gipfelkreuz ausgewiesen, lockt ein Weg auf die Höhe, der über die gesamte gute Aufstiegsminute spürbar in die Schenkel geht. Oben ist dann die Hochebene erreicht, mit Blick über die Senke des Kahnsdorfer Fließes. Weiter hinten rauscht ein roter Regionalzug vorbei, gen Cottbus.

Gipfel Schwarzer Berg

Vorbei an einer Birkengruppe mit benachbartem Ginster verläuft ein herrlicher Höhenweg, von links duftet die jüngst gemähte Wiese. Im vorausliegenden Wäldchen mit seinen gelben Birkenschöpfen lässt sich schon das Gipfelkreuz erahnen, vermutlich eines der zehn schönsten im Spreewald. Die kunstvoll schmiedeeiserne Arbeit steht leicht unterhalb der Gipfelhöhe direkt am Weg und beugt damit Abstürzen bei übermütig posenden Selbstablichtungen vor. Dem amtlich verstaubaren Gipfelbuch gehen langsam schon die weißen Stellen aus, doch wer sich kurz fasst oder extraklein schreibt, kann seinen Vers noch reindrängeln.

Kammweg auf dem Schwarzen Berg

Schwarzer Berg

Gleich benachbart liegt die Außenstelle des Waldkindergartens, dessen wetterfeste Möblierung nach einer langen Reihe guter Kindertage aussieht. Der Abstieg verläuft moderat und die Aussicht von der Höhe wird bald von einer in Tallage abgelöst, die ebenbürtig ist. Eine schöne Kurve mit weitem Blickfeld wird erst von weißen Birkenstämmen, dann von schönkronigen Eichen begleitet. Hinten in der nahen Ferne lagert verteilt wie grasende Bisons eine Herde Strohrollen. Gleich darauf weist eine Station des zwiebefroschten Moorlehrpfades auf das Quellgebiet Carna Gora hin, das wohl erst seit kurzem wieder aktiv ist. Das hat Seltenheitswert, dass eine einst gewesene Quelle wieder zu sprudeln begann. Oder zu tröpfeln.

Gipfelkreuz mit Gipfelbuch bei Raddusch

Es folgt eine gerade Passage, die länger entlang der Bahntrasse verläuft und auf der Karte eher praktisch und notwendig aussieht. Vor Ort erweist sie sich als reizvoll, wird von Büschen und jungem Gebäum flankiert und lässt die Bahnstrecke kaum in Erscheinung treten. Windgebeugte Birken wechseln mit bungalowgroßen Brombeerbüschungen oder rankenumwachsenen Bäumchen und lassen immer wieder schön gerahmte Blickfenster auf die weiten Feuchtwiesen mit ihren versprenkelten Hartgrasstoppeln frei.

Auf dem Moorlehrpfad bei Raddusch

Laut Wegweiser sind es nur sechs Kilometer nach Lübbenau, was an dieser Stelle verwundert. Hier werden nun erstmals auch die themengebenden Moore sichtbar, größere Passagen der Wiesenlandschaft stehen mindestens knöcheltief unter Wasser, welches im fortgeschrittenen Schönwetter blau spiegelt.

Blick über die Feuchtwiesen

Auf Höhe einer inoffiziellen Gleisquerung entfernt sich der Weg von der Bahntrasse. Gleich darauf liegt an einer Weiherbucht des Moores die nächste Station des Themenweges. Ein gefallener Birkenstamm taugt gut als Rastbank und macht uns selbst zum Teil eines bezaubernden Bildausschnittes aus grasigen Uferkanten, knorrigen Baumstämmchen und liegendem Holz, in dem zur Hauptsaison sicherlich schlohweiße Schwäne hin- und hergondeln.

Bald beginnt eine schnurgerade Passage entlang der nächsten großen Moorwiese, hinten saust geräuschlos der nun von Cottbus kommende Doppelstockzug vorbei. Etwas Wind ist aufgekommen und lässt den Kragen höher schlagen, das Halsweich etwas aufplustern.

Quellgebiet Carna Gora

Südumfluter, die erste

Kurz darauf treffen wir auf eine der stärker frequentierten Passagen. Während es noch vor zehn Jahren die Regel war, dass man hier im trüben November den ganzen Tag nicht einen Menschen traf, ist es heute vergleichsweise voll, auf den winterlichen Spreewald heruntergerechnet fast ein bisschen wie aufm Alex. Demnach hatte sich doch herumgeschwiegen, dass es heute schönes Licht geben soll. Der Weg folgt den sanften Kurven der breiten Boblitzer Kahnfahrt, die man hier fast schon für einen der Spreearme halten könnte. Besonders schön ist sie nicht nur dank ihrer Biegungen, sondern auch der dicht stehenden, kräftigen Ufererlen wegen, welche ein gutes Maß an Spreewaldflair ausstrahlen.

Weg entlang der Bahnstrecke

Zwischen Fahrweg und Wasserlinie erhebt sich ein winziger Deich und gestattet eine Draufsicht auf Wasserarm und Landschaft. Drüben auf den Wiesen lümmeln Kühe und Kälbchen in drei Farben, nicht eine einzige steht oder rupft, allenfalls ist etwas Käuen drin. Etwas vom Dunst des Vormittags hat sich zwischen den Erlen überm Wasser bewahrt und setzt selbst unter dem höchsten Tageslicht etwas Mystik frei. Am Eck treffen Kahnfahrt und Südumfluter zusammen. Trotz des künstlichen Anklanges beider Namen ist es eine einzige verwunschene Naturpracht hier.

Moorweiher gen Boblitz

Davon abgesehen stehen in Reihe an der kleinen Deichflanke ein Dutzend Fahrzeuge mit großer Bodenfreiheit, manche wirklich geländetauglich, manche eher, weil man das so trägt. Aus vielen Landkreisen Brandenburgs kommen sie, ein paar auch von weiter her. Dementsprechend ist jenseits der Brücke über den breiten Südumfluter eine Jagd ausgeschrieben. Netterweise verläuft diese abseits unserer Route, und so können die knallgelben Überzüge, welche uns von Reh und Bache unterscheiden sollen, dort bleiben wo sie sind.

Moorwiesen bei Boblitz

Auf einer nahen Lichtung stehen Biergartenbänke und ein Dreibein, Utensilien für das zugehörige Feuer sind jedoch nirgends zu sehen, auch keine waltende Kaltmamsell oder -papsell. Das breite Wasser liegt wie unbewegt, hinten in der Flusskurve werfen krumm emporgestrebte Birkenstämme ihr fahles Spiegelbild.

Boblitzer Kahnfahrt

Eine klassisch zu nennende Erlenallee säumt den nächsten Wegabschnitt. Nach der Brücke über die Untere Boblitzer Kahnfahrt öffnet sich dann die Landschaft. In größeren Abständen kommen uns Senioren auf Rädern, Anfangdreißiger auf E-Bikes und auch ein paar Fußgängerpärchen entgegen, mal in Grundsatzdiskussionen unterbrochen, mal naturfrisch und in eleganter Freiluftgarderobe und mal in Filz und Wollstrick und dabei still versonnen ob der wunderbaren Mischung aus grüner Weite und wohligem Wetter. In den kurvigen Wasserläufen zeigen sich immer wieder anmutige Baumspiegelungen.

Ruhende Rinder

Die lange, gerade Passage mitten in den Tiefen des Spreewaldes versammelt auf ihren weiten Wiesen eine immer wieder neu kombinierte Mischung aus Einzelbäumen, Schilffeldern, Hartgrasbüscheln und saftig grünen Wiesenflächen. Baumreihen zeigen an, wo sich gerade oder verspielte Fließläufe bewegen. In freier Fläche ruhen gefallene, teils skulpturale Weiden, aus deren Stämmen kleine, einreihige Baumlinien nachwachsen. Hinter allem erhebt sich der geschlossene Hochwald, der so gut wie unzugänglich ist und damit umso mehr geheimnisvoll.

Boblitzer Kahnfahrt im Nachmittagsdunst

Im höchsten Wipfelgezweig einer hochgewachsenen Erle sitzt wie sein eigener Scherenschnitt ein Rabe und lässt in der Präsentation seiner selbst keinen Zweifel darüber, dass jetzt seine Zeit angebrochen ist. Stellenweise sind kleine Einblicke in das undurchschaubare Dickicht des halbhohen Erlenwaldes zur Rechten sichtbar. Das Wasser des nahen Forstgrabens ist in unregelmäßigen Flecken von Entengrütze und halbversunkenem Laub bedeckt. Vereinzelte Enten ziehen im Grützteppich ihre krukeligen Bahnen, die sich nur träge wieder schließen. Ein Mann radelt vorbei, das Rad ähnlich alt wie er, und scheint eher dienstlich unterwegs zu sein. Vielleicht ist er dafür zuständig, unterm verwaisten Dreibein ein Feuer zu entfachen und damit für einen harmonischen Ausklang der Jagd zu sorgen, ganz gleich wie erfolgreich sie auch war.

Südumfluter

Dubkowmühle

Ein stiller Weiher markiert in etwa Halbzeit zwischen Südumfluter und dem Abzweig zur Dubkow-Mühle, danach verläuft der Weg weiter zwischen Schilfflächen, laublosen Erlen und den offenen Weiden jenseits des Dubkower Kanals. Kahle Baumriesen erheben sich dicht am Ufer. Am Abzweig zur Dubkowmühle, einem der schönsten Ausflugsziele in den Tiefen des Spreewaldes, bekommt ein etwas verspannter Rennradler gerade so die Kurve und entgeht so der schmerzvollen und im Nachgang zeitraubenden Fusion mit dem hiesigen Brombeerbusch. Die Dubkow-Mühle liegt schon in Winterruhe, ist aber auch jetzt den kurzen Abstecher wert, nicht zuletzt für eine schöne Rast am Ufer der Hauptspree.

Wiesen am Forstgraben

Radduscher Buschmühle

Nachfolgend schweift der Blick links über eine extrem platte Stoppelwiese, zwischendurch werden mehrere Fließarme überquert und schließlich kommt das erste Gebäude seit Raddusch in Sicht. Nachdem sich von links ein Wasserarm hinzugesellt, wächst voraus aus dem Dunst des nahenden Abends das erste Haus der Radduscher Buschmühle, die vor einigen Jahren fast komplett neu aufgebaut wurde, mit viel Geld und Sinn fürs Schöne sowie mit gutem Händchen. Gastronomie gibt es hier nicht mehr, dafür gleich gegenüber nahe der Schleuse einen zauberhaften Pausenplatz mit überdachten Rastraufen, schönster Blick auf das pittoreske Fachwerk-Mühlenensemble inklusive. Im ferneren Hintergrund grasen, trotz Abenddunst gestochen scharf, lose verteilte schwarze Rindviecher.

Weg entlang des Forstgrabens

Während der Pause spielt sich ein kleines Drama ohne großes Leid ab. Ein kleiner, diensthabender Lumpi, der aufgrund seines kurzen Rumpfes beim Laufen wippt, sieht vom Mühlengrundstück aus Leute mit Hunden am Gegenufer eintreffen und setzt an zu einer entrüsteten Klagerede, warum denn weder einer ihn gefragt und auch nicht miteingeladen hätte. Und was das Ganze überhaupt soll. Rennt ein paar Stücke weiter, setzt dann fort und guckt ein paar Mal um sich herum.

Blick über die nassen Weiden

Hinter den Leuten kommt noch eine Frau, die mit ihrem Pony die Runde macht, begleitet vom Sohn auf dem Rad. Auch die waren wohl nicht angemeldet. Und überhaupt. Nachdem Ponydame und Radjunge aus dem Blick sind, besteigen die Hundeleute umständlich ihr Fahrzeug, wenden es noch umständlicher und sind auch bald weg. Der Lumpi trottet, jetzt schon weniger wippend, nochmal an der schmalen Wasserlinie des Mühlengebäudes entlang, knurrt kaum vernehmbar in sich hinein, geht dann wieder zurück, brabbelt noch was Letztes und verschwindet schließlich hinterm Haus.

Radduscher Buschmühle

Südumfluter, die zweite

Direkt am Ufer des Südumfluters folgt nun eine zauberhafte Passage, die gut zum heraufziehenden Abend passt. Mit breiter Wiesennarbe verläuft ein Weg auf der Krone des zarten Deiches. Die Flusskurve, die hohen Uferbäume und die freie Wiesensicht nach Süden sorgen mit der tiefstehenden Sonne für eine Bildkomposition, die ein Geschenk ist. Die aufgehäuften Bänder der frischen Wiesenmahd liegen in zahlreichen Parallel-Reihen. Wieder im Wald wird der breite Wasserarm erneut von hohen, dunklen Stämmen begleitet.

Pony am Rastplatz

Am bald folgenden Wasserkreuz von Vetschauer Mühlenfließ und Radduscher Kahnfahrt besteht nun die Option, noch dem Kossateich einen Besuch abzustatten. Der Fischteich wurde Ende der 1970er Jahre als Ersatzmaßnahme für abgebaggerte Tagebauflächen angelegt, zum Herbst wird jeweils das Wasser abgelassen. Neben Singschwänen, Seidenreihern und anderen Wasservögeln lassen sich hier manchmal auch Fischadler beobachten. Der Großteil des Weges hat Wasser zu beiden Seiten Wasser und einen freien Blick über den großen Teich.

Dammweg entlang des Südumfluters

Aktuell ist das Wasser bis auf eine große Pfütze abgelassen. Die befindet sich immer dort, wo man selbst gerade nicht ist. Im Ausgleich schaut man von der Uferperspektive auf den schlammtrockenen Teichboden, was die zahllosen Schilfinseln wie Fabelwesen wirken lässt und jetzt im allerletzten Tageslicht eine eigentümliche Atmosphäre erzeugt. Ein unregelmäßiges System teils zielloser Trittspuren zeugt davon, dass der Teichgrund zumindest Vierbeiner trägt. Vögel sind eher zu sehen als zu hören, die Geräusche gab es jedoch am Tage schon großzügig, als riesige Formationen von Gänsen und Kranichen am Himmel entlangzogen. Am Zuweg zur Teichrunde stehen die einzigen Ahornbäume der Tour und zeigen noch einmal, wie Gelb auch aussehen kann.

Kaupen nahe Kossateich

An der Wasserkreuzung von vorhin beginnt eine für uns neue Passage entlang der stets leicht gewundenen Radduscher Kahnfahrt. Diese ist einfach nur zauberhaft und bietet das Vergnügen über fast zwei Kilometer, wird sofort bei den schönsten Spreewald-Wegen im persönlichen Archiv abgelegt. Zugegebenermaßen steht ihr auch das Abendlicht sehr gut und verleiht der genießerischen halben Stunde eine leicht unwirkliche, abermals mystische Note, die bestens zum Spreewald und seiner Sagenwelt passt.

Abendlicher Kossateich

Der ufernahe Weg verläuft auch hier auf einem kleinen Deich. Dieser, das diesseitige und auch das jenseitige Ufer sind in regelmäßigen Abständen bestanden von hochgewachsenen Erlen. Zwischendurch finden sich immer wieder längere Reihen schmaler Birken. Die Sonne ist kurz vorm Verschwinden, blinzelt nur ab und an noch zwischen den schwarzen Erlenstämmen hindurch. Drüben auf der Weide stehen in dunklem Leder die Kühe und strahlen die absolute Ruhe aus.

Dammweg entlang der Radduscher Kahnfahrt

Einen Farbkleks zwischendurch bietet Melusine, eine Wasserfee mit dem Körper einer Schlange, deren Gestalt hier vom Wind jederzeit verändert werden kann. Die stark taillierte Dame mit Mittelscheitel und dem Wesen einer Nixe ist vor ein paar Jahren umgezogen, hatte vormals ihr Reich im Straupitzer Schlossteich.

Letztes Licht an der Radduscher Kahnfahrt

Kurz darauf steht am Gegenufer eine Reihe von Kopfweiden, bei denen bald die nächste Schur ansteht. Der Gedanke, dass die stämmige Brigade zu Melusinens Schutz abgeordnet wurde und bedarfsfalls in Erscheinung tritt, scheint nicht komplett abwegig, die aktuelle Stimmung gibt es her. Auch wenn wir nichts im Schilde führen, sehen wir zu, dass wir weiterkommen, denn gerade jetzt übergibt die Dämmerung mit ruhiger Geste an die Finsternis. Und die kann der Spreewald richtig gut.

Bunte Sagengestalt am Fließufer

Am kleinen Hafen ist mittlerweile vollständige Ruhe eingekehrt, die Brücklein stehen schwarz über dem stillen Wasser. Aus den Fenstern leuchten erste Lichter und unterm nächsten Windfang sogar ein verfrühter weißer Weihnachtsstern. Mal abgesehen davon, dass Melusine nichts zu tun hat mit dem Skulpturenpfad, staunen wir nicht schlecht, als der Typ vom Morgen an derselben Stelle steht und reglos in dieselbe Richtung schaut, im Licht einer Laterne. Eine Krähe krächzt von rechts, gleich darauf eine von links. Es ist schon viel Besonderes im Spreewald.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
stündlich per Regionalbahn (ca. 1 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): über Autobahn (ca. 1,25-1,5 Std.) oder über Landstraße (ca. 2,25-2,5 Std.)

Länge der Tour: ca. 18 km (Abkürzungen möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

 

Links:

Moorlehrpfad Raddusch

Alpaka Finca Raddusch

Radduscher Buschmühle

Melusine im Spreewald

 

Einkehr: Raddusch div. Möglichkeiten sowie Alte Bäckerei
Dubkow-Mühle (unterwegs, 5 Min. Zuweg)

 

 

 

Zossen: Grüne Spitzen, Buckelrinder und der versilberte Juri

Es duftet schon hier und da nach dem kruschligen Laub, das der immerwährende Wind mehr oder weniger behende durch die Landschaft oder die Straßenfluchten scheucht, in sonnenheißen Parks auch gern als kleine Wirbel, die scheinbar vom Fleck kommen wollen, es aber nicht hinbekommen. Letztlich liegt das Laub dann wieder da, wo es vorher auch lag, nur die einzelnen Blätter wurden vertauscht.

Zossener Alpenhang

Viele wird das leicht wehmütig stimmen nach diesem Prachtstück von einem Sommer, über den bis hierher eigentlich niemand so richtig meckern kann. Nach einigen Startschwierigkeiten traf er schon bald den richtigen Ton und verwöhnte alle Sonnenanbeter mit reichlich Licht und Wärme auf der Haut, andere mit dem stets präsenten Wind, dank dem man es an schattigen Plätzchen oder unter selbstbewusst getragenen Hüten von Sombrero-Format auch an den heißesten Tagen gut aushalten konnte unter freiem Himmel.

Zebus auf der Weide

Neben den säuselnden Blätterscharen am Boden und ersten bunten Blättern oben in den Baumkronen gibt der ausgehende August wie in jedem Jahr wieder eine schöne Vorschau auf dieses warme, leicht nostalgische Licht des späten Nachmittags, welches die leichte Temperaturabkühlung zum Abend ankündigt. Die ist jetzt an einzelnen Tagen tatsächlich schon zu merken.

Auf dem langen Kamm, bei Zossen

Die verschiedenen Schwarmvögel mit Zugabsichten sind noch unentschlossen, verhalten sich meistenteils zurückhaltend. Die Schwarzen mit den großen Schnäbeln hingegen sehen ihre Zeit nahen und krächzen ihre klagenden Misstöne schon etwas lauter heraus. Mancher Apfelbaum schiebt neben prallen Früchten noch eine spätsommerliche Blütengeneration heraus, deren Klassenstärke jedoch eher winzig ausfällt. Ähnliches lässt sich beim Wein beobachten, was von den Bienen dankbar quittiert wird.

Hochbunker bei Wünsdorf

Auf dem Land und auch in der Stadt ist es noch vergleichsweise leer, viele Einheimische sind ausgeflogen und kosten die schönen Tage bis zuallerallerletzt aus, unter zeitweiliger Ausblendung aller globalen Sorgenfalten. Ab und an dröhnt eine Demonstration mit Freude an tiefen Schallfrequenzen und 12-Tonnern im Schritttempo durch die große Stadt an der Spree, mal der alten Trasse der Love Parade folgend, mal dem Namen nach deren Ursprungsidee aufgreifend.

Ausläufer der Wünsdorfer Waldstadt

Zossen

Zossen ist ein beschauliches Städtchen, das es seinen Besuchern leicht macht – es gibt einen vergleichsweise prächtigen Bahnhof in Innenstadtnähe, großzügige Parkplatzangebote und eine unversperrte Toilette gleich am hübschen Marktplatz. Dazu diverse Gastronomie und ein paar hübsche Cafés, auch ein paar Geschäfte. Ein kleiner, feiner Stadtpark mit Wasserspielen, umrankter Burgruine und einem kleinen Rosengarten liegt zwischen dem Stadtkern und dem verträumten Nottekanal, welcher breit, kajakgeeignet und vermutlich durchwatbar ist.

Vorgeblicher Einzelbaum auf der Wiese

Wer sich Zossen näher, fährt eigentlich von allen Richtungen durch ebenes Land, teils blickfrei, teils von Wäldchen durchbrochen. Die Umgebung des Städtchens ist großflächig von feuchtem Land geprägt und auf den zweiten Blick vielgestaltiger, als man zunächst denken sollte. Es lohnt sich also, immer mal wieder und auch zu verschiedenen Jahreszeiten nach Zossen zu reisen, nicht zuletzt wegen des Nottekanals mit seiner ganz besonderen Stimmung.

Verträumter Nottekanal in Zossen

Neben weiten Schilfflächen spielen auch Weinberge und eine Streuobstwiese eine Rolle, welche zugleich Hutelandschaft mit einem eigentümlichen, bezaubernden Antlitz ist. Doch eins nach dem anderen. Wer mit der Bahn anreist, die von Berlin bzw. Baruth aus stündlich fährt, landet nur eine Minute vom Bahnhofsvorplatz entfernt im Stadtpark und steht sechs Minuten später bereits am Markt – falls man sich nicht unterwegs in Details der Parkanlage verliert.

Rosengarten im Stadtpark, Zossen

Der Marktplatz mit seinem schlängelnden Wasserlauf, den großen Blumenampeln und kleinen Hecken sowie einem tiefen, tiefen Brunnen wird am anderen Ende zur Baruther Straße, streift dann kurz nach der Spielhalle den Dreiecksplatz am Kietz mit der urigen Gaststätte. Beim Blick auf die langen Hinterhöfe ahnt man hinten den Wasserlauf des Schweingrabens, überquert dann den in üppiges Grün romantisch eingekuschelten, stillen Müllergraben und biegt schon bald ab gen Scheunenviertel, das ganz klassisch vor den Toren der Stadt liegt.

Marktplatz in Zosssen

Auf der Straße Weinberge zieht es durchaus leicht in den Waden, vom Spielplatz geht es noch weiter aufwärts bis hin zu einer spannenden kleinen Siedlung aus verschachtelten hochgezogenen Spitzdächern. Zwischen den Häusern ziehen sich erkundungsfreudig Schleichwege und führen alle zu einem Spielplatz.

Müllergraben in der Zossener Vorstadt

Am Ende des Asphalts winkt ein Ortsausgangsschild umgehend in einladende Landschaft, mit Wiesen, Weitblicken und einem Waldeinschlupf voraus. Hinter einer markanten Eiche beginnt eine verspielt wirkende Waldweide mit lose verteilten Waldbäumen, weiter hinten kommen auch die Obstbäume ins Spiel. Diese verweisen auf eine einstige Streuobstwiese, welche sich noch in den Karten finden lässt.

Schöner Ortsausgang, Zossen

Weidetiere sind noch nicht zu entdecken, dafür kommt uns ein hochgewachsener junger Papa mit seinem kniehohen Töchterchen entgegen, das schon eine Weile laufen kann, doch im zuckrigen Sand dennoch zu tun hat. Ein ausgetauschter und erwiderter Gruß per Handwink führt zur neugierigen Körperdrehung, das Gleichgewicht macht sein Ding und das leichte Kind purzelt in den moosgrasweichen Wegesrand. Der Blick bleibt erstaunt und die Augen groß, nichts entgleist, keine Unterlippe kommt ins Zittern. Und dann aufgestanden, gesammelt und weitergestapft, voraus warten schon die nächsten Entdeckungen und ganz hinten auch der wild abgeparkte Sportbuggy.

Streuobstwiese

Die Weidelandschaft öffnet sich, und zwischen klobig eingehausten Obstbäumchen sehen wir sie dann – eine ganze kleine Herde von Buckelrindern, auch Zebu genannt, wie man sie sicher schon in irgendeinem Tierpark gesehen hat. Äußerst entspannte Leute in Farbtönen zwischen champagnerweiß und dunklem Hellbraun. Die meisten pausieren gerade vom Grasen, zeigen sich neugierig genug zum Kopfdrehen, nicht jedoch zum Wechsel in den Stand. Und sehen gleich noch viel entspannter aus. Hinter ihnen erhebt sich ein Höhenzug, was irgendwie passt, da man exotisch anmutende Kuhtiere irgendwie gern einer Bergregion zuordnet.

Zebus auf der Waldweide

Der längliche Bergrücken ist der kleinere von zweien, die relativ unerwartet nebeneinander in der Landschaft stehen. Beide verfügen über Kammpfade und sind so angeordnet, dass man von einem Kamm bestens zum benachbarten rüberwinken kann. Für ein Echo hingegen dürfte es nicht reichen, ein Jodeln wird vermutlich akustisch trocken im märkischen Sand stranden.

Der sanfte Wiesengrund zwischen den länglichen Erhebungen wurde kürzlich gemäht, doch auf den urwüchsig anmutenden Höhenrücken wächst herrlich buntes Kraut in Höhen von knöchelhoch bis hüfthoch. Vielfältig und außerordentlich ungeordnet und gern auch etwas borstig steht hier alles nebeneinander, vieles noch mit Blüten bestückt, und sorgt so für eine erstaunliche Vielfalt und Fülle von Schmetterlingen.

Zossener Alpen, Westkamm

Mit Sandalen an den Füßen und kurzen Hosen wird der Aufstieg so zum Wahrnehmungserlebnis. Der struppige Pfad ist oftmals nicht breiter als ein Bergsteigerknie und jegliches Kraut besteht auf sein Hausrecht, sodass einige Beinarbeit erforderlich wird. Es ist herrlich und schafft direkt etwas mittelgebirgliche Atmosphäre. Unterstützt wird diese noch von der wirklich schönen Aussicht, die sich nach dem Erreichen der Kammhöhe öffnet. Wirklich breit und äußerst weit. Hinter flächigem Wald lassen sich jeweils andere Anhöhen ausmachen, links in der Nähe auch die zwei verschiedenen Siedlungen, deren übereinstimmendes Merkmal die weit hinabgezogenen Dachflächen sind. Und selbstverständlich der Wasserturm und etwas weiter hinten die Kirchturmspitze von Zossen. Erstaunlich, wie weit weg die zu sein scheint.

Aufstiegspfad zum kurzen Kamm (Westkamm)

Die sanft ansteigende Flanke hin zur Waldweide ist anmutig und muss zur höchsten Wiesenblütenzeit nochmal ein Genuss für sich sein. Leider naht schon nach ein paar Minuten der Abstieg, doch es gibt ja noch die etwas größer ausfallende Nachbarhöhe. Zwei Mädels, die heute schon geraume Zeit vor dem Spiegel beschäftigt waren, machen die Runde mit ihren wie gestaucht aussehenden Hunden und sollten mit ihrem eleganten Hosenwerk unbedingt Abstand zu jedem der Pfade hier halten. Was sie auch tun.

Blick hinab in die Ebene nach Zossen

Gleich gegenüber steigt ein urwüchsiger Pfad vergleichweise steil hinauf zu der schönsten Aussichtsbank weit und breit, die gerade frei ist. Die Wiese auf diesem Höhenzug ist weniger anhänglich, geht doch eher so in Richtung Gras und weiche Blumenstengel. Der Himmel da ganz oben ist mit dichten Wolken bezogen, die an ein Steppbett erinnern und dunkler ausfallen, als es das derzeitige Tageslicht vermuten lässt. Weiter oben wird es wieder dichter und die allgegenwärtige Goldrute steht mit gleichhohen Distelgebilden in strauchgroßen Büscheln kurz unterm Kamm. Beider Blütenwerk wird rege angeflogen von kleinen und größeren Bienen und Fliegchen, auch eine Hornisse hat den Weg hierher gefunden, scheint aber noch zu unschlüssig.

Auf dem langen Kamm (Ostkamm)

Direkt am Kammweg ruht ein großer Findling, ein paar Meter weiter findet sich ein weiterer, unterirdischer, von dem nur eine schallplattengroße Glatze herausschaut, als völlig überzogener, vereinzelter Pflasterstein hier oben in den Bergen. Man stellt sich kurz einen polternden Eselskarren vor, hoch beladen mit weichen Ballen und harten Säcken.

Mischbepflanzung am Hinterfeld

Etwas weiter hinten gibt es noch einen weiteren Rastplatz, von dort wieder einen krautigen Abstiegspfad zu einem kleinen Gemenge einladender Wege. Überhaupt sieht man oben von den Spornen in allen Richtungen eine Menge Wege, und alle sind sie einladend und gehenswert. Nur einer ist seit Kurzem etwas breiter gebügelt worden und erscheint darum vergleichsweise sachlich.

Weidevieh in rustikaler Kulisse

Vorbei an einigen leise fauchenden Windrädern wird eine große Weide abgeschritten, vorbei an einer Landschaft aus wogenden Binsen und kugeligen Kiefern, dann durch ein Wäldchen und bald an einem weiteren Verband von Buckelrindern. Die scharen sich hier einen rustikalen Bretterverschlag, der einen Bauwagen umhüllt.

Gefälliger Weg am Hinterfeld

Kurz vor einem ansehnlichen Birkenwäldchen geht man besser nach rechts, denn die reizvolle Erweiterung ein Stück nach Osten birgt auf den entscheidenden Metern vor Erreichen des breiten Töpchiner Weges einige Tücken. Vorher ist zudem ab einer formidablen Wildschweinsuhle, die auch für heranwachsende Saurier ausreichen sollte, ein an sich reizvolles Waldstück zu durchqueren. Doch leider hat sich hier über die letzten drei Jahrzehnte schwer verrottbarer Wendemüll in Form von Margarinebechern und Flaschen verschiedenster Form in großer Breite verteilt, wie das an manchen Stellen in Brandenburg auch nach all den Jahren noch anzutreffen ist. Erstaunlich, welche Größenordnungen an Quark und Margarine die Besatzer anscheinend verputzt oder über Jahre den Müll nicht runtergebracht haben …

Farbe am Wegesrand

Das wäre doch mal ein schöner Anlass für eine via Social Media gestartete Competition, welches Team in 111 Minuten die meisten Müllsäcke prall füllt und bis zum Fahrweg bugsiert. Dem Gewinnerteam winkt eine elfstündige Happy Hour auf Soft- und Supersoftdrinks in der Zossener Spielhalle. Oder so. Und den Zweit- und Drittplatzierten jeweils ein Kasten Bier aus der nächsten regionalen Handwerksbrauerei.

Breiter Töpchiner Weg

Bald nach dem Rechtsabbiegen gibt es willkommenen Waldschatten. Nach dem Überqueren der breiten Trasse beginnt hinter einer Schranke ein grasiger Weg, der von mittelalten Eichen begleitet wird und auf den nächsten Kilometern eine sympathische Vielfalt entwickelt.

Durch den Wald Richtung Wünsdorf

Teilweise verteilen sich die stammdunklen Eichen lose im wegnahen Wald und sind in einer Art Ausdruckstanz erstarrt, teils stehen sie brav in in kurzen Alleepassagen an beiden Wegrändern. Später gibt es Birken und Ginster, hier und da am Boden blüht das Heidekraut und gegenüber ein kleines Feld gelber Blüten. Alles sehr entspannend.

Ginster am Wegesrand

Nach der abschließenden Schranke quert eine verlorene Asphaltstraße, deren südliches Ende in der Waldstadt liegen soll. Ein paar Wohnstraßen später kann die Straße verlassen werden in einen verspielten Pfad, der das Gelände des Bunkerparks umrundet und dabei zunächst an streetartbunten Mauerresten entlangführt, dann als niedriger Hohlweg unter jungem Gebäum verläuft. Immer urwüchsiger wird es, nach Wald folgt hochgewachsenes Wiesengrün, auch hier wieder großzügig mit Goldrute durchsetzt.

Bunte Mauer am Bunkerpark

Nach zaghaften Pflasterspuren ragt am Wiesenrand ein eigenartiges Gebilde auf, einer zu Beton erstarrten Rakete gleichend. Das überhaushohe, spitze Ding hat seinen abweisenden Charakter verloren, denn zum einen ragt es zwischen heranwachsenden Bäumen hervor, zum anderen wird das Betongrau mehr und mehr von dichten grünen Ranken überwuchert.

Markanter Hochbunker bei Wünsdorf

Wünsdorf/Fontanestraße

Gleich danach beginnt ein nördliches Sprengsel der Wünsdorfer Waldstadt. Zwischen den hübschen Häusern stehen lose verstreut die Kiefern, mal einzeln, mal in kleinen Büscheln und selten dicker, als dass man sie nicht allein umfassen könnte. Vor einem zentral wirkenden Gebäude steht etwa lebensgroß die aufgesockelte Statue von Juri Gagarin, dem ersten Typen im Weltraum.

Kerniger Gagarin am China-Restaurant

Der sah eigentlich eher verschmitzt aus, die versilberte Plastik hingegen wirkt wie eine leichte Parodien auf Superheldenfiguren. Die gemeißelten Gesichtszüge und die forsche, verrutschfest gelegte Tolle lassen eine markige Männerstimme vermuten, der ausgeprägte Knackarsch wirkt irgendwie fehl am Platze – so hauteng kann kein Raumanzug gewesen sein – und lässt eher an die Village People denken. Vielleicht aus gutem Grunde fehlt irgendein kommentierendes Schildchen oder ein Name.

Feldweg zur Bahntrasse

Beim Chinesen gleich um die Ecke gibt es nun ein schattiges Plätzchen mit sanftem Wind, dazu was Kühles im Glas und was Heißes auf dem Teller. Der Koch sitzt draußen und ist mit seinem mobilen Endgerät beschäftigt, ohne Lautsprecher an, doch im Dialog mit jemand, der lange Spracheinheiten ohne erwartbaren Satzpunkt bildet. Jede Lücke wird umgehend genutzt, sodass es ab und an und jeweils unerwartet zu gebellten Hauptsätzen vom Nebentisch kommt.

Zwischen Kiefern und Schilf

Weitere Gäste treffen nach betulichem Einparkvorgang ein und bestellen zwei Essen, die mit jeweils mehreren Sonderwünschen bis zur Unkenntlichkeit umgeformt werden. Die Kellnerin bleibt freundlich, lächelt in sich hinein und strahlt dabei chinesische oder vielleicht mongolische Weisheit aus. Wer sich übrigens noch weitere Spitzbunker oder auch den Wasserturm ankieken möchte, wird ganz in der Nähe ohne viel Suchen fündig.

Schilfmeer mit Blüten

Auf der B 96 ist nicht viel los, die Fußgängerampel ist dennoch willkommen. Nach dem Tierheim quert ein ruhiger Feldweg, doch auch der kaum sichtbare Pfad quer über die frisch abgemähte, würzig duftende Wiese ist einladend. Doch auf dem Weg gibt es erfrischenden Wind von vorn, denn der Tag hat mittlerweile doch hochgeheizt und in der Siedlung stand die Luft fast still. Die Landschaft setzt sich aus kleinen und größeren Waldstücken, freiem Feld und weiten Wiesen zusammen und erscheint abgeschieden und ruhig. Daher erstaunt es, als hundert Meter voraus aus dem Nichts ein Regionalzug vorbeitrödelt, fast ohne Geräusch.

Wiese nach der Mahd

Nach einem Bogen ist die Wiese dann satt grün und voll mit den krautigen Blumen des Spätsommers, welche von Bienen und Schmetterlingen jetzt besonders gern besucht werden. Zur Linken erstreckt sich eine große, wild-verwunschene Schilffläche, über und über gesprenkelt von den weißen Blüten der Winden, während gleich rechts des Weges wieder kugelige Kiefern stehen. Nach einem Wiesenpfad folgt ein bodenklammes Waldstück mit kunstvollen Altweibernetzen im Unterholz, dann ein kurviger Weg über die Wiesen und Weiden.

Schnellzug nach Prag

Ein rundkroniger, markanter Einzelbaum, der wahrscheinlich doch eher drei Bäume ist, lädt zur Wiederkehr zu den anderen drei Jahreszeiten ein und hinten in der Wiesenbucht beim Schilf, wo gerade drei verschwiegene Kraniche abheben, hat eine Herde Heurollen ihren Platz für die nächsten Wochen gefunden. Ebenfalls hinten passiert jetzt im selben Trödeltempo ein wunderschön blauer Zug, dass muss wohl der Intercity von Prag nach Hamburg sein. Nur wenig später folgt noch der von Hamburg nach Prag, auch im Lindenbergmodus.

Pfad am Nottekanal

Beim querenden Weg zum Siedlungsprengsel Schäferei besteht theoretisch eine Option nach links, doch leider fehlt an der entscheidenden Stelle ein halbwegs offizieller Bahnübergang. Sollte man einmal aus Richtung Mellensee an diese Stelle kommen, lässt sich von dort einem wettergegerbten Plattenweg durch die Wiese folgen, dann im Baumschatten ein uriges Feuchtgebiet mit kleinem Weiher durchqueren und zuletzt am Nottekanal einem hübschen Pfad folgen, der bis zum kleinen Paddlerhafen kurz vor dem Zossener Stadtpark reicht. Am besten gleich eine Notiz hinterm Ohr anbringen!

Kleiner Paddlerhafen in Zossen

Schäferei

Wer Schafe sucht, wird Pferde finden, denn ein gutes Maß der Bewegung in der Siedlung rührt vom Reiterhof bzw. der Pferdepension her. Dementsprechend sind fast immer irgendwo Zöpfe oder manchmal auch die Farbe Rosa zu entdecken, doch auch ernst dreinblickende Damen in festen Stiefeln.

Rosengarten im Stadtpark

Die lose bebaumte Allee nach Zossen ist mäßig befahren und wird von Grundstücken begleitet. Bürgersteige gibt es auf beiden Seiten, sodass für die fünfhundert Meter bis zum dreieckigen Kietz wahlweise die Schatten- oder Sonnenseite gewählt werden kann. Vom Kietz sind es nur Minuten zum Markt, ein paar mehr zum Stadtpark und nochmal zwei zum kleinen Steg am Nottekanal. Allesamt schöne Orte, um ein angenehmes Plätzchen zu finden, den Tag ausklingen zu lassen und dann zu horchen, welche Zeit der nächste Schlag der Kirchturmuhr verkündet.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
Regionalbahn von Hauptbahnhof oder Südkreuz (ca. 45 Min.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): über Landstraße oder Autobahn (ca. 1-1,25 Std.)

Länge der Tour: ca. 15 km, Abkürzungen mehrfach möglich


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

 

Links:

(folgt in Kürze)

 

Einkehr: div. Möglichkeiten in Zossen
Peking-Garten im nördlichen Wünsdorf (direkt am Weg)

Wriezen: Schwere Ähren, Schneckenslalom und der gedeckte Tausendfüßler

Die Vorboten des Sommers waren in diesem Jahr zeitig dran, sodass es schon an manchen Tagen der klassischen Frühlingsmonate nach Sommer aussah und auch so duftete. Wetterkapriolen gaben sich die Klinke in die Hand, von heiß über nass bis stürmisch und dann wieder kalt, wobei es in all diesen Wochen nur selten windstill zuging. Viele Unterarme waren schon ans stete Licht gewöhnt, als sie sich wieder einärmeln lassen mussten, und selbst die Heizsaison wurde noch einmal kurz wachgerüttelt, soweit die Systeme das hergaben.

Längste Kaffeetafel im Oderbruch (Auszug)

Mittlerweile heißt das Ganze offiziell Sommer, fühlt sich dieser Tage auch genauso an und gießt zugleich immer wieder flächig Wasser auf die üppige Pracht von Wiesen und Baumkronen, auch auf die dichtstehende, gediehene Saat in Weizenblond und Maisgrün. Dort auf den Äckern ist der Boden an vielen Stellen noch so gesättigt, dass man keine zwölf Schritte in einer Treckerspur zurücklegen könnte, ohne sich im langsamen Niederrutsch eine breiten Spur zähen Matsches quer über den Hintern zu pinseln.

Natternkopf auf dem Alten Oderdeich

An den Feldrändern fächern die verschiedenartigen Blütenformen und -farben in souveräner Geste ihre breite Palette auf, öfter gibt es ganze Flächen von weißen Margeriten oder aromatischer Kamille. In dieselbe Kerbe haut das champagnerweiße, aufgeplüschte Mädesüß, dessen Name spätestens dann keiner Erläuterung mehr bedarf. Auch allerhand gelbe Sorten zeigen sich in aller Pracht, und nicht zuletzt beeindruckt der selbst unter grauestem Himmel herrlich blau leuchtende Natternkopf mit seinen Dolden, deren Büschel ganze Wegnarben gestalten.

Alpakas im Vorder- und im Hintergrund

Manche Menschen zieht die platte Weite des Oderbruchs in ihren Bann und ruft in gewissen Intervallen einen großen Sehnsuchtsschub nach diesem Landstrich hervor. Neben teils endloser Weite gibt es dort Deiche mit herrlichen Wegen auf der Krone und kräftigen Stämmen in den kleinen Flanken, teils offen, dann wieder wiesenbedeckt und manchmal auch regelrecht verwachsen. Allesamt strahlen sie etwas Archaisches aus, was sich gerade in schnellen und unsteten Zeiten als Wohltat für Seele, Geist und Auge zeigt. Oderbruch, Deiche und lange, gerade Wege mussten also her. Egal, wie dröhnend der Wetterbericht auch rasselte.

Die Kaffeetafel am Inneren Dorfring, Altwriezen

Alt-Schmöckwitz

Am südöstlichen Rand von Berlin machten sich zur gleichen Zeit unerschrockene zwanzig Leute auf den Weg, um gemeinsam ein Stück auf dem bislang längsten Wanderweg der Stadt unter die wetterfesten Schuhe zu nehmen. Zur Gruppenwanderung auf der vierten Etappe der Berliner Gürtellinie hatte der engagierte Wanderer und rührigste Brandenburg-Botschafter zu Fuß eingeladen, welcher damit zugleich seine neunzehnte Etappe auf dem jüngst erschienenen Fernweg ging und für sich die große Runde schloss.

Kornfeld bei Altmädewitz

Wer trotz der vorangegangenen stürmischen Nacht gekommen war, hatte nicht nur am Frühstückstisch den inneren Schweinehund niedergerungen und der zwangsläufig wetterfühligen BVG ein gewisses Grundvertrauen entgegengebracht, sondern musste auch vor Ort Lösungen für reichlich Wasser von oben, gestrauchelte Bäume und Pfützen mit fernen Ufern finden. Zum Lohn gab es nach einer reichlichen Stunde zunächst ein stetes Nachlassen des Regens, dann zaghaftes Licht am Himmel, schließlich nach dem ersten Durchbrechen der Sonne mehr und mehr blaue Fläche mit weißen Wolken. Ein unvergesslicher Tag also in mehreren Hinsichten, an dem bei schönstem Wetter und als wäre nichts gewesen das beschauliche Wasserstädtchen Erkner erreicht wurde, gelegen an Spree und Löcknitz, an Fluss und See.

Auf dem Deich der Alten Oder

Wriezen

Auch das etwas kleinere Wriezen, das in diesem Jahr seinen 777. feiert, fällt in die Kategorie beschaulich, ist ebenfalls von schöner und vielfältiger Landschaft umgeben. Das Wasser spielt hier keine flächige Rolle, ist dennoch prägend für den Ort und zeigt sich in mehreren Strängen, die mit Oderwasser gefüllt sind und in zwei Fällen auch so heißen. Der Alte Hafen an der Wriezener Alten Oder mit seinen eindrucksvollen Bauten und den Kalköfen ist auf jeden Fall den Abstecher wert. Darüber hinaus gibt es neben dem alten Kiez und der gemütlichen, wenn auch verschlafenen Innenstadt rund um den Markt noch eine Freilichtbühne, ein stadträndisches Wildgehege und ein Krankenhaus auf der Höhe, welches aus der Ferne an ein Schloss denken lässt. Etwas weiter westlich und nordwestlich öffnen sich herrliche, urige Hutelandschaften, wie man sie so schön nicht noch einmal findet in Brandenburg.

Zwischen den Feldern hinter Wriezen

Gleich hinter der Bahn und den Oderarmen beginnt die Weite des Oderbruchs, welche hier besonders eindrücklich sichtbar wird durch den schnurgeraden Radweg, der auf direktem Wege zum breiten Oderstrom strebt. Ganz am Ende wartet an der polnischen Grenze eine beachtlich lange Stahlfachwerkbrücke aus zahlreichen Segmenten, die als Rad- und Fußweg eine der eindrucksvollsten Verbindungen nach Polen schafft, mitten durch eine der sagenhaften Naturlandschaften des Flusses. Wer hier mit dem Rad den Wind von hinten hat  und eine Angel dabei, hofft für den Rückweg einfach, dass der Wind sich bis dahin gelegt hat und die vielen Fische in den Beutel passen, genießt dann einfach breit grinsend den Moment.

Blick über die Deichkrone

Am Beginn des Radweges zweigt ein Feldweg ab zum alten Deich, führt mitten durch die Äcker ohne einen einzigen Baum am Rand und lässt hier besonders viel Platz fürs Auge und für einen Brustkorb voll frischer Luft, auch wenn die gerade reichlich von Wasser erfüllt ist. Schon nach wenigen Minuten geht es los mit den üppig beblumten Feldrändern, auch eine ganze Reihe später Mohn- und Kornblumen sind noch dabei. Das erste Büschel blauer Dolden lässt trotz dicker Regentropfen die Kamera rausfriemeln, zumal die farbkräftige Insel inmitten eines weiten Kamillenfeldes liegt. Das Lungenvolumen wird restlos ausgeschöpft, um dieses seltene Vergnügen auszukosten.

Auf dem Alten Oderdeich

Voraus ist anhand einer bunt zusammengewürfelten, doch schnurgeraden Reihe dichter Baumwipfel der erste Deich zu erkennen. Auf dem Weg dorthin ist manche wegbreite Pfütze zu umschiffen, wobei kleine Inseln aus ausgebrachtem Keramikschutt behilflich sind. Grobes Geschirr, alte Dachziegel und zerbröselte Ziegelsteine gehen hier als Flickwerk allmählich in die Breite und verfüllen vormalige Schlaglöcher.

Kurz vor Ausbau am Damm

Beiderseits des Weges steht das Korn zwar nicht besonders hoch, doch Halm an Halm und mit prallvollen Ähren, die nach diesen ergiebigen Regenstunden eigentlich hängen müssten. Dazwischen ist erstaunlicherweise noch Platz für ein zwei Rehböcke, die uns lange Zeit nicht wittern. Als der Groschen fällt, entfernen sie sich mit extrahohen Sprüngen, verharren am Scheitelpunkt jeweils kurz in der Luft. So wie im alten Trickfilm, wo jemand erst über den Abhang hinaussprintet, sich zunächst ein Weilchen in drei Richtungen und nach unten wundert und erst dann in die Tiefe saust.

Häuser in Ausbau am Damm

Wie viele Deiche im Oderbruch ist auch dieser nicht sonderlich hoch, doch im Fall der Fälle ausreichend, um größeren Schaden abzuhalten. Die nächste Kurve oder Krümmung ist in beiden Richtungen bereits zu sehen. Die erwähnten Baumkronen schaffen ein schattiges Dach. Die breite Wiesennarbe lässt an ihren Rändern kaum zwei Pfade übrig und verwöhnt nun Knöchel und Fesseln mit einer grasigen Streichelwäsche pro Schritt. Die wasserabweisenden Schuhe können zeigen, was sie draufhaben.

Deichkronen-Radweg voller Schnecken

So niedrig der Deich aus sein mag, bietet sich doch immer ein erheblich erweiterter Blick als aus derselben Ebene. So schauen wir auf weite, bunte Bienenweiden, bei denen nicht klar ist, ob sie Absicht sind, nur geduldet oder sich einfach ergeben haben. In naher Ferne und auch in ganz weiter steht eines dieser vereinzelten Gehöfte, die teils wildromantisch verfallen, teils nach allen Regeln des Denkmalschutzes und der Landlust wieder schnucklich auf Anfang gesetzt wurden. Dazwischen ziehen sich noch junge Alleen mit wohl gediehenen Bäumen, sicherlich auch dank des guten Bodens hier. Beerenbüsche, Obstbäume und Flieder versprechen kleinvolumige Ernteoptionen zu den meisten Jahreszeiten.

Ausbau am Damm

Am Ende des grasigen Weges liegt eine Ansammlung von Häusern mit freiliegendem Mauerwerk und antikem Gezäun um den kleinen Bauernvorgarten, bunt zusammengewürfelt und reizvoll für Photographen oder Maler, besonders aber für Leute, die gern Zeit im Garten verbringen. Da es gerade noch zu nass ist für die Mücken und bei uns kaum Haut herausschaut, herrscht Frieden. Ansonsten dürften hier die Uferbereiche der Alten Oder für reichlich Gesirre und für satte Vögel sorgen.

Blick vom Deich auf die Alte Oder

Jenseits der Straße, auf der nur alle paar Minuten ein Auto vorbeikommt, setzt sich der Deichweg fort, nun auf Asphalt und bald als reiner Radweg. Die Bäume in den Flanken sind zwar einiges jünger, doch schon stämmig und beständig. Bald gesellt sich rechts die Güstebieser Alte Oder dazu, drängelt sich in naher Sichtweite zwischen ihren üppig grünen Ufern hindurch, mit hohem Buschwerk, gestaltfreudigen Hopfendolden und leuchtend grünen Flatschen aus frischer Entengrütze auf dem Wasser. Vereinzelte Baumruinen oder wiedererstandene Weidengebilde gehen als gelungene Skulpturen durch.

Kaffeetafel am Inneren Dorfring, Altwriezen

Der glatte und eigentlich problemlose Weg wird nun zum Slalomkurs, da unzählige Schnecken von der Oder hin zum Kornfeld streben. Den größten Blickfang bilden die Weinbergschnecken, noch nicht ganz ausgewachsen und in den Zwischentönen von aschfahl bis haselnussbraun, die Zeichnung der kunstvollen Wendeln in jeder Variante knackscharf hervorgehoben durch das nasse Wetter. Dazwischen gibt es die normal großen Schnecken, wie man sie aus dem selbst gepflanzten Gartensalat kennt, sowie kleine bis kleinste, die jugendlichen Ausführungen der letztgenannten gleichen.

Da auch flaches oder aufgekruscheltes Laub, Stöckchen und Äste auf dem Weg liegen und vom Wind zum Leben erweckt werden, braucht es Aufmerksamkeit, um nicht irgendwem das Haus zu zerlatschen. Drüben überm Feld jubilieren die Lerchen jetzt schon lauter, denn der Regen hat endgültig aufgehört und von Westen her rückt schon mehr Licht am Himmel nach. Das ist jetzt eine schöne Entwicklung. Passend dazu steht mit einem Mal eine wunderschöne kleine Bank am Wegrand, umtost vom kräftigen Wind und mit Blick ins weite Land, hin zu den polnischen Höhen und auch denen der großen Oderinsel.

Ausschnitt der Längsten Kaffeetafel im Oderbruch

Altwriezen

Schon am Stadtrand von Wriezen hing ein Transparent mit der Ankündigung der Längsten Kaffeetafel im Oderbruch, was trotz größter Kuchenbegeisterung schon wieder vergessen war in Anbetracht des Wetters. Als wir das schöne Dorf Altwriezen betreten und den ersten von vielen Tischen entdecken, versuchen wir uns vorzustellen, wie sehr alle mit der Wetterentwicklung gefiebert haben müssen, wie oft die Geräte gezückt und mit hoffnungsängstigen Augen das Wetterradar verfolgt wurde. Denn für eine solche Tafel unter freiem Himmel kann es keinen Plan B geben.

Von daher hat es jetzt schon etwas Wundersames, wie klar der Himmel bekennt, dass in den nächsten Stunden nichts mehr nachkommen wird und nun endlich alle loslegen können. Wiesen und Straßen sind noch klatschnass und zeigen, dass wirklich gerade erst der Startschuss ploppte. Das Treiben ist nicht hektisch, doch man merkt den unfassbar erleichterten Leuten die einzwei Stunden Verzug beim Aufbauen an. Mit dabei sind alle Altersklassen von Enkelchen über guter Junge bis Uroma. Um zwei soll alles bereit sein.

In Altwriezen

Hier entsteht nun etwas Zauberhaftes, wohl in vierter Auflage und jedes Mal in einem anderen Dorf des Oderbruchs. In diesem Jahr gilt es die Marke von knapp 260 Metern zu überbieten, doch das ist sicherlich nicht die wichtigste Aufgabe hier. Unmengen verschiedenster Gartenstühle werden auf allen denkbaren Fahrzeugen mit Ladefläche herangekarrt. Jeder der Tische lässt das Herzblut vieler Menschen spüren, keiner gleicht dem anderen. Von holzrustikaler Bauernromantik bis hin zu komplett weiß umspannten Vornehmtischen und herzlich bunten Tischdecken ist alles dabei, einzelne Tische widmen sich komplett einem Thema wie zum Beispiel der Erdbeere.

Allein einige der Blumensträuße, von denen manchmal drei auf einem klassischen Biergartentisch stehen, dürften beachtlichen Aufwand erfordert haben in Pflückung, Zusammenstellung und Gestaltung. Passend dazu hat sich ein älterer Herr mit seinem Klapphocker zwischen zwei Büsche zurückgezogen und nimmt von dort die Szenerie in den Blick – mit Karton, Bleistift und Pinsel. Hier wird geeilt, dort gelacht und da koordiniert, irgendwo stehen auch schon die Messgeräte herum, so ein Spazierstock mit großer Rolle und Zählwerk unten dran, mit dem schließlich amtlich und in simultaner Mehrfachmessung die Länge der Kaffeetafel ermittelt werden soll. So gegen dreie.

Altwriezener Scheunenviertel

Wer die vorherigen drei Tafeln nicht gesehen hat, könnte sich vorstellen, dass es hier in Altwriezen besonders gut passt, denn der Verlauf der wenigen Straßen im Dorf ist verspielt und gipfelt in einem kleinen Oval vor einem besonders anmutigen Oderbruch-Haus mit blauen Fensterrahmen und durchgehendem Hausflur, mit Blick in den Garten hinterm Haus. Kraft seiner Lage dürfte es so etwas wie die Dorfschönste in Sachen Häusern sein, obwohl es wirklich besonders viele ansehnliche Häuser gibt im Dorf. Aus dem Flur kommen ständig andere Leute, Männer, Frauen, in grün, blau oder bunt, und tragen etwas heraus, was auf einen der vielen Tische gehört.

Weg nach Norden raus

Das Oval umschließt einen sanften Wiesenhügel mit uralter Eiche. Hier spielt sich gerade ein kleiner Tumult mit einer Reihe ungedämpfter Stimmen ab, denn ein Hänger mit Schafen ist eingetroffen und ein kleines Gehege wird aufgebaut. Die wollige Fuhre ist nicht ungeduldig, doch neugierig und vor allem begierig auf die erste Ladung feinen Futters, für die schließlich sogar das frische Stroh links liegen gelassen wird. Neben den behäbig dem Anhänger entströmenden Viechern staksen hakenschlagend auch einige Lämmer heraus, die zwar schon ein paar Tage älter sind, doch ihre Flausen nicht nur auf dem Buckel tragen.

Alpaka-Nachwuchs beim nächsten Gehöft

Am Dorfrand stehen die Koordinatoren in leuchtgelb und versuchen, alles in gute Ströme zu lenken, trotz des Zeitverzuges. Sind dabei ganz entspannt. Wir schlagen einen weiten S-Bogen durchs Dorf, können ein paar Details aus der Ferne und andere aus der Nähe betrachten und drehen am kleinen Scheunenviertel mit den großen Scheunen schließlich ab nach Norden, raus aus dem Dorf. Ohne ein Stück Kuchen im Bauch oder auf der Hand – wir waren leider zu früh. Dafür wird jetzt das Blau am Himmel mehr, die letzte Regenpelle wird abgeworfen und die Luft kann wieder ungehindert strömen überall. Wie ich gerade beim Schreiben lese, wurde der Rekord gebrochen und das nächste Dorf darf sich mit der Zahl 283 herumschlagen.

Und auch ein paar Pferde am anderen Ende

Nach einer kleinen Begegnung mit kleinen, doch ausgewachsenen Pferden mit kessem Blick führt ein schnurgerader, breiter Schotterweg in die Weite. Links die Telegrafenmasten mit der straffen Leine, rechts die hochgewachsenen Pappeln, welche rauschen, als wenn der Seewind durch sie führe. Immer wieder kommen nun Fahrräder von hinten oder von vorne, nach Altwriezen eher Touristen, vom Dorf eher Transitler zum übernächsten Gehöft.

Buschbaumgasse nach Altmädewitz

Die lange Gerade geht bei ein paar Häusern in die Kurve, vorher fordern noch ein paar flauschige Alpakas Blickkontakt, mit Nachdruck, und lenken dabei den Blick auf eines ihrer Fohlen, das weiter hinten Faxen macht und noch sehr fohlenmäßig hochkant ist. Der Hof steckt voller Details. Überall steht alles rum, was so rumstehen kann, sicherlich irgendwo in der Scheune auch noch ein alter Bulli und noch ein halber oder auch eine Trabbi-Motorhaube. Hier kann man durch die große Hofeinfahrt nach hinten gucken, dort die Pferde oder den Trecker vor Anker sehen. Eine der letzten Nachtigallen des vergangenen Frühlings verabschiedet uns aus dem Dorf.

Weg nach Altmädewitz

Ein Fahrweg, der vor sechzig Jahren sicher mal befestigt war, lässt seiner Zerrüttung freien Lauf, bis zuletzt nur noch eine Betonnarbe übrig ist. Links und rechts wird er zeitweilig von Büschen und Gebäum begleitet, was gerade im platten Oderbruch ein guter Schutz der Ackerkrume vor dem Wind sein sollte. Auch hier steht das Korn dicht und kräftig. Wie den ganzen Tag schon ist wieder einmal der hohe Speicher beim Wriezener Hafen zu sehen, wohl das höchste Gebäude weit und breit. Große Disteln halten ihre blauen Stachelköpfe den dafür geeigneten Insekten hin und kontrastieren bestens mit dem dunkelblonden Meer der Ähren.

Altmädewitz

Bald nach dem querenden Radweg von vorhin, dem schnurgeraden Polenzubringer, kommen wir nach Altmädewitz. Ein Mann mit leerem Korb am Lenker kurbelt aus dem Dorf. Gleich links liegt ein rasengrüner Spiel-, Sport- und Festplatz für das Dorf, wo sich ein reichlich meterhoher Junge an Klettergerüsten und am Buddelkasten beschäftigt, ohne sichtlich Trauer zu schieben über fehlende Spielkameraden. Während wir auf einer der Bänke kurz die Beine ausstrecken, kommt der Mann mit dem Fahrrad wieder zurück. Der Korb schwankt nun weniger, doch die Frage nach dem hinzugekommenen Inhalt bleibt offen. Ein etwas jüngerer Mann fährt mit einem Aufsitzmäher aus dem Dorf, welcher in voller Fahrt etwa halb so schnell ist wie er es zu Fuß wäre. Im Gegenzug zieht er eine Last.

Blick zurück nach Altmädewitz

Rund um die Bushaltestelle gibt es allerhand Informationen und eine gute Unterstellmöglichkeit bei fiesem Regen von der Seite, kurz darauf am Dorfrund mit der Kirche schöne Schattenbänke. Entlang alter Ulmen verlassen wir das Dorf, wobei sich übers buschige Kornfeld ein wohliger Rückblick ergibt. Voraus geht es schön über die Felder. Zwei Hasen und dann noch einer verharren wie in einer Standperformance mitten auf dem Weg, jeder von ihnen den Blick in eine andere Richtung, wie die Boygroup vor dem ersten Takt. Der Wind erlaubt keine Witterung, doch irgendwann sieht uns einer der drei und zwei Denksekunden später sind alle im hohen Mais verschwunden. Und hoffentlich nicht im Modder ausgerutscht und das blütenweiße Blümchen eingeschmutzt.

Stammkram auf dem Oderdeich

Schon freudig erwartet wurde die Deichpassage, wohlbekannt von früher und wieder so herrlich urig und dabei leicht krumm. Einige der betagten Baumriesen hat es irgendwann in den letzten zwölf Jahren geschrägt. Doch sie gestalten die Landschaft noch lange mit und liegen nun als bullige Stammsegmente von Kuhgewicht, als wildsaugroße Schnipsel oder in Großscheitgröße an der Deichkrone und sorgen hier für neues Leben. Bei manchen der enormen Stümpfe mit ihren glatt gesägten Plateaus wachsen zwischen Rinde und Stammholz neue Triebe heran und machen einfach weiter mit dem Baum. Zwischen martialisch anmutendem Bruchholz suchen sich bunte Blumenköpfchen ihren Weg.

Wiegende Gräser auf dem Deich der Alten Oder

Viele der meterdicken Bäume stehen jedoch nach wie vor und recken ihre hohen Stämme in den Himmel überm Oderbruch. Ein winziger Pfad führt hinunter zu einem Schilfweiher, wo fern allen Wassers ein Drosselrohrsänger seine kreuzfideles und stets etwas übermütige Berichterstattung zum Besten gibt. Aus der breiten Wiesennarbe ragen hoch die hellen, längst wieder trockenen Halme der Gräser und werden vom drängenden Wind bewegt, der jetzt irgendwie auch wie Seewind riecht, vielleicht des Regens und des getränkten Bodens wegen.

Schnurgerade Radweg zwischen Wriezen und Grenze

Schließlich biegen wir auf den Radweg ein und damit auf die Zielgerade. Als die einstige Bahntrasse zum Radweg wurde, pflanzten vorausschauende Leute in dichten Abständen Alleebäume zu beiden Seiten, seinerzeit so dick wie ein Meerrettich-Glas, mittlerweile schon ganz anständige Bäumchen, deren Kronen sich über dem Weg bereits berühren. Ein kleiner Huckel führt durch ein Sieltor, welches sich im Flutfall mit wenig Aufwand und einigen kräftigen Balken verschließen lässt. Radfahrer kommen, zumeist von vorn und also mit dem Wind im Rücken, schauen aber keineswegs alle so. Ein fohlenschmales Pärchen unverbissener Rennradler überholt uns und lässt die Speichen fliegen – als wären sie es, die den Wind von hinten hätten.

Eine Alte Oder am Rand von Wriezen

Nach zwei Oderüberquerungen und einem Blick zum markanten Schlot des Kalkofens sind wir wieder in Wriezen, nehmen noch den Bogen über den Altkietz mit und sehen, dass der Storchenhorst unbesetzt ist. Vielleicht handelt es sich ja auch um denjenigen Rotbeinigen, welcher vorhin kurz hinterm Stadtrand staksend in den Wiesen gesichtet wurde. Klingt wahrscheinlicher, denn an Frosch und anderem Schmaus sollte es in diesem Juni nicht mangeln. Rund um die Straße zum Markt gibt es eine Reihe von Gassen, welche vermutlich die Gestalt der ursprünglichen Stadt wiedergeben.

Blick zum Schlot des Kalkofens am Alten Hafen, Wriezen

Falls nun die Bahn gerade weg ist und der Magen in den Knien hängt, hält hier nach wie vor der Grill schräg gegenüber der großen Marienkirche die Fahne oben. Plätze gibt es drinnen und auch ein paar draußen, optional ein paar Bänke auf dem Marktplatz. Dort kann man sich letztlich auch beim vierten Mal noch an den zahlreichen Details des schönen Lebensbrunnens festgucken, in dessen Szenerie unter anderem der Teufel, der Fischer und ein Brett vor dem Kopf eine Rolle spielen. Das passt wohl leider zu allen Zeiten und auch überall.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
mit der Regionalbahn über Eberswalde (ca. 2 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): auf der Landstraße über Strausberg oder Tiefensee (ca. 1,25-1,5 Std.)

Länge der Tour: ca. 17,5 km (Abkürzungen möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Internetauftritt von Wriezen

Längste Kaffeetafel im Oderbruch

Oderbruchbahn-Radweg

Einkehr: div. Angebote in Wriezen (Imbiss/Restaurant)


Jahnsfelde: Dicke Stämme, die Inselkirche und der kontaktlose Tango

Der April da draußen zeigt zwar die ganze Zeit schon, dassernich weiß, wasserwill, holpert wild über die gesamte Klaviatur der Wettererscheinungen und mischt dabei gern auch mal in kürzesten Zeitintervallen die Gegensätze durcheinander. Leichtgläubig wurden schon die dicken Winterjacken fürs nächste halbe Jahr archiviert, auf dass mehr Platz an der Garderobe ist und eine gewisse Luftigkeit einzieht, doch das wurde in Dreitagesfrist mit einem fiesen Kältesturz quittiert.

Dammweg nach Trebnitz

Davon abgesehen sieht es in Stadt und Land gleichermaßen schon aus wie tiefster Mai, nur dass noch alle Obstbaumblüten mitmischen – mal an späten und frühen Einzelästen, mal als blendende Kronengestalt von knackigem Volumen, die ihren betörenden Duft schon steinwurfweit vorausschickt. Die Natur ist so unfassbar und allumfassend grün und üppig, wohl auch den regelmäßigen Niederschlägen der zurückliegenden Monate geschuldet. Es ist eine einzige Pracht.

Emus beim Bewerben

In Sachen Vogelkehlen sind die Lerchen schon seit Februar dabei, ihren Optimismus in die Welt zu trällern. Winter- und Frühlingsmeise hegen immer wieder Zweifel beim Übergeben des Staffelstabes, und zuletzt waren sogar schon Nachtigallen zu hören, allererste Schwalben zu entdecken. Nach wie vor ist überall reichlich Wasser in den Fließen, Seen und Bächen und entsprechend Leben drumherum. Die Bienen trauen sich nur heraus, wenn es die Sonne zulässt, die Hummeln hingegen wagen wie gehabt längere Erkundungen. Vereinzelte Schmetterlinge in Gelb und Weiß und Blau oder auch Teppichfarben flattern mit Fragezeichen überm Kopf, doch sie tun es. Alle zusammen wecken sie gute Gefühle.

Schloss Trebnitz

Beim Tun Innerhalb der eigenen vier Wände endete dieser Tage ein jahrelanger Marathon, der überm Wegesammler einige Spinnweben und eine gewisse Bröckeligkeit in Sachen Beitragsdichte hinterließ. Dieser Ausdauerlauf setzt sich auch hinterm Ziel als halbwegs straffer Trab fort und lässt nun einige Spannung offen, wohin sich jene Idee bewegen wird, die sich um einen längeren Rundweg dreht. Erste Fußpaare sind schon am konkreten Ausprobieren und unsere eigenen freuen sich auf ein baldiges Wiedersehen mit der Berliner Gürtellinie, dem „ersten Weg zu Fuß einmal um Berlin“, wie es in etwa heißt.

Kirchenfenster in Worin

Jahnsfelde

Auf dem Weg nach Seelow, schon weiter im Osten, liegt das Dorf Jahnsfelde, das beim Durchfahren ganz hübsch wirkt, seinen ganzen Charme jedoch erst offenbart, wenn man die schnelle Straße verlässt. Die Dorfstraße umschließt eine kleine, kirchlose Angerwiese, von welcher der Blick zum Schloss in diesen Tagen durch einen üppigen Fliederbusch veredelt wird. Die kleine Kirche und das mehrteilige Schloss mit seinem detailfreudigen Ostteil liegen hier in unmittelbarer Nachbarschaft. Gleich ums Eck steht eine malerische Scheune, die dem Anschein nach nur von ihrer Patina zusammengehalten wird. Ein beherzter Apfelbaum in Weiß steht dem windschiefen Bretterverbund zur Seite.

Uferpfad am Haussee, Worin

Ebenbürtiger Blickfang ist hier auch der Stamm einer enorm dicken Eiche, für deren Armumspannen es mehr als ein halbes Dutzend Kinder bräuchte. Ein kleiner Schlosspark mit schönem Baumbestand schließt sich an, in dem sich bestens Feste feiern lassen sollten. Der Gedanke liegt umso näher, als dass heute einer der ersten Tage dieses Frühjahrs ist, wo man ohne Mütze und Jacke unterwegs sein kann, zumindest stundenweise und in der richtigen Richtung.

Windschiefe Scheune, Jahnsfelde

Ein schöner Pfad führt aus dem kleinen Park. Mit Blick auf ein Rudel von Treckern und fern schnaubende Pferde geht es zum kleinen Friedhof am Dorfrand, der sanft-spektakulär auf einer Anhöhe liegt. Entlang der ruhigen Straße werden die Abstände zwischen den Häusern immer größer, hinter den Gärten kann der Blick schon weit in den grünen Talgrund des hiesigen Fließes ausschwärmen, wo abseits der frisch ausgeschlagenen Uferweiden einzelstehende Bäume wohlplatziert verteilt stehen und sich jeweils selbst betonen.

Am Schloss in Jahnsfelde

Zur Linken steigt der Hang zum Walde an und ruft winterliche Bilder bunter Rodelkinder auf – doch nur ganz kurz, denn zu schön und zu verdient fühlt sich heute dieser milde Frühlingstag an. Die endlosen Wiesen sind gelb gesprenkelt von weit geöffneten Butterblumen, eine Etage höher steht hinter den Gärten mancher Obstbaum in blütenreinem Weiß.

Weiter Talgrund bei Jahnsfelde

Der gemütliche, von kräftigen Bäumen flankierte Weg steigt ein wenig an und öffnet im Rückblick die Weite des Wiesengrundes. Nach dem Ende des Waldes schlägt auf der Höhe der Wind zu, der frisch von Westen weht und nun doch den Griff zur Mütze fordert, wenigstens für ein paar Minuten. An einem der Stämme siedeln in verschiedenen Höhen farbenfrohe Baumpilze und bilden dabei eine Leiter oder wahlweise ein schützendes Dach für beispielsweise Mäuse. Zwischen den elefantösen Zehen desselben Stammes führt ein schwarzes Loch in die Tiefe und gibt gerade eine tiefbassende Hummel aus.

Schönste Rastbank weit und breit, am Weg nach Trebnitz

Nach einer wohlplatzierten Rastbank und dem Blick nach Trebnitz geht es zwischen hochgeschossenen Robinien und dem besonderen Licht ihres jungen Laubes noch etwas höher, der Wind pfeift zwischen den Baumlücken hindurch. An einer Gabelung verlassen wir den Weg nach Obersdorf und zweigen ab in einen sagenhaft schönen Wiesenweg. Der steht schon lange auf dem Zettel und verläuft zunächst unterhalb einer Böschung, wo sich Eichen mit letztjährigem, braunem Kruschellaub und Birken mit dem zartesten Blattgrün von vorgestern gegenüberstehen.

Weg nach Obersdorf

Der Weg zeigt sich noch schöner, als es die Karte vermuten ließ und setzt sich bald als hinreißender Dammweg fort, läuft leicht erhöht über dem weiten Grün und geht zudem in einen pittoresken Bogen, welcher eine weite Vorausschau ermöglicht. Beiderseits liegen in kurzer Entfernung Feuchtgebiete mit kleinen Seen und Schilfgürteln.

Wiesenweg nach Trebnitz

Abblühende Obstbäume, darunter besondere Schönheiten in großer Geste, stehen mit ihren kräftigen Stämmen in der Dammflanke und laden zu einem späteren Besuch im frühen Ernteherbst ein, wenn sich alle weich gefallenen Früchte unten am Feldrand sammeln dürften. Unterm auseinandergeblasenen Wolkenhimmel mit seinen großen und kleinen Schafen liegt gut einsehbar eine größere Wasserfläche, auf der einiges Entenhinundher vonstatten geht, erst aufgebracht und dann versöhnlicher. Im klaren Licht des Frühlingstages wird der Weg immer noch schöner.

Dammweg nach Trebnitz

Trebnitz

Irgendwann endet das Spektakel im Schatten eines Wäldchens, ein Regionalzug saust vorbei in Richtung Polen, lässt bald darauf am Bahnübergang sein knappes Trompeten hören. Noch vor dem kleinen Bahnhof von Trebnitz schwenkt der Mühlenweg hinauf ins Dorf, voraus sind Schafkehlen in verschieden alten Stimmlagen zu hören, die Lämmer scheinbar noch wackelbeinig. Gegenüber stelzen auf einer geräumigen Wiese und weit voneinander entfernt zwei Emus, der eine weiß, der andere grau.

Blick hinüber zur Trebnitzer Kirche

Oder wie sich bald zeigt, der eine weiß, die andere grau. Denn jener in Weiß ist mit einem Mal nur noch halb so hoch, dafür dreimal so breit wie in Standardhaltung, auch das Volumen hat sich vermehrfacht. Nach anfänglicher Skepsis, vielleicht auch einem abgewendeten Lachkrampf, ist die Dame doch beeindruckt und gibt sich einem Tanz hin in der Art, wie man es aus barocken Tagen kennt. Dabei ist mal die Blickrichtung gleich, mal halsverschränkt einander zugewandt, dann wieder tangomäßig Wange fast an Wange, doch ohne sich zu berühren. Das Gebaren ist faszinierend, die Vorstellung bühnenreif und es ist kaum denkbar, dass sie ihn nicht erhören würde. Wir drücken den beiden die Daumen und ziehen respektvoll weiter, denn es ist höchste Zeit für eine Pause, der Magen schlackert schon gen Kniekehle.

Dammweg nach Trebnitz

Passend dazu kommen wir am Beginn des Dorfangers an der urigen Schankterrasse des einstigen Gasthofs Zur Ostbahn vorbei, der seit einiger Zeit wieder am Leben ist, als Kneipe und Café. Eine sagenhafte Linde spendet der kleinen Terrasse allen nötigen Schatten. Doch obwohl Wochenende ist, sind wir leider zu früh dran. Rechts im Garten kann ein Niederflurhund ohne Kopfeinziehen einfach unter einem Zaun durchseppeln und dreht verschmitzt gen Dorfrand ab, ohne sich groß umzuschauen.

Weiher am Dammweg

Wir hoffen an der Kirche auf eine Bank, streifen noch kurz die alte Schmiede und finden an der Bushaltestelle ein schönes Plätzchen, wo einem zudem kein Fitzel allen Treibens hier entgehen kann. Auto von links nach rechts, dann nochmal von links nach rechts, später zwei ältere Radfahrer im bunten Funktionsputz, die mit hochgezogenen Nasenflügeln die Karte studieren, um die Brille nicht wechseln zu müssen. Dann zwei Bengels auf Rädern, allerdings ohne Hochreißen des Lenkers, scheinbar haben sie uns nicht gesehen.

Große Vögel beim Näherkommen

Und schließlich unter Sorgenfalten eine Dame in Freizeitkluft, gefolgt von einer losen Schar von Kindern. Ob wir einen kleinen Hund gesehen hätten und wenn ja wohin. Mein Groschen klemmt, ich denke nur an einen kleinen Hund und stelle nicht die Verbindung zu dem Niedrigschultrigen her, denn der war eher groß. Im Auge des Betrachters … Erst als die Horde weg ist, fällt die Münze, doch wahrscheinlich hätten wir ohnehin nicht viel mehr helfen können als zu sagen, dass er da lang gelaufen ist.

Café No. 1 in Trebnitz

Schloss Trebnitz

Die schattige Lage der Bushaltestelle ist jetzt schon durchaus willkommen, so schnell kann das gehen. Nach einem Blick hinauf zur Kirche mit ihrem zartblauen Ziffernblatt entdecken wir voraus einen Aufsteller vor dem Dorfladen, da steht auch was von Café, doch es ist alles dicht, kein Fahrrad steht davor. Nur der Form halber schauen wir mal nach dahinter, fürs nächste Mal zum Wissen. Auch da ist alles dicht, kein Mensch zu sehen. Doch aus der großen Glastür der Remise kommt wer mit einem Eimer, und wir fragen, schon zu, und sie sagt, nö, jehnsema da durch die Tür, jaja, jenau, und jetzt einfach durch.

Schlossanlage mit Käthe und Café No. 2, Trebnitz

Drinnen sitzen verschiedene Leute, junge, alte, lokale, fernere, lesen, spielen oder plaudern, und es gibt auch einen Tresen zum Bestellen. Trotz der gerade beendeten Pause muss es jetzt gleich noch eine geben, denn der Ort ist einfach zauberhaft. Drinnen ist es gemütlich, doch heute bei dem Wetter ist es ganz klar die Terrasse, wo man direkt auf das Schloss, dessen Nebengebäude und den Park schaut, aus leicht erhöhter Position.

Schloss Trebnitz mit Accessoires

In der Karte, die knapp ist und zugleich kaum Wünsche offen lässt, lesen wir, dass das „Kaffee zum Glück“ als Juniorcafé betrieben wird (Deutschlands erste interkulturell-inklusive Juniorfirma), als Mini-Unternehmen geführt von Jugendlichen aus Brandenburg und Polen sowie von Geflüchteten. Wir kommen in die einzigartige, irgendwie königliche Erfahrung, Bohnenkaffee und köstlichen Bigos von vier jungen Damen serviert zu bekommen, die in Reihe aus dem Haus schweben, eine jede etwas anderes auftragen und dabei verstohlen kichern. Wie man das eigentlich nur aus Filmen kennt.

Schlosshotel für Sechsbeiner und andere

Vor einem der seitlichen Gebäude steht am Ende eines geschwungenen Pflasterweges die kleine Version der Käthe Kollwitz, wie sie auf dem Kollwitz-Platz im Prenzlauer Berg in Berlin zu finden ist. Von dort lässt sich schon zum hinteren Teil des Schlossparks hindurchschauen. Der ist erfüllt von flanierenden, mehr oder weniger stehenden oder geschlossenäugig sitzenden Leuten, die alle dem milden Tag huldigen oder einfach nur den Blick schweifen oder auf etwas ruhen lassen, denn dafür eignet sich hier vieles.

Weiher im Schlosspark

Ein verzweigter See mit breitem Schilfgürtel reicht bis weit in den Teil des Parks, der voll ist von hochgewachsenen alten Bäumen, welche weit überm saftig-grünen Unterholz ein herrliches Dach spannen. Auf einem reizvollen Lehrpfad wird man vom Mädchen Ella an die Hand genommen. Sie entdeckt hier die verschiedenen Stationen, welche charmant in eine kleine Geschichte gewoben wurden.

Schlosspark Trebnitz

Ein großes Insektenhotel steht am Rand einer heranwachsenden Streuobstwiese und ist dementsprechend gut besucht. Im benachbarten Weiher lassen sich die ersten Frösche hören, auch das ist ein schöner Moment im Jahr. Am Rand des Dorfes hatten wir übrigens die erwähnten ersten Schwalben um die Dachfirste flitzen sehen.

Weg am Waldrand

Nach dem Abbiegen geht es noch weiter durch die hinteren Lagen des Schlossparks, wohin sich wohl selten jemand verirrt, dann ist schon der Rand des Dorfes erreicht und ein weiter Bogen führt mit freiem Blick über die Felder. Am nächsten Wäldchen beginnt ein urgemütlicher Waldrandweg, schön im Halbschatten, duftend und hier und da schon knackend unter der Sohle. Nach dem Wald folgt ein Wegeklassiker der anderen Kategorie, wobei der eigentlich offene Weg über die Felder zu beiden Seiten von Baum- und Buschwerk begleitet wird, fast blickdicht und somit auch windgeschützt.

Abstieg nach Worin

Worin

 Vor Worin sinkt der Weg in einer Hohlgasse immer tiefer ab, in den Böschungen stehen teils abenteuerlich die kräftigen Wurzelfüße betagter Bäume. Nach einem ersten Vorschaublick auf den Haussee wird die kleine Woriner Kirche erreicht, die zu den schönstgelegenen in Brandenburg gehört und an alte Inselfriedhöfe denken lässt. Egal aus welcher Richtung, erst ist über rustikale Stufen die Höhe des kleinen Kirchhofs zu erlangen, der zum großen Teil von Efeu bedeckt ist. Von dort ergeben sich immer wieder neue Perspektiven auf den schlichten Bau, durch dessen gekalkte Wände überall die klobigen Feldsteine durchschimmern. Es ist ein leicht archaischer, wundervoller Ruheort, und es ist schön zu wissen, dass es ihn gibt und wo man ihn findet.

Kirchhof Worin

Irgendwie passt dazu ganz besonders gut der Haussee, denn so klein, wie er ist, findet sich auf dem Rundpfad manche Stelle, die ein wenig entrückt wird und wo man sich nur wohlüberlegt niederlassen sollte. Wer einmal sitzt, braucht irgendwann einen guten Grund, sich wieder loszureißen. Gegenüber der letzten Häuser lockt ein wackliges Knüppel-Brücklein zu einem Abstecher. Wer kürzlich reichlich aß, sollte vielleicht am Rand stehen bleiben, auch wenn gegenüber eine schöne Uferstelle lockt, ein winziges Landnäschen. Mehr aber auch nicht, denn das knorrige Gestelle dient vor allem als Zugang zu einem zauberhaft gelegenen, doch privaten Wassergrundstück.

Inselkirche auf dem Hügel

Bald folgt ein kleiner Strand, dessen Sand der kühlen Feinkrümeligkeit nach von der Ostsee stammen könnte. Vielleicht hat man sich das einfach geleistet. Gleich zwei schöne Bänke wollen hier verführen. Gegenüber ist ein Schlösschen zu sehen oder ein Herrenhaus, das ebenfalls ganz herrlich gelegen ist, mit Wasser zu zwei Seiten. Gartenpark und Uferlinie bedienen in sympathischer Dekadenz die schönsten Landlustklischees. Geld traf auf Geschmack und Fähigkeit zur Freude.

Brücklein am Haussee

Hinterm Strand setzt sich ein schmaler Pfad leicht überm Ufer fort, begleitet von stattlichen Bäumen und einer Reihe von Stegen. Wer übrigens im Dorf und drumherum irgendwo ein Verbotsschild findet, der hat sich eine gewisse Mühe gegeben. Vier schwarze Laufenten stehen am Ufer, wie Laufenten eben so stehen – niemals ganz auf der Stelle, irgendwie immer balancierend und um sich schauend. Da der private Moment aus ihrer Sicht dahin ist, gleiten sie elegant ins Wasser, und wir können nun endlich mal sehen, wie Laufenten im Wasser aussehen. Von der Proportion eigentlich wie die meisten Enten, nur der Rumpf ist etwas länger ausgeführt, was zusätzliche Eleganz hinzufügt. Sie halten zielgerichtet auf das Herrenhaus zu, was durchaus stimmig scheint.

Herrenhaus am Haussee

Am Seeende beginnt nun der üppig-dichte Bruchwald. Der Pfad bleibt auch hier besonders. An einer Rastbank, die bei Mücken hoch im Kurs stehen dürfte, biegt die Bruchquerung ab. Die kleine Brücke übers fließende Wasser wird gerade erneuert und wir versuchen, den hämmernden Mann im Blaumann nicht zu erschrecken.

Weg um den Haussee

Auch danach stehen wieder uralte Bäume am Weg, das muss irgendwie an der Gegend oder dem Boden hier liegen. Entlang der Seestraße bieten sich wieder die schönsten und einladendsten Bänke mit Seeblick an, von denen einige auch schon belegt sind. Von Leuten, die da schon die ganze Zeit sitzen und unsere These stützen.

Oberhalb von Worin

Vom Dorfrand geht es dann etwas in die Höhe, hinter der gelben Fläche des blühenden Rapses ist weit hinten eine Schafherde zu hören, bald auch zu sehen. Kurz führt der Weg durch ein lichtes Waldstück. Dahinter beginnt ein urgemütlicher Alleeweg mit Wiesennarbe, leicht gekrümmt in allen Dimensionen und bald beidseitig begleitet von Baum- und Buschwerk, darunter Obstbäume und hohe Stämme. Rechts erlauben sich knappe Blickfenster nach Jahnsfelde.

Weg nach Jahnsfelde

Jahnsfelde

Ein kurzes Stück am Rand der schnell befahrenen Bundesstraße endet am Ortsrand von Jahnsfelde, wo ein Radweg übernimmt. Direkt an der Straße ist in hübschen Gebäuden eine Gaststätte untergebracht, die nicht nur drinnen gemütlich ist, sondern auch draußen vorn oder hinten über schöne Plätze verfügt. Hier lässt sich nun zum Ende der Runde noch nachfüllen, was nachzufüllen ist.

Die letzte Schritte nehmen noch den fehlenden Teil der Dorfstraße mit, und beim Blick in die Gärten wird noch einmal bewusst, dass ja schon der Flieder blüht. Leute kommen von der Arbeit, fegen etwas Staub vom Gehweg auf die Straße, während ein bunter Hund seine Abendrunde ganz allein und still versonnen erledigt. Weiter hinten im Dorf kräht ein Hahn. Als wohlklingendes Korrektiv sitzt die Amsel auf dem höchsten Giebelzacken des Schlosses und stellt die Sache richtig.











Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
mit Regionalbahn und Bus/Rufbus (ca. 1,5-2 Std.); alternativ Start in Trebnitz (mit Regionalbahn 50 Min.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): auf der B 1 Richtung Osten (ca. 1,5-2 Std.)

Länge der Tour: ca. 16 km (Abkürzungen mehrfach möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Informationen zu Jahnsfelde

Schloss Trebnitz

Informationen zu Trebnitz

Kaffee zum Glück am Schloss Trebnitz

Informationen zu Worin

Einkehr: Landgasthof Jahnsfelde, Jahnsfelde
Café Zur Ostbahn, Trebnitz
Kaffee zum Glück und Dorfladen, Trebnitz
Bistrorante Zum Storchennest, Jahnsfelde

In eigener Sache: ein Herzensprojekt nimmt Gestalt an

Ein Kalenderblatt aus dem Jahre 2020 gab – zunächst unbewusst – den Impuls für eine Idee, welche Anfang dieser Woche sichtbar geworden ist: ein Weg, auf dem man Berlin zu Fuß umrunden kann.

Die Berliner Gürtellinie.

Der Impuls lag eine Weile vor sich hin, wurde eines Tages wiederentdeckt und stieß dann erste Arbeiten zum möglichen Verlauf eines solchen Weges an.
Nachdem eine grobe Skizze stand, hier und da vor Ort ausprobiert wurde und umgehend die Lust an der Sache weckte, wurde im darauffolgenden Winter etwas HTML-Programmierung gelernt, dann eine auf das Wesentliche reduzierte Webseite entworfen und nach und nach befüllt.

Über die Jahre (und so oft eben Zeit war) gab es immer wieder Vervollständigungen und Verfeinerungen, bis Ende letzten Sommers die Strecke einmal komplett begangen und alles Benötigte beisammen war.

19 Etappen, 243 Kilometer, 66 Spielplätze.
Und zweitausendzwölf Gedankennotizen …

Ein Gespräch beim BeBra Verlag, der mittlerweile in Sichtweite zum Botanischen Garten sitzt, leitete im frühen Herbst die Arbeiten zu einem Buch ein, welches alternativ zur Webseite neugierig machen soll auf den Rundweg zu Fuß um Berlin. Erschienen ist es Anfang dieser Woche, zwei Tage nachdem https://berliner-gürtellinie.de/ ans Netz ging.

Unterstützend gibt es Flyer, die hier und da verteilt werden.

Über eines sind sich Flyer und Webseite und Buch einig:
die Berliner Gürtellinie macht Spaß!






Zwei Türme, ein Gürtel und die ganz große Runde

Am Sonntag nach Frühlingsanfang wird Berlin um eine Idee reicher sein, wobei die Zahlenfolge 2-4-3 nicht nur im Datum eine Rolle spielt.

Dafür wurde in den letzten Jahren mancher Tag mit der Suche nach einem schönen Weg zugebracht, der mit regelmäßigen Blicken auf den Fernsehturm aus verschiedensten Himmelsrichtungen aufwarten kann und dabei manche Endstation der S-Bahn mitnimmt.

Hauptkriterien für die Wegfindung waren Abwechslung, Schönheit und eine gewisse Nähe zur Berliner Außenkante, quasi dem Gürtel der Stadt.

Eine bebilderte Beschreibung zwischen Buchdeckeln ist beim BeBra Verlag bereits in Arbeit.

Mehr ab 24.3. unter https://berliner-gürtellinie.de

Stellt schon mal Schuhe und Fernglas bereit!






Schildow: Ferne Berge, stumpfe Spiegel und die sanften, schwarzen Riesen

Der Winter feiert sich selbst, schon seit ewig, hat der Sonne mit ernstem Strichmund Hausverbot erteilt. Immerhin sieht er über gelegentliche Verstöße gnädig hinweg, solange es nicht aus dem Ruder läuft. Meist passiert das an Arbeitstagen, sodass an freien Tagen wieder das kriechkalte Klammgrau verlässlich auf der Matte steht.

Aussichtsturm mit Löwenzahn vor den Arkenbergen

Selbst wer zu den Leuten zählt, die bevorzugt zu jeder Jahreszeit rausgehen, muss nun in dieser Hinsicht hartgesotten sein. Dazu gesellten sich jüngst noch spitzfindige Spielarten wie zu Blitzeis gefrierender Sprühnebel, der sich dem Radar und somit der Wetterwarnbarkeit vollständig entzog. So mancher dürfte sich an diesem Tag auf allen Vieren wiedergefunden haben, im besten Fall auf Augenhöhe mit einem der allerersten Schneeglöckchen.

Ganzjährige Wasserbüffel bei der Arbeit

Tristes Wetter und glatter Boden sind nichts, was die winterfeste Vogelwelt groß interessieren dürfte, und so sind wie gewohnt all die bekannten Kehlen in der Höhe zu vernehmen. Sowohl Gänsen als auch Kranichen ist es dabei halbwegs schnuppe, ob sie über der großen Stadt von da nach dort fliegen oder überm farbfahlen Land, denn Schlaf- und Futtergründe finden sich da wie dort. Via Hörkanal ermutigend für die krisenwunde und unwirsche menschliche Seele sind im kleineren Register die selbstbewussten Wintermeisen und die truppweise auftretenden Finken, fast schon knallig bunt wirken in diesem Januar die Rotkehlchen mit ihrer klaren Farbcodierung.

Schönerlinder Teich No. 1

Hier auf der Seite war ja in den letzten Monaten nicht eben viel Betrieb, zuletzt die Bergtour im September, wo die Natur noch saftig bunt und voller Volumen war. Ab Oktober begann dann die endlose Zeit mit wenig Licht und viel Wasser von oben, die manches Gemüt stark herausforderte, im Gegenzug jedoch immerhin einen Boden hinterließ, der auch jenseits der oberen Schicht ganz passabel gesättigt ist. Das war lange nicht der Fall.

Unterwegs auf dem Löwenzahnpfad bei Mühlenbeck-Mönchmühle

Neben dem Umstand, dass all diese Wochen wenig fotogen waren, gab es während des reichlichen Vierteljahres unter anderem eine zeitfordernde Nebenaufgabe mit Bezug zum Berliner Stadtgürtel, welche im Frühjahr konkrete Formen annehmen soll. Erzeugter Text floss vor allem dorthin und ließ sich deswegen hier vermissen.

Schildow

Nennenswert farbkräftig hinsichtlich blauem Himmel oder gelber Sonne ging es auch im neuen Jahr noch nicht zu, nur in einzelnen Stunden an einzelnen Tagen. Die Lust auf draußen ist trotzdem da, wenn auch etwas schwächer auf der Brust oder behutsam hinterfragt, und bewegt sich in mehreren Hinsichten in Graustufen. Doch sollte man sich von miserablem Wetter nicht ins Bockshorn jagen bzw. ans Haus fesseln lassen und als Ausgleichsmaßnahme die Touren etwas kürzer bzw. optionsreicher halten und mit gemütlichen Pausenorten anreichern, sofern das möglich ist.

Strandbad am Kiesesee, Schildow

Aktuell sind bezüglich Anreise neben einem abschwellenden Bahnstreik noch Blockaden von Autobahnauffahrten durch schweres Landgerät zu beachten. Also besser kurz halten und am besten innerhalb von Bahn- und Autobahnring bleiben. Schon lange auf dem Zettel stehen die Teiche bei Mönchmühle und der dortige Abschnitt des Tegeler Fließes kurz vor dem Eintritt ins Berliner Stadtgebiet.

Tegeler Fließ am Musikerviertel, Schildow

Die erwähnte Glätte ist gerade so vergangen, der Boden noch gefroren, was sich in dieser Kombination als gut für die heutigen Wege erweisen soll. Die erste Portion Behaglichkeit gibt es beim Handwerksbäcker in Schildow, wo neben köstlichem Backwerk und heißem Kaffee gerade eine schöne Portion echten Lebens serviert wird. Ein älterer Herr kommt rein, nicht gänzlich symmetrisch in allem, und startet wortreich und immer wieder abschweifend seinen Bestellvorgang, war wohl länger nicht mehr hier. Er kommt gerade aus der Reha, ist geflohen bzw. hat sich nach drei Tagen selbst entlassen vom Knüpfen, Fädeln und Körbeflechten mit irgendwelchen Leuten, mit denen er gefühlt nichts gemeinsam hatte außer der Diagnose.

Das Schlimmste an dem ganzen Mist, sagt er, ist im Nachhinein, dass er beim Autofahren nicht mehr rauchen kann. Weil er die Zigarette nicht mehr sicher im Griff hat. Naja, und wenn die beim Fahn irgendwo hin flutscht und ihr Ding macht, könnsesjavorstelln, dittis keen Spaß. Na und denn wolltense mia sohn Nikotinflasta fapassn. Nüscht! Aus der kurzen Warteschlange kommen sofort die heiteren Hinweise, dass man die Dinger so schlecht angezündet bekommt oder dass die keine zwei Minuten halten, wenn man sie sich auf den Mund klebt. Er dreht sich halb, schaut erstaunt, Sie ham wohl jelauscht? Der Laden ist etwa so groß wie ein großer Teppich und sein Organ recht präsent. So isset, gelauscht, allemiteinander.

Am Schönerlinder Teich No. 1

Am nördlichen Bahnübergang in Schildow sind die Straßen nach Musikern benannt. Darunter haben sich irgendwie Schiller, Lessing und Fritz-Reuter gemengt, die aus dem benachbarten Schreiberlingsviertel mehr oder weniger hinüberragen. Auch einige der Musiker haben es im Gegenzug bis ins genannte Viertel geschafft und stehen also für eine offengeistige Verzahnung der beiden Künste an diesem Ort.

Blasser Spiegel am Teich

Ein kleiner Wiesenschleich führt von Reuter zu Lessing und bald zum Tor des schönen Strandbades am Kiessee, das im heutigen Fahlgrau auch nur trist daliegen kann. Selbst die Farbkleckse von Leuchtturm und Rettungsschwimmergerüst knallen farblich nicht so richtig rein. Anders in kommenden Jahreszeiten, wo dieser Ort mit dem umrundbaren See und den Stränden idyllisch und überaus einladend ist.

Rechts am Zaun verläuft ein Pfad, der sogleich an einem hüfthohen Gletscher vorbeiführt. Ein aufgestockter Gulli gibt tröpfchenweise Wasser ab, das zu einem kieshaufengroßen Eisding gewachsen ist – wie Tropfstein von unten. Er kalbt bis über den Pfad und lässt nur einen winzigen Streifen zwischen Zaun und Gletscherrand, auf dem sich auch ohne Spikes an den Sohlen die Bodenhaftung behalten lässt.

Sog. Blankenfelder Straße mit Arkenbergen voraus

Gleich darauf folgt eine leicht verwunschene und sogar beim heutigen Licht romantische Passage entlang des Tegeler Fließes, hinter dem am anderen Ufer privilegierte Gärten liegen. Die flachen Uferzonen sind von Halbgefrorenem bedeckt, in der fließenden Mitte spielt sich einiger Ententumult ab, inklusive der typisch winterlichen Geräuschkulisse solcher Zusammenkünfte. Die Ufer borden über und wirken wild, das Fließ naturbelassen. Möglichweise steht das Wasser ein paar Zentimeter höher als gewöhnlich, den regenreichen Zeiten geschuldet. Das reichliche Laub am Boden verheißt schattigen Uferwald in anderen Jahreszeiten.

Landschaft der Schönerlinder Teiche

Löwenzahnpfad

Nach der Bahnbrücke am S-Bahnhof Mühlenbeck-Mönchmühle, dessen Name für mich als Jugendlicher ein moderater Zungenbrecher war, ist neben dem Mühlenwanderweg schon der Löwenzahnpfad ausgewiesen. Klingt beides schön und verheißungsvoll, doch heute wird es der letztere. Noch wissen wir nicht, dass die kleine Tour für eine gute Stunde bester Unterhaltung steht, denn diese überschaubare Runde ist vollkommen ausreichend als Tagesziel, eignet sich zudem bestens zum Anfüttern von kleinen oder größeren Kindern und lässt sich überhaupt nicht davon beeindrucken, dass der namensgebende Pfad zwischen zwei stark befahrenen Außenringen und unweit des höchsten Deponieberges weit und breit liegt. Je nach Windrichtung dürfte entweder die Bahn oder die Autobahn akustisch gegenwärtiger sein. Der Berg hingegen liegt gänzlich still.

Obst und Birken entlang des Dammweges

Den Genuss stört das nur in Maßen, da die Landschaft besonders ist und der Weg so zauberhaft schön, es zudem so viel zu gucken und entdecken gibt. Kurz gefasst erinnert es ein bisschen an eine Mischung aus der nahen Hobrechtsfelder Waldweide und den weiter entfernten Teichen an der Blumberger Mühle bei Angermünde – auch beides besondere Ausflugsziele, zu denen man immer gerne wiederkommt. Das dürfte auch für die Löwenzahn-Runde um die Schönerlinde Teiche gelten, denn hier wird wohl eine jede Jahreszeit Markantes hinzufügen und charakterprägend sein. Gleich hinterm Rand der Millionenstadt.

Wasserbüffel auf dem Weg zur Pause

Zunächst geht es zwischen einem Baumstreifen und Feldern auf die Kammlinie der Arkenberge zu, eine durchaus eindrucksvolle Bildmischung, insbesondere mit dem Gedanken, dass man grad noch in der S-Bahn saß. Im kahlen Geäst huscht es überall, ist grad noch flattrig und dann still. Bei den ersten Weidezäunen beginnt das Feuchtland, sogleich gefolgt vom ersten der zahllosen Teiche. Dass es sich einmal um Rieselfelder handelte, später dann um Karpfenteiche, bezeugen noch zahlreiche gut erkennbare Dämme, insbesondere später, wenn der Weg etwas erhöht verläuft und Draufsicht gestattet.

Pfad zum Brücklein No. 1 (nahe des Aussichtsturms)

Schönerlinder Teiche

Hier steht auch die ersten von zahlreichen Tafeln, die farbkräftig und ansprechend gestaltet sind. Viel Information in möglichst wenig Text und jeweils etwas schöne Spielerei, die ohne Strom auskommt. Rechts oben sausen in kurzen Abständen S-Bahnen und Regionalzüge vorbei. Die Böschung zum Bahndamm ist recht steil und gibt unter anderem einer sagenhaften Weide Halt, die einen nach klassischen Senkrechtstamm hat, darüber hinaus über Ausleger verfügt, die über Dutzende Meter in die Breite gehen. Auch nach tieferem Blick scheint all das auf denselben Ursprung in der Mitte zurückzugehen.

Steg übers fließende Wasser

Der Weg drängelt sich vorbei am großen Teich, dessen wässriger Eisspiegel das Erlenwäldchen am Gegenufer verwaschen spiegelt. Danach folgt eine Szene ohne Spuren von Infrastruktur, die entlegen und fast ein bisschen skandinavisch wirkt, vielleicht auch dank der lose verteilten Schneeflecken. Ein kurviger Weg mit Gebäum in Tundrahöhe strebt zu einer flachen Berglinie von klarer Form. Der Blick nach links fällt, hier nun mit allerhand Leitungen und Masten ganz im Hintergrund, auf vereinzelte Wasserflächen. Umgeben sind sie von buschigem Krautland, das hier und dort mit Schilfgürteln verschmilzt.

Nordnordische Szenerie

Mittelgroße, dennoch alte Birken säumen den Weg zur Rechten, am linken Rand zeigen ältere Obstbäume blattlos ihre Posen. Große Pfützen fordern winzige Umweg ein. Und erstmals kommen jetzt auch die sanften Riesen ins Spiel, mit denen man in solchen Landschaften rund um Berlin fast schon fest rechnen kann. Tiefschwarz erscheinen die Leiber der mächtigen, ganzjahrestauglichen Wasserbüffel, die so herrlich neugierig irgendwo herausschauen können.

Löwenzahnpfad Nord

Bald beginnt der eigentliche Löwenzahnpfad, nun wirklich in Gesässbreite, und verläuft weithin sichtbar im ausladenden Bogen, äußerst reizvoll zwischen dem knorrigen Weidezaun und einer schutzgebenden Reihe jungen Gebäums. Es ist kalt, es ist klamm, das graue Wetter wirklich ungemütlich und der Wind fast etwas garstig. Und trotzdem begegnen wir vier Familien mit ihrem Nachwuchs. Keiner davon schaut angeödet oder ähnlich, vielmehr wird vereinzelt gelacht und gekichert – und dieser gemeinsame Tag in der Gewalt der Elemente vermutlich niemals vergessen.

Großer Teich mit noch größerer Ansammlung

Die Ruhe ausstrahlenden Hornviecher sind nun nähergerückt, haben auch die bunten Zweibeiner entdeckt und zeigen mäßige Neugier. Einem ist der viele Trubel wohl zu blöde und er tritt mit getragenen Schritten den Rückzug ins hufnasse Schilfland an, welches sich den Blicken der Zaungäste nahezu entzieht. Vom Aussichtsturm, der zugleich eine Brücke ist und von einem hölzernen Löwenzahn gekrönt wird, wird nun sichtbar, wie groß die Zahl der Teiche wirklich ist. Der Blick fällt zudem auf die weiß überpuderten Flanken der Arkenberge, und mit den schwarzen Büffeln im Vordergrund sieht es jetzt wirklich etwas nordschwedisch oder isländisch aus.

Senke mit Brücklein No. 2

Der Pfad geht in einen kleinen, gewundenen Abstieg durch eine Buchenhecke, an der sich das goldbraune Laub noch gehalten hat und somit Schutz gegen den bissigen Wind bietet, der gerade aufkommt. Gleich danach folgt ein Wegstück, das ohne gefrorenen Boden so eine Sache wäre bzw. ein klarer Fall für Gummistiefel. Doch so kann man einfach über den zähen Matsch spazieren und steht bald vor einem Brücklein mit schlichter Schranke. Das überbrückte, gut vernehmbare Wasser schafft eine Verbindung zur Bogenseekette am Rand der Hobrechtsfelder Waldweide, vielleicht sogar die einzige direkte.

Rastplatz am Rande

Sieben Stufen führen aus der Bodenmatschzone, danach setzt sich der Pfad genauso anmutig fort, wie er bisher verlief, kommt sogar etwas ins Schwingen. Trotz der höheren Lage ist auch hier manche Pfütze zu umschiffen, bevor sogar etwas Wiesengrün ins Bild tritt. Eine Rastbank ist in den Buschstreifen eingerückt und steht ein wenig windgeschützt – gemütlicher werden wir es hier und jetzt wohl nicht bekommen mit unserem heißen Tee. Noch dazu haben sich unten auf einer der größeren Teichflächen unzählige Enten versammelt, die eine mittige Eisscholle nutzen und sich dort angeregt, doch leise austauschen.

Ein Silberreiher fliegt im typischen Stil, vergleichbar dem Gang eines Elches, von links nach rechts, bald dann wieder nach links zurück. Hoch oben im Himmel sind zwei Kraniche, drüben in einem anderen Teich unzählige Gänse zu hören. Für gewöhnlich ist hier auch die Ecke, wo sich gern die Wildpferde sehen lassen, doch die sind entweder nicht ganz so kälterobust wie die Schwarzen oder haben sich gut versteckt. Ihr Farbton jedenfalls würde es hergeben.

Dorfstraße Woltersdorf

Ein weiteres Mal ist ein Brücklein und mit ihm das Weidegebiet zu überqueren. Danach geht es kurz steil hinauf zum nächsten Buschstreifen, der schön dicht ist und den selbstbewussten Wind kurz auf Abstand hält. Erneut fällt ins Auge, wie schön und groß diese kleine Landschaft ist, und das trotz der heutigen Bedingungen von Licht und Witterung.

In der Mitte von Mühlenbeck

Auf einem breiteren Weg kommt man bald zum Rastplatz an einem kleinen Teich, dessen Bankrund von losen, noch berindeten Stammpalisaden umspielt wird. Bald darauf schließt sich die Runde und legt den Rückweg zum schnell erreichten S-Bahnhof nahe. Wer noch Lust auf etwas Dorfbild und einen Nachschlag in Sachen Tegeler Fließ hat, kann vorbei am leicht spröden Campus des Berufsförderungswerkes einen Bogen über Woltersdorf und Mühlenbeck schlagen, der sich gut mit einer Einkehr oder einem schnellen Imbiss verbinden lässt.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
ab Ostkreuz mit der S-Bahn bis Mühlenbeck-Mönchmühle (ca. 35 Min.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): nicht sinnvoll

Länge der Tour: 10,5 km (Abkürzungen gut möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Schönerlinder Teiche zur grünen Jahreszeit

Löwenzahnpfad

Einkehr: Kastanienhof, Schildow
Altes Forsthaus, Woltersdorf
Zum Goldenen Hahn sowie Imbiss-Angebote, Mühlenbeck