Archiv der Kategorie: Märkisch Oderland

Bad Freienwalde – Rote Kronen, pfundige Blüten und der Kamin im Schafstall

Der Sommer war nass, der Sommer war kalt, der Sommer war auch heiß und trocken und lang, doch jetzt schleichen sich nach und nach die alten Weiber in die Szenerie. Wehende Weben segeln durch den Wald, die man erst sieht, wenn man sie schon fühlen durfte. Allerhand Früchte wie Eicheln, Bucheckern und erste Kastanien liegen schon am Boden und verleiten Verspielte zum Zickzackgang, um ein paar davon per Sohle aufzuknacken.

Nicht der schlechteste Platz – am Papenteich in Bad Freienwalde

Die Bahn der Sonne hängt insgesamt schon tiefer, in der Folge sieht man in den gemäßigten Randzeiten des Tages dieses unvergleichliche Licht, das zu den Grundqualifikationen des September-Monats zählt. Warm, wohlig, auch etwas nostalgisch – und mit der Bekräftigung der soliden Tatsache, dass die Gluthitze nach heißen Tagen schon etwas früher gebremst wird. Bedauerlich für Sonnenanbeter, besänftigend für Leute, die Spätsommer und Frühherbst genießerisch entgegenblicken.

Waldgaststätte an der Alten Köhlerei

Die Botanik ist allerorten noch in ihrer Üppigkeit zu bestaunen, Vögel hingegen sind kaum noch zu hören. Nur hier und dort wittern schon Eichelhäher und gefiederte Schwarzkittel etwas Morgenluft und krächzen ihren Anspruch auf übernächste Monate in die Waldesstille. An vielen dieser brütend heißen Tage steht die Luft unbewegt, doch zwischendurch gibt es immer wieder solche, wo ein leichter, wohltuender Wind durch Sonnenblumen-Felder oder Waldbäume streicht und jegliches Laub leise rauschen lässt. Mehr und mehr finden sich bunte Flecken in den Kronen, einiges Laub sammelt sich auch schon am Boden und kruschelt unter den Sohlen.

Vor den östlichen Bergen bei Altranft

Wer an solchen Tagen den Halbschatten sucht und zugleich die Seele streicheln will, weil das Leben manchmal ganz schön teigig sein kann, ist rund um Bad Freienwalde gut aufgehoben. Zwar kommt man hier an vielen Stellen durch attraktiv servierte Höhenmeter ebenso ins Schwitzen, doch das ist selbstgewählt und per Aufstiegstempo regulierbar. Die beiden Höhenzüge, östlich nach Falkenberg, westlich nach Altranft, lösen ohne Kompromisse die Versprechungen von Mittelgebirgsstimmung ein, welche der Märkische Bergwanderpark vielerorts verheißt.

Deichweg am Freienwalder Landgraben

Diese noch recht junge Geschichte ist nicht nur bloßes Marketing, um dem Bad vor Freienwalde eine weitere Berechtigung zu liefern. Vielmehr stecken neben beständigem Mobiliar und bester Ausschilderung viel Herzblut, Ideenreichtum und auch eine Prise Humor darin. Dass man neben all den Pfaden, Talscharten und Aussichtspunkten, den steilen Stiegen, Aussichtstürmen und abgeschiedenen Kammwegen auch eine zünftige Baude nicht missen muss, war am heutigen Tag eine willkommene Erkenntnis, ein wunderbarer Neuzugang in der inneren Datenbank der Einkehrorte.

Bad Freienwalde

Bad Freienwalde ist auch so ein Ort, wo altgediente Wegesammler meinen, die meisten Wege schon gegangen zu sein, zumal einer, wo es einen immer wieder hinzieht, und nicht zuletzt eines der Kronjuwelen unter den märkischen Landschaften. Auch an dieser Stelle wieder einen innigen Dank an die letzte Eiszeit!

Im Villenviertel, Bad Freienwalde

Keine zehn Kilometer liegen zwischen Falkenberg und Altranft. Doch in diesem kleinen Waldgebiet von teils dramatischem Relief lassen sich, insbesondere unter Einbindung des flachen, oderzugewandten Vorlandes und des immer wieder überraschenden Stadtgebiets, so viele Spaziertage der besonderen Art finden, dass häufiges Wiederkehren kein Problem ist.

Vom Bahnhof aus fällt vor dem Hang schon die Kirche in den Blick, von der es wiederum nicht weit ist zum Schlosspark. Der ist wegen mitgenommenen Baumbestandes immer noch zu großen Teilen abgesperrt, doch vorbei an der Schlosshöhe ist in wenigen Minuten der Sowjetische Soldatenfriedhof an der Berliner Straße erreicht.

Zaunpfähle in der August-Heese-Straße

Schräg gegenüber links kommt man vom großen Stadtparkplatz zu einer steilen Treppe, landet kurz darauf am höchsten Punkt bei einem eindrucksvollen Mahnmal und steigt sogleich wieder ab zu den Wohnhäusern. Wer sich im Angesicht zahlreicher zu erwartender Aufstiege noch etwas schonen möchte, geht schräg gegenüber rechts zur August-Heese-Straße, die von bemerkenswerten und bemerkenswert schönen Villen und Grundstücken gesäumt ist. Der wilde Wein leuchtet schon in seinem deftigen Rot.

Auch hier ist der Aufstieg spürbar, zugleich gibt es viel zu gucken und eine Ahnung, wie mondän es hier einmal zuging. Unvermittelt endet die Straße, kurz hängt ein Fragezeichen über der Stirn, doch tatsächlich geht es hier weiter. Erst ganz zuletzt zeigt sich der Einschlupf in einen dieser guten alten Abstiegswege, die entlang wettergegerbter Eisengeländer durch eine Geländescharte führen. Erst auf langen, dann steiler auf kurzen Stufen geht es schnell tiefer.

Stiege hinab zum Kurpark

Kurpark

Eine weitere Stiege stößt von rechts hinzu, und kurz darauf steht man vor dem winzig kleinen Kurpark, der bei nahezu jedem Besuch sehr stimmungsvoll ist. So auch heute. Rechts steht das mondäne Gebäude des Kurmittelhauses, auf der anderen Seite wie immer im rechten Licht die ebenso mondäne Villa Papenmühle. Die bräuchte für ihre einzigartige Ausstrahlung nicht den spiegelnden Weiher und die wehenden Vorhänge der Trauerweide, doch sind sie nun einmal da und werden wohl jeden mit einer Art von Kamera zum Zücken veranlassen.

Auch das gefällige Gebäude direkt vor dem modernen Klinikbau passt in diese Kategorie, mit großer Terrasse und einem schnieken Park mit Theatermuschel im Hinterhof. Rechts liegt jemand Jüngeres lang ausgestreckt auf der Wiese und zählt das Blau am Himmel, links lümmelt jemand Älteres auf seinem Rollator und beweist damit, dass das geht.

Septemberlicht im Kurpark

Beim Umrunden des Kurparks kommt man von der Brücke am Papenteich zum Fürstensteig. Direkt am Waldrand wird dieser von einem Bächlein begleitet, das hier noch keine 500 Meter alt ist. Eine erste Stiege lockt mit steilen Stufen hinauf, in Richtung Siebenhügelweg. Doch wir wollen das schöne Brunnental, das seit jeher ohne Bach auskommt, zumindest kurz berühren.

Haus Papenmühle hinterm Papenteich

Brunnental

Auch gilt es zu prüfen, ob wir es schaffen, den schönen Talweg zu verlassen, dem man über Stunden folgen könnte – erst vor Rädikow verlässt er an einem Rastplatz den Wald. Kurz gesagt: es klappt. Vorher bleiben wir gegenüber der Kurfürstenquelle noch kurz am Barfußpfad und dem Spielplatz für Erwachsene hängen, freilich ohne uns in eine der wetterfesten Stallagen zu hängen und das Duracell-Häschen zu geben. Es ist schlichtweg zu heiß, wir sind ganz klar zu träge, und verbrannt wird ja heute im Auf und Ab noch genug.

Märkischer Bergwanderpark – Aufstieg zur Kapelle

Nach nur wenigen Metern weisen Schilder nach links, wo auch gleich eine sagenhafte Stiege beginnt. Steile Stufen, von klobigen Bohlen gehalten, führen in immer neuen Windungen in die Höhe, Halt für die rechte Hand bietet bis zuletzt ein extradickes Tau, das unterwegs nach links wechselt.

Kapelle überm Brunnental

Kapelle

Nach der letzten Stufe erreicht man eine einwandige Kapelle, die auch als pittoreske Ruine irgendwo oberhalb von Sanssouci rumstehen könnte. In den Mauersteinen, welche die Aussicht nach Norden rahmen, finden sich unzählige eingeritzte Namen – mal mit eiligem Nagel und ohne Fingerkraft hingekritzelt, mal fast schon professionell gesteinmetzt. Dieser Ort ist ein schöner, direkter Lohn für den knackigen Aufstieg aus dem Brunnental.

Schattiger Höhenweg überm Brunnental

Ein weiterer Lohn ist der anschließende Höhenweg, der ein schönes Stück oberhalb des Tales läuft, ohne dabei viel von der erklommenen Höhe herzugeben. Links stehen seltsamerweise mitten im Wald vereinzelte Menschen herum, was sich kurz darauf durch den Waldfriedhof Eichenhain erklärt. Der wäre ohne die Schilder kaum zu bemerken, markant sind ferner die Pausenbänke mit winzigem Unterstelldach daneben. Ob das wirklich als notdürftiger Regenschutz gedacht ist, sei dahingestellt. Zur Rechten steigt der Hang steil an, der Weg wird nun gediegener.

An der Alten Köhlerei

Alte Köhlerei

Am nächsten Abzweig wagen wir einen kleinen Abstecher zur Alten Köhlerei, wo einen umgehend der herrliche große Spielplatz mit tollen Gerätschaften und hinreißenden Holzfiguren gefangen nimmt. Doch weiter hinten gibt es, was noch willkommener ist, ein Blockhaus mit großer Essenluke, wo rund ums Jahr wohlschmeckende und ansehnliche Energie sowohl für großes Besteck als auch für Kuchengabeln durchgereicht wird, nur montags und dienstags bleibt die Luke dicht. Den Service betreiben die Stephanus-Werkstätten, und so erfolgt die freundliche Bedienung hier keinesfalls von der Stange.

In der Waldgaststätte Alte Köhlerei

Für wärmere Monate gibt es sehr schöne Außenanlagen, dabei neben mehreren gemütlichen Holz-Pavillonen auch einen großen überdachten Bereich in Gestalt eines Schafstalls, der nach zwei Seiten winddicht ist und sogar über einen wuchtigen Kamin verfügt.

Für kältere Zeiten findet sich direkt neben der Küche ein großer Raum, der sich kaum hinter einer gemütlichen Baude im nächstgelegenen Mittelgebirge verstecken muss – groß und rustikal, mit Wagenrad-Kronenleuchtern und auch hier einem angemessen dimensionierten Kamin. Da freut man sich jetzt schon auf einen Besuch Ende November!

Oben in den Wäldern

Wir sind gerade die einzigen Gäste und genießen die Waldesstille in der hohen Lage. Während des Nachtisches füllt es sich dann langsam und liefert im gut vernehmbaren Theken-Schnack gleich noch die Erklärung, warum es heute so leer ist: unten im Tal ist Altstadtfest, seit gestern schon und zum ersten Mal nach dreijähriger Pause. Und das wird so richtig gefeiert, mit Fahrgeschäften, Live-Musik und allerhand anderem Lärm, mit unterschiedlichen Märkten, Theater und zweitaktknatternder Parade der Simson-Freunde als Ouvertüre des Spektakels.

Weg über die Hügel

Schon nach zwei Minuten biegen wir an einer Sechsfachkreuzung rechts ab, dem „Weg über die Berge nach Altranft“ folgend. Der führt durch vielfältigen Wald, ist wunderschön und wogt in der Tat in ständigem, sanften Auf-und-Ab auf der Höhe entlang. Das Septemberlicht gibt im lichten Wald alles, zugleich merken wir auch dank der steten Brise nichts von der Affenhitze, die jenseits der Wipfel stattfindet.

Höhenweg nahe der Juliusecke

Der Weg ist wirklich hinreißend schön, schlägt enge Kurven, quert Senken und passiert Abzweige, die durch Scharten gen Tal locken. Manchmal staunt man, wie steil der Hang nach rechts hin abfällt, dann wieder geht es durch ein Stück ausgeprägten Hohlweges. Die unterhaltsame Partie endet an einem Querweg, dem wir kurz nach rechts folgen und darauf hoffen, dass an der nächsten Ecke ein links abzweigender Pfad noch sichtbar ist.

Am Kammpfad vor dem Abstieg

Das ist er gerade so, doch bereits nach wenigen Schritten zeigt er sich ausgeprägter. Mehr und mehr wird er dann zum Kammpfad, wenn auch der Kamm recht platt ist. Zwischendurch verschwindet die Spur mal kurz im Kraut und auch ganz am Ende ist ein wadenhohes Brombeergestrüpp zu durchdringen, doch wieder nur für ein paar Meter.

Zusammentreffen am Waldrand

Links wird der Waldrand sichtbar, zugleich der Rand der hiesigen Berge, und ein paar Hütten begleiten den Pfad. Dahinter treten wir hinaus aufs freie Feld und erhalten nun endlich den weiten Nordblick zur Neuenhagener Oderinsel, der im Wald schon hier und da durchblitzte. Im nahen Vordergrund sorgen ziegelrote Dächer für stimmige Farbakzente. Das war ein herrliches Stück Weg in dieser ersten Tageshälfte. Was jetzt noch kommt, wird sich dahinter nicht verstecken müssen.

Katen in Altranft

Bald wird der schattige Waldrand gesäumt von einem überreifen Sonnenblumen-Feld. Viele der gelbgekränzten Blüten sind mustergültig, jede dritte hat grad Besuch von einer Hummel, deren sich keine von irgendeinem Paparazzo irritieren lässt. An einzelnen, übermannshohen Stämmen hängen mit Blick zum Boden riesige Blüten, prall voller Körner, doch ohne ein einziges gelbes Blatt. Geschätzte fünf Pfund wiegt die schwerste von ihnen.

Lindenbank an der Kirchwiese, Altranft

Im Spiel von Waldhang, Wegkurve und Feld voller Köpfe ergeben sich immer wieder Rückblicke solcher Art, wie man sie im September sehen möchte. Die Sonne schon tiefer, die nachmittägliche Luft leicht dunstig und die Farbkomposition aus allem einfach nur wonnig und augenschmeichelnd.

Schlossparkmauer und Brücke über den Landgraben

Altranft

Kurz vor dem nächsten Dorf verschwindet einer der Gablungswege im Wald und erreicht bald in einer schönen Hohlgasse die ersten Häuser. Eine sonnige Abendbank für langer Tage müde Knochen steht bereit. Vorn saust mit wiederkehrendem Hornprusten einer der kleinen Züge vorbei, eilig auf dem Weg nach Wriezen.

Schloss Altranft

Der große Parkplatz zum Oderbruchmuseum ist fast leer, naja, Altstadtfest in Bad Freienwalde, oder es ist einfach schon zu spät. Entlang der fürs Oderbruch charakteristischer Katen streben wir dem Spitzhelmchen der Kirche zu und genießen die Steigungsfreiheit dieser Tageshälfte.

Deichweg am Landgraben

Auf dem wiesengrünen Dorfplatz bei der Kirche steht eine betagte Linde mit hoher Krone und schattiger Halbrundbank am Stamm. Doch das nächste Päuschen soll am Wasser sein, also noch weiter. Auch den schönen Schlosspark lassen wir heute da, wo er ist, und schlurfen auf dem urgemütlichen Schleichweg entlang der Parkmauer bis zum Brücklein über den Freienwalde Landgraben. Das Wasser ruht unter lückenloser Entengrütze.

Ebereschenallee auf dem Deich

Die Schafe vom Schlosspark haben heute frei oder sind sehr gut im Verstecken, doch der Blick auf die Rückseite des Schlosses ist selbst ohne sie ein schöner. Jenseits der Landstraße beginnt nun ein anmutiger Deichweg, dem auch der ferne Lärm der nahen Landstraße nicht viel von seinem Reiz nehmen kann. Schattig von kleinen Bäumen bestanden, hinter denen schon bald der Schilfgürtel des Landgrabens sichtbar wird und es teilweise bis hoch zur Wegspur schafft. Das Vernügen ist von längerer Dauer und erfüllt ebendiesen Wunsch.

Freienwalder Landgraben am Stadtrand

Bei der ersten Brücke ergibt sich endlich der erhoffte Platz für die letzte kleine Rast, Schwindelfreie können ganz gut auf dem Geländer hocken. Hier beginnen nun auch die Wochenendgärten, deren jeder einzelne ein Glücksgriff ist von seiner Lage. Apfel- und Birnenbäume hängen ächzend voll, hier und da halten sich auch noch ein paar vollreife Pflaumen.

Deich über den Kleingärten, Bad Freienwalde

Auf den letzten Metern liegen unten am Ufer große Kürbisse und erwecken den Anschein, dass jeder am nächsten Morgen ein bisschen woanders liegen könnte. Irgendwo von ferne lässt sich wieder mal ein Kranichpaar hören, das war lange nicht und macht schon Vorfreude auf die Geräuschkulisse der Gänseschwärme, die abends von ihren Futterplätzen zum Nachtquartier wechseln.

Ufergemüse

Herrliche Ansichten und Lichtspiele ergeben sich und es ist wahrhaft ein rechtes Schwelgen, hier entlangzugehen. Das Wasser selbst ist nur ganz selten mal zu sehen, doch es fehlt nichts. Wenn man den Schritt nur etwas drosselt, lässt sich der Genuss auf eine volle Stunde ausdehnen. Und wenn man den besonderen Bäumen am Rand jeweils etwas Aufmerksamkeit schenkt, bedürfte es nicht mal dieser Drosselung. Durch regelrechte Hohlgassen geht es, später auch entlang einer kurzen Allee von Ebereschen, die gerade voller roter Beeren hängen. So etwas haben wir noch nicht gesehen.

Kurz vor Bad Freienwalde

Bad Freienwalde

Die große Baustelle, die schon seit Längerem für allerhand Einschränkungen sorgt, besteht noch immer. Nach dem Unterqueren einer neuen Brücke ist bald die Ladestraße hinterm Bahnhof erreicht, das Fest tönt fern herüber und man meint schon Popcorn und Langos von den Festbuden zu riechen. Vom Bahnübergang ziehen die Massen gen Markt, wo tüchtig die Post abgeht. Die Blumenampeln am Platz sind so großzügig bemessen, dass sie in all der Buntheit und Ablenkung keinesfalls untergehen.

Altstadtfest Bad Freienwalde

Wir bahnen uns den Weg durch die Menge und freuen uns nach ein paar Denkschleifen darüber, dass man wieder einfach so dicht aneinander vorbeigeht, dass viele Menschen ein Fest besuchen können, dass das einfach so geht. Aufs Verweilen, Schnabulieren und Stöbern an sonen und solchen Ständen haben wir heute keine Lust, dazu ist der Kontrast zum bisherigen Tag irgendwie zu markant. Doch es ist schön, dass das Fest gut besucht ist, wieder stattfinden kann und dass das hübsche Bergstädtchen von buntem Leben erfüllt ist.

Freienwalder Schloss

Ein letzter Anstieg steht noch aus, Bad Freienwalde kann so was ja auch bestens im Stadtgebiet. Also biegen wir an der hübschen Fachwerkkirche, die heute eine Konzerthalle ist, ab und erklimmen vorbei am schönen Hof des Kindergartens der „Gartenkinder“ die Schlosshöhe. In dem hübschen Bau, der wie ein feines Stück Torte dasteht, heiratet heute irgendwer oder feiert sonstwas. Alle die rauskommen oder reingehen, sind in Schale geworfen, ungeachtet der Temperatur respektive Schwitzgefahr. Man kann sich ja extrem langsam bewegen und so Gröberem vorbeugen.

Vorbei am Teehäuschen ist gegenüber schon die erwähnte steile Treppe vom Anfang zu sehen, darüber durchaus eindrucksvoll der ansehnliche Turm auf dem Galgenberg, in seiner Halskrause ein paar Anwärter auf das hiesige Turm-Diplom. Dank der hohen Lage des Schlosses verschwindet mit jedem Schritt hinab ein Dezibel vom Festtreiben, bis unten an der Straße nichts mehr übrig ist.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
von Berlin-Gesundbrunnen mit Regionalbahn, umsteigen in Eberswalde (ca. 1-1,25 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): B 158 nach Bad Freienwalde (ca. 1-1,25 Std.)

Länge der Tour: ca. 16 km (Abkürzungen vielfach möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Bad Freienwalde

Turm-Diplom

Alte Köhlerei

Einkehr: Waldgaststätte Alte Köhlerei, oberhalb von Bad Freienwalde
Gaststätte Kolberg, Altranft
Schloss-Café, Altranft
China-Restaurant Sachsenhof, Altranft
zahlreiche Möglichkeiten im Bad Freienwalder Stadtgebiet

Strausberg: Olle Kamellen, verdeckte Esel und die Libelle auf der Stirn

Irgendwem ist beim virtuos dargebotenen Mischen der Monatskarten wohl der ganze Stapel aus der überforderten Hand geflogen und unkontrolliert flatternd in sieben Ecken geschnibbt – nachdem man im September schon mal wochenlang fürs Frösteln üben konnte, hat der Oktober permanente Wonnebäckchen aufgelegt und dafür gesorgt, dass Freibäder länger geöffnet bleiben und wohlschmeckende Eiskugeln weiterhin hoch im Kurs standen.

An der Nordspitze des Stienitzsees

Dicht anliegende Pellen wie Schals, Handschuhe oder Mützen verschwanden wieder in ihrem Fach, die dicke Jacke, nun schon mal draußen, bekommt noch etwas Aufschub. Trotzdem beginnt jetzt die Zeit, in der man thermomäßig selten sinnvoll bekleidet ist, daher öfter mal friert oder vorübergehend in Hitze gerät. Im Wesentlichen begann das am 1. Oktober und endete am letzten des Monats mit einem kleinen, doch zäsurhaften Temperaturrutsch.

Uferweg bei Hennickendorf

Der November ist nun da. Grau, trüb und schmuddlig ist er noch nicht, beginnt eher als freigiebiger Schöngeist im oktoberschen Sinne mit reichlichen Resten leuchtbunten Laubes und den dazugehörigen Düften und Tönen. Auch die fernreisenden Vogelscharen zeigen sich noch unentschlossen zwischen Bleiben, duldsamem Aussitzen oder die Flatter machen. Entschlossen hingegen ist die schnell hereinbrechende Dunkelheit, und zwar schon vollumfänglich zur Zeit des Fünf-Uhr-Tees.

Auch wenn in diesem Winter jeder frostlose Tage gern gesehen ist, sehnt man sich doch nach trüben, einsamen Weiten in still ruhenden Landschaften, die nur in Erdtönen arrangiert wurden. Dass in den Zeiten früher Abenddämmerung, insbesondere nach der Zeitumstellung draußen weniger Leute unterwegs sind, ist hier ein Fakt, der noch mehr Stille beschert – sowohl fürs Auge als auch fürs Ohr. Wer also die Einsamkeit im Sinne von wenigen Begegnungen mit Artgenossen sucht, hat jetzt beste Bedingungen.

Entlang der Langen Dammwieen

Unteres Annatal

So betrachtet darf man so mutig sein, allseits bekannte Ausflugsziele und Spazier-Reviere aufzusuchen, denn viele Menschen geben in diesen Monaten an freien Tagen ihren oder irgendwelchen anderen vier Wänden klar den Vorzug. Ein berlinnaher Klassiker, den wohl jeder kennt, der hin und wieder ins Umland ausschwärmt, ist das Annatal bei Strausberg. Dessen Reiz, Schönheit und Besonderheit werden sich wohl niemals abspielen, einen vielmehr bei jedem Besuch mit derselben Kraft und Wirkung erwischen. Die Anna heißt mit bürgerlichem Namen Rüdersdorfer Mühlenfließ, Anna an sich oder Annafließ ist eher ein Kosename, freilich ein sehr schöner.

Aufstieg zum Wachtelkamm, Hennickendorf Nord

Die meisten Leute, die für einen Ausflug ins Annatal fahren, meinen vermutlich die Langen Dammwiesen, mit denen der Lauf der kleinen Anna südlich der Regionalbahntrasse dicht verknüppert ist. Für eine wohlige und abwechslungsreiche kleine Runde bietet sich die Umrundung dieser wasserreichen Wiesen an, die landschaftlich an sich und auch an jeder neuen Ecke unerhört schön sind.

Waldweg an der östlichen Flanke der Dammwiesen

Strausberg

Unweit vom Bahnhof Strausberg, dem südlichsten der vier Strausberger S-Bahnhöfe, ist es nicht weit zum Bahnübergang, an dem einer der schönsten Einschlüpfe ins Naturschutzgebiet liegt. Vom Gefühl her sind die Schranken an 34 von 60 Minuten unten, was rechnerisch durchaus hinkommt. Die S-Bahn fährt alle zwanzig Minuten, also für beide Richtungen sechs Züge, dazu kommt noch die Regionalbahn in Richtung Küstrin, macht nochmal zwei Züge pro Stunde. Die Schranke ist großzügige vier Minuten unten, mal acht ergibt 32. Also gar nicht so schlecht geschätzt und dabei noch keine Güter- und sonstigen Züge berücksichtigt. Doch man steht hier ganz gut, es gibt bequeme Geländer, an die man sich lässig zurücklehnen kann. Und meistens irgendwas zu kieken oder notfalls auch zu tratschen, wenn’s mal deutlich länger dauern sollte.

Umso schöner ist der Lohn, wenn man direkt hinter der Schranke abbiegt und sofort in schönste Landschaft eintaucht. Links ist die laubbedeckte Böschung mit ihren Bäumen so hoch, dass sie als Bahndamm umgehend vergessen ist, rechts flankiert der rustikale Lattenzaun einer kleinen Waldweide die blätterbedeckte Pfadspur. Man ist sofort drin, Strausberg, so schön es ist, erstmal vergessen.

Einstieg vom Bahnübergang

Bei der Alten Walkmühle setzt sich gleich das Mühlenfließ in Szene, kommt durch eine gemauerte Halbrundröhre aus dem Dustern herbeigetrödelt, leise plätschernd. Direkt dahinter wartet der erste Anstieg der Tour, kurz und knackig und irgendwie typisch für die Gegend. Ein mittiges Geländer leistet willkommene Hilfe, auf der einen Seite lugen Oberkanten von knüppeligen Holzstufen aus dem goldbraunen Laub, auf der anderen Seite auch. Auf die Weise müssen sich Auf- und Absteigende nicht in die Quere kommen.

Geteilte Stiege hinauf in den Wald

Oben erstreckt sich eine kleine Hochebene, dem Laub nach bedeckt von Buchen und Ahornbäumen – ich gebe zu, ich habe eher auf den Weg als in die Wipfel geschaut, um nicht zu straucheln beim lautstarken Schlurfen durchs knöchelhohe Laub. Bereits hier, mit dem dichten Laubteppich durchaus eine Herausforderung und im geschlossenen Wald eher ungewöhnlich, streicht uns eine schmale, geschmeidige Katze um die Beine, ist unbemerkt im Wald verschwunden und dann doch wieder neben uns, ein Stück des Wegs gemeinsam zu verbringen. Mal links, mal rechts, dann wieder springend durch die Wiese oder mit unsteter Pfote in einer Wiesenpfütze nach ihrem schwarz-weiß gescheckten Spiegelbild fischend. Vielleicht duftet ja was aus unserem Rucksack, denn sie scheint noch unbefrühstückt, die Miez.

Wo man ja im Walde mit all seinen unvergleichlichen Qualitäten oftmals die Stille sucht, ist dieses Laubrascheln jetzt ein wirklich schöner Lärm, den es ja auch nur eine begrenzte Zahl von Wochen zu genießen gibt. Also wird es ausgekostet, pflügen die Schuhe tief und bodennah durch all die trockenharten Blätter in ihren zahllosen Schattierungen zwischen gelb, gold und braun.

Austritt zu den Langen Dammwiesen

Lange Dammwiesen

Der Abstieg zur grasigen Weite der Dammwiesen geschieht fast unbemerkt, doch bald wird der Wald verlassen und der Blick galoppiert sofort los durch die grüne Kulisse, die von zahllosen Landschafts-Accessoires raumteilerisch gestaltet wird. Hier eine Baumgruppe und dort eine Schilfinsel, ein bisschen weiter dann kohlpechrabenschwarze Hornochsen oder in der Ferne auf der anderen Talseite birnenblütenweiße und milchkaffeebraune Pferde. Die einen stehen wuchtig rum, die anderen voller Anmut da.

Blick quer über die Dammwiesen

Ackerbraune Wildschweinarenen gibt es auch noch und undurchdringliche Büschungen, dazwischen ganz für sich stehend ausdrucksvolle Solitärbäume, an deren filigranem Geäst kein einziges Blatt mehr sitzt. Viel zu gucken also, besonders bei dem spätherbstlich flachen Licht dieses Tages, das gekonnt mit der Malerpalette herumwerkelt.

Die Försterin schleicht in ihrem Jeep den Weg entlang und schickt ein diagonales Grinsen raus. Kurz danach kommen uns zweimal ein paar Leute entgegen, die man naturgegeben später ein zweites Mal treffen wird. Aus einer Dreiergruppe stehender Wanderer hält eine Teilnehmerin geduldig ihr mobiles Endgerät hin zum Wipfel einer Kiefer, so ausdauernd und unbeweglich, als wolle sie deren Wachstum filmen.

Der Himmel über Torfhaus

Torfhaus

Kurz nach den Rollbergen, die an etwas Hangflanke zu erkennen sind, endet der Weg in Torfhaus, einer winzigen Siedlung in schönster Lage. Über den Häusern ist der Himmel jetzt strahlend blau und mit blassem Gewölk zart wattiert. Gegenüber setzt sich der bunte Wald fort, der jetzt nach und nach feuchter und durchtränkter wird. Die Katze von vorhin, die gerade eine Runde um die Bushaltestelle gedreht hatte, zeigt sich mal wieder und verschwindet dann länger im Wald.

Edle Badestelle bei Hennickendorf

Stienitzsee

Wie zu erwarten wird es jetzt etwas voller, denn zum einen verläuft hier der abwechslungsreiche Rundweg um den Stienitzsee, zum anderen endet ein illustrer kleiner Zuweg vom nächsten Dorf an der schönen Uferstelle, wo auch heute im November kurz der Gedanke an einen Sprung ins Wasser aufblitzt. Erleichtert darf man sich selbst vom kühnen Vorhaben abwinken, denn ständig kommen neue Leute, lassen einem trockenen Hund zu einem nassen Hund werden oder filmen ausdauernd einen Schwan, der im großen Bogen in die Bucht einläuft.

Plankenweg am Stienitzufer

So in der Hocke verliert die betreffende Dame im nassen Ufersand kurz das Gleichgewicht, versucht das per feschem Knickgelenk gehaltene Gerät vorm Wassern zu retten und sieht sich unversehens auf Augenhöhe mit dem fauchenden Schwan, der erstaunlich schnell an Ort und Stelle war. Trollt sich schnellstens und kommt mit einem klammen Hintern sowie einem unerwarteten Twist im Plot des Gefilmten davon. Der sollte sich später am Cafétisch vor den Freundinnen gut ausschmücken lassen. Stößchen!

Blick von der Strangrabenbrücke zum Stienitzsee

Bald waren alle gucken, die gucken wollten, und so kann die Pause nun tumultfrei genossen werden und wird angemessen ausgedehnt. Voraus die Szenerie ist fast unwirklich schön, wie eins der schönsten Bilder aus einem Tourismus-Prospekt mit hohem Budget. Die kleine Sandbucht eingerahmt von leicht säuselndem Schilf, bis zum jenseitigen Ufer ein makelloses Spiegelbild, dazu der Himmel blauweiß gesteppt und dann noch ein paar rustikale Stubben direkt am Ufer, tiefdurchtränkt und rundgewaschen von den Jahren. Als Rastbank dient ein dickes Stück Baumstamm, gerade lang genug für zwei und notfalls noch zwei Hintern, und schon bald dampft der Tee aus den Tassen, der Crémant der kühlen Stunden unter freiem Himmel.

Uferweg vor Hennickendorf

Allein bleiben wir dann doch nicht, denn eine große rote Libelle findet Interesse an Rucksackriemen, Brotdosen und Tüten, auch an Stirnen und Knierundungen. Holt dann, da reichlich von all dem da ist, noch die ganze Verwandtschaft nach, die flügelknisternd ihre engen Kreise um die Pausengesellschaft ziehen und bei allzu direkter Tuchfühlung für einzelne Gänsehaut-Momente sorgen, ich sage nur Nase oder Handrücken. Von links kommen ausrufende Laute von Enten nach und nach näher, gegenüber lässt sich kurz der Graureiher sehen und weit oben am Himmel senden sechs Gänse lieb gewonnene Töne.

Schill-Finsel im See

Die natürliche Promenade zwischen dem Seeufer und den Bruchwäldern, die das Mühlenfließ, der Stranggraben und die Teufelsquelle geschaffen haben, ist eines dieser besonders pittoresken Stücke Weges, die sich in Brandenburg finden lassen. Naturnah gehalten, zu beiden Seiten vom Element Wasser bestimmt und bei jedem Kopfdreh ein neuer Blickfang, begleitet sie niemals gänzlich gerade das Seeufer und wird zwischendurch immer wieder über Plankenwege und kleine Brücklein geführt.

Dichter Bruchwald des Stranggrabens

An mehreren Stellen wird sichtbar, wie das Wasser aus dem Wald dem See zuströmt, mal klar gebündelt, mal diffus und beim Stranggraben auch direkt unter einem Brücklein. Von diesem lässt sich tief in den Bruchwald schauen oder hinaus auf den See, hindurch zwischen einer kleinen Landnase und einem theatralisch gen Wasser gekrümmten Baumgebilde. Wenig später ankert einen Steinwurf vor dem Ufer eine Schilfinsel, etwa so groß wie ein altmodischer Ausflugsdampfer.

Hennickendorf

Mit der zunehmenden Geradlinigkeit des Weges rücken die Häuser von Hennickendorf ins Bild. Kurz vor dem Sportplatz lockt links ein winziger Pfad hinauf zur Ortshöhe, auf der die kleinen Parkeulen nisten, rechts zur kleinen Kurpromenade am Seeufer, die letztlich stärker zieht. Ein paar Stege und in den See hineinragende Baumkruken sorgen für etwas gemütliche Hafenatmosphäre, die später beim Stichkanal mit den schönstgelegenen Kleingärten skandinavös auf die Spitze getrieben wird.

Landnase nahe der Uferpromenade, Hennickendorf

Gleich am Beginn des kleinen Laufsteges steht gerade eine kurzärmelige Dame mit großem Badelaken, rosiger Haut und trockenen Hochsteckhaaren. Ihr Gesicht sieht mehr als ausgeglichen aus, und auf Nachfrage verrät sie, dass sie gerade eine halbe Stunde in der hübschen Bucht umhergeschwommen ist, so wie jeden Tag des Jahres, und das Wasser wohl um die elf Grad hat.

Der Gipfel mit den Parkeulen will jetzt erklommen sein, was im Wesentlichen über Stufen geschieht. Auf halber Höhe sitzen auf der kleinen Mauer des Zwischendecks mit Aussicht auf die Parkbühne zwei Teenager, wischen unter freiem Himmel gelangweilt auf ihren Touchscreens herum und haben nebenher irgendwas auf dem Einmal-Grill, wobei dem Geruch nach nicht vollends klar ist, ob die Einpackfolie wirklich entfernt wurde.

Aufstieg zur Eulenhöhe, Hennickendorf

Bei den Parkeulen übrigens handelt es sich um Kita-Kinder. Vor zwei Jahren, im ersten Jahr der ungewöhnlichen Bedingungen, als vieles Selbstverständliche nicht selbstverständlich war, hatten viele von ihnen rundliche Steine mit Bildern und guten Wünschen bemalt und in einer langen Reihe vor dem Zaun aufgereiht. Viele davon liegen noch immer dort, die Hälfte ist vom großen Laub bedeckt, bei den meisten haben Regen und Wetter der Jahre die Farbe abgespült und den blanken Stein zurückgelassen. Was ja in seiner Symbolik irgendwie angemessen scheint.

Der Abstieg ist vergleichsweise moderat bzw. kaum zu bemerken und endet unten an der Stelle, wo zwei größere Straßen aufeinandertreffen. Der Bäcker hat noch offen, die Eisdiele am Kreisverkehr noch zu. Hinter der Kirche liegt die gassenartige Bahnhofstraße, deren Name aus heutiger Sicht Rätsel aufgibt. Ein Trupp Bauarbeiter macht mit Hilfe eines kleinen Baggers den Gehweg hübsch, weiter hinten schließt gerade der Laden mit dem schönen Wort „Zweiradfahrzeuge“ im Schaufenster, der neuerdings und nebenher auch die Angelegenheiten der Post schmeißt.

Serpentinenabstieg vom Wachtelkamm, Hennickendorf Nord

Wachtelberg

Der nächste Anstieg liegt voraus. Eine urige Stiege führt vom Wanderparkplatz hinauf zum Kamm der länglichen Höhe mit den besseren Wohnlagen – nach Osten Blick auf den Kleinen Stienitzsee, nach Westen über die Langen Dammwiesen. Am Ende der Stufen zieht es den Blick hoch zum Haupt des Aussichtsturmes, der dank des örtlichen Heimatvereins an manchen Tagen bemannt ist und also bestiegen werden kann. In diesem Jahr lief das bis zum kürzlichen Saisonende nur auf Voranfrage, sicherlich den allgemeinen Umständen geschuldet. Heute also kein Rundumblick vom Wachtelturm, doch das nächste Mal wird es klappen.

Esel gegenüber der Mühle, Hennickendorf Nord

Der Kamm lässt sich über eine schöne alte Stiege verlassen, die in Kehren hinab führt. Die Geländer zeugen davon, dass es diesen Abstieg schon lange gibt. Unterhalb des Hanges ist bald eine Weide erreicht, wo man in der Regel Esel antreffen kann. Auch heute sind sie da, erweisen sich jedoch als Meister der Tarnung. Und werden trotzdem entdeckt, ganz weit hinten zwischen eselfarbenem, trockenem Geäst und Gestämm. Weiter vorn finden sich dann noch zwei etwas dunklere, die das Verstecken drum gar nicht erst versucht haben. Die Rückseiten all der langen Eselsohren sehen unendlich weich aus.

Mühle Lemke

Bei der Mühle wir heute erstmals Glück, erwischen noch die Öffnungszeit und können endlich mal einen Blick in den Hofladen werfen. Erwartet hatte ich einen kleinen Raum mit Verkaufstheke, höchstens so groß wie zwei Buswartehäuschen. Doch in der Mühle haben sie viel Platz, und so gehen nicht nur beim Betreten des ersten Raumes die Augen über, sondern es gibt noch einen und dann noch einen Raum, jeder noch ein bisschen größer.

Im Hofladen der Mühle Lemke

Der erste sieht ein bisschen aus wie ein Museum, alte Bilder hängen über den bunt bestückten Regalen, in denen Honig und Dutzende Sorten Senf und allerhand Aufstriche und Marmeladen stehen, auch Tees, Nudeln und natürlich hochwertige Öle. Große Backofenklappen lassen riesige Röhrschlunde dahinter vermuten, betagte Gerätschaften sorgen für kleine Jauchzer bei Älteren und auch Jüngeren. In der Kühltheke lagern dicht an dicht feine Käses und anderes, draußen vor dem Laden ist frisches Obst zu finden, das keine weite Reise hinter sicht hat. Und große Brote mit tiefer Kruste kann man auch bekommen. Hier dürfte wohl bei jedem Besucher irgendetwas in der Tüte landen.

Tagesbegleiterin im Ruhemodus

An der Kasse ist vor uns an der Reihe eine Dame aus der Gegend und hat gerade umfassend eingekauft, noch einen kleinen regionalen Schwatz angehängt. Schon abdrehend im Schlusswort bemerkt sie, dass man hier auch eine Gans fürs Fest vorbestellen kann, in diesem Jahr ja eine durchaus unwägbare Angelegenheit. Die Nachfrage wird zur Anfrage und dann zum Vorgang, der in mehreren Phasen erblüht und in Sorgfalt ausgeführt wird. Zahlen und Daten wechseln über den Kassentisch, Gewichte und Tage werden vermerkt, Telefon-Nummern erhoben und leserliche Quittungen verfasst. All das trägt in sich ein Stück Romantik oder Nostalgie vergangener Zeiten.

Am Kleinen Stienitzsee

Als wir schließlich nach dem Zahlen wieder draußen stehen, streicht da noch einmal die Katze von vorhin herum, begleitet uns erneut ein Stück. Vielleicht ist es auch eine andere aus demselben Wurf, der schlicht pragmatisch über benachbarte Dörfer verteilt wurde – denn wer kann schon die eine Schwarzweißgescheckte von ihren Miezengeschwistern unterscheiden? Und doch scheint’s vom Verhalten her, als wäre es genau dieselbe, als wären wir uns gut bekannt. Und eigentlich gleicht sie ihr doch sehr, wirkt die Zeichnung an der Schulter fast schon unverwechselbar.

Quellpromenade am Kleinen Stienitzsee

Kleiner Stienitzsee

An der Stirnwand der Mühle dreht sich das große Mühlrad und erweckt den Eindruck, dass es das nicht nur für die Ausflügler tut. Ein schöner Fußweg begleitet das Mühlenfließ bis zu seinem Ursprung, der im bzw. am Kleinen Stienitzsee liegt. Der Weg geht direkt in einen hübschen Promenadenpfad über, mit schönen Blicken über den gar nicht so kleinen, sonnenglänzenden See und weiter vorbei an uralten Kastanien zu einem Plätzchen am Ufer, wo zwei Quellen sprudeln.

Alte Kastanie am Uferweg

Bis vor Kurzem ragte hier nur ein gakeliges olles Rohr aus dem Boden, aus welchem Wasser in eine hölzerne Rinne floss oder manchmal auch nur tröpfelte. Mittlerweile sind die wasserspendenden Rohre mit Holzstubben umkleidet, die Rinnen etwas erweitert. Das kleine Plateau dazwischen wurde schnuckelig zurechtgemacht, mit Findlingen und Bank und dicken Balancier-Palisaden, und wird sicherlich gern und oft von Hiesigen und Dasigen besucht. Der Uferpfad erhielt noch den schönen Namen Quellpromenade. Sie haben diesen schönen Platz verdient, die Quellen am Kleinen Stienitzsee.

Quelldoppel in neuer Fassung

Hinterm Ort wird es nun wieder ruhiger, die Schritte finden zurück ins wohltemperierte Gleichmaß. Während die Augen über die anmutige Weite wandern, schwenkt der Blick hinüber zum anderen Talrand, in etwa zu der Stelle, wo vorhin der leuchtende Wald verlassen wurde. Die Wiese ist saftig grün, hier und da liegen abgebrochene Äste größeren Kalibers auf der Weide, vielleicht zum Schubbern für das Vieh. Das hat sich in Gestalt von Pferden weit in Richtung Talmitte zurückgezogen, wo man sich zwischen Büschen und Schilf gut verstecken kann, und lässt nur hin und wieder das Gegenwindfragment eines Wieherns vernehmen.

Blick zu den Dammwiesen, Hennickendorf Nordrand

Umgekehrt zu vorhin wird jetzt die offene Landschaft in den Wald hinein verlassen, der nun ein paar Nadelbäume im Bestand hat. Obwohl auch hier vor allem Laubbäume stehen, liegt so gut wie kein Laub am Boden, schon gar kein leuchtendes. Das sieht hier eher nach Robinien aus, der Weg liegt völlig frei, jede Querwurzel ist zu erkennen.

Waldpfad oberhalb der Ostflanke der Dammwiesen

Auch diese Pfadpassage am Ostrand des Talgrundes ist eine besonders reizvolle. Der Weg verläuft oberhalb eines Hanges und ist grundsätzlich am Schlängeln. Manchmal sind links kleine Quelltöpfe mit anschließendem Rinnsal erkennbar, die sich unten mit anderen zusammentun und zaghaft Wasserflächen ansammeln. Manchmal wird auch eine der ausgeprägten Talscharten gequert, einmal auch formvollendet mit Geländer, Stufen und kleinem Steg für Zeiten mit fließend Wasser.

Alter Bahndamm der Herzfelde-Strausberger Eisenbahn

Nach dem Erreichen des Radweges locken zweimal Abzweige zu Verlängerungen des Tages, doch diesem ist heute nichts mehr hinzuzufügen. Also geben wir uns dem weiten Linksbogen des Weges hin, dessen gleichmäßiger Radius samt anschließendem Damm nahelegt, dass hier mal Bahngleise lagen. Der Damm verläuft weit über dem Tal, unten ist glitzernd der bewegte Lauf eines zufließenden Bächleins zu sehen.

Dünenhang zwischen den Bahntrassen

Dicht am Bahndamm verläuft bald der Weg, der erst zum Pfad wird, dann breiter werdend hinter einer Dünenböschung verschwindet und zuletzt wieder den bunten Wald vom Anfang erreicht. Eine vierköpfige Familie in pastellfarbenen Anoraks pflügt im genießerischen Schlendergang durchs raschelnde Laub und plauscht dabei in einer der slawischen Sprachen. Nachdem wir sie erst überholt haben, nutzen wir dann gemeinsam die Stiege mit dem Mittelgeländer, die im Abstieg völlig anders aussieht als vorhin.

Nach der Verschnaufpause am Bahnübergang gibt es den Anfangsweg nun in umgekehrter Richtung, und so entdecken wir an einem Zaun ein gemaltes Fahrrad. So ein schönes altes mit Stahlfelgen und geschwungenem Lenker, großer Lampe und einem passenden roten Accessoire anbei. So eins, was sich erdverbundene Kunstschaffende aus dem vorangegangenen Jahrhundert gern unter den Hintern klemmen, um im gemächlichen Tritt immer wieder die wohltuende Reduziertheit auf das Wesentliche zu genießen. Ein paar Schritte später überqueren wir das Gleis der Strausberger Straßenbahn.

Annafließ in eigener Röhre

Schön wäre es natürlich zur Abrundung gewesen, wenn noch eine der Überlandstraßenbahnen ihr breites Bett entlanggerumpelt wäre, doch die ist wohl gerade durch und wird sich darum einfach vorgestellt. Nachdem das Rumpeln in der Phantasie verklungen ist, raschelt es im kleinen Wäldchen gegenüber ein paar Mal nacheinander und irgendwas in Schwarz und Weiß huscht weg. Es ist vermutlich höchste Zeit, nun etwas Richtiges zu essen.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
S-Bahn oder Regionalbahn von Ostkreuz/Lichtenberg (ca. 30 Min.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): auf der B1 nach Osten, dann hinter dem Autobahn-Ring links nach Strausberg (0,75-1 Std.)

Länge der Tour: ca. 12 km (Abkürzungen möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Informationen zum Naturschutzgebiet

Hofladen der Mühle in Hennickendorf

Strausberg-Herzfelder Eisenbahn

Einkehr: div. Imbiss-Optionen am S-Bhf. Strausberg
Hennigs Backstube (kleines Imbiss-Angebot), Hennickendorf
Hofladen Mühle Lemke mit kleinem Imbissangebot

Altglietzen: Reifes Korn, ein mehrfaches Dorf und Duette in den Wiesen

Nach einem mild durchwachsenen Mai hat auch in diesem Jahr der Juni schnellstens das Sommerkleidchen übergeworfen und verwöhnt alle Kältegeplagten mit Sommertagen, wie sie im Bilderbuch stehen. Selbst an heißen bis rekordverdächtigen Tagen wird stets ein angenehmer Wind mitgeliefert, sodass es sich mit passender Kleidung draußen gut aushalten lässt. Blonde Mädels in den Achtzigern treten ihren alljährlichen Inselmonat an, andere sitzen vorm weit geöffneten französischen Fenster und zeichnen detailverliebte Spielkarten aufs Papier und wieder andere trinken Tee im Atelier und entdecken per Interview ihren liebsten Menschen aus einem neuartigen Blickwinkel.

Aussichtshöhen zwischen Altglietzen und Gabow

Im Fahrwasser des plötzlichen Urlaubswetters hört man mehr und mehr Badelatschen übers Gehwegpflaster flappen. Quarkblasse Extremitäten ragen aus kurzen Ärmeln oder Hosenbeinen und hoffen auf erste Vorbräune ohne vorherigen Rotbrand. Das tradierte Bauch-frei-Phänomen hat in diesem Jahr die piefigen Kriterien von Geschlecht und Altersklasse über Bord geworfen, so dass dargebotene Nabel-Umländer von konkav über konvex bis komplex zu erleben sind. Von makellosem Pfirsichsamt bis hin zur fussligen Plauze wird alles ausgestellt, was die Palette zu bieten hat.

Schmetterlingspfad auf der Höhe, gen Gabow

Auch auffällig ist in diesem Jahr die Freude an ausgefallenen Brillengestellen in Sachen Sonnenschutz, gern in Verbindung mit stöffernen Anglerhüten. Nicht immer bleibt zweifelsfrei, ob Selbstironie im Spiel ist oder ob eine beinharte Attitüde performt wird.

Davon abgesehen läuft gerade eine dreimonatige Periode, in der es zum Preis einer städtischen Tageskarte ein Monatsticket gibt, mit dem man überall in Deutschland spontan in den nächsten Bus oder die nächsten Straßenbahn steigen kann, auch alle Arten von Regionalbahn sind eingeschlossen. Das ist eine durchaus reizvolle Idee, und ob man nun will oder nicht, werden einige der eigenen Gedankengänge leicht veränderte oder gar neue Wege nehmen.

Innere Oder-Aue bei Gabow

Ob eine ursprüngliche Absicht am Ende erreicht wird, sei dahingestellt, doch nach Ablauf des Zeitraums werden weit mehr Menschen als bisher mit den gängigen Prozessen vertraut sein, die eine Bahnfahrt mit sich bringt, werden dabei sone und solche Erfahrungen verbuchen können. Einiges davon wird bestimmt hängenbleiben und sollte sich längerfristig sinnvoll auswirken.

Stille Oder bei Gabow

Altglietzen (Oderinsel)

Nachdem das Frühjahr beste Reifebedingungen für den Mückennachwuchs bot, ist beim Heraussuchen schöner Wege derzeit Wald zu vermeiden, ganz gleich ob sumpfig, ufernah oder knochentrocken – von verschiedenen Seiten war schon zu hören, wie sich der beschauliche Waldspaziergang zum Fluchtgeschehen wandeln kann, wie wissenswerte Wortbeiträge des Begleiters liebevoll abgewürgt werden, weil mehrere Runstrüssel gleichzeitig ansetzen und einen schnellen Ortswechsel empfehlen.

Blick auf Neutornow vom Uder der Stillen Ofer

Eine gute Mischung aus hinreißend schöner Landschaft, sanft-spektakulärem Relief und wogenden Sommerwiesen lässt sich zwischen altem und neuem Oderwasser finden, wo dieses rund um Neuenhagen eine größere Insel erschafft. Die ist landschaftlich sehr vielfältig und immerhin so groß, dass man für eine Umrundung einen gemütlichen langen Tag bräuchte.

Im stattlichen Hochland findet sich ein verschlungenes Netz von Wegen aller Größenklassen, zur Stillen und Alten Oder hin erhebt sich in wechselnder Gestalt eine fotogene Flanke, die durchaus an die wiesenstruppigen Hügelländer gängiger Ostseeinseln erinnert. Immer wieder gibt es besondere Aussichtspunkte, wo die Landschaft ins volle Panorama geht und wo man gern verweilen möchte. Mal führen winzige Bergpfade dorthin, mal geht es über eine lange Reihe steiler Stufen und mal ganz moderat auf einem sandigen Weg, gerade so breit wie ein Pferdehintern.

Dünenhügel zwischen Gabow und Altglietzen

Bis auf Neuenhagen liegen alle Orte in der Peripherie der Insel, somit nicht auf der Höhe und gern sehr pittoresk am Fuß der Hangflanke. Ein Mittelding dabei ist Altglietzen, denn hier ist das Insel-Relief gen Grenz-Oder schon sanft ausgelaufen. Dennoch sind vom unteren Weg ins Dorf eine Handvoll Höhenmeter zu überwinden, die in Hochwasserzeiten entscheidend sein dürften. Rund um das Wegedreieck nahe der Kirche heißen alle Straßen Altglietzener Dorfstraße, was bei einem Straßenschilderbaum mit drei Ästen amüsant aussieht.

Von hier ist es nicht weit zum westlichen Dorfrand, wo hinter einer kleinen Wendeschleife ein schattiger Waldweg einsetzt, mit ihm ein sommerlicher Duft nach Kiefernkram. Gemächlich gewinnt er an Höhe und gibt bald die Sicht frei auf die erste blonde Gräserfläche, die kontinuierlich vom sanften Wind gezaust wird. Oben überm Horizont sind unentschlossen die Wolkenschleier ineinander verfangen und lassen kaum etwas vom Himmelsblau hindurch. Doch den Regenpropheten wollen sie auch nicht geben, obwohl es hier und da in weiter Ferne grollt.

Rundbank am Dorfplatz, Altglietzen

Die bunten Kornränder, die man ein paar Ecken weiter in der Uckermark in schönster Ausfertigung findet, gibt es hier nicht. Alles spielt sich im grünen Bereich ab, der extrabreit aufgestellt ist und vom schwarzdunklen Grün der Fichten bis hin zum strohgelben, ja fast weißen der rispenden Gräser reicht. Die knapp wegbreite Grasnarbe schluckt hin und wieder eine der beiden Spuren und lenkt den Spaziergänger ganz von selbst auf den verbleibenden, schenkelkitzelnden Pfad. Während links das Feld schon abgeerntet ist, stehen rechts die kräftigen Ähren an kurzen Halmen und dürften auch bald fällig sein. Im schweifenden Fernblick verhelfen sie den Kurven der Landschaft zu noch mehr Weichheit.

Am Rand von Altglietzen

Bald schon kommt einer der markantesten Dünengipfel in Sicht, der etwa auf der Hälfte zwischen dem Dorf und dem bewaldeten Granitberg liegt. Schon die allererste Ansicht wäre ein Gemälde wert. Der Weg zum Gipfel biegt im rechten Winkel ab und peilt geradewegs einen ausdrucksstarken Baum an. Der Aufstieg verläuft sandig entlang raschelnder Trockenrasen, deren knapp ausgestattete und farbkräftige Blüten gut von den Bienen besucht sind.

Im Zustieg bei Altglietzen

Eine windschiefe Bank, die alle Wetter kennt, hält sich schon seit Jahren hier an diesem ausgesetzten Ort und empfiehlt Kraft ihrer Lehne den Blick auf die Hochebene des Inselinneren. Der ist in der Tat schön, doch wer erstmal hier oben steht, wird noch ein paar Meter weiter gezogen, hin zum banklosen Nebengipfel. Der liegt auf selber Höhe und kredenzt die ganze Breite sowie einiges an Länge des platten Oderbruchs. An Tagen mit makellosen Sichtbedingungen dürfte rein mathematisch gesehen und per Fernglas der Reitweiner Sporn erahnbar sein. Die Erdkrümmung mal außer Acht gelassen …

Reife Felder bei Altglietzen

Die einzig lerchenverzierte Stille dieses Ortes wird plötzlich durchbrochen von einem Mopped, das nach versäumtem Schalten versucht, im falschen Gang den sandigen Hang zu bewältigen. Da Publikum da ist, will sich der Pilot keine Blöße geben und versucht es weiter, doch die Simmi bockt verständlicherweise und sorgt bald selbst für Stille. Danach greift der Notfallplan der schlüssigen Handlung, also etwas zurückrollen, starten und im ersten gemäß der verfügbaren Pferdestärken den Hang erklimmen. Und dann nix wie weg. Was bleibt, ist das typische Aroma von zwei Takten in der Luft, das hier zu Hause ist und niemals allzu schnell verweht.

Bildschöne Aussichtshöhe zwischen den Dörfern

Bezaubernde Wege kurven nun durch die Wiesen und machen Lust aufs Barfußgehen. Immer wieder schwenkt der Blick nach links und auch nach rechts, denn die Weite gibt mit jeder neuen Minute bestaunenswerte Bilder her, von mehrdimensionalen Weiten bis hin zu terrassierten Wiesenhängen mit eingestreuten Einzelbäumen. Auch dabei ist eine erste groß angelegte Scharte hinab zum Flussniveau, die man als Riese ständig würde streicheln wollen.

Aufstieg zum Gipfel mit Aussichtsplateau

Im Knick des Fahrweges beginnt nun ein fußbreiter Pfad, doch ehe das nächste Waldstück erreicht ist, gibt es einige Gründe zum Stehenbleiben, Bücken, wieder aufstehen, dann nach vorne beugen, wieder bücken, auf die Knie gehen oder auf den Hosenboden. Auf Kniehöhe werden einzigartige Duette von kleinen, reich bemusterten Schmetterlingen mit den dazugehörigen Blütlein gezeigt. Die Falter sind mal schwarzweiß oder leuchtend neonorange, mal ähneln sie den Klassikern wie Admiral oder Tagpfauenauge, sind es jedoch nicht. Jeweils ist eine Sorte an einer bestimmten Blume zu finden, und einige sind erstaunlich geduldig im Stillhalten oder dem kurzen medienwirksamen Aufklappen á la Snapchat.

Weiter Blick ins Oderbruch

An der nächsten Waldlichtung mit ihrer üppigen Wiese gibt es wieder ganz andere Schmetterlinge und rings umher hochgewachsene Nadelbäume aller Art, in der Summe einen Hauch von Mittelgebirge. Dazu passend setzt sich der Weg nach dem nächsten Abbiegen in einen versteckten Hohlweg fort, dessen Scharte sich immer tiefer einschneidet. Kurz nach einer sandigen Lichtung voller Kienäppel steht das erste Haus von Gabow. Von der anderen Seite kommend würde man hier nicht unbedingt einen gangbaren Weg vermuten.

Hügelflanken vor Gabow

Gabow I

Da nicht allzu viele Dörfer am Weg liegen, Dörfer am Weg jedoch dazugehören und immer eine willkommene Abwechslung sind, werden wir Gabow einfach mehrfach verwenden, jeweils aus einer anderen Richtung kommend. Das sollte hinhauen und jeweils als neues Dorf durchgehen.

Der Abstieg von der Höhe des Granitberges, dessen Gipfelpfad heute der Wärme wegen ausgeklammert wurde, endet an der Dorfstraße, die unweit des Altglietzener Hauptgrabens und der Stillen Oder verläuft. Dementsprechend saftig sehen die Auen aus, die sich am hinteren Rand der Grundstücke entlangziehen.

Tänzchen am Wegesrand

In der Dorfmitte gibt es dieselbe schöne Rundbank um einen kräftigen Stamm wie auch in Neuglietzen, gegenüber ein winziges Backsteingebäude unbekannter Funktion und mit ihm im Ensemble ein ansehnliches Fachwerkhaus, das seine Fassade selbstbewusst ins Bild hält. Nicht weit davon finden sich noch die Karten für Radfahrer und Spaziergänger sowie die Bushaltestelle, wo auch prompt ein Bus hält. Könnte man jetzt einsteigen und sich durch die schöne Landschaft kutschieren lassen, einfach so. Und nach einer Runde dann hier weitergehen. Oder unterwegs am nächsten Biergarten aussteigen und was pietschen, dann erst zurück und danach weitergehen. Oder noch ganz anders.

Waldlichtung bei Gabow

Über unverwitterbare Feldsteinmauern fällt der Blick in die Obstgärten und die dahinter anschließende Landschaft der Flussaue, und schon bald biegt ein Weg genau dorthin ab. Der erhoffte Wind für eine Pause ist dort nicht zu finden, doch ein paar Schritte weiter bietet sich eine schöne Uferstelle an, mit idealer Böschung, die einen nicht ins Wasser rutschen lässt, dennoch bequem Platz für die Beine bietet. Gratis dazu gibt es einen der schönsten Blicke auf das Dorf mit der Kirche im Berg, auch der für ein Gemälde gut.

Hohlpfad hinab nach Gabow

Gegenüber im Ried tönen in bestem Stereoton zwei Teichrohrsänger, die erzählfreudigen Humoristen der schilfigen Uferkanten. Hin und wieder sorgt ein fetter Fisch für Lärm, Blasen und konzentrische Kreise, fast regelmäßig fangen große Libellen mit ihren abrupten Flugmanövern den Blick ein. Wie zu erwarten schaut eine penetrante Bremse vorbei, doch hat die scheinbar von der Demse auch schon eine weiche Birne und lässt sich beim ersten Versuch k.o. schlagen. Eine Vertretung bleibt aus.

Dorfplatz in Gabow

Das folgende Stück Landstraße lässt von der Verkehrsdichte her an Westernszenen denken, die um die Mittagszeit spielen. Nur ein einziges Auto stört die paar Minuten, das vorher von flirrender Hitze verzerrt und scheinbar ewig lange nahte und doch nicht näher kam. Mit Blick nach links ist die Anhöhe von vorhin zu sehen, die mit dem Baum und dem Moppet. Beim Abbiegen auf den nächsten Feldweg erweist sich als gute Entscheidung, am Rand von Altglietzen nicht den Verlockungen der weiten Ebene erlegen zu sein.

Blick übern Zaun in Gabow

Den einzigen Schatten am Weg wirft ein Stapel aus Strohrollen, etwa so groß wie eins der vielen Kolonistenhäuser in Gabow I. Und den dann auch noch in die falsche Richtung. Gut, wenn man den Schatten zum Mitnehmen dabei hat, sei es in Form eines breitkrempigen Hutes oder besser noch eines Schirmes mit weißer oder silbriger Außenhaut, der auch bei größter Knallsonne ein gut erträgliches Mikroklima schafft. So auch jetzt.

Blick über den Altglietzener Hauptgraben nach Neutornow

Die letzte Pause war zwar gerade erst, doch erstens sollte man an allzu warmen Tagen öfter pausen, zum anderen ist der nächste Platz am Oderufer so schön, dass man da einfach nicht vorbeigehen kann. Ein vergangener Steg im glasklaren Wasser sorgt für etwas Archaisches, die dicht bewachsenen Ufer für unmittelbare Naturpracht, und nach links ist über dutzende Seerosenteppiche das Dorf mit der Kirche im Hang zu sehen. Hier hätte man wohl auch Tom Sawyer drehen können.

Gabow II

Unterhalb einer Rastraufe sitzt ein junges Pärchen, er kümmert sich um die Angel, sie hält mit dem Fernglas Ausschau nach Ausschauenswertem, beide scheinen stillvergnügt. Kurz darauf überqueren wir am eindrucksvollen Schöpfwerk Neutornow, seit Kurzem einer der Kulturerbe-Orte des Oderbruchs, die Stille Oder und stellen anhand des Erklär-Schildes fest, dass die Kirche ja gar nicht zu Gabow gehört sondern zu Neutornow. Na umso besser!

Stille Oder bei Neutornow

Neutornow

Die schön gelegene Kirche ist ganz klar blickbestimmend. Schließlich überrascht sie uns noch mit einem der schönsten Stiegenwege weit und breit. Der schattige Friedhof verteilt sich über den sanften Hang. Zwei freundliche Damen frischen gerade im großen Stil die Blumen auf den Gräbern auf, dazu stehen mehrere Eimer prall gefüllt mit knackigen gelben Schnittblumen auf dem Weg.

Stiegen hinauf zur Kirche im Hang, Neutornow

Die flach ansteigenden Stufen sind derart bemessen, dass man nicht zu große Schritte macht, automatisch einen anmutigen Gang erhält und die Kirche keinesfalls außer Puste erreicht. Die dicht stehenden Bäume beiderseits der Stufen sind teils von Efeu umrankt, die ganze Kulisse ist sehr romantisch im Sinne eines Caspar David Friedrich. Der war ja ein Zeitgenosse von Theos Vater Louis Henri Fontane, welcher ein Dorf weiter den letzten Abschnitt seines Lebens verbrachte. Begraben wurde er an hervorgehobener Stelle hinter der Kirche hier.

Ausblick von der Bank hinter der Kirche, Neutornow

Nur ein paar Schritte von der großen Grabplatte steht eine Bank mit schönem Blick auf die weite Ebene, der man sich kaum entziehen kann. Unten aus einer Garage tönt ein leierndes Gebumbel, das sich nach und nach als Michael Jackson Billie Jean entpuppt. Das Leiern war wohl dem launischen Wind geschuldet, und die Nummer hat bis heute nichts, aber auch gar nichts verloren. Gedanken an zwei Klassiker der Weltkultur am selben Ort …

Pfad hinauf zur Bergkolonie

Bergkolonie

Der Friedhof lässt sich durch ein Hintertor gegenüber des Kirchturmes verlassen, wo direkt ein schattiger Weg den Anstieg fortsetzt. Der wird bald zum Pfad und verläuft oberhalb einer tief eingeschnittenen Hangscharte. Wieder im Licht führt ein Sträßchen zwischen grasigen Hängen und Streuobstgärten entlang zur Bergkolonie, in deren Vorgärten eine markante und scheinbar ortstypische Art von Ziehbrunnen zu beobachten ist.

Abgeerntete Felder bei der Bergkolonie

Hinter dem letzten Haus biegt der offizielle Dorfrundweg rechts ab, wir mit ihm, und lenkt die Schritte über einen stoppeligen Wiesenweg, zwischen sanften Höhen entlang. Die Felder sind frisch abgeerntet und die Optik lädt zum Rumkugeln ein, doch das dürfte ganz schön pieksig sein, selbst für Wettergegerbte. Über der Landschaft zeigen sich die Wolken nun bereitwilliger zu etwas Aktion. Von Südosten kommen noch plüschige Haufen in Weiß daher, doch weiter links macht sich eine abgedunkelte Wand zum Aufbau bereit, bestätigt von fernem Grollen.

Am Rand von Gabow

In einer kurzen Hohlgasse geht es schwül dampfend zwischen Rosenbüschen und Holunder hindurch, eine letzte blütenweiße Dolde hält zwischen den ersten hartgrünen Stadien der werdenden Beeren die Stellung. Die Schwirrenden zeigen sich aufsässig in diesen wenigen Metern der Windstille und scheinen auch das Wetter zu erwarten.

Gabow II, die zweite

Nach einem Bogen und einem unerwarteten Weg zwischen zwei Zäunen empfängt uns das erste Haus des nächsten Dorfes. Eins der Nachbarhäuser lässt in Grundgestalt und Neuinterpretation durchaus ans Mediterrane denken, ein kleines gekonntes Kunstwerk in der Disziplin der Landlust. Von hier geht es jetzt nur noch bergab, unten dann vorbei am Dorfplatz von vorhin. Kurz nach Ende der bekannten Passage endet Gabow mit einem Schnitt in Sachen Landschaft, denn umgehend öffnet sich ein rahmenloses Fenster auf die Höhen von vorhin, die von unten nun nicht weniger anziehend sind.

Ausgangsstellung kurz vor dem Performen des Moonwalks, Gabow

Ein Mann hat gerade drei Pferde am Wickel und ruft einer vorbeiradelnden Dame einen knappen Satz mit blassem Fragezeichen zu, der sie zum Anhalten samt obligatorischem Wortwechsel animiert. Hinaus über wie geht’s muss ja folgen noch konkretere Fragen und er erfährt, dass sie ins übernächste Dorf fährt, da ist Dorffest, da will sie Kuchen holen fürs Kaffeetrinken, die Ingrid und die Dörte, die backen doch so legendär. Naja, er muss ja noch die Pferde und wird mal sehen, wie spät dann is.

Unterer Weg nach Altglietzen

Der stille Radweg mit seiner hellen Pflasterung könnte definitiv irgendwo an der See zwei Dörfer verbinden. Die zahllosen Bilder der Sonderklasse sorgen für viel Entzücken und viel zu viele Auslösevorgänge. Links reihen sich Hügel und Hänge mit ihren bewegten Wiesenmatten aneinander, hier und da öffnet sich eine Kehle oder ein Zwischental.

An mehreren Stellen verlocken Pfade von schöner Gestalt zum kurzen Ausflug in die bekannte Höhe, die Wolken tragen das ihre dazu bei. Wieder nehmen wir dieselben Bilder wie beim letzten Besuch hier, und wieder darf keines davon fehlen. Es ist ein so unfassbar schönes Stück Weg, links die Wiesenflanke der Dünenberge, rechts die grüne Weite mit ihren versprengten Dörfern.

Dünenhang mit verdecktem Pfad

Zuletzt geht es angenehm schattig durch eine Gasse aus Büschen und Bäumen, bis ein letzter dicker Poller ohne rechte Funktion Altglietzen ankündigt. Jetzt noch die erwähnten Meter hoch zum Dorfplatz mit der Rundbank und den nahen Bushaltestellen, es drückt nun zum ersten Mal am Tag so richtig. Gut zu wissen, dass die Einkehrmöglichkeit am Rande des Dorfes einen schattigen Biergarten hat!

Doch alle Anzeichen waren wieder nur leere Versprechungen, zumindest für den Augenblick bleiben die Wolken zugeknöpft, und so wäre ein Eis schön, vielleicht im nächsten Städtchen. Ohne Suchen führt uns der Weg zur östlichen Bad Freienwalder Vorstadt, und schon von Weitem verrät eine kleine Schlange den gesuchten Ort.

Pfad hinauf zur Höhe, unweit Altglietzen

Was wir hier finden, ist aber nicht einfach nur eine Eisdiele, sondern gemäß Beschriftung und durchaus überzeugend auch Eis- und Cocktail-Treff mit Pizzeria, wobei die Betonung deutlich auf Treff und dem namentlich unerwähnten Bier liegen sollte. Ein einladender Ort für jung und alt zum Kurzbesuchen oder zum Verweilen, drinnen urig, draußen mit kleinen Sitzterrassen und einer extralangen Eisleckbank. Eine pinke Schar eigenartiger Geister klappert im Zickzack die Straße ab, vor sich einen fahrenden Bauchladen, ist bald verschwunden und doch nie ganz weg.

Als sich die Eis-Schlange zerstreut hat, treffen wir unsere Wahl und werden darin vom zapferfahrenen Mann an der Eiszange bestätigt – die Damen nehmen meistens Waldbeere-Joghurt, die Männers fast immer Zitrone zur Schokokugel. Im Genuss verschmelzen die Kühlung unterm Gaumen und die eigens für uns bestimmte, schöne Wahrheit miteinander. Die mittsommerliche Sonne steht hoch über allem und denkt noch lange nicht ans Sinken.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
S-Bahn oder Regionalbahn bis Strausberg Nord, dann weiter mit Bussen (über Bad Freienwalde) (ca. 2 Std.); wahlweise auch per Regionalbahn nach Eberswalde, dort umsteigen nach Bad Freienwalde, dann weiter mit dem Bus (ca. 2,25 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): über Landstraße (B 158) nach Bad Freienwalde (Sommer 2022: derzeit großräumige Umleitung über Prötzel und Wriezen) und weiter nach Altglietzen (ca. 1,25-1,5 Std.)

Länge der Tour: ca. 12 km (Abkürzungen gut möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Altglietzen (knappe Information)

Internet-Auftritt der Oderinsel Neuenhagen

Kulturerbe Oderbruch (mit kurzem Film)

Einkehr: Zur Satteltasche, Altglietzen
Zur Oderbrücke, Altglietzen
(mit 1 km Abstecher nach Schiffmühle: Fontanehaus mit Café)

Lichtenow: Brunnenstaub, die schöne Dammscharte und das Meer in Blau

Der Winter hat sich längst vom Hof gemacht, doch die Kälte ist geblieben und macht fast ein halbes Jahr ohne nennenswerte Unterbrechungen voll. Wegsortierte dicke Jacken, Mützen und sogar Handschuhe wurden wieder hervorgeholt, die Heizsaison notgedrungen fortgesetzt. Die Infektionsthematik ist unterdessen zur lebensbegleitenden Gewohnheit eingelaufen und wurde in ihrer medialen Relevanz nochmals eingedampft durch ein Individuum, das mit seinen Handlungen die halbe Welt aus den Angeln gehoben hat.

Alter Bahndamm in Lichtenow

Dagegen scheint kein Trost- oder gar Gegenkraut gewachsen. Allenfalls Solidarität hilft ein wenig und jeder tut in diesem Rahmen, was er so tun kann. Dass nun endlich der Frühling sichtbar wird, ist keine direkte Hilfe, doch mehr Tageslicht, weniger Kälte und die erwachende Natur sind rein praktisch und auch für das allgemeine Seelenleben sehr willkommen.

Kagel im Rückblick

Während die letzten Frostnächte es bis in die Mitte des Aprils geschafft haben, kommt jetzt dieser Zeitpunkt, wo von einem Tag auf den übernächsten jeder Park von punktuellem Grün auf flächigeres überblendet, das Laubvolumen täglich wächst und der Duft der Natur auch ohne nächtlichen Regen präsent ist. Alles wird durchwirkt von Düften, Würze und Licht, Sonne und Wind, von Farbkraft und Vielfalt in allen Dingen. Der Frühling ist da und verstreicht einigen Balsam auf allem, was es so gibt.

Stiege im Alten Bahndamm, Lichtenow

Was die knappe Wegesammelei in den Monaten seit Spätsommer betrifft, sammelten sich in einer verwandten Dimension die Worte über Sinne durch die Luft in den Kopf durch die Finger auf das Blatt und dann raus in den Druck – und liegen jetzt als griffiger Schinken in den Theken. Zu Recherchezwecken ging es in diesem Rahmen wochenlang recht wild zu, im Sinne von hohem Gras, naturnaher Abgeschiedenheit und intensivem Erleben von Tier- und Pflanzenwelt. Mittlerweile hat sich die Lage normalisiert und in den Berichten wieder die Mischung eingestellt, wie man sie von dieser Seite kennt – hier ein Dörfchen, da ein Städtchen und dazwischen viel Natur.

Improvisierter Steg über den Stöbberbach

Lichtenow

Von Fangschleuse bei Erkner bis zum hübschen Dörfchen Hoppegarten erstreckt sich eine längere Kette aus Seen, von deren Mitte es nicht weit ist nach Lichtenow. Das ursprüngliche Dorf liegt etwas abseits, verfügt über einen festerprobten Anger sowie über den Zickenberg, auf dem schon manch illustres Mannschaftsspiel ausgetragen wurde, gern auch ausgestattet mit Schank und Grillständen. Manche Bestellung gegen Ende des Spielgeschehens wurde mit weichgezeichneten Konsonanten und reich an gedehnten Vokalen zur gelallten Formulierung gebracht, dann nach einer gedämmerten Kunstpause noch leise und eher an sich selbst gerichtet um ssweykümmalinge erweitert.

Verkappte Anemone in blau oder Leberblümchen

Was die meisten Leute von Lichtenow sehen, sicherlich meist aus dem Auto, ist die Ortslage entlang der Schnellstraße – Tanke, Ampel, Blitzer. Doch aussteigen lohnt sich, denn neben dem weithin sichtbaren und leicht zu entdeckenden Ringofen mit seinem gut gepflegten musealen Mobiliar gibt es noch einen schönen Dorfrundgang sowie ein paar Badeweiher mit Rundpfaden zu entdecken, auch der Fließweg über die Wiesen ins alte Dorf und die schöne Lindenallee auf dem Rückweg bieten dem Auge einiges Schöne.

Rund um die Kreuzung, die ihren bestimmten Artikel ganz zu Recht trägt, gibt es in Lichtenow eine Art Kiez, der die meiste Zeit über von einem gewissen Leben erfüllt wird. Direkt an die Tanke grenzen eine im Rahmen der Virusjahre stilvoll aufgedonnerte Dönerbude, die jetzt auch Döner-Tempel oder Dön Royál oder Dö|N|A heißen könnte, sowie ein Blumenladen, dessen Name hohe Erwartungen weckt und auch erfüllt.

Mühlenfließ nördlich von Lichtenow

Direkt auf der Ecke gibt es noch das indische Mehrzweck-Lokal, dessen Namen beim schnellen Lesen ohne Brille kurz das Bild umgehängter Blumenketten aufblitzen lässt. Direkt gegenüber liegt ein leicht zu übersehender Park mit schöner Eisleckbank, diagonal gegenüber die große Wiese mit dem Ringofen, bei deren ampelgebremsten Erreichen das Eis jedoch schon tropfen könnte.

Alte Schule bei Lichtenow

Unweit der Kreuzung beginnt der Fließweg und bietet einen Extrabogen für all jene an, die das Lichtenower Mühlenfließ binnen einer guten Stunde so oft wie möglich queren wollen. Beim ersten Mal öffnet sich nach Norden ein weiter Blick, oft mit fernen Kühen und immer mit vereinzelten Kronenbäumen, die dem Kirchblick zum Dorf gut stehen.

Wiesen gen Lichtenow Dorf

Entlang des Fließes wurzeln hochgewachsene Erlen, im Wasser selbst tummeln sich manchmal die eher hochkanten Laufenten beim Bade und sind dann kaum von Watschelenten zu unterscheiden. Gleich dahinter wurde ein Landlust-Traum verwirklicht. Garten und Haus der Alten Schule, jetzt ein Mehrgenerationenhaus, lassen den schweifenden Blick alle paar Meter irgendwo hängenbleiben und bieten Rustikales und Schönes und Naturromantik in Vollkommenheit.

Alleeweg von Lichtenow zum Dorf

Dahinter beginnt links des Weges ein Heckenstreifen, der noch relativ frisch ist und trotzdem seiner Funktion schon gerecht wird. Ein Abstecher ins Dorf passt heute nicht, und so bleiben wir am flüssigen Thema und schwenken zu einer der schönsten Bürgersteig-Passagen weit und breit. Nicht die Straße ist hier die Allee, vielmehr stehen die alten Linden beiderseits des schmalen Asphaltbandes für die Motorlosen.

Goldenes Lamm

Die Querung der Landstraße braucht ein bisschen Geduld. Auf dem Weg zur nächsten Bachbrücke lockt rechts der Gasthof mit seinen Angeboten in Kreideschrift, und obwohl viele noch beim Frühstück sitzen dürften, gestehen wir uns den Hungerast der Nachosterzeit ein und ziehen die Einkehr deutlich vor. Sind ja auch schon mehr als eine Viertelstunde unterwegs. Ein Tisch ist frei, das Interieur steht klar im Zeichen des Schafes.

Schafe im Wiesengrund des Lichtenower Mühlenfließes, Lichtenow

Nach dem Herumsitzen im Rahmen der Energie- und Mineraliengabe sind wir nun erst richtig träge, doch die ersten Ablenkungen gibt es schon nach wenigen Metern in Form der nächsten Bachquerung und der sehr ansehnlich verteilten Schafe, die an diesem sonnigen Tag wahrhaftig schon auf Schattensuche sind. Verständlich, denn noch sind vollständig eingestrickt und können nicht wie unsereins die Jacke etwas lüpfen oder sanftrebellisch die Mütze vom Kopf ziehen. Der Bachlauf zieht schmal durch eine sanfte Wiesenfurche und lässt nichts davon ahnen, wie es an der nächsten Querung aussieht.

Auf dem Alten Bahndamm in Lichtenow

Alter Bahndamm

Nach dem Verlassen der großen Straße wird es schnell still und Pferde bestimmen die Wahrnehmung. An einer der Tafeln des Dorfrundganges wird eine Gedankennotiz in die Tat umgesetzt, der Weg hatte vor zwei Jahren schon mit aller Kraft gelockt. Auf einem alten Bahndamm führt er oberhalb von Pferdeweiden entlang, voraus erhebt sich die eindrucksvolle Ruine eines Speichers, rechts und links werden Pferde bewegt oder bewegen sich selbst.

Bachscharte im Bahndamm mit Stiegen

Im Fuß des Dammes wurzelt eine lange Reihe stattlicher Eichen, die den Weg mit ihren kräftigen Auslegern teils komplett bedachen. Gleich wird die nächste Gedankennotiz abgelegt, für die Zeit mit vollem Laub am Baum, es muss bezaubernd sein. Wo das Mühlenfließ einst eine Bahnbrücke erforderlich machte, ist jetzt eine Art Taldurchbruch entstanden, der diesem kraftvollen Ort mühelos Ehre macht.

Ein knorriges Geländer begleitet ein paar Stufen, während gegenüber schon das pittoreske Pendant zu sehen ist. Ein überaus fotogenes Plätzchen, wie man es wirklich nicht erwartet hätte im platten Hinterland des guten alten Lichtenow. Der Blick von drüben auf die erste Treppe legt dann noch zwei Schippen drauf, wird die Szenerie doch um eine hangständige Doppeleiche ergänzt, die dem Ganzen wirklich Wucht verleiht.

Dammkiefer in großer Geste, Lichtenow

Auf dem nächsten Abschnitt gibt es nun als Dammausstattung auch Buschwerk und eine theatralische Kiefer, bevor die nächste Tafel des Dorfweges den Verdacht auf Bahndamm bestätigt. Das Gleis verband die Lichtenower Ziegelei mit dem weiterführenden Bahnnetz bei Herzfelde.

Gebirgsstiege zum Alten Bahndamm

Nach dem Abbiegen beginnt als schöner Kontrast eine wohltuende Waldpassage, die nach dem Regen der letzten Tage diese Düfte freisetzt, die mit dem Aufblättern des ersten zarten Laubes einhergeht. Noch sind sie selten, die Bienen und die Hummeln. Doch einige trotzen dem kühlen Windhauch, und so summt manchmal schon ein dicker Brummer dicht am Ohr vorbei und lässt schon ganz kurz an den Sommer denken, wo das so ein typisches Geräusch beim dämmrigen Fläzen in der Wiese ist.

Liegendes Sturmholz im Wald

Viele Holzstapel liegen im Wald, die meisten ziemlich frisch, vom Reinemachen nach dem letzten Sturmgeschehen. Manche Stapel duften ätherisch und sind dabei gern klebrig, die Harthölzer hingegen riechen eher nach neugekauften Vollholzmöbeln oder nach gar nichts, und die Robinienstämme zeigen ihren ganz eigenen Duft, wenn man tief und lange einzieht durch die Nase. Hier und da weht eine Brise Waldmeister durch den Wald, woanders sorgen Balsampappeln für vergleichbare Frische und Aromen.

Wiesengrund am Weg nach Kagel

Wegen querliegender Bäume ist der nächste Weg fürs Erste auf das nahe Stoppelfeld verschoben worden, kurz vor dem Mühlenfließ führt er dann wieder zurück. Das hübsche Steinbogenbrücklein mitten im Walde wird derzeit grundlegend erneuert und dürfte noch in diesem Jahr fertig werden. Wer zu Fuß ist, kommt dank einiger Planken trotzdem mit trockenen Schuhen ans andere Ufer.

Gemischter Wald am Mühlenfließ

Diese letzte Querung des Tages ist zugleich auch die letzte mögliche, denn ein paar Bachwindungen weiter landet das von Ruhlsdorf daherkommende Bächlein im Elsensee. Das Wasser wird ein paar Seen weiter an die Löcknitz weitergereicht und landet schließlich in der schönen Spree.

Lichtenower Mühlenfließ im Walde

Nach dem nächsten Waldstück quert eine breite Schneise, die weitgehend von mannshohen Ginsterbüschen ausgefüllt wird. Das muss prächtig aussehen zur Ginsterblüte, und so wird ein weiteres Lesezeichen hinters Ohr geklemmt.

Brücke übers Mühlenfließ

Kagel

Hinter dem nächsten Waldstück folgt, gekleidet in erwachendes Grün, ein verzweigtes Stück Bruchwald, und kurz darauf rückt in greifbarer Ferne der Kirchturm von Kagel in den Blick. Ein schlingernder Pfad, den keine Karte kennt, lockt auf gut Glück quer über die weiten Wiesen, oben drüber haben sich im Laufe des Tages weiße Wolkenberge am blauen Himmel gesammelt. Beides zusammen sorgt dafür, dass man tief atmet, breit grinst und für diesen Augenblick kurz abkoppelt von allem, was da sonst so läuft.

Schneise mit hohem Ginster

Der Pfad funktioniert bis zu den letzten entscheidenden Metern, auf denen im breiten Schilfgürtel ein Wasserlauf gequert wird. Hinter einigen Gärten sind ein Ziegenbock und Schafe über ein verspieltes Gelände voller Holz verteilt, und je länger man dem Blick Zeit lässt, desto mehr Schafe werden es.

Eins von ihnen scheint den Presserummel zu kennen und stellt sich beim Erkennen der Kameralinse umgehend in die entsprechende Pose, wie man es gut von Z-Promis, medialen Selbstvermarktern und kleinen Kindern kennt. Die frontale Halbgrimasse wird über eine halbe Minute stabil gehalten. Ob es auch sein Maul spitzt, ist dem schwarzen Kopf geschuldet nicht zu erkennen. Die weiße Ziege im Hintergrund schüttelt nur augenrollend den Kopf und gibt sich dann weiter dem Schattenbade hin.

Am Bruch vor Kagel

Auf dem Dorfplatz in Kagel gibt es eine Art Dorfgemeinschaftshaus mit schönen Außenanlagen, davor einen großzügigen Dorfplatz mit unzähligen schönen Sitzmöglichkeiten und einem Brunnen, der zur Zeit noch staubt. Das Café, was es hier einmal gab, fehlt ungemein, und so setzen nahezu alle Passanten ihren Weg fort – die ersten cruisenden Biker mit dem breiten Tank als Bauch- und Bartablage, das rege Rudel Radler mit dem nächsten Ziel im Blick, ebenso die ersten offenen Cabrioten mit Fahrtwind-Kaltwelle am Scheitel.

Wiesen vor Kagel mit Querpfad

Auch ein einzelner Vertreter der Dorfjugend fährt vor, lässt die blank gewienerte Simmi mit dem obligatorischen Aufheuler verstummen und wartet, ob aus eins gleich zwei wird oder drei – so wie der Bus manchmal an nie benutzten Endhaltestellen wartet, ob ausgerechnet heute doch ein Fahrgast kommt.

Eine kleine Familie auf der Durchreise hat den netten Spielplatz für sich entdeckt, der Papa fragt uns, ob es hier irgendwo eine Toilette gibt. Kirche, Gemeinschaftshaus – sicherlich, wenn eins davon offen ist. Naja, die Saison beginnt ja bald, doch für heute muss es noch der nächste Busch am Dorfrand tun. Die Simmi springt beim ersten Tritt an, sucht das Weite und hängt noch kurz als Zweitaktduft überm Platz. Obendrüber stellen die ersten Schwalben dieses Jahres nun endgültig sicher, wie es um den Frühling steht.

Holz und Wolle und allerleih rau

Der Weg aus dem Dorf führt über die Straße Am Winkel, die bald schon Am Dudel heißt. Rechts zeigt kurz der Spiegel des Bauernsees sein intensives Blau. Der Fahrweg wechselt von Kopfsteinpflaster auf märkischen Sand, wird begleitet von anspruchslosen gelben Blümchen und rundkronigen Bäumen in allen möglichen Stadien von Blüte und Laub. Das standardmäßig passierende Auto tut seinen Job und staubt in die richtige Richtung.

Weg oberhalb des Bauernsees, Kagel

Entlang eines länglichen Areals rätselhafter Kies- und Sandhaufen zieht sich ein kleiner Waldstreifen, begleitet von einem wonnigen Wiesenweg, der jetzt endlich zum Seeufer führt. Kurz davor macht ein kleiner Pfad neugierig, der vorbei an einem eigenartigen Bungalow hinab zum Seeufer führt.

Der verfallende Bau hat nach vorn eine große Fensteröffnung, darunter zwei ungewöhnliche Rundlöcher, durch die ein Medizinball passen dürfte. Da direkt gegenüber das weiträumige Ensemble der bis heute bedeutenden Sportstätte Kienbaum liegt, hatte es sicherlich damit zu tun. Vielleicht wurde zwischen hier und dort etwas quer über den See gespannt, was für den Bootssport nutzbar war.

Am Liebenberger See gegenüber Kienbaum

Zwischen einem umzäunten Heckenstreifen und der kleinen Steilküste schlängelt sich ein Pfad, der hier und da ein Winden des Oberkörpers oder Einziehen des Kopfes einfordert. Hin und wieder gibt es Stellen unten am Ufer, die im Sommer zum Einstieg taugen sollten. Eine in jeglicher Hinsicht bunt gemischte Traube Leute kommt uns entgegen mit schicken und normalen Angeln sowie klappernden Plastekoffern voller Zubehör. Ausgewichen wird wie auf Bergpfaden üblich, sodass der Absteigende den Vortritt lässt. Derweilen kräuselt der auffrischende Wind die Wasseroberfläche und lässt den Liebenberger See flächig funkeln.

Blick zur Sportstätte in Kienbaum

Jenseits der Landstraße wird es jetzt ein bisschen experimentell, denn es ist nicht gewiss, ob da ein Weg ist und falls ja, ob er gangbar ist. Doch es könnte sich lohnen. An der Schneise noch ist alles trocken, dann wird es schmaler, urwüchsiger und mehr und mehr morastig. Der zerlatschte Boden ist ein gutes Zeichen, die schwarz stehenden Pfützen hingegen verlangen nun kurze, spitze Schritte und etwas Toleranz beim Hinnehmen nasse Füße.

Notdürftiger Steg über den Stöbberbach

Stöbberbach

Ein erstes Rinnsal lässt sich dank ausgelegter Dickäste passabel queren. Kurz dahinter fließt der Stöbberbach auf dem letzten Kilometer seines südgewandten Laufes, kurz bevor er in die Löcknitz mündet. Von einem früheren Besuch ist bekannt, dass eine Querung per beherztem Sprung oder mit Hilfe eines kleinen Steges möglich sein sollte. Der Steg ist weg, sein Geländer jedoch noch da und eine Handvoll vertrauenswürdiger, armdicker Äste wurde quergelegt, so dass wir gut hinüber kommen. Drüben steht eine winzige Blechhütte, eher ein türloser Geräteschuppen, für den man bei starkem Regen sicherlich dankbar ist.

Zartes Blümlein blau

Drüben stoßen wir dann auf ein spätes Leberblümchen, wobei aus meiner Sicht der Name diesem süßen Blümlein nicht gerecht wird. Blaues Buschwindröschen passt da schon eher, auch wenn sich die Experten uneins sind, ob das in Ordnung geht. Na wie auch immer: während sich bevorzugt in Buchenwäldern weiße und seltener auch gelbe Buschwindröschen finden lassen, sind diese blauen Blüten weitaus seltener anzutreffen. Allen dreien gemein ist, dass sie hinreißend im Wind wackeln können und dass sie die Zeit zur Blüte nutzen, bevor sich das Laub die Baumkronen dichtmacht.

Im Wald östlich des Stöbberbaches

Manchmal trifft man auf ein paar mehr dieser zartblauen Sterne, doch was jetzt beginnt, hatten wir so noch nicht. Je länger man schaut, desto mehr werden es und desto dichter stehen sie. Es bleibt auch nicht bei dieser einen Stelle, sondern geht mehr als eine Viertelstunde so weiter, auch abseits vom Bachtal und in wechselnden Waldarten. Es ist wirklich bezaubernd, nicht zuletzt wegen des Kontrastes zwischen dem zarten Farbton und dem allgemeinen Erdton des vorjährigen Laubes.

Zuletzt stellt uns der Stöbberbach auf eine weitere Probe. In der offenen Internet-Karte war ein Querungssteg verzeichnet, doch nachdem der Weg jenseits der Schneise bis zur Unsichtbarkeit ausfranst, stehen wir vor dem munter fließenden Bach, dessen weiche Ufer ein Überspringen ausschließen. Zu unserem Glück hat der Sturm einen dicken Baumstamm so gelegt, dass man mit etwas Geschick ans andere Ufer kommt. Da das mit dem Geschick so eine Sache ist, dient ein kräftiger Ast als Stelze und Stütze, lässt ein trockenes Ende zu. Glück gehabt!

Wiesengrund gen Kagel

Nach ein paar Minuten an der Straße beginnt links eine Wiese, auf der sich gut gehen lässt. Links reicht der Blick weit, noch einmal zur Kirche von Kagel. Nach dem geduldigen Queren der stoßweise verkehrsreichen Bundesstraße beginnt nun ein breiter Alleeweg zwischen hohen Bäumen, der schnurgerade nach Zinndorf führt. Mit Laub in den Kronen ist er erheblich schöner, heute wirkt er noch etwas spröde.

Am Pferdehof bei Lichtenow

Vorbei an einigen Windrädern und mit dem Schlot des Ringofens im Blick ist bald der nächste Wald erreicht, an den sich ein gemütlicher Hof mit vielen verschiedenen Tieren schmiegt. Ein Pfad zweigt einladend in den Wald ab, doch ein Mädchen vom Hof ruft uns zu, dass der dort wieder rauskommt, wo wir herkommen. Ein später Osterhase stellt die Ohren auf, zögert kurz und haut dann in hohen Sätzen ab durch den verkramten Wald – eher wie ein Reh, das sich durchs hohe Korn gemächlich aus dem Staube macht.

Ringofen und Fledermaushotel in Lichtenow

Lichtenow

Etwas Aufmunterung wäre jetzt gut zu gebrauchen, am besten in Form von was Aufgebrühtem. Wir richten uns ein auf einem der Pritschenwagen der ausgestellten Lorenbahn, dessen schwarze Ladefläche die Sonne auf Wohlfühltemperatur gebracht hat. Nach dem Ausschwärmen zur Tanke gibt es nun einen kräftigen Schwarzen, dazu das erste Eis des Jahres unter freiem Himmel. Schräg gegenüber kommt vorabendliches Leben in den bunten Lichtenower Kiez. All das begleitet die Nachtigall vom Buscheck gegenüber, die manchen auf Krawall gekämmten Biketopf ohne Mühe übertönt.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
Regionalbahn oder S-Bahn bis Erkner, dann weiter mit dem Bus (nur Mo-Fr)(ca. 1 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): auf der B 1 (ca. 1 Std.)

Länge der Tour: 15 km (Abkürzungen möglich)(die Tour in der Karte und die Wegpunkte wurden angepasst, so dass Problemstellen vermieden werden und der Spannungsbogen stimmiger ist)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Information zu Lichtenow

Historischer Ringofen

Kleinbahn nach Lichtenow

Historischer Rundgang in Lichtenow

Information zu Kagel

Sportzentrum Kienbaum

Einkehr: Zum goldenen Lamm, Lichtenow
Indisches Restaurant Haweli, Lichtenow
weitere gastronomische Angebote an der Tankstelle
Imbiss im Straußenhof, etwas nördlich von Kagel

Treplin: Der Mühlenpool, die Hundertwundertüte und Tante Magdas Luke

Den schönsten Schneewinter seit langem hat dieser Februar serviert und dann gegen Ende unerwartet eine Konfettibombe dicken Vorfrühlings platzen lassen, die alle Leute auf der Straße für eine knappe Woche hellere Gesichter tragen ließ. Gefühlt waren die fünf Tage zwei Wochen lang und der Frühling also längst schon angekommen.

Im Tal des Mühlenfließes bei Treplin

Alles strömte nach draußen, Leichtigkeit und ein vorübergehendes Vergessen der Situation wurden zelebriert, mit kurzen Hosen, Strohhüten und beschwingtem Schritt. Ein Spaziergang galt nicht mehr als piefig, vielmehr als gelebte Freiheit, und alle Sorten von Menschen begegneten sich außer Haus beim Schritte setzen. Die plötzliche Mützenlosigkeit offenbarte ein regelrechtes Panoptikum notdürftig gezähmter Haarschöpfe nach den langen Zeiten ohne das Friseurhandwerk.

Kastanienallee vor Hohenjesar

In seinen allerletzten Tagen besann sich der Februar, straffte die Gesichtszüge und gab der Realität des Spätwinters die Hauptrolle zurück – auch wenn der März vor der Tür schon leise mit den Füßen trappelte und dies durch tausend Vogelkehlen bekräftigt wurde. Nach unerwartetem Bibbern wurden nochmal dicken Jacken und Handschuhe hervorgeholt, anstelle von Resignation jedoch der Kopf in den Nacken geworfen bei der baldigen Aussicht aufs nächste Kalenderblatt.

Russische Kapelle hinter der Kirche von Hohenjesar

Bei der Planung der passenden Tour für einen Tag zwischen den letzten Frösten und den ersten Bienen rief es auf der Karte von verschiedensten Ecken „Kommt doch zu miiiir!“. Irgendwann hatte sich das Gemüt dann auf die Gegend um Alt Rosenthal und Worin eingependelt. Und rutschte doch immer weiter nach Osten ab, bis schließlich kurz vor der Oder bei Frankfurt alles richtig schien.

Uferpfad am Hohenjesarschen See

Als die Tour schließlich stand und zumindest auf der Karte sehr verheißungsvoll aussah, fiel auf, dass bislang kein Meter davon begangen wurde. Komplettes Neuland ist mit den Jahren selten geworden, so ein reinweißer Fleck durchaus überraschend, und große Neugier war die Folge. Verraten werden darf: es wurde eine exklusive Wundertüte voller schöner Dinge, ganz klar mit dem Zeug zum Klassiker und einem Ruf nach Besuchen zu den anderen Jahreszeiten. Da trifft es sich gut, dass dieser ganz besondere Tag den hundertsten Beitrag hier füllen soll – auf so ein glückliches Zusammentreffen hatte ich leise gehofft, auch wenn die laufende Nummer mit der ersten Doppelnull nur eine Zahl wie alle anderen ist.

Altes Mühlengemäuer unterhalb von Treplin

Treplin

Treplin liegt Luftlinie zehn Kilometer vom Oderstrom entfernt im Lebuser Land, am seitlichen Ausleger eines Seensystems, dass sich zwischen Seelow und der Drahendorfer Spree erstreckt. Diesen Ausleger sieht nur, wer ihn auch sehen will, denn eine nasse Verbindung gibt es in der Tat nicht. Dafür plätschert direkt im Dorf ein richtiger kleiner Dorfbach, wie er häufiger im Sächsischen anzutreffen ist oder dort, wo es eben etwas hügeliger ist. Der hat zwei Ursprünge, schlängelt sich nach dem Zusammentreffen beider Arme nach Herzenslust zwischen den Gärten und Wiesen hindurch und ist mit zunehmendem Gefälle unterwegs ins nächste Tal.

Dorfbach in Treplin

Weiter südlich im Dorf steht die Kirche mit ihrem vergleichsweise neuen Dach auf einer sanften Anhöhe, über ihr lassen große Wolkengebilde nur wenig blau durchscheinen. Auf dem Wirtschaftshof dahinter wartet ein beerenförmiger Erdbeerkiosk mit geschlossenen Augenlidern auf die nahende Saison. Am anderen Ende von Treplin geht es nach dem ersten Bachkontakt und ein paar Minuten Straße bald schon in den Wald, vorbei am Forsthaus sanft hinab ins Tal des Mühlenfließes. Ein paar Forstleute bestücken gut gelaunt die Pritsche ihres kleinen Fahrzeuges. Verwitterte Wegweiser machen neugierig auf Rundwege um den Trepliner See oder zur Mühle.

Kirche von Treplin

Beständig fällt der Weg sanft ab, landet schließlich in einer laubbedeckten Landschaftskerbe. Hier liegt einiges quer, abgestürzte Äste oder ganze dicke Stämme, und ein gewisses Maß Gymnastik ist zu leisten, das gut und gern als Ausdruckstanz durchgehen würde. Unten angekommen liegt in gewisser Breite eine stille Wasserwelt, rechts tönt vom stattlichen Biberdamm ein leises Gurgeln herüber.

Grüner Grund am Dorfrand von Trepllin

Die Grenze zwischen Bruchwald und mäanderndem Bach ist undeutlich, obwohl in dieser Jahreszeit rein gar nichts die Sicht versperrt. Das Wasser liegt mal breit und ruhig, mal kräuselt es in Eile durch eine Enge aus Holz und Steinen, dann wieder gibt es sich verspielt, wählt mehrere Wege zugleich und nutzt die ganze Talsohle aus. Laub und Stämme sind eher noch fahl als klar einer Farbrichtung zuzuordnen. Das unaufgeräumte Waldtal in Verbindung mit den Sonnenstrahlen, die es bis hierher schaffen, lässt an Aufbruch denken, an schöne jahreszeitliche Stimmungen der vorausliegenden Wochen. Bunte Punkte finden sich noch keine am Waldboden, doch das Laub des glänzend lackierten Scharbockskrauts verspricht einen breiten Blütenteppich in absehbarer Zeit. Die letzte Spur der Morgenkälte zwickt ein wenig in den Wangen.

Hohlweg hinab ins Tal des Mühlenfließes

Herrenmühle

Bald erstreckt sich rechts des Weges nasses Grasland, komplett durchtränkt, gleich riesigen Pfützen. Alte Eichen halten in flehender Geste ihre langen Äste darüber, kräftige Stämme liegen weich gebettet und rindenlos und warten auf die nächste Phase ihrer Morschung. Irgendwann reißt der Blickkontakt zum glitzernden Wasser ab, der Bach verkrümelt sich in schilfiges Feuchtland und landet bald schon im Mühlteich der Herrenmühle. Der Weg läuft weiter am Fuße des Hangs entlang, dessen Flanke zum Teil steil aufsteigt, an einer Stelle an einen überwachsenen Burgwall denken lässt.

Mäanderndes Mühlenfließ bei Treplin

Die erste Spur der Nutzung als Mühle ist ein Wehr, das eher zu hören als zu sehen ist. Ein überwachsener Damm lässt einen Pfad durch zu den anderen Teichen, das Wasser fällt vom großen zum kleineren Teich einen knappen halben Meter. Beide liegen noch halb unter Eis. Auch das Hofensemble der Mühle ist zunächst eher zu hören als zu sehen, da ein Hund anschlägt und die nächsten Minuten nicht verstummt. Kein Grund, an den Tafeln des kleinen Lehrpfades vorbeizulaufen, die teils Spannendes über Wasserlauf und Mühle zu berichten haben. Ein genießerischer Blick auf die Hofanlagen ist dann doch nicht drin, da sich die Stimme des Tieres jetzt überschlägt, was man auch von seinem Hin- und Hergerenne sagen könnte. Die Aufgabe wird ganz klar übererfüllt und lässt mit schwerem Schlucken an linderndes Krügerol denken. Schön jedenfalls, als es wieder leise ist im Tal.

Schilder diverse

Ein frischer Wanderwegweiser zeigt nach Lebus, das keine zehn Kilometer entfernt ist. Auch ein Jakobsweg schlägt hier eine Extraschleife, um diese schöne Landschaft mitzunehmen. Kurz darauf kündigt sich voraus ein Landschaftswechsel an, der mit freier Sicht verbunden ist. Erst öffnet sich das Tal nach rechts und geht gehörig in die Breite, großzügig grundiert mit dichtem, winterblondem Schilf. Darüber ist der Himmel nun erheblich blauer, die Sonne trifft öfter die Gesichtshaut und kurbelt damit manches an.

Bruchwald im Talgrund bei der Herrenmühle

Noch bevor auch die Hangflanke zur Linken wiesenoffen wird und sanfter, beginnt eine prachtvolle Allee von Kastanien, die bis ins nächste Dorf reicht, fast einen ganzen Kilometer. Große Bäume und kräftige Stämme mit den typischen Charakterfurchen, und der Weg so ganz leicht mit einem im Tee, nie ganz gerade, einfach zauberhaft. Das muss ein Schauspiel sein im Mai, ein Duft und ein Gesumme.

Mühlteiche der Herrenmühle

Hohenjesar

Der Salomonweg steigt sanft hinauf nach Hohenjesar, das an einigen Stellen nicht ganz klar von Alt Zeschdorf abzugrenzen ist, dem Gegenstück am anderen Ufer dreier Seen. Die Vorgärten liegen so aufgeräumt, wie das für diese Jahreszeit typisch ist, bereit für Rabatten und Blüten und Grünzeug dazwischen. Chrysanthemen und Stiefmütterchen und auch Alium, diesen leicht sphärischen Bommeln am langen Stengel. Auf einer Ecke hält ein betages Häuslein mit letzter Kraft seine Mauern beisammen. Zumindest das Fundament ist für die Ewigkeit gebaut, aus gespaltenen Findlingen und größeren Feldsteinen mit einer lückenlosen Reihe Ziegelsteinen darüber.

Südliches Ende der Kastanienallee

Auf der Wiese direkt davor spielt sich im Stillen ein kleines Spektakel der Sonderklasse ab. Die ganze Wiese ist so voll von Krokussen, dass vom Gras kaum etwas zu sehen ist. Die Krokusse eher so klein wie wilde und trotz Sonne kaum geöffnet, so dass die zeitigen Bienen hier ihre erste Herausforderung finden. So winzig ist die Öffnung ganz an der Spitze, dass es selbst bei den kleinen Wildbienen quietschen dürfte, wenn sie sich da reindrängeln, um beste grüne Energie abzuziehen.

Kastanienallee bei Hohenjesar

Voraus ist die Kirche mit ihren hochliegenden Fenstern zu sehen, eher Lichtscharten. Sie wird sich später als Schlosskirche entpuppen, was auch einige stattliche Pfosten an einer langen Auffahrt erklärt. Auf den ersten Blick scheint das Kirchenschiff nach oben offen, doch in der Tat wurde pragmatisch und wirksam ein pfiffiges Flachdach aus Wellprofilen aufgesetzt, das seine grundlegende Funktion erfüllen sollte. Eine Treppe führt hinauf zum Kirchhof, und die sollte man keinesfalls links liegen lassen.

Krokuswiese vor dem Haus

Wer es bis zum Kirchturm geschafft hat, entdeckt von dort nämlich eine kleine Kapelle, die einem Märchenbuch entsprungen scheint und irgendwie nach Slawen oder Balten aussieht. In der Tat ist ihre Entstehung wenig blumig, doch was sie ein Jahrhundert später ausstrahlt, ist es um so mehr. Hier waren Könner ihres Fachs am Werk. Dem Anschein nach wurden weder ein Nagel noch eine Schraube verwendet, allein Balken und Holzdübel und handwerkliches Können.

Schlosskirche in Hohenjesar

Wer die Umgebindehäuser aus der Oberlausitz und den benachbarten Regionen Tschechiens und Polens kennt, wird sicherlich kurz daran denken. Durch das farbige Fensterglas lässt sich auf Zehenspitzen ein Blick in den Innenraum erhaschen, mit Zitaten an die zurückliegenden Jahreszeiten – Korngarbe und Adventskranz. Draußen beeindruckt das blassgraue Holz, das seit den zurückliegenden Zwanzigern allen Winden und Wettern ausgesetzt war. Wer sich die Zeit nimmt, hat auch am Dach und der Giebelwand so einiges zu kieken.

Russische Kapelle auf dem Kirchhof

Das waren jetzt schon drei große Kaliber – das naturromantische Bachtal mit der Mühle, die herrliche Kastanienallee und die russische Kapelle hinter der Kirche. Für gewöhnlich ist man froh, wenn sich auf einer Tagestour drei solcher sehenswerten Orte aus den Bereichen Natur, Kultur und Wegeschönheit verbinden lassen. Es fällt also beim Verfassen dieses Textes durchaus schwer, den Fuß auf der verbalen Bremse zu lassen.

Bunte Fenster und zurückliegende Jahreszeiten

Von der Kirche führt eine anmutige Straßenkehre hinab auf die Ebene der Seen. Noch ehe die Wasserhöhe erreicht ist, lässt sich über eine urige Stiege direkt zum Ufer abkürzen. Auch diese weite Wasserfläche liegt noch größtenteils unter Eis, das freilich niemanden mehr tragen dürfte, allenfalls besonders zierliche Enten. Zwischen einem breiten Schilfgürtel und dem flachen Wiesenhang beginnt nun ein Uferweg, der nach und nach Fahrt aufnimmt hinsichtlich seiner besonderen Gestalt.

Halbgefrorener Hohenjesarscher See

Zunächst läuft er als leise Trampelspur am Schilf entlang und lässt noch Zweifel offen, ob es überhaupt weitergeht. Eine Weide steht schon unter Saft und konkurriert mit ihrem wogenden Silberschopf gegen das vom Gegenlicht vergoldete Schilf. Nach und nach wird die kleine Flanke steiler und der ufernahe Pfad zu einer Allee, die sich zwischen hochgewachsenen Erlen und auch Pappeln hindurchquetscht. Verengt sich zwischen alten Bäumen zum Slalomkurs und muss Wurzelbuckel übersteigen. Viele der dicken Stämme mit ihrer tief gefurchten Rinde wurden vom Efeu erobert, dessen Stämme teils so dick sind, dass sich darum keine Hand mehr schließen lässt. Trotz Schattenlage fasst sich so ein Stamm warm an, wohl des struppigen Pelzes wegen.

Lichtspiele und Frisuren

Dieser Weg ist kaum länger als eine Drittelstunde, doch allein seinetwegen würde sich die weite Anreise lohnen. Am anderen Ufer ist unter nordischem Wolkenbild Alt Zeschdorf zu sehen, schräg gegenüber die Brücke über den schmalen Damm zwischen den Seeteilen. Im Norden fällt der Blick auf die hanggelegenen Wochenendhäuser und den Zeltplatz. Zwei Enten posieren und poussieren auf dem glitzernden Wasserspiegel – der Frühling ist nah.

Uferpfad bei Hohenjesar

Wer die Abwechslung auch im Kleinen mag, schlägt einen kurzen Bogen durch die Gärten und überwindet dabei ein paar Höhenmeter, der Abstieg kann über eine steile Stiege erfolgen. Zwischen dem Hohenjesarschen See und dem ähnlich großen Aalkasten dürfen Motorlose übers Mühlenfließ, das sich vom Aalkasten bald Richtung Oder wendet und dort auf seinen allerletzten Kilometern noch die Landschaft unterhalb der Lebuser Adonishänge veredelt.

Uferpfad gegenüber von Alt Zeschdorf

An den Wochenendgärten ist noch kaum Betrieb, vielleicht der nachgereichten Kälte wegen. Am Zeltplatz steht beim Seecamp eine Tafel draußen, aufgekreidet stehen Pfannkuchen und Kaffee, doch es sieht nicht aus, als wenn geöffnet wäre. Da die zweite Pause nur ein paar Minuten zurückliegt, gehen wir vernünftig weiter und bereuen es kurz darauf ein bisschen – zum einen wegen des versäumten Genusses, zum anderen wegen der verpassten Chance, etwas Geld hier zu lassen. Beide Probleme haben sich kurz darauf in Luft aufgelöst.

Und nochmal Uferpfad, kurz vor den Hanggärten

Alt Zeschdorf

Im Ort sind nun schon ein paar mehr Bienen unterwegs, vermutlich dank der warmen Hauswände, die auf die Schneeglöckchen und Krokusse in den Vorgärten abstrahlen. Drüben sägt wer was, weiter hinten wird etwas verbrannt. Ein paar Meter voraus sprintet ein Eichhörnchen über die Straße, verschwindet in einem grünen Weg und macht uns neugierig. Leicht abwärts geht es hier zur Badestelle, wo es neben einer großen Wiese auch einen kleinen Strand gibt. Ein breiter Steg ragt in den See hinein und gestattet Blicke übers Wasser und hinüber nach Hohenjesar.

Am Verbinder zum Aalkasten

Auf halber Hanghöhe steht eine Bretterbude, davor plaudern ein paar Leute, wirken eher privat. Doch es gibt ein kleines Kommen und Gehen, und so werden wir wieder neugierig. Beim Näherkommen ist zwischen den Menschen eine Luke zu sehen, drin sitzt eine Frau mit freundlichem Gesicht – und erneut sieht es nach Kinderbuchillustration aus. Wahrhaftig hat hier Tante Magdas Imbiss offen, und das schon den ganzen Winter über, so gut wie jeden Tag. Selbst bei minus sechzehn Grad. Die Kundschaft freut es sehr. Und uns nicht minder, denn eine Einkehr am Weg ist immer am schönsten.

Am Badeplatz in Alt Zeschdorf

Tante Magdas Imbiss

Nach kurzem Plausch mit einem Stammkunden aus dem Dorf wird schnell klar, dass hinter der Scheibe eine gute Seele des Dorfes werkelt. Nach diversen Bestellungen und etwas Geplauder mit der Dame selbst weiß ich, dass sie vom Südrand Polens kommt und hier mit kleiner, feiner Karte eine ansprechende internationale Mischung auf die Teller bringt – polnische Piroggen und Gemüsesuppe, ungarisches Goulasch, dazu Knödelscheiben als Gruß aus Böhmen. Gar nicht zu reden von den süßen Sachen, doch die müssen bis zum nächsten Mal warten. Die Frage, ob wir nach der Suppe wirklich jeder noch eine ganze Portion Goulasch wollen, war nicht unberechtigt. So bleibt für Feines zum Kaffee am Ende wirklich kein Platz mehr.

Frisch geworfenes Lämmchen

Nach mehreren Pendelgängen zwischen Kiosk und Strandbank reißen wir uns los und sind froher also sonst, dass noch ein gutes Stück Weg übrig ist, um schon mal erste Energieeinheiten abzubauen. Von Alt Zeschdorf hinüber nach Hohenjesar führt ebenfalls ein schmaler Damm, der die zwei Teile des Hohenjesarschen Sees ansprechend tailliert. Links am Hang stehen Schafe, dazwischen liegt noch etwas wacklig ein blütenweißes, wolliges Lämmchen, das gerade so alt sein wird, dass die Wolle nicht mehr pappt und die luftgefüllten Locken wärmen können.

Damm zwischen den Seen und den Dörfern

Im kleinen Park werden gerade die Bäume von morschem Geäst befreit, gegenüber sind allerhand Pferde unterwegs. Ein Pfad verlockt in den Rundweg um den Schlosssee, eröffnet wird mit einer enorm dicken Buche. Gleich daneben ist nun endgültig erkennbar, dass der Doppelort ein beliebtes Urlaubsziel sein dürfte, den alle Welt vielleicht längst kennt. Hinter einer Reithalle erstrecken sich elegant in blau gehaltene Stallungen und Arkaden an der Stelle, wo vormals wohl ein Schloss stand. Hier erklärt sich jetzt auch die Auffahrt mit den Pfosten von vorhin, welche das Areal der Hufe direkt mit dem der Kirche verbindet.

Rückblick auf Hohenjesar

Direkt an die Stallungen grenzt ein einladendes Ausflugslokal, gegenüber liegt ein Strändchen. Kurz hinter der Kirche drehen wir ab zum westlichen Dorfrand, von dem sich nochmals ein schönes Dorfbild mit Kirche bietet. Der restliche Weg verlangt nur wenig Konzentration und verläuft anfangs oberhalb der schönen Kastanienallee. Doch erst müssen wir noch einer grölenden Horde Drachen entkommen, die ein weitläufiges Areal von Viehställen bewachen.

Die Wipfel der Kastanienallee vom oberen Weg aus gesehen

Sie kommen in Gestalt dreier muskelbepackter Riesenköter daher, bei denen auf jegliche Art von Fell verzichtet wurde, teils auch auf Farbe, und die äußerlich restlos frei sind von Lieblichkeit. Die einzige Grenze zwischen der Drachenmeute und uns ist ein zweidrahtiger Weidezaun unter Strom, nicht höher als die Stirn des kleinsten der Fabelwesen und nicht dicker als ein Streichholz. Also eher eine sehr theoretische Barriere. Bestärkt von rationalen Argumenten, die wir uns in gedämpftem Tonfall glaubhaft zuraunen, stehlen wir uns im größtmöglichen Abstand an der lärmenden Horde vorbei. Und bleiben ungeschoren. Selten war eingekehrte Ruhe so schön.

Buschiger Weg gen Wald und Mühltal

Um so wohltuender ist nun der meditative Weg zwischen Busch- und Baumwerk, der ganz leicht abwärts führt, die Schritte von selbst geschehen lässt. Kurz nach dem verlockenden Abzweig zur Herrenmühle lässt sich vor dem Waldstück auf die Wiese abzweigen, zuletzt über ein paar bucklige Meter Pfad zum Hohlweg hinab ins Bachtal queren. Gen Norden werden die Reststoppeln der abgemähten Kornfelder von der tiefen Sonne nahezu plüschig beleuchtet.

Kurz vor dem Abstieg in den Wald

Nach etwas Fichtenwald erreichen wir den Talgrund und sehen, wie sich das Wasser im nassen Stoppelland breitmacht. Das späte Licht lässt die prall gefüllten Pollen-Würmchen der Birken erglühen. Kurz vor Schluss wird jetzt noch ein weiterer besonderer Ort hinzugefügt, als wir die zerfallenen Gemäuer der Mühle erreichen, die deren Grundriss anschaulich wiedergeben.

Gekämmte Stoppelfelder

Das Wasser flutet nach einem meterhohen Sturz einen der einstigen Mühlenräume zum steingefassten Schwimmbecken und liegt kurz darauf schon wieder spiegelglatt, als wäre nichts gewesen. Das zottige Gras der Ufer reicht hoch bis zum Rastpavillon und wird gegen Ende der Dämmerung sicherlich ein Eigenleben entwickeln. Hochromantisch ist es hier und etwas mystisch, ein flüchtiger Gedanke an Caspar, David und auch Friedrich flackert auf. Das ist jetzt so eine Situation zum Zeiteinfrieren, zum Festhalten des Moments, damit der Tag nur nicht zu Ende geht.

Am alten Mühlgemäuer bei Treplin

Doch mit einem Mal wird es belebt hier unten. Es ist ja auch eine zauberhafte Zeit, wenn der Tag ausatmet, die Luft im Tal spürbar kühler wird und das letzte Licht in den Baumwipfeln immer höher wandert. Einige Vater-Kind-Gespanne nutzen die Zeit nach dem Abendbrot zum kurzen Ausschwärmen vor der Gutenachtgeschichte, ein Pferd wird nochmal ruhig durchbewegt und zwei verhuschte Radfahrer erreichen ihr Ziel wohl später als gedacht.

Der Trepliner Dorfbach auf dem Weg ins Mühltal

Den Weg hinauf ins Dorf begleiten die verspielten Windungen des Dorfbaches, mal erdig in einer Furche, mal flach in der Wiese oder hübsch steinig inszeniert in einem Garten. Eine eilige Katze sieht zu, dass sie noch einen warmen Ofenplatz abfasst, denn es wird schneller kühl jetzt, auch hier oben. Die Abendamsel empfängt uns mit dem schönsten Lied des Frühlings, die Kirche legt fünf ruhige Schläge dahinter. Auch dieser Tag, er ist schon jetzt Legende.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
Regionalbahn nach Frankfurt/Oder, von dort mit dem Bus (ca. 1,25-1,45 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): über Land auf B1/B5 (ca.1,5-1,75 Std.)

Länge der Tour: ca. 16 km (Abkürzunge vielfach möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Information zu Treplin

Information Hohenjesar/Alt Zeschdorf

MOZ-Artikel zur Russischen Kapelle

Zeitungsartikel zu Tante Magdas Imbiss

Einkehrmöglichkeiten: Tante Magdas Imbiss, an der Badewiese in Alt Zeschdorf
Seecamp am Oderbruch, am Zeltplatz nördlich von Alt Zeschdorf
Gaststätte Am Seeberg, Hohenjesar
Gaststätte Glück auf, Treplin

Bad Freienwalde: Tiefe Furchen, das Quartett der Schanzen und die Meisenahnung

Die Winterferien sind ganz frisch angebrochen, und wenn auch viele Leute nicht das machen können, was sie eigentlich vorhatten, gibt es als großes und linderndes Trostpflaster den ersten dicken Schnee seit langem, fast punktgenau. Am späteren Freitag kamen schwerbeladene Wolken in der Region an und ließen Stadt und Land unter einer der schönsten Spielarten der großflächigen Geräuschdämmung versinken.

Stiege von der Königshöhe hinab ins Kurviertel

Wenn Herz oder Seele aus solchen oder sonen Gründen ihre Leichtigkeit eingebüßt haben, sorgt das nun dafür, dass man die Augen gar nicht von diesem friedlichen und beschwichtigenden Bild lassen möchte, auch wenn schon die Nase am Fensterglas plattgedrückt oder am offenen Fenster kalt wird. Das stille Spektakel mit dem dichten Flockentreiben ist so wunderschön, dass mancher vielleicht vor Rührung glasige Augen bekommt und sich kurz darauf verwundert an die eigene Stirn tippt. Andere nehmen sich bei der Hand, springen die Treppe hinunter und schaffen es, als allererste ihre verschieden großen Sohlenmuster ins unberührte Weiß zu stempeln, selbst mitten in der Innenstadt.

Verschneite Ski-Sprungschanzen in Bad Freienwalde

Auch in diesem recht neuen Jahr gelten die alten Regeln, die teils noch etwas nachgeschärft wurden. In diesem Rahmen spielten die Zahlen 15 und 200 eine Rolle*, wobei die eine aus der anderen resultieren konnte, in der Folge ein weiteres Entfernen vom eigenen Wohnort nicht erwünscht war. Berlin schaffte es gerade so, davon nicht betroffen zu sein, für einige Landkreise in Brandenburg wurde es hingegen kurzzeitig real.

Im Kurviertel

Mal abgesehen vom jüngsten Schnee hielt der Januar schon so einige weiße Tage bereit, die oftmals auf die Wochenenden fielen. So wie der vorangegangene Herbst seinen Namen redlich verdiente, gilt das bisher auch für den Winter. In den letzten Tagen gab es dann zum allerersten Mal diese kräftige und euphorisch stimmende Wintersonne, die sich schon klar nach Februar anfühlt, oft mit Meisensound einhergeht und meist mit dem Entdecken allererster Frühblüher synchron läuft. Gelbe Punkte im weißen Schnee unter blauem Himmel – das lässt so manche und manchen schon anders aus der dicken Kapuze schauen, und das war lange nicht so wichtig wie in diesem Jahr. Denn der Mensch lebt nicht alleine von Tee und Bier und Vitaminobst.

Gestriegelter Blick zurück nach Dannenberg

Da jegliche Verreise-Ferien also ins Wasser gefallen sind, gilt es das Beste aus dem zu machen, was genehm und in der Nähe ist. Das fällt bei aller Wehmut nicht allzu schwer angesichts all der Brandenburger Landschafts-Vielfalt. Die Kunst dabei ist allein, die Kontakte mit der eigenen Spezies ähnlich gering zu halten wie in den ausgesucht einsamen Gegenden zurückliegender Freiluftstage.

Höhenweg im Gebirge, bei Bad Freienwalde

Bad Freienwalde

Dass die Landschaft rund um Bad Freienwalde eine besondere unter den hiesigen ist, wissen wohl die meisten, die öfter mal ausschwärmen – in diesem Sinne aufs Neue ein herzlicher Dank an die jüngste Eiszeit. An Gebirgigkeit braucht sich das durchfurchte Moränenland mit seinen unzähligen Wegen hinter der Märkischen Schweiz in keiner Weise zu verstecken. Hier und da dreht sie in Sachen Relief sogar noch etwas mehr am Zeiger und eröffnet nicht selten Referenzen an die Sächsische Schweiz, den Harz oder den Thüringer Wald, vereinzelt sogar namentlich. Dazu tragen nicht zuletzt die grundverschiedenen und riesigen Villen rund ums Kurviertel bei und auch die steilen und oft überraschenden Stiegen, auf die man überall im Stadtbild trifft.

Am Teufelssee

Mit dem selten gewordenen Schnee im Spiel und den weiten weißen Aussichten kann man sich dort noch viel besser vorgaukeln, ganz woanders zu sein – tief im Winterurlaub, hoch in irgendwelchen Mittelgebirgshöhen mit ihren versunkenen Tälern. Und nicht ein gutes Bahn- oder Autostündchen von Berlin entfernt. Doppelt passend zur weißen Landschaft ist die einzige richtig große Sprungschanze im Land Brandenburg, die noch im Stadtgebiet stehend zum nördlichsten Skisprungzentrum Deutschlands gehört. Und heute einfach umwerfend aussieht, so rechtplatziert wie selten.

Vom Wasser der Alten Oder gespeist wird der Freienwalder Landgraben, der vom Kaliber her selbst als Alte Oder durchgehen würde. Vom Bahnhof kommend überquert man das Wasser und hat vor sich den Marktplatz des Bergstädtchens liegen, ganz oben die Kirche und gleich darüber den Schlossberg mit einem romantischen Ruinlein, dass zu der Handvoll schönster Ausblicke ins Oderbruch gehört. Ein Bengel prügelt sein Mopped am beschaulichen Markt vorbei, damit bei Omi der Milchreis nicht kalt wird. Die Drehzahlen des gequälten Bockes lassen sofort an Zahnarzt und trockene Zahnräder denken.

Am Markt

Beim Bäcker in der Königstraße gibt es die besseren medizinischen Masken im Fünferpack zu einem echt fairen Preis – in manchen Apotheken der Hauptstadt würde man dafür gerade mal zwei Stück bekommen. Damit hat hier niemand eine Ausrede, der mit Stoffhäubchen oder nacktnasig seine Semmeln holen möchte. Ansonsten ist es eben so still hinter den Schaufenstern wie es das gerade überall ist.

Blick zum Aussichtsturm auf dem Galgenberg

Mit Bad Freienwalde ist es wie mit Eberswalde – man meint immer, den Ort ganz gut zu kennen und wird jedes Mal wieder herrlich überrascht. In der Hoffnung auf minimale Kontakte mit aufrecht Gehenden meiden wir die allseits bekannten und immer wieder bezaubernden Spuren, denen man insbesondere nach reichlich Schneefall ansehen kann, wie beliebt sie sind. Heute also nicht das Kurviertel, die Aussichtstürme und das romantische Brunnental oder der Schlosspark und der herrliche Höhenweg nach Falkenberg, zumindest jetzt noch nicht. Das Umkrempeln soll sich lohnen, denn der Tag wird reich sein an besonderen Neuentdeckungen.

Stiegen und Turmspitze am Ziegenberg

Noch gibt es zwischen klassischer Altstadt und Kurviertel diese seltsame, praktische und streitbare Hochbahntrasse, die es in all diesen Eigenschaften und ein paar Nummern größer auch in Halle an der Saale gibt. Nur besteht dort nicht unmittelbar die Gefahr, sich den Kopf zu stoßen, wenn man sie im fröhlichen Hopserlauf unterquert. Dahinter lassen wir die Massen ins pittoreske Kurviertel am Papengrund ziehen und stehen kurz darauf vor der ersten steilen Stiege, zugleich dem ersten von fünf nennenswerten Anstiegen dieses Tages, der es am Ende auf stattliche dreihundert Höhenmeter bringen soll. Direkt neben dem topfebenen Oderbruch.

Höhenweg am Ziegenberg

Ziegenberg

Es ist wahrhaft frostig heute, doch oben sind die Hände warm und der erste Reißverschluss geöffnet. Den Gipfel des Ziegenberges verfehlen wir, weil ein verschneiter Höhenweg lockt und zusätzlich ein ins Bild rückender Villenspitzturm ablenkt. Gegenüber ist auf Augenhöhe der wohlgeformte Aussichtsturm auf dem Galgenberg zu sehen.

Auf unserem verpassten Gipfel steht ein Mahnmal von winkelförmigem Grundriss, das wir uns fürs nächsten Mal aufheben. Beim Abzweig dorthin stürzt sich mit gewisser Dramatik ein Pfad hinab ins nächste Tal, der Traktion und Gleichgewicht herausfordert und manche ungesehene Grimasse hervorbringt. Je kleiner die Wege sind, desto leichter sind sie auch zu übersehen, und da es hier in den Höhen überall immer viele davon gibt, ist es heute besonders hilfreich, den Satellitenempfänger dabei zu haben.

Gemütliche Villa auf der Königshöhe

Königshöhe

Auf der Königshöhe liegen quasi die wirklich exklusiven Wohnlagen, die nicht von den Spaziergängern und Kurenden überlaufen werden und obendrein noch edle Aussicht genießen. Schöne Villen gibt es hier zu sehen, bei vielen gehen Geld, Geschmack und Lebensfreude Hand in Hand. Hinter dem Waldhaus endet die Straße und lässt Spaziergänger auf einer urigen Stiege mit betagtem Metallgeländer ins Kurviertel absteigen. Die Stufen und ihre Abstände sind abseits jeder Euro-Norm, bringen damit Spaß und fordern zugleich etwas Umsicht. Viele Impressionen rufen vor dem geistigen Auge Vergleiche zu anderen schönen Gebirgsregionen auf.

Auf der Königshöhe

Währenddessen hat der dicht bewölkte Himmel aufgeklart, lässt erstes Blau blicken und den Tag etwas heller werden. Der Mühlweiher vor dem blassgelb leuchtenden Haus Papenmühle ist zugefroren, und wie erwartet wird es jetzt kurz ein bisschen voller. Doch schon beim Kurmittelhaus drehen wir wieder ab, schicken kurz einen Handgruß ins Brunnental und überlassen es den anderen. Zwischen mürb-romantischen Villen mit mediterraner Anmutung tauchen wir in den nächsten Talgrund ein, der an einem großen Parkplatz und weitläufigen Sportanlagen endet.

Stiege von der Königshöhe hinab zum Kurviertel

Helmut-Recknagel-Sprungschanze

Und da steht sie dann, noch klein und ganz weit hinten mit ihrem eleganten Schwung – die große, über alles herausragende Sprungschanze mit den drei Geschwisterchen. Vier Kategorien von Wagemut, dem sich hier nach etwas Vorbildung auf den Grund gehen lässt. Ein großer Bogen führt ums Stadion und das leicht ansteigende Ausrollfeld für gleitend Gelandete. Von hier unten lässt sich der Anlage direkt ins Gesicht schauen, die so in Schnee gekleidet doppelt eindrücklich wirken kann, über ihr der zunehmend blaue Himmel. Links kontrastiert als gewundene Spur in Schwarz bereits die lange Treppe aus dem Weiß und verheißt den zweiten steilen Anstieg des Tages.

Kurmittelhaus im Kurviertel, Bad Freienwalde

Die sanfte Ausrollböschung wird von ein paar Handvoll bunter Kinder als extrabreiter Rodelberg benutzt, die quietschvergnügt zur Sache gehen und von ihren Eltern kaum zur Vorsicht gemahnt werden müssen – hier kann wirklich nichts passieren, und sei das Temperament auch noch so ungestüm.

Villa Papenmühle im Papengrund

Am oberen Ende der mehrteiligen Treppe ist das Bild noch einmal ganz anders. Mit Details der Konstruktion im Vordergrund reicht der Blick über die nahen Höhenzüge und darüber hinaus bis weit ins Odervorland und sogar nach Polen.

Mediterran-morbide Akzente am Rand des Kurviertels

Entlang der B 158 und der Siedlung Waldstadt erreichen wir das Ortsausgangsschild, und nach einzwei Minuten ohne Bürgersteig schlüpft gegenüber ein winziger Pfad in den Wald und schafft sogleich Abstand zur schnell befahrenen Straße. Komplett verschneit ist der Wald, der Pfad zeigt auch hier noch eine Menge Spuren und prompt kommen uns zweimal Leute entgegen. Doch das war’s dann für die nächsten knapp drei Stunden.

Ski-Sprungschanzen von unten

Der Weg wird zum breiteren Waldweg. Das ist jetzt direkt wohltuend, denn die schmalen Pfade und das Auf und Ab zeigten schon im Ansatz, dass es spätestens am Folgetag an vielen Stellen miezen wird. Nicht zuletzt werden das neben den erwartbaren Waden und dem Sitzteil die Fußsohlen sein, denn den ganzen Tag auf Schnee unterwegs zu sein ist durch die letzten Jahre ungewohnt, braucht etwas Einwöhnung. Wir kommen durch gipfelkahlen Laubwald, wohnlich dämmrige Fichtenwäldchen und vorbei am klassischen märkischen Kiefernwald, bis sich die Landschaft schließlich öffnet und voraus die ersten Häuser von Dannenberg liegen.

Ski-Sprungschanze von oben

Dannenberg/Mark

Dannenberg gibt zunächst vor, ein pures Straßendorf zu sein. Es riecht nach Kohlen –und Holzheizung, hinten sägt jemand, weiter vorn gönnt jemand dem Elektrohobel keine Atempause. Hinter einer Kurve löst es sich dann zum Angerdorf auf. Unter silbergrauen Wolken hockt die stilgemischte Kirche auf ihrem Hügel, darunter liegt der halbgefrorene Dorfteich mit unzähligen warmweichen Rohrkolben und schönem Angeboten für die längst fällige Pause.

Weg nach Dannenberg

Links von einem der Häuser kommt ein Pärchen mit einem fetten Köter, so einen stämmigen mit nach innen gestellten Pfoten und wenig straffer Haut im Gesicht, auch bekannt als Feindbild von Tom und Jerry. Hat denkbar üble Laune, ist vielleicht kein Freund von Kälte oder Schnee zwischen den Zehen und strafft die Leine kraft seiner guten Traktion, der Vorgang dauert Minuten. Vorn an der Straße geben die beiden auf und sehen den Rückweg zur Haustür behende und in Sekunden erledigt.

Am Dorfteich in Dannenberg

Während der Tee dampft und die Tüte raschelt, reißt der Himmel auf und betont nun jedes kleine Detail der Kirche im schönsten klaren Winterlicht. Eine Meise landet auf einem der Rohrkolben und zupft umgehend nachquellendes Polstermaterial heraus. Über den Häusern ziehen weiße Wolken auf, auch riesig große. Die Kulisse ist zum Seufzen.

Blick von Dannenberg zum nahen Gebirgsland

Am Dorfausgang steht mit filigranem Stützkorsett eine in Weidenmanier geborstene alte Linde, durch die man eine Viertklässler reichen könnte. Noch vor den letzten Häusern beginnt einer von diesen schönen Feldwegen, die von Büschen, kleinen Bäumen und Steinwällen begleitet werden. Hier beginnt nun der langwährende Lohn für die Aufstiege. Fast ohne Gefälle, doch angenehm spürbar senkt sich der Weg ab, es läuft sich gewissermaßen von selbst. Überall im knorrigen Buschwerk huscht es, Spatzenfrüchte sind flink unterwegs und solistische Meisen lassen wissen, dass bald auf März geht.

Klassischer Feldweg bei Dannenberg

Voraus ergeben sich panoramabreite Blicke auf den bewegten Höhenzug zwischen Bad Freienwalde und Falkenberg, davor läuft eine Allee mit jungen Bäumen von Dannenberg nach Cöthen. Zwischendurch schaut diffus die Wintersaat durch die lose Schneedecke, zum nächsten Wäldchen hin sorgt Rapssalat für deutlicheres Grün. Der Rückblick nach Dannenberg stellt die Kirche hinter den weißen Cord der Ackerflächen. Jenseits der Allee ist bald der Wald erreicht, am Weg knallt das Rot polierter Hagebutten ins Auge, und ein kleiner Sattel sieht im Rückblick aus wie ein Strandzugang über ausgewachsene Dünen.

Am Waldrand

Direkt hinter dem Waldeingang stürzt sich abenteuerlich ein winziger Pfad hinab in eine Landschaftsfurche, der sich nur dank zahlreicher Fußspuren als Wegelinie wahrnehmen lässt. Auf der Karte lassen die dichten und wirren Höhenlinien an einen durchgeschüttelten Teller ungarnierter Spaghetti denken. Eine besonders hochkante Fichte steht mitten auf dem Pfad, als hinge sie als buschiger Ast herab. Der Abstieg führt durch Fichtenwald, beruhigt sich erst nach und nach. Unten im Wald ist einiges umgefallen, sodass ein wenig Kletterei von Nöten ist.

Allee nach Dannenberg

Gerade als Zweifel aufkeimt, ob hier irgendwo Anschluss an das offizielle Wegenetz besteht, wird rechts eine Versammlung von Rastgelegenheiten sichtbar. Ein sechskantiger Pavillon mit holzgetäfeltem Fußboden, ein paar Raufen und auch offene Bänke lassen vermuten, dass hier im Walde manchmal kleine Marktereignisse stattfinden.

Vermeintlicher Strandzugang

Kurz wird das trockene Bett des Falkenberggrabens berührt, dann beginnt ein kleines Zickzack bis zum Anschluss an den nächsten großen Weg. Der ist nach beiden Seiten einladend, doch wir müssen das schwindende Tageslicht im Blick behalten. Bis hierhin hielt der Abwärtstrend, jetzt kommt der Ausgleich. Moderat, doch beständig steigen wir hinauf bis zum nächsten gemütlichen Rastpavillon und kommen nun in die Region, wo mit mehr Publikum zu rechnen ist. Der Specht lässt seine drei klassischen Geräusche hören, die nie aus derselben Richtung kommen.

Steiler Pfad hinab in die Täler

Hier treffen sich mehrere Wege, doch nur einer von ihnen verschwindet steil und gewagt in einer tief eingeschnittenen Furche, die mit all dem Schnee überhaupt nicht nach einem Weg aussieht. Doch neben dem GPS-Track überzeugt auch die eindeutige Wandermarkierung, wobei letzte Zweifel bleiben. Auch hier liegt einiges quer und ist der Struktur der Furche gemäß nun schwerer zu umgehen, da man stets wieder in die spitzwinklige Mitte rutscht. Doch auch das gelingt ohne Hosenbodenlandung.

Rastplatz im Walde

Unten stößt der Weg auf eine von unzähligen Sohlen zerwühlte Wegkehre und führt gleich wieder etwas hinauf. Die Sonne steht schon tief und beleuchtet warm die höchsten Wipfel der Kiefern am jenseitigen Hang. Manchmal öffnen sich astige Sichtfenster in die Weite des Oderbruchs. Der sagenhaft schöne Weg ist ganz zu Recht so abgelatscht, denn er ist ein wahrer Klassiker. In weiten Bögen und engen Kehren verläuft er auf etwa selber Höhe und quert dabei zahlreiche Nebentäler, wie man das sehr schön auch vom mittleren Polenztal in der Sächsischen Schweiz kennt. Oder zahlreichen anderen Mittelgebirgen und Schweizen im Land. Hier aber gibt es das Ganze mit nur zweistelligen Höhenwerten, doch kein bisschen schwächer in der Perfomance. Mittlerweile wurde der Weg als „Märkischer Bergwanderpark“ in gutes Marketing gekleidet, was er absolut verdient.

Fußweg durch die schmale Scharte

Ein paar Kehren später folgt die nächste Hütte, diesmal im kleinen Format, doch nicht weniger gemütlich und natürlich ebenfalls holzgefliest. Kurz darauf folgt der Abzweig, der den Abstieg zum Teufelssee einleitet. Der ist schön, allseits bekannt und daher gut besucht, doch hier kommen uns die späte Stunde und das knappe Licht zu Gute. Gegenüber wird gerodelt, rechts ein Hund ausgeführt, und das passierende Wandertrio hinter uns diskutiert gerade, wer heut Abend kocht und was und ob ohne oder mit.

Wegkehre mit hohem Bekanntheitsgrad

Teufelssee

Der kleine See in seinem Kessel gibt nun die Bühne frei für verschiedene Entenepisoden. Das angematschte Eis erschwert auch den erfahrensten Schnabelleuten die Einschätzung, wo Watscheln endet und Schwimmen anfängt, der Übergang wird oft vom Durchsacken der Beine bestimmt, was keine der Enten richtig witzig findet. Eine resolute Dame jagt stets laut zeternd von der einen offenen Stelle zu der anderen, ein stilles Pärchen schwimmt hintereinander durch eine freigeschwommene, bürzelbreite Spur. Eine Entendame schaut kurz, ob wir ihr was mitgebracht haben, doch leider sind wir gänzlich unvorbereitet und sie wackelt wieder ab. Die kleine Insel mit ihren zwei Bäumen interessiert gerade gar niemanden.

Letztes Licht in den Wipfeln überm Teufelssee

Fast schon duster liegt der See hier unten, doch ganz hinten schafft es noch die späte Sonne über den Berg und taucht die Wipfel in ihr Gold. Der Bach fließt munter Richtung Mühle, hinter der rund um die Lindenquelle großflächig Wasser aus dem Boden tritt. Ein letzter Blick fällt noch ins weite Oderbruch, bevor es Zeit wird, das Essen zu bestellen – in einer guten halben Stunde wollen wir vor Ort sein, dann schon im Laternenlicht.

Blick auf die Stadt von der Aussichtsplattform überm Schloss

Vorher steht noch ein letzter Aufstieg an, das passt schlecht zu den verbliebenen Kraftreserven, doch insofern gut, dass es jetzt spürbar kälter ist. Ein direkter Aufstieg führt durch den Saugrund. Die dicke Schneedecke ist völlig unversehrt, was ein bisschen verunsichert und den Weg zunächst übersehen ließ. Oben sind die Hände wieder warm, die Landschaft öffnet sich nach links. Ein schöner Aussichtspunkt will locken, doch heute geht nix mehr. Außerdem zieht die Vorfreude auf warmes Essen intensiv Richtung Stadtmitte.

Schloss im Licht der blauen Stunde

Der Dr.-Max-Kienitz-Lehrpfad wird zunehmend zur Furche und endet an einem Wohnviertel in der höheren Lage eines Nebentals. Von hier führen Wege direkt in den Schlosspark, die derzeit leider gesperrt sind. Ansonsten kann man sich in dem wilden und bewegten Park noch diversen kleinen Auf- und Abstiegen hingeben, vor allem aber die Aussichtsplattform mit ihrer dramatisch posierenden Eiche erklimmen. Von dort liegt einem die Stadt und alles drumherum zu Füßen.

Bad Freienwalde am Abend

Die ist jetzt schon von den Lichtpunkten der Fenster und Straßenlaternen durchzogen. Am Schloss zeichnet eine Lichterkette das Balkonrund nach. Der modelhübsche Turm auf dem Ziegenberg ist dezent beleuchtet, was entgegen gewisser Logik die allerletzte Sonne sein könnte oder eben ein figurbetonender Scheinwerfer, dessen Unterhaltung die Stadt spendiert. Vom Land zwischen Oder und Oder tönen ferne Kranichhorden. Über dem warmen Licht der Altstadt-Laternen wölbt sich blass das Himmelszelt der blauen Stunde und verleiht der filigranen Kirchturmspitze absolute Schärfe.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
von Berlin-Gesundbrunnen mit Regionalbahn, umsteigen in Eberswalde (ca. 1-1,25 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): B 158 nach Bad Freienwalde (ca. 1-1,25 Std.)

Länge der Tour: 19 km (Abkürzungen vielfältig möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Bad Freienwalde

Märkischer Bergwanderpark

Papengrundschanzen

Turm-Diplom Bad Freienwalde

Einkehr: div. Möglichkeiten im Stadtgebiet

*) Ab einem Inzidenzwert von 200 darf sich derzeit in Brandenburg und Berlin nicht mehr als 15 Kilometer von der Stadt- bzw. Ortsgrenze entfernt werden – ausdrücklich auch nicht für Bewegung an der frischen Luft.

Karlshof: Weiße Luft, knirschende Kronen und die verschiedenen Wasserleute

Der erste Sonnabend im neuen Jahr fällt mit zwoeinszoweins auf ein Datum, das klingt wie ein Mikrophon-Check und sich zugleich bestens für Vermählungen empfiehlt. Mit dem Blick nach vorne werden insbesondere Liebespaare solche sommerfernen Termine geblockt haben, die sich vorrangig zueinander bekennen wollen und dabei wenig Wert auf superlative Feste, langwierig ertüftelte Tischordnungen oder monatelange Vorbereitungen mit erheblicher Unruhe für alle Beteiligten wünschen. Ferner sollte eine Hochzeit mit farbenfrohen Kleidern in weißer Landschaftskulisse einzigartige Hochzeitsfotos garantieren.

Oderstrand am Fähranleger

Aus praktisch-diplomatischer Sicht kommt noch hinzu, dass weder die herrische Erbtante noch lose Freunde aus weit zurückliegenden Zeiten ernsthaft verstimmt sein können, wenn sie beim Verschicken der Einladungen nicht bedacht wurden – die Limitierung der Gästeschaft ist ja ganz klar äußerlich bedingt und quasi gesetzlich geregelt. Einem schönen, persönlichen und unvergesslichen Fest steht damit nichts im Wege, und mit etwas Glück in Termin- und Ämterfragen könnte es sogar noch klappen, wenn man sich erst knappe dreizehn Tage vorher zu diesem Schritt entschieden haben sollte.

Neukarlshof an einem klaren Wintertag

Davon abgesehen ist das neue Jahr relativ unauffällig angelaufen, hat wie vorhergesagt den ersten Schnee gebracht in Stadt und Land und in direkter Folge viele herzige Szenen von Kindern und Eltern beim gemeinsamen Schneemannbau. Alle Augen sind in jeder Hinsicht nach vorne gerichtet, Hoffnungen und Ängste kabbeln dabei nach wie vor miteinander, und eine der wenigen verlässlichen Konstanten dieser Welt bildet wie stets der Umfang des Tageslichtes, der nun seit einigen Tagen erkennbar zunimmt.

Neptun in Gesellschaft

Wer sich durch schöne Landschaft bewegen will, sucht also besser nach wie vor die Einsamkeit. Diese gibt es zum Beispiel reichlich und in topfebener Weite im Oderbruch, welches mit seiner östlichen Lage zugleich den Vorteil bietet, dass man dem Winter ein Stück entgegenreisen kann. Vielleicht einen weißgepuderten Acker trifft oder eine unter den Schritten knirschende Deichkrone. Viele vereinzelte Dörfer wurden hier einst verwürfelt, die getrennt oder verbunden werden durch kleine und etwas größere Deiche.

Deichweg entlang der Güstebieser Alten Oder

Karlshof

Eins davon ist Karlshof, das nur zwei Dörfer entfernt liegt von Zollbrücke, dem Ort mit den Ziegen, dem herrlichen Theater und dem Gasthof am Deichsiel, das im Binnenland bestimmt nicht so heißt. Von hier bieten sich mehrere Möglichkeiten zum Oderstrom zu gelangen, und gleich zwei davon finden auf alten Deichen mit stoppligen Kronen statt, die insbesondere nach nassen Tagen eine grundlegende Beweglichkeit in den Fußknöcheln fordern. Die Vielfalt der Wege gestattet Spontaneität und Gelassenheit beim Planen des Wegverlaufes, der endgültig erst im Straßendorf Güstebieser Loose festzulegen ist, bereits auf dem Rückweg.

Deich bei Karlshof

Die Anfahrt, ganz gleich ob mit dem Bus oder auf eigenen Rädern, vermittelt insbesondere bei winterlicher Landschaft den Eindruck, sich durch die südlichsten Gegenden Skandinaviens zu bewegen, sei es nun das schwedische Schonen oder eine der großen Ostinseln des Königreiches Dänemark. Weite Blicke über erdschwarze Äcker, Baumreihen und Kopfweiden, versteckte Naturweiher mit struppigem Schilfgürtel. Und zwischendurch immer mal wieder ein ausladendes Gehöft, eine verfallende Scheune oder ein Dorf. All das im Bereich der Abstufungen zwischen trübem Weiß, fahlem Braun und Scherenschnittschwarz, doch durchs diesige Wetter durch und durch unscharf und damit eine stete Herausforderung für den Autofokus beiderseits der Nase.

Neukarlshof

Kurz vor dem Ort führt eine Brücke über die Güstebieser Alte Oder, einen zaghaften Nebenarm, der trödelig seinem launigen Verlauf frönt und in Wriezen schließlich auf die breitere Alte Oder trifft. Vor der Brücke sitzt in quietschorange ein Angler, was nicht einleuchtet und bald durch das Schild Treibjagd und weitere textile Farbschreie zwischen anderen Büschen erklärt wird.

Einer wie der andere Jäger schaut durchgefroren und ähnlich trüb drein wie der aktuelle Himmel, eine halbe Stunde später sehen wir dann den Grund. Anscheinend ist was durchgesickert vom Termin der Jagd, denn weit hinten auf dem nächsten Acker haben sich erstaunlich viele Rehe versammelt, vermutlich genau außerhalb der Reichweite einer herkömmlichen Flinte und scheinbar kreuzfidel. Mit kitzesfreudigen Bocksprüngen und Fangespielen vertreiben sie sich dort die Zeit, bis schließlich mit staubig-kaltem Messing-Timbre die Tonfolge des Halali ertönt. Nach dem sollte kein Schießeisen mehr entsichert sein, und selbst ein kess grinsender Rehbock im übermütigen Hopserlauf kann dann gefahrlos an jedwedem Jäger vorbeispringen.

Kreuzfidele Rehe auf dem sicheren Acker

Vielleicht war auch alles völlig anders, es ging eigentlich um den Fuchs und der hatte an diesem Tage etwas anderes vor. Uns kommt das Ende der Jagd jedenfalls sehr entgegen, denn so können wir die altgewohnte Richtung einschlagen, die vom Spannungsbogen her deutlich geeigneter ist. Erst verschlungen auf archaischen Deichen zur Oder, dann rückzu wahlweise direkt oder mit Extrabogen. Die leuchtgelbe Hülle ziehen wir dennoch über den Rucksack, damit eine Unterscheidung zum Haarwild jedem Schützen auch nach zwei Jägermeister noch möglich ist.

Zugegebenermaßen ist der Weg von Karlshof zur Oder ein alter Klassiker, woraus sich auch der Erfahrungswert vom Vorschuss auf den Winter erklärt. Wenn es in Brandenburg kalt ist, ist es hier ganz besonders kalt. Wer das nicht weiß und etwas Pech hat, kann durchaus einen unentspannten Tag erleben. Und auch wer gut gerüstet anreist, wird die Pausen nicht allzu sehr ausufern lassen.

Steg über die Güstebieser Alte Oder

Neukarlshof

Gleich am Rand des kleinen Dorfes mit der historischen Glocke in der Mitte lässt sich zusteigen auf den ersten Deich, der zugleich den direkten Weg ins benachbarte Neukarlshof darstellt. Das ist mit Schneeknirschen unter den Sohlen und weiter weißer Sicht nach Norden bald erreicht. Die schnurgerade Reihe von jahrhundertalten Doppelhäusern erscheint wie die Blaupause für eine historische Reportage übers Oderbruch, die von herbeigeholten Siedlern erzählt und von der Trockenlegung und Nutzbarmachung, dem Fritzeswort von der im Frieden gewonnen Provinz und alldem. Oder auch vom Aufbruch und Wiederaufbau nach dem letzten großen Krieg, mit wettergegerbten Landmännern und vorwärtsgewandten Kopftuchfrauen auf knatternden Traktoren.

Güstebieser Alte Oder

Mittlerweile sind die meisten der Häuser und Gärten in liebevollen Händen. Nur ein paar wenige noch bzw. deren Skelette warten auf Leute mit zwei rechten Händen und dem passenden Werkzeug, etwas übrigem Kleingeld und der belastbaren Lust auf solch ein jahrefüllendes Projekt.

Etwas abgeschlagen liegt noch ein einzelner Hof, und hier besteht dank eines kleinen Steges die Möglichkeit, auf den jenseitigen Deich zu wechseln. Auf dem kurzen Weg dorthin liegt ein Nadelwäldchen, das auf einem bemoosten Stumpf zwei bequeme Sitzplätze und dank der Tieferlegung sogar Windschutz bietet. Wir sind zwar keine halbe Stunde unterwegs, doch diesen perfekten Pausenplatz muss man einfach erkennen, auch wenn er etwas zeitig kommt.

Der andere Deich bei Karlsbiese

Der zweite Deich hier scheint nun etwas höher, zeigt links ein Naturprogramm mit Blick auf die Bögen des gemächlich fließenden Trans-Oder-Wassers und die begleitenden Schilffelder, rechts wechselnde Dorfbilder von Kerstenbruch, Neulewin und Karlsbiese mit eingestreuten Bewegt-Motiven in Gestalt von Radfahrern und Spaziergängern. Das Schwarz-Weiß der Großkulisse passt hervorragend zu den dargebotenen stillen Gemälden.

Einzelnes Gehöft im weiten Oderbruch

Ab und an queren Feldwege und auf ihnen vereinzelte Personen mit meist sportlichen Motiven, was wohl auf den festtagsbedingten Block von freien Tagen zurückzuführen ist, ansonsten eher die Ausnahme. In den deichständigen, hochgewachsenen Weiden hängen ausladende Knäuel von Misteln, die ein gewisses Eigenleben vermitteln. Ganz oben am Himmel werden nach und nach die letzten blassblauen Fenster zugezogen.

Deichweg bei Güstebieser Loose

Viele der kleinen Hochstände am Deich sind welk geworden und einfach an Ort und Stelle umgeknickt. An einzelnen windgeschützten Stellen scheint kurz die blassgrüne Wiesennarbe durch, die an diesem Tage regelrecht knallig wirkt. Und schon gleich wieder vergessen ist, angesichts des flächendeckenden Sprenkelweißes allumher. Kurz noch spielt die hochstehende Sonne mit der dichten Wolkendecke und sorgt für grauglitzernde Pastellimpressionen, um schon ein paar Dutzend Schritte später dem Diffusen die Bühne zu überlassen, mehr und mehr.

Wegweiser zur Sehenswürdigkeit

Erst werden die Horizonte unscharf, dann bricht erster Dunst den Rest des Lichtes und nach und nach verdichtet sich das Ganze zu regelrechtem Nebel, dämpft die Landschaft fürs Auge und fürs Ohr. Nur das Allernächste ist noch klar zu sehen, so zum Beispiel ein Wirtschaftshof mit einem großen Stapel alter Fenster, die verschiedenste Formen haben und sicherlich alle ihre Abnehmer finden werden im Verlauf der Jahre. Der Deich quert halbgefrorene Wassergräben und kleine Scharten, bewegt sich auch darüber hinaus nie auf genau derselben Höhe.

Weidenpark im nixenlosen Winterschlaf

Güstebieser Loose

Nur ein paar Minuten später weist ein halbwegs kurioses Schild links zum Weiden- und Nixenpark, der zuallererst natürlich die Frage aufwirft, aus welchem Blickwinkel Weiden und Nixen in eine gemeinsame Kategorie fallen können. Der Gedankenzweig, dass Weiden auch eine Form von Fabelwesen sein könnten, erübrigt sich sogleich, denn die krautige Fläche zwischen Deich und Wasser wird besiedelt von wortwörtlich verwurzelten Weidenzelten, die so groß sind, dass in ihrer Mitte ein Mensch mitsamt Bommel- oder Zipfelmütze aufrecht stehen kann.

Falls in den lebenden Zelten außerhalb der Touristen-Saison die Nixen wohnen, haben diese anmutigen Gestalten sich vor der Kälte ins fließende Wasser verzogen. So wollen wir sie nicht in Verlegenheit bringen, belassen es dabei und erklimmen erneut den Deich. Vielleicht treffen wir sie ja später bei Neptun, auch wenn beide wohl zu ganz unterschiedlichen Welten gehören. Doch mit dem Wasser zumindest haben alle maßgeblich zu tun.

Polnisches Dorf jenseits der Oder

Oderdeich

Kurz vor dem großen Oderdeich endet der Weg an der kleinen Landstraße. Hier befindet sich zwischen allerhand Informationstafeln eine Rastraufe für Durchreisende, dort ein großer Parkplatz, der auf die Nähe der internationalen Fährverbindung hinweist. Gleich hinterm Deich beginnt eine andere Welt, die wieder etwas nordisch wirkt und an küstenvorgelagerte Salzwiesen oder die Überflutungsflächen eines dem Meere zustrebenden Flusses erinnert. Die Sicht reicht so kurz, dass manchmal im Unklaren bleibt, ob gerade wirklich die große Krone eines Baumes zu erahnen ist oder nur das Auge erfolgreich seine Interpretation ans Gehirn verkauft hat. Zumindest die unzähligen Gänse sind klar zu hören, wenn auch nie zu sehen. Passend dazu tränken große und kleine Pfützen sichtbar das ohnehin feuchte Land, das bereits zu den Oderauen zählt.

Klarsicht aufs polnische Fährdorf

Zum Flussufer selbst ist es noch ein knapper Kilometer auf der Straße, deren Nebel alle paar Minuten von ein paar Scheinwerfern durchbrochen wird. Wäre die Sicht klar und der Wind gegenwärtig, würde man hier mit Sicherheit gehörig frösteln. So tappt man durch die eigene Bewegung wohltemperiert gen Polen und steht schon bald vor einer aus daumendicken Eisenplatten geschnitzten Darstellung von Neptun. Der rauschebärtige Scherenschnitt schaut von einer kleinen Anhöhe über den Oderlauf, auch wenn er gerade gar nichts sehen kann. Seine zweidimensionale Darstellung wird erweitert von zwei rumstromernden Bengels, die mit ihren Rädern hier und da hin rollen und schauen, ob irgendwo mehr los ist als wo sie gerade sind.

Neptun am Oderstrand

Gozdowice (Güstebiese)

Noch ein paar Schritte sind es bis zum Fähranleger. Kurz vor dem Ufer wird die Straße zur Schräge, die leicht überfroren und daher mit Vorsicht zu genießen ist. Zwar ist das Oderwasser klar und geruchlos, doch ein ungeplantes Winterbad kann sich schnell zu größeren Unannehmlichkeiten auswachsen. Leute kommen und gehen, manche packen ihre Angeln aus und wollen länger bleiben, andere fahren bis auf den letzten möglichen Meter ans Ufer, schreiten mit verschränkten Händen auf dem Rücken den verbliebenen Schritt und eilen sogleich wieder zurück ins geheizte Blechkleid.

Oderstrand am Fähranleger

Der Blick hinüber zum einstigen Luftkurort Güstebiese erlaubt gerade noch so das Erkennen der ufernahen Häuser und des Fährschiffes, das im vergangenen Jahr wegen ständig wechselnder Bedingungen und Unklarheiten eine Pause einlegen musste. Ein paar Minuten später ist gar nichts mehr zu sehen vom Nachbarland, und selbst am hiesigen Ufer reicht die Sicht nur bis zum nächsten Büschel Schilf. Entgegen allen Erwartungen fährt Neptun zu Füßen ein richtiger Linienbus vor und ist schon bald wieder verschwunden.

Oderfjord der Güstebieser Alten Oder

Nach einer Uferpause neben dem leisen Plätschern einer ufernahen Mini-Schnelle erhält Neptun die ausstehende Aufwartung. Für das Verlassen des Hügels wäre jetzt ein Schlitten oder eine olle Tüte gut. Doch letztlich geht es auch auf den eigenen Sohlen, die auf dem überschneiten Gras ein bisschen die Balance herausfordern und unten bei erreichter Endgeschwindigkeit ein paar Verzögerungstapser einfordern.

Oderfjord unter Klarsicht vom Großen Deich aus

Auf dem Weg zurück zum Oderdeich treffen wir auf den ersten Schneemann dieses Winters, der eine beachtliche Schulterhöhe zeigt, ähnlich der eines Dreikäsehochs. Zwei große und zwei kleine Hände haben das kühle Kerlchen soeben frisch vollendet, und ihnen ist mit geringsten Mitteln ein regelrecht vergnügtes Gesicht gelungen. Die Wiese drumherum ist vollständig freigelegt, was nochmal zeigt, wie perfekt der Schnee für die Erschaffung ist.

Auwiesen zwischen Oder und Deich

Ein kurzer Abstecher zu einem kleinen Oderfjord in den Auwiesen endet an einer amtlich versperrten Brücke, doch der Blick über die schilfumrandete Wasserfläche ist in beide Richtungen möglich. Vorn am Rastplatz ist gerade ein regelrechtes Getümmel, in dessen Konsequenz sich Menschen in vier verschiedene Richtung entfernen. Kurz nach dem Queren der Güstebieser Alten Oder lockt nun schon der nächste kleine Deich, und so entscheiden wir schon vor Erreichen von Güstebieser Loose für die kurze und stille Variante des verbleibenden Weges – die Sicht reicht ohnehin nicht weit, und was heute schon geboten wurde, ist absolut in Ordnung.

Hoch über den Wolken ziehen immer wieder große Formationen von Kranichen zwischen Lager- und Futterplätzen hin und her, in der nebligen Hälfte der Tour auch große Gänsescharen. Hierbei bleibt unklar, ob es sich um eine riesige Eins handelt oder doch nur um eine Kleinfamilie, denn drei Gänse können nahezu genauso vielstimmig und laut krakeelen wie ein ganzer Flugverband.

Wir werden überholt von einem flinken Paar, dem Stöcke zur Vierbeinigkeit verhelfen. Das ist hilfreich, denn auf den Deichwegen liegt unterm Schnee noch feuchtes Laub, das das Prinzip der Gleitfähigkeit jeweils vervielfacht und unsere Schritte aller Eleganz beraubt. Manchmal will der aufrechte Gang eben verdient sein.

Unterwegs nach Neukarlshof

Güstebieser Loose

Auch hier im Dorf gibt es eine Bushaltestelle und selbstverständlich ein Hochhaus, das aus den Zeiten der LPGs stammen dürfte. Auch der bunte Zaun davor ist noch im Originalzustand. Vorm Friedhöfchen biegt links der Weg nach Neukarlshof ab, der nun auf schwarzem Schotterzeug verläuft und eindrücklich mit der verschneiten Landschaft kontrastiert. Aus dem Nebelnichts taucht ein einzelnes Gehöft auf. Noch ein paar weitere folgen, bis schließlich die markante Häuserreihe von Neukarlshof an Farbkraft gewinnt.

Nicht retuschiertes Neukarlshof auf dem Rückweg

Neukarlshof

Wer nicht gerne Wege doppelt läuft und auch nicht über den Steg von vorhin zum anderen Deich wechseln will, kann jetzt einfach auf der Straße unterhalb des Deiches bleiben, die ebenso direkt nach Karlshof führt und dabei festen Tritt und schnellen Schritt ermöglicht. Vom Jägerneon ist nichts mehr zu sehen, die Tiere auf dem Boden können sich also wieder ihrem regulären Tagewerk widmen. Eine Etage höher lässt sich die Wintermeise nicht vom dichten Nebel stören und schickt euphorisch ihr Gepiepse in den Äther.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
Regionalbahn über Strausberg oder Werneuchen, dann per Bus (mehrere Umstiege)(ca. 2,5-3 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): über Land (B 158, B 168) über Werneuchen und Wriezen (ca. 1,25-1,5 Std.)

Länge der Tour: ca. 12 km (Varianten und Erweiterungen gut möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Fähre Güstebieser Loose (Fährzeiten)

Informationen zu Nixen und Nixern

Weiden- und Nixenpark

Einkehr: keine Einkehrmöglichkeiten

Altlandsberg: Goldene Zacken, spätes Tassenglück und das erkannte Blümchen

Dieser Herbst spielt auf der ganz großen Orgel, mit vollem Registerwerk. Nicht laut, aber vollmundig, nicht plakativ, doch aus vollem Herzen. Es ist ein Fest für die meisten der Sinne, die dem Menschen gegeben wurden, und man kommt mit dem Genießen dieser wochenlangen Darbietung kaum hinterher. Wer hier schon öfter las wird wissen, dass der Herbst ein hohes Ansehen genießt und womöglich auf bereits bekannte Strophen eines Hoheliedes treffen. Gegebenenfalls sind also nur ein paar Absätze zu überspringen – genauso gut kann jedoch lauthals eingestimmt werden.

Kurz vor dem Erpewald

Erstaunlich ist in diesem Jahr, wie allgegenwärtig noch die Farbe Grün ist. Im Unterschied zu den vorangegangenen Herbsten waren zudem nur wenige Zugformationen am Himmel zu beobachten – entweder die großen Flügelschwinger haben sich schon vorher im Stillen auf die Reise begeben oder sie wissen, dass noch ausreichend Zeit bleibt vor dem Wechsel in die wärmeren Gefilde.

An der Kirche

Überall auf dem Boden finden sich nun reichlich Materialien für farbenfrohe Basteleien, lassen sich auf einem kurzen Spaziergang ganze Händevoll gefallener Blätter sammeln, deren nicht ein einziges die Farbe eines anderen haben muss. Dazu eher Dreidimensionales, das nach dem Holzbohrer verlangt, dem denkbar unschuldigsten und allerersten aller Werkzeuge, das sogar den Weg in kleinste Kinderhände findet. Eicheln lassen sich hervorragend mit Bucheckerhüllen in Schale schmeißen, Kastanien verleihen ausgedienten Streichhölzern einen längerfristigen Sinn und die Bucheckern selbst ergeben in der leergewohnten Streichholzschachtel ein schönes Zeug zum Rasseln. Als letzter Schliff lässt sich die Schachtel selbst mit ledrigem Laub tapezieren und an die nächstliegende Oma verschenken, die dann versonnen rasseln kann, wenn wieder Stille herrscht im Hause.

Allee zum Reiterhof

Auf den Feldern und im Wald huschen neben ein paar bummelletzten Lerchen noch hier und da die Finken herum und steuern die verbliebenen niedlichen Geräusche aus der Vogelecke bei. Was sonst aus Schnäbeln tönt, ist eher holzig, klagend oder leicht rabiat und übernimmt von Woche zu Woche mehr die Geräuschkulisse unter freiem Himmel. In bestimmten Gegenden dominieren natürlich die Gänse- und Kranichscharen, die dem Fernreisen abgeschworen haben und so die winterliche Stille untergraben.

Marktplatz Altlandsberg

Die gerne indianisch benannte Mischung aus Altweibersommer und Goldenem Herbst findet also in diesem Jahre sehr genüsslich statt, und so läuft dauerstaunend durch die Gegend, wer einen Sinn dafür hat und in die richtige Landschaft gereist ist. Die größten Spektakel zwischen kupferbraun und golden, leuchtendgelb und dem Rot von Blutorangen finden entgegen mancher Erwartung nicht im Walde statt, sowohl im Mittelgebirge als auch hier im flachen Land. Linden, Ahorne und Eichen lassen sich ebenso gut in offenen Landschaften mit langen Alleen bewundern, die zum Teil kilometerweit zu sehen sind und unter den wandernden Lichtflecken der perforierten Wolkendecke regelrecht zum Leben erwachen. Was eben noch nach nichts aussah, kann im nächsten Augenblick zur Göttlichkeit erstrahlen und bis zum Zücken der Linse längst wieder im grauen Jäckchen überm Boden hocken. Es heißt also wortwörtlich, den Augenblick zu genießen.

Schlossgut Altlandsberg mit Schlosskirche

Alleen haben häufig mit Ortschaften und offenem Land zu tun, und solches findet sich oft schon in geringer Entfernung von der nächsten Stadt, sogar wenn diese ziemlich groß ist. Solche Stadtrandtouren tragen meist einen besonderen Charme, weil die Natur mit spröden Elementen und eher pragmatischen Bauwerken der Infrastruktur durchmischt ist, häufig auch mit punktuellem Lärm oder Gestank. Umso erstaunlicher war es am beschriebenen Tag, dass laute Schnellstraßen und große Gewerbehallen, rauchende Schlote und riesige Strommasten kaum im Gedächtnis blieben, da es so viel im Kleinen zu entdecken gab. Überraschend waren auch die Menge an schönen Pfaden und der geringe Anteil an hartem Belag unter der Sohle.

An der östlichen Stadtmauer

Altlandsberg

Das schöne Ackerbürgerstädtchen wurde schon vor einigen Jahren besungen, fast zur selben Zeit im Jahr, doch eher allgemein. Das regelmäßige Wiederkehren ist in diesen Jahren auch deswegen spannend, weil das Schlossgut rund um die Kirche nicht in einer Hauruck-Aktion saniert wird, sondern behutsam Schritt für Schritt. Die Veränderungen und Fortschritte lassen sich daher bestens verfolgen, und dank guter Planung und Geschmack wird das Ensemble mit jedem vorbeigewehten Jahr etwas schöner, findet nach und nach zur Vollständigkeit zurück. Vom Markt ausgehend ist das verschiedenartig gepflasterte Gelände in ein paar Minuten erreicht, und es sollte stets ein Extra-Viertelstündchen eingeplant werden, um die Veränderungen zu beschauen oder Bekanntes neu zu entdecken.

In diesem Jahr ist es die Parkanlage westlich von Schlosskirche und Brennerei, vor Kurzem noch eine wilde und krautige Fläche ohne erkennbare Struktur. Jetzt sorgen zwei Alleechen und die erkennbare Form des Bassins für erste Gestaltbildung, die Phantasie kann in dichterischer Freiheit ergänzen, wie es am Ende einmal aussehen könnte. Vielleicht ja schon im nächsten Jahr?

Am Obstgarten

Für eine Umrundung der Altstadt entlang der Stadtmauer sollte eigentlich bei jedem Besuch des Städtchens Zeit bleiben, zumal hier jede Jahreszeit ihren Reiz hat und die halbe Stunde schon aufgrund ihrer Kürze kaum langweilig werden kann, von der Schönheit des stillen Weges gar nicht zu reden. Goldene Teppiche von kollektiv abgestürztem Laub wechseln ab mit spiegelglatten Pfützen, die den durchwachsenen Himmel zerrfrei auf den Boden holen.

Weg am Erpebruch

Bei jeder Umrundung lockte unweit des Berliner Torturmes ein Weg, der nun endlich entdeckt werden darf. Die urige Erweiterung entlang der wilden Erpe bietet wonnige Pfade, eine begehbare Streuobstwiese und den durchfeuchteten Bruchwald des Baches, der nach dem wiederholten Regen der letzten Wochen recht lebendig fließt. Ein rührendes Rastbänkchen wird von rotem Weinlaub eingerahmt, ein anderes setzt sich im warmen Licht einer Wegkurve in Szene und ein bunter Schilderbaum bietet Bausteine für den Tag an. Im dichten nassen Wald flattert es stimmlos hin und her. Quer über die Wiese oder wenige Meter hoch zu den Garagen verbinden Schleichwege die Naturkulisse mit jener der Stadt.

Fahrradhof

Die Erpe sorgt für einen kleinen wilden Streifen entlang ihrer Uferlinie, den auch die Landstraße nicht unterbrechen kann. Nach dem Warten auf eine Verkehrslücke und ein paar Straßenschildern ist man gleich wieder in der satten Natur und trotzdem meternah am Rande der Bebauung, das schließt sich hier nicht aus. Der Blick wird frei für eine der dramatischsten Fallstufen der Erpe, die hier über mehrere Meter regelrecht ins Strudeln kommt, dahinter dann in einem Teich mit Insel kurz verschnaufen kann von so viel Aufregung.

Pfad hinter der Kaufhalle

Hier quert ein Weg, der einmal Bahndamm war, ganz unverkennbar. Läuft bald zum Pfad ein und schleicht direkt hinter den Zäunen lang. Selbst Durchfahrenden dürfte in Altlandsberg die hohe Brandmauer voller Fahrräder aufgefallen sein, die zu einem Fahrradladen gehört, der auch aus der Vogelperspektive bestens zu erkennen ist. Unten wird gerade gefachsimpelt, Räder werden hin- und hergeschoben, Termine und Optionen verhandelt, mit einem Ton von leiser Wichtigkeit im hinteren Teil des Satzes. Mädels und Jungs in Blaumännern oder freizeitlicher Wochenendgarderobe tummeln sich zwischen stinknormalen, hochtechnischen und saucoolen Zweirädern, mit dem Merkmal erforderlicher Pedalkraft als kleinstem gemeinsamen Nenner.

Entlang der Erpewiesen nach Süden

Wer nicht nach links schaut und damit vorbei an Baubrachen und Gewerbe-Parkplätzen, kann sich tief in der Botanik wähnen, die sich gen Süden hin erstreckt. Dafür sorgt maßgeblich der Wiesengrund, eine fein umgesetzte Mischung aus Bruchwald, Wiesengrund und Erpewasser. Eine Handvoll Schritte erlauben den Wechsel vom Weg direkt zur Wiese, auf der noch manches Blümchen seine knickrige Blüte in den Himmel reckt und damit manche Biene aus der späten Reserve lockt. Vorn bei den Häusern ist jemand tüchtig mit einem nölenden Gartengerät beschäftigt.

Ziegen am anderen Ufer

Hinter den letzten Gärten beginnt dann ein stets leicht geschwungener Weg, der den Bachgrund der Erpe im Blick behält. Die schon bekannten Ziegen am jenseitigen Ufer ragen auch heute wieder mit der oberen Hälfte aus dem Grase, blicken eine Zeitlang fast synchron in unsere Richtung, beenden das ebenso synchron und rupfen weiter an den struppigen Grasbüscheln zu ihren Hufen.

Bank auf dem Kamm

Etwa auf dieser Höhe steht rechts des Weges ein Bäumchen, das eigentlich ein aus dem Ruder gelaufener Busch ist. Das Pfaffenhütchen hat nicht nur lustig umhüllte Früchte von markanter Form, sondern fährt im Herbst mit seiner Laubfärbung ein kleines Spektakel auf, das erst nach kurzem Augenausschütteln klar zwischen Laub, Früchten und deren Hüllen unterscheiden lässt. Orange, karminrosa, ein Spektrum an Rottönen – alles dabei. Verbunden durch ein besonders zähes Holz, das ein wenig den fast vergessenen Namen Spindelstrauch erklärt. Auch hochwertige Holzkohle lässt sich daraus herstellen. Und der ganze Stolz des männlichen Teilnehmers der Tour war es natürlich, diese hochgewachsene Blume wiedererkannt zu haben.

Reiterinnen und Farbtöne

Kurz vor dem Unterqueren der schnellen Landstraße sorgt erneut das Schild des Fernwanderweges E 11 für Erstaunen, denn die Vorstellung, gerade ein Stück des Weges vom südholländischen Nordseestrand zu den polnischen Masuren zurückzulegen, lässt einen für ein kurzes Stück eher schreiten als schlurfen. Gleich dahinter sorgt eine Rastbank für eine ganz andere Körperhaltung, liegt sie doch auf einer steil zu erklimmenden Anhöhe am Rand eines weiten Ackers. Umtost vom Lärm der Straße und frei von jeglichem Windschutz ist sie zwar nur bedingt gemütlich, dennoch verlockt schlicht die kühne Lage zu einer Pause. Noch weniger lässig gerät die Körperhaltung dann beim Abstieg, denn das kurze Gefälle ist steil und die offene Erde noch leicht klamm vom letzten Regen. Diese Pause wird im Gedächtnis bleiben.

Licht durch Laub

Auf dem abgeschiedenen Feldweg mit seinen Schlaglöchern und Pfützen passieren in kurzem Abstand zwei muskelbepackte Fahrzeuge mit Fokus auf dem Timbre hinterm Endschalldämpfer, was an dieser Stelle leicht surreal wirkt. Erst ein breitschultriger Pickup mit grollendem Vielzylinder, dann ein im selben Mattschwarz gehaltener Chopper mit sonorem Klang, obenauf ein einschlägig in Leder eingeschlagener Bauchpfleger mit Stahlhelm, die schweren Arme an den Lenkerenden festgehakt. Vielleicht zahlen ja beide Beiträge beim selben Verein, der mit der Ladefläche holt gerade neues Bier und der mit dem Sozius freut sich schon bald drüber.

Pfad nach Fredersdorf

Wiesengrund

Bei den Häusern von Wiesengrund strömt Duft aus einem kleinen Bruch, das wiederum von der Erpe gespeist wird. Die schlägt hier einen hübschen Bogen durch die Wiese, an dessen Ende fast schon Elisenhof erreicht ist.

Grünstreifen in Fredersdorf Nord

Elisenhof

Jetzt nimmt der Verkehr mit einem Male zu, fast alle zwei Minuten kommt ein Auto von vorn oder von hinten, und jedes davon ist eindeutig rot. Vielleicht ja ein anderer Verein, vielleicht das, was von den traditionsreichen Elisenhofer Rotkutschern übrig geblieben ist. Weitere Gedanken in dieser Richtung werden von extrawürziger Stallluft verweht, die dem Rückenwind geschuldet auch nach Verlassen des Weilers noch erhalten bleibt. Die Enten waren gerade die Kühe besuchen, dem Anschein nach ausgedehnter, während die Schweine sich visuell im Hintergrund halten, duftlich hingegen die Wahrnehmung bestimmen.

Grünstreifen in Fredersdorf Nord

Das folgende Wäldchen zeigt sich talentiert im Darstellen großen und vielfältigen Waldes – gemischter Bestand, verschiedene Landschaftsformen und sogar randständiger Ginster sind nur einige der dargebotenen Disziplinen. Den nächsten breiten Weg teilen wir uns kurz mit zwei Mädels zu Pferde, die Mädels in mehreren Grau-Schattierungen, die Pferde in braun-weiß und beide Paare jeweils verschieden hoch. Es passt in diesen farbenfrohen Tag. In der anderen Blickrichtung hat sich ein Sonnenstrahl bis zum Waldboden durchgearbeitet und bringt kurz vor dem Ziel gerade einen Zweig gezackten Eichenlaubs zum Leuchten.

Kleiner Stadtpark

Entlang eines winzigen Erpezuflusses zieht sich ein Pfad am Rand der weiten Wiese entlang, setzt sich bald fort im efeudurchrankten Wald, der ein wenig an einen vergessenen Schlosspark erinnert. Ein paar umgemorschte Bäume sind zu übersteigen, auch zeugt eine gut ausgebaute, hüfthohe Asthütte von den zurückliegenden Ferienwochen und kleinen Abenteuern auch ohne lange Reise.

Zwischen den Wohnvierteln wurde ein breiter Wiesenstreifen gelassen, der vor ein paar Wochen sicherlich noch vom Gezirpe später Grillen beschallt wurde. Jetzt liegt er warm im tiefen Licht der Sonne, wenn die Wolken sich kurz öffnen, und hier und da ziehen auf den entstandenen Trampelpfaden Spaziergänger von da nach dort oder der Länge nach hindurch. Vom benachbarten Schilfteich hört man bestens unterhaltene Enten, oben am Himmel kreisen ein paar gelangweilte Raben.

Feldweg nach Wolfshagen

Fredersdorf-Nord

Der schnurgerade Weg entlang der Hauptstraße hält eine goldene Brezel fest im Blick, weiter hinten den Preisaushang einer erleuchteten Tankstelle. Ein Käffchen wäre schön, doch der Bäcker hat schon zu, die Tanke ist zu weit weg, also wird das auf später vertagt. Das war gut entschieden, denn bald schon queren wir einen kleinen Platz, der lose mit Bäumen bestanden ist und viel luftige Fläche für schöne Freizeitsachen anbietet. Darunter auch eine Menge Rastbänke, auf denen wir jetzt den Rucksack leerfuttern und den letzten Tee vor dem Erkalten bewahren.

Grün und Braun

Hinter dem letzten Haus beginnen unmittelbar die fein gekämmten Felder, getrennt nur durch einen tänzelnden Pfad. Voraus hängen schwer Hochspannungsleitungen zwischen ihren Masten und ganz hinten werden die aufgebauschten Kronen einer Allee in regelmäßigen Abständen an- und ausgeknipst, in der vorhin beschriebenen Art. Zwei Piepmätze stieben vom Wegesrand auf, jagen kurz umeinander und wittern Gefahr durch die zwei aufrecht gehenden Gestalten. Lassen sich fallen in die braune Ackerkrume und verschmelzen umgehend mit den ersten zarten Halmen der Wintersaat. Grünfinkentarnung vom Feinsten – erdbrauner Rücken, grüne Vorderseite.

Rübenhaupt

Hinter dem nächsten Querweg wächst anderes im Boden. Beim letzten Besuch vor ein paar Jahren lag frisch geerntet ein kleines Gebirgsmassiv aus steinharten und bleischweren Zuckerrüben am Wegesrand, hoch wie ein Haus und vermutlich ebenso schwer. Heute stecken die massigen Früchte noch im Boden, mit reichlich Blattwerk obendran, und jeder, der Geschichten mag, wird wissen, wie schwer es ist, solch Rübchen zu entwurzeln. Also versuchen wir es gar nicht erst und staunen nur darüber, was im Erdreich so wachsen und gedeihen kann.

Altlandsberg in naher Ferne

Beim Blick nach Westen setzt sich alles von Altlandsberg in Szene, was oben rausguckt, davor tun dies auf Augenhöhe die bunten Wipfel einer dieser oktoberbunten Alleen, die der Stadt zustreben. Diese hier hat sogar einen Radweg nebenbei, auf dem uns in den nächsten Minuten ausschließlich griesgrämige Gesichter entgegenkommen, vielleicht dem mittelforschen Gegenwind geschuldet. Nach dem Abbiegen in Wolfshagen findet das Leid ein Ende. Der Weg führt nach Waldkante, so zumindest meint ein Schild.

Altbekannte alte Weiden bei Waldkante

Wolfshagen

Bei den sagenhaften Kopfweiden, die dreistellige Jahreszahlen auf dem Buckel haben müssen und zum Teil schon mehrfach auseinandergerissen sind, laufen vor uns zwei Leute mit einem Hund, der ähnlich alt sein muss. Mit zusammengebissenen Kiefern läuft er immer einen Rübenwurf weit, lässt dann schwer den Hintern auf den Boden sacken, leicht verschränkt, da nicht ein Hinterbein wie’s andere läuft. Macht kurz Pause, bevor er das massige Hinterteil ebenso verschränkt wieder auf Reisehöhe hievt. Das geht nur noch mit Hilfe des Schwanzes, der mittlerweile ähnlich kräftig wie ein vollwertiges Drittbein ist. Wehzutun scheint ihm nichts, nur anstrengend ist es eben, und er kennt die Runde und ihre unabänderliche Länge. Der kleine Treck aus Frau- und Herrchen und noch einem zweiten Hund schlurft wohl genau im richtigen Tempo. Und wie auch immer: man möchte den Hut ziehen vor dem tapferen Kerl.

Allee zum Reiterhof

Vor einem länglichen Geteich, dessen Durchfluss die Landschaft hier geprägt hat, lässt sich mit einem Doppelschwenk die Einsamkeit wiedererlangen. Von der urigen Allee mit ganz großen und ganz kleinen Bäumen und allerhand Strauchwerk als Füllwerk wird im Norden wieder wechselndes Allee-Licht geboten, im Süden eine dunkle Wolkenfront, die einiges später noch etwas Regen bringen soll. Und jetzt einen herrlich pastellblauen Kontrast zur sonnenwarmen Landschaft abgibt. Fast ein halbes Stündchen lässt sich dieser Weg genießen, mit viel Laub am Baum und auch schon raschelfreudig auf dem Boden.

Schönes Fahrzeug im Vordergrund

Beim Reiterhof ist grad nix los. Die paar Pferde, die draußen stehen, stehen einfach nur draußen, alle parallel ausgerichtet und etwas abwesend, wie Bluesfans bei einem übergeholfenen Kurs für Formationstanz. Warten vermutlich auf rosa Pferdemädchen, toughe Stadtfrauen in eleganten Reiterstiefeln oder sonstige Klischees, vielleicht aber einfach nur auf etwas Zuwendung vom hiesigen Hegepersonal.

Auch uns ist nach etwas Zuwendung, und so streben wir mit leicht erhöhter Schrittzahl in Richtung Einkehr an der Stadtmauer, zu Füßen des Strausberger Torturms. Unterwegs bringt ein kleiner Kutschwagen mit stämmigem Zugpferd davor den übersichtlichen Verkehr der Kaffeestunde in halbminutenlangen Verzug. Doch alle lächeln, keiner ist genervt, zuallerletzt das Pferd mit seinen extracoolen Schlaghosen.

Stadtmauer Ost im schönsten Licht

Bald folgt der Abzweig zu diesem Weg entlang der Stadtmauer, einem der schönsten aller Wege, den man sich gern mal ins Gedächtnis ruft, wenn gerade irgendein Ärger stattgefunden hat. Der kann hervorragend mit dem Sonnenstand spielen, mit den Farben und den Schatten. Und dann gibt es Kürbissuppe mit Kürbiskernen und auch anderes, was nicht partout zum Thema Herbst passen muss. Den Kaffee lassen wir auch hier aus – der soll uns auf dem Heimweg finden oder eben nicht.

Stadtmauerweg am Bächlein

Ein bisschen Mauerrunde ist noch übrig, perfekt als Verdauungströdelei. Alte Bäume stehen am Dammweg zwischen Mauerbächlein und den klammen Wiesen, jeweils flüchtend vom Weg in den kleinen Böschungen des Dammes. Weiter hinten mussten viele davon weichen, zum Teil ist der Grund ersichtlich im verbliebenen Stumpf, zum Teil nicht, zumindest nicht für Laien. Bis zuletzt setzt sich das Licht im Blätterwerk in Szene.

Am Torturm riskieren wir einen raschen Blick nach links und sehen wahrhaftig, dass die Eisdiele noch offen hat, noch kein Saisonschluss war. Hier nun findet uns der Kaffee, ergänzt um eine Kugel Eis. Die Schlange ist rasch abgearbeitet, jegliches Trinkgeld wird wie immer mit einem trötenden Quietscheschwein quittiert, was eine geniale Idee ist.

Die legendäre Vorstadteisdiele ein paar Tage vor Saisonschluss

In den Gassen der Altstadt strahlt noch manches Rot aus den Gärten. Wieder fallen die schlau ins Pflaster verbauten Abflussrinnen aus glasierter Keramik auf, die typisch sind für dieses Städtchen. Von der Kirche übern Marktplatz zieht eine Handvoll Leute zum Italiener, dem mit dem Gewölbe, hinter ihnen lange Schatten.

Auf dem hübschen Platz mit Plätscher-Brunnen und Laternen und kleiner Stadtinformation im Telefonzellen-Format werden altbekannte Lebensweisheiten und neueste Neuigkeiten ausgetauscht, nicht hinter vorgehaltener Hand und auch nicht eben leise. Der Wind hält sanft dagegen, fegt lakenbreites loses Laub zusammen und jagt es raschelnd übers sonnengoldne Pflaster.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin): mit der S-Bahn bis Hoppegarten, dann weiter mit dem Bus (ca. 1 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): auf der Landsberger Allee stadtauswärts über Hönow (ca. 0,75 Std.)

Länge der Tour: ca. 16,5 km (Abkürzungen sehr gut möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Tourismus Altlandsberg

Seite des Heimatvereins mit vielfältigen Informationen zur Stadt

Schlossgut und Tourist-Information (auch Brauerei/Brennerei)

Traditionsreiche Eisdiele Altlandsberg (geöffnet Mitte März-Mitte Okt.)

Einkehr:
Armenhaus Altlandsberg (am Storchenturm; gute Küche, gemütliches Gewölbe)
Mühle Altlandsberg (an der Umfahrungsstraße; gute Küche, gemütlich)
La Dolce Vita (italienische Küche im Kellergewölbe; bisher nicht besucht)

In eigener Sache/Rehfelde: Fünf Kerzen, ein Steinhaufen und die olle Kamelle

Der Monat mit dem kürzesten Namen läuft auf vollen Touren und vervielfacht das sichtbare Volumen aller grünen Blätter und Blättchen im Dreitagestakt, immer und immer wieder. Das heißt nicht, dass wärmende Kopfbedeckungen oder Übergangsjacken schon im schrankdunklen Sommerlager gelandet sind, denn er zeigt sich kühl, der Mai. Das hält viele Blüten lange frisch, die in anderen Jahren schon längst verblüht waren, verlängert dadurch die Gegenwart zahlreicher Düfte des mittleren Frühlings und sorgt für selten erlebte Duftmischungen, z. B. aus Maiglöckchen, Flieder und Apfelblüten, unterstützt von den ersten Heckenrosen.

Schmettausche Feldsteinpyramide in Garzau

Während die Grillen von dieser frostigen Schulter kaum beeindruckt sind und sommerlaut über die Wiesen tönen, tippen sich die vor Wochen eingetroffenen Mauersegler kopfschüttelnd an die Stirn und halten sich fürs Erste bedeckt. Dementsprechend ist eines der Geräusche des gesamten Sommers fürs Erste wieder verstummt, was schließlich zum Stand des Quecksilbers passt. Außerordentlich in diesem Mai sind die üppigen Wolkenbilder, die speziell an den Wochenendtagen gemeinsam mit dem Schattenspiel der Sonne für barocke, sehr dreidimensionale Himmelsgemälde sorgen. Öfter als gewöhnlich klickt der Auslöser, denn selbst wenn kein rechtes Motiv da ist, sind da die Wolken und rechtfertigen jeden dieser Schnappschüsse.

Ganz nebenbei und fern alles Superlativen erinnerte mich ein Blick in alte Kalender daran, dass vor genau fünf Jahren der Wegesammler seinen ersten Bericht in die Welt warf und schon ein bisschen gespannt war, ob das irgendwen außer der Hauptadressatin interessieren würde. Zunächst einmal war es schön, dass die ganze Geschichte in einer komplett neuen Materie rein technisch überhaupt funktionierte, Text und Bilder angezeigt wurden und die noch in Windeln liegende URL von jeder Stelle aufzurufen war. Die Zugriffszahlen lagen zu dieser Zeit geradeso im einstelligen Bereich, und auch das war an sich schon erfreulich.

Blick auf den Gipfel

Seit 2015 hat sich die Übersichtskarte nun erfreulich gefüllt und die Zahl der Beiträge kratzt an der neunzig. Zu den Zugriffszahlen lässt sich sagen, dass es bereits nach einigen Wochen täglich welche gab, was ein weiterer Grund zur Freude war. Für die Weiterverbreitung kamen neben der Mund-zu-Mund-Variante aus einem kleinen Kreis heraus bald schon kleine orangene Pappkärtchen mit QR-Code ins Spiel, die per Reißzwecke an sinnvollen Orten blieben. Und bald von Aufklebern abgelöst wurden. Etwas später kamen noch Bierdeckel hinzu, die an überdachten Rastbänken abgelegt gleich mehrere Formen von Sinn erfüllen – zum Beispiel die empfindlichen Tischflächen vor Kratzern durch verbeulte Trinkflaschen zu bewahren.

Weg von Zinndorf nach Werder

Zwischendurch gab es erfreuliche Episoden in Print- und Funkmedien, die letztlich mitverursachten, dass ein zentrales Fernziel schneller als gedacht Form annahm: im März letzten Jahres erschien im geschätzten be.bra verlag ein richtiges Buch, ein wunderschönes noch dazu, das gleichermaßen für den gemütlichen Sessel oder den bequemen Schuh taugt. Jedesmal, wenn ich es in die Hand nehme, durchströmt mich eine warme Mischung aus Freude und Ehrfurcht, die an Intensität nicht verliert.

Bahndamm in Rehfelde

Nicht zuletzt im wohlwollenden Rückblick auf diese Zeit der ersten Schritte im neuen Medium passte es gut zur Jahreszeit, eine liebe alte Tour der ersten Stunde aus der Schublade zu kramen, etwas daran rumzufeilen und vor Ort zu schauen, was noch gleich war und was sich verändert hatte – fünf Lenze später. Noch dazu kam die erste Möglichkeit seit Monaten, die Bequemlichkeiten eines Gasthauses zu genießen und in diesem Rahmen sogar frischen Spargel zu verschmausen, der doch auch in diese Zeit gehört. Wer sich noch erinnert: es ging um eine Herzensfreundin und einen faustsprengenden Blumenstrauß, davon abgesehen auch damals schon um Spargel, gesungene Töne und Lilien. Obwohl es nur eine Woche früher spielte, sah die Natur so völlig anders aus, war der Raps noch nicht verblüht, dafür das klassische Kornrandbunt bereits komplett.

Zustieg zum Gipfel des Rock

Rehfelde

Die neu frisierte und etwas nach Norden hin aufgepumpte Runde beginnt diesmal nicht in Werder an der gepflanzten Riesen-Lilie, sondern direkt am frisch renovierten Bahnhof Rehfelde, wo ein schöner Rastplatz direkt zur ersten Pause verleitet. Doch die Berge locken, die geschlossene Schranke lässt noch den Zug nach Berlin durch und schon kurz darauf sind am grünenden Hang eines Walles die ersten Mohnblumen zu entdecken, direkt neben der dunkelsten Variante des violetten Flieders.

Mohn auf den Wiesen

Hinter den letzten Häusern erhebt sich voraus das flächige Plateau des Fuchsberges, der als Erhebung mit bloßem Auge kaum wahrzunehmen ist – anders als weitere Berge dieses Tages. Der Fuchs im Übrigen spielt als Namensgeber in Rehfelde an vielen Stellen eine Rolle – vielleicht fände sich in der Heimatstube eine passende Erklärung dazu. Das Rehfelder Wappen jedenfalls erwähnt ihn nicht, beschränkt sich auf das namensgebende Huftier mit dem guten Sprungvermögen.

Gipfelkreuz

Jenseits der stillen Landstraße zieht ein beruhigender Weg in die Weite, die sich zwischen dem Mühlenfließ und dem Dorf Rehfelde mit dem Klumsberg ausdehnt. Links spielen größere Flächen orangenen Mohns und die allerersten Kornblumen mit den Farbkontrasten und werden vom kühlen Wind in Bewegung gehalten, deren Charakter an Absinthgenuss denken lässt. Auf der anderen Seite des Weges steht die klassische Feldrandmischung aus Rot, Blau, Weiß und Gelb bereit, schützendem Korn sei Dank weniger durchgeschüttelt.

Weg am Mühlenfließgrund und Vergleichsbild zum gelblastigen oberen Bildschirmrand

The Rock

Auch dieses Mal wollen wir uns nicht das Gipfelglück entgehen lassen und erklimmen auf einem der bequemen Aufstiege den höchsten Punkt des namenlosen Berges, der von unten gesehen an den aufsehenerregenden und tief hängenden Wolkenbändern zu kratzen scheint. Das Gipfelkreuz befindet sich in Gesellschaft einer Handvoll grundverschiedener Steinbrocken, auf denen sich gut pausieren lässt. Unten vom dichten Wald reiht eine Nachtigall ihre Strophen so laut, als würde sie gegen das ruppige Dauerrauschen einer Autobahn ansingen. Doch rauschen hier nur die Wipfel der Bäume, so intensiv, wie es sonst eher Küstenwälder tun.

Ginster im Walde

Da heute der erste Tag ist, wo Gaststätten wieder Kundschaft empfangen dürfen, war eine Reservierung angebracht, ist somit ein Termin zu beachten. Die Zeit sitzt recht bequem im Nacken, noch ist ein dickes Polster übrig. Dennoch drängen Vorfreude und Hunger, die Pause hier nur kurz zu halten. Daher belassen wir es beim Vernunftschluck und dem Genießen der Aussicht zur Rüdersdorfer Skyline, die heute also gänzlich ohne Gelb auskommen muss. Das gilt auch für die Stelle, die seit fünf Jahren und auf Wunsch einer einzelnen Dame die Leser am oberen Rand des Bildschirms empfängt – und heute völlig anders aussieht, abgesehen vom Wegweiserschild und den charakteristischen Schlängeln des Weges. Links im Wäldchen blüht ausufernd der Ginster und tröstet mit etwas Ausgleichs-Gelb im kräftigsten Dotterton.

Blick in die Wiesen am Mühlenfließ

Bereits am Bahnhof hatte sich ein Lieder-Stein ins Bild geschoben, der erste in einer langen Reihe, die entlang des Liederweges bis nach Werder reicht. Die unverwüstlichen Granitsäulen mit den Metalltafeln sehen aus, als wären sie erst vorgestern installiert worden, und auch dieses Mal summt es lautlos oder leise in Kehle, Kopf und Brustkorb oder fast nur in Gedanken. Angesichts der vollständig verzeichneten Liedtexte kommt man sogar weit über die titelgebende Zeile hinaus, staunt manchmal, welcher Vers aus jenem Lied stammt oder wie viele Strophen es von diesem gibt. Die polnischen unter ihnen sorgen bei Ungeübten sofort für kleine Auffahrunfälle der Zunge und körperlose Fusseln im Mund, allein beim Versuch, eine Zeile ins gesprochene Wort zu murmeln. Doch auch hier dürfte Übung den Meister machen.

Textblatt am Liederweg

Nach dem Passieren eines Misthaufens, der ebenso hoch ist wie der jüngst bestiegene Berg, dazu noch frisch und äußerst deftig für die maiverwöhnte Nase, gibt es kurz nach einer kapitalen Eiche die erste Berührung mit dem Mühlenfließ, das auch heute in Bewegung ist und hier aufs passende Lied trifft – ich sage nur klipp-klapp. Eine kleine Schnelle, gebaut aus gerade noch wurffähigen Feldsteinen, sorgt für untermalendes Gurgeln.

Kirchhof in Zinndorf

Falls keine Weide abgezäunt ist, kann man gleich links abbiegen und das Bächlein ein Stück begleiten. Hinter einem nicht immer offenen Tor endet der Weg dann zwischen Hintergärten und Viehgattern und kommt gleich darauf an der Straße heraus. Von hier bis zur Tränke sind es jetzt nur noch ein paar Minuten. Trotz Reservierung sind wir hochgespannt, denn die letzte reguläre Einkehr ist drei Beiträge bzw. gut zwei Monate her.

Zinndorf

Doch alles klappt, alle geforderten Bedingungen sind erfüllt und das Essen schmeckt so gut, wie es das jedes Mal tat. Der Chef bedient heute selbst, was den besonderen Bedingungen des Jahres geschuldet ist. Durchaus besonders ist auch das erste von frischem Schaum gekrönte Kaltgetränk seit März.

Unterwegs nach Werder

Am Ortsausgang schickt ein betagter Traktor in dumpfem Prusten die Zündungen seines Einzylinders durch die Röhren, denen sich wie stets bei solchen Motoren gut folgen lässt. Anfangs bleibt unklar, ob es sich tatsächlich um eine Mobilie oder doch nur um das stationäre Triebwerk für einen Transmission-Riemen handelt, doch irgendwann bewegt sich der Ton und der dürre Oldtimer stakst auf hohen Beinen gen Dorfmitte, nunmehr mit erhöhtem Puls.

Weg von Zinndorf nach Werder

Entlang des gediegenen Weges von Zinndorf nach Werder hätte sich diesmal nicht der Ansatz eines Blumenstraußes pflücken lassen, denn Grün in zwei Dutzend Schattierungen ist einfach nicht bunt genug. Doch der Geburtstag der erwähnten Freundin liegt schon eine Woche zurück und wir können entspannt den tänzelnden Weg genießen, an dem inzwischen viele junge Bäume nachgepflanzt wurden, die einmal die Lücken zwischen den großen alten Kronen füllen werden. Voraus rückt bald die stämmige Kirche ins Bild, zu deren Füßen in der Form eines riesigen Wappens eine Lilie wächst – gepflanzt als Rabatte. Nicht ohne Grund, denn neben dem „Weg der Lieder“ läuft über größere Strecken auch der Lilien-Rundwanderweg mit, der unsere heutige Norderweiterung noch ein Stück begleiten wird.

Schattiger Weg nach Garzau

Werder

In der Mitte von Werder zählt ein dunkelrot leuchtender Schilderbaum eine ganze Latte schöner Worte auf, die links und rechts attraktive Ablenkungen versprechen. Doch wir bleiben geradeaus auf der Spur und treffen hinter der Bahn alte Bekannte wieder, darunter einen stämmigen Eichenbaum, seinerzeit ein schattiger Pausenplatz, an einem Tag mit dreißig Grad und umgeben von einem Meer aus gelbem Raps. Zwischen die satten Grüntöne mischt sich heute nur das Weiß der Kastanienkerzen und des Weißdorns, die gemeinsam eine neue Duftmischung beisteuern.

Garzau

Kirchhügel in Garzau

Rund um die Garzauer Kirche liegt die erste Rasenmahd, die ganze Dorfmitte ist erfüllt vom würzigen Duft, die mäherische Tüchtigkeit findet derweil in den Vorgärten ihre Fortsetzung. Schräg gegenüber geht es zum Gutshaus, das in letzter Zeit durch verschiedene private Hände ging und ganz gut in Schuss ist. Der zugehörige Schlosspark ist umzäunt, doch auch außerhalb lässt es sich schön durch den Wald flanieren.

Schmettausche Feldsteinpyramide

Die eigentliche Besonderheit im Orte, die ganz standesgemäß einen Superlativ hält, ist erst seit vergleichsweise kurzer Zeit wieder als solche zu bestaunen und befindet sich ein paar Minuten entfernt. Zu verdanken ist ihr heutiger Zustand einem rührigen Verein, der aus einem scheinbar strukturlosen Steinhaufen ein echtes Schmuckstück mit markanten Farbkonturen zauberte, das als größte Feldsteinpyramide im ganzen Land gilt und über verschiedenartige Innenräume verfügt.

Feldsteinpyramide überm Weinberg

Die Pyramide thront auf einem Hügel, an dessen Südflanke ein kleiner Weinberg angelegt wurde. Den jungen Rebstöcken haben die frostigen Kapriolen der letzten Wochen ziemlich mitgespielt und es bleibt zu hoffen, dass sie halbwegs heil davonkommen. Direkt davor erstreckt sich eine weite Wiese mit schöner Rastbank, auf der gerade eine hinreißende Tafel gedeckt ist, mit allem, was dazugehört.

Die kleine Gesellschaft drumherum ist bunt eingekleidet, die Kinder in ständiger Bewegung, und so erinnert das Bild ein wenig an ein Gemälde. Vom benachbarten Feuchtland kommen einige der gut gebauten Mücken herangeschwirrt, doch der Wind zerstreut sie, noch ehe sie in den heiteren Bildaufbau eingreifen könnten. Bestiegen werden kann die geländerlose Pyramide mit ihrer Aussichtskanzel übrigens nicht, zumindest so lange jemand guckt. Und irgendjemand guckt bestimmt immer. Doch das geht in Ordnung, denn mit Geländern sähe das trotz klarer Symmetrien leicht archaische Bauwerk irgendwie zu brav aus, könnten die Farbkonturen nicht so wirken, wie sie wirken sollen.

Südflanke der Feldsteinpyramide

Nach dem Verlassen des Pyramidenhügels zieht sich der Weg durch schattige Wälder verschiedener Gestalt im weiten Bogen rund um den Weinberg, der hier nur so heißt, wie er heißt, doch durchweg reblos ist. Vielleicht sollte er seinen Namen mit dem des Pyramidenhügels tauschen, ganz gütlich. Fern vom Ortsrand her kommt die ganze Zeit ein nerviges Maschinengenöle, das man gern einem gewissen Zweck zuordnen würde, um es entspannter zu ertragen. Nach zwanzig Minuten scheint die Arbeit getan, die gewonnene Ruhe ist regelrecht wohlig, wie kühle Salbe auf einem hartnäckigen Mückenstich. Am Ende des Waldes zeigt sich hinter weiten Wiesen eine stille Straße, die sofort den Wunsch an Fahrradfahren weckt und zwei Gedanken später Max Raabe ins Landschaftsbild montiert, natürlich passend gekleidet. Jenseits der Straße ist anhand allerlei Buschgewächs eine feuchte Senke zu erahnen, die selbst kaum sichtbar wird, so dicht ist der blühende Botanikgürtel.

Naturschutzgebiet Zimmersee

Ein zu sammelnder Weg lockt uns erfolgreich, wird immer schmaler, doch versiegt nie ganz. Zum verblassenden Försterpfad eingelaufen drückt er sich dicht am nassen Land vorbei und erlaubt ein paar zaghafte Einblicke in den sumpfigen Kern. Rund um die Pfadspur wurden winzige Bäumchen gepflanzt, denen dünne grüne Röhren im ersten Lebensabschnitt Schutz vor hungrigen Mäulern geben und trotzdem Licht durchlassen. Passend dazu steht weiter hinten ein junger Rehbock im klaren Kontrast vor dem Buschwerk, horcht erst, schaut dann und wittert schließlich, bevor er nach einer weiteren Gedenksekunde aus dem Stand einen Sprung hinlegt und in Sekundenfrist verschwunden ist.

Jüngster Nachwuchs am Zimmersee

Rehfelde-Siedlung

Bald sind größere Wege erreicht, kurz darauf der Rand von Rehfelde-Siedlung. Rehfelde, der Ort mit den vielen Abteilungen, der quasi von zwei Stationen der Regionalbahn bedient wird. Einer davon ist der S-Bahnhof Herrensee, der Ausflügler leicht aufs Glatteis führen könnte, denn er bezieht sich auf den Strausberger Ortsteil und weniger auf den ein ganzes Stück entfernten See selbst, der eher am S-Bahnhof Strausberg Hegermühle liegt. Herrensee hingegen ist noch einiges weiter von Strausberg weg und würde glatt als Rehfelder Ortsteil durchgehen. Und der Bahnhof Strausberg wiederum liegt am Rand von Strausberg Vorstadt, zwei S-Bahnhöfe oder siebzehn Straßenbahnminuten entfernt vom eigentlichen Strausberg. Also Obacht Ihr Ausflügler mit den Bahnhöfen rund um Strausberg!

Glasierte Baumscheibe am Lehrpfad, Rehfelde

Naturlehrpfad Rehfelde

Einige kläffende Hunde und laufende Heckenscheren später stoßen wir völlig unerwartet auf einen kleinen und feinen Ort, der allein schon die ausflüglerische Anreise nach Rehfelde rechtfertigen kann, insbesondere mit Kindern. In einem größeren Waldstück inmitten der Siedlung wurde ein zauberhafter kleiner Naturlehrpfad angelegt, der so gar nichts hat von Schlaubergerei und dozierendem Zeigefinger. Zwischen verschiedenen kleinen Plätzen und großen Findlingen, einem Rodelberg und einem Spielplatz ziehen sich nadelweiche Pfade durch den Wald, die Geradlinigkeit vermeiden, sich zwischen Baumstämmen hindurchwinden und von Walderdbeeren und Himbeergestrüpp begleitet werden.

Lehrpfad am Rand von Rehfelde

Zwölf Stationen gibt es entlang des Weges und im Eingangsbereich am Erlebnisplatz ein kleines Kunst- und Meisterwerk, erst seit Kurzem. Sinnenfreudig wurde hier eine mehr als metergroße Baumscheibe der 165 Jahre alten Franzosenfichte mit mehreren Schichten feinsten Bootslacks überzogen, der auch diverse breite Risse ausfüllt, wie fossilienaltes Harz. Zuvor wurden jedoch an den entsprechenden Baumringen beschriftete Pfeile eingearbeitet, die Zeitabstände auf gleichermaßen einfache und eindrucksvolle Weise anschaulich machen. Nicht zuletzt staunt man über den geringen Abstand vom letzten markierten Eintrag 1968 bis zum äußeren Rand, wo einst die Rinde ansetzte. Die zum Streicheln animierende Oberfläche dürfte allen Wettern für lange Zeit trotzen.

Lehrpfadspur zum Spielplatz

Nach dem Verlassen des Waldes läuft uns noch zwei weitere Male der verbale Rehfelder Fuchs über den Weg. Beim großen Kaufmannsladen öffnet sich kurz die willkommene Option auf einen heißen Kakao, doch leider kommen wir ein paar Minuten zu spät, die Maschine für die heißen Sachen ist schon kalt und erwartet blitzeblank den nahen Feierabend. Doch der Tag, er ist auch heute noch jung und ließe sich durch eine Stippvisite in Strausberg passend krönen. Mit der Bahn wären das entlang einiger der erwähnten Bahnhöfe gut eine halbe oder knapp eine ganze Stunde, mit dem Auto geht es etwas schneller. Das ist heute sehr willkommen.

Strausberg

Ein paar Dörfer später sitzen wir in Strausberg an der Stelle, wo sich Straßenbahn, Bus und Fähre am nächsten sind. Die Konditorei an der Ecke mit Fährblick schließt in zehn Minuten, doch erhalten wir auf alle zaghaften Anfragen ein herzhaftes Ja samt aller Zeit, die wir brauchen, begleitet von einem breiten Lächeln. Und sitzen kurz darauf bei Cappuccino, Kuchen und Kakao, während die Fähre ablegt zum stets leicht melancholisch klingenden Ort Jenseits des Sees. Eine Amsel malt die dazu passende Musik.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
Regionalbahn von Berlin-Ostkreuz (0,5 Std.) nach Rehfelde

Anfahrt Pkw (von Berlin): über die B 1 (ca. 0,75-1 Std.)

Länge der Tour: ca. 16 km (Abkürzungen gut möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

be.bra verlag

Heimatstube Rehfelde

Deutsch-polnischer Liederweg

Lilien-Rundweg

Pyramide Garzau

Naturlehrpfad Rehfelde (PDF)

Einkehr: Gasthaus Zinndorf, Zinndorf
Zur alten Linde, Rehfelde (am Bahnhof)

Grobskizziert – Reitwein: Auenrupfer, Odersporn und die erlaufene Seelenruhe

Der September ist gut in Schwung gekommen, bringt an den meisten Tagen bereits diese anregende Mischung aus frischem Wind und kräftiger Sonne mit und hat schon viele der würzigen Düfte bereitgestellt, die sinnesfreudig den Herbst ankündigen. Unter den Bäumen raschelt erstes Laub, während im Buschwerk entlang der Wege verschiedenste Beeren eine Farbpalette öffnen, die auch dann noch leuchten wird, wenn einmal alle Blätter gefallen sind. Am beständigsten unter ihnen sind dabei die Hagebutten, die selbst noch unter Raureif und zartem Schnee mit aller Kraft und lackglänzender Haut hervorleuchten.

Grenzfluss Oder

Neben der Nase werden auch die Ohren auf die erdbunte Jahreszeit vorbereitet, wenn sich zwischen das klickende Geplauder der allerletzten Schwalben im ferneren Surround-Bereich schon das monotone Getöne von Krähen und Raben mischt, die bislang nur vereinzelte Silben aus ihren respektablen Schnäbeln pressen. Oder weiter im Hintergrund die Scharen von Kranichen fast nur zu erahnen sind, die später am Tag kurz vor dem schwindenden Licht von der Kost zur Logie umziehen werden. Hier und dort schon kilometerlange Gänse-Einsen für den anstehenden Langstreckenflug üben.

Uferstreifen der Oder gen Lebus

Wer hier nicht seinen ersten Text liest, weiß vielleicht bereits von der besonderen Zuneigung des Autors zur Oder, die Euphorie und Ehrfurcht zu gleichen Teilen verschmilzt und für eine genießerische Niedrigdosierung der odernahen Ausflüge sorgt. Bevorzugt sind es die kalten bis bitterkalten Tage, die besonders gut zu den Landschaften dieses Grenzflusses passen, zum Wilden und scheinbar Unbekannten, was sich dahinter bis hin zum Ural aufspannt.

Schöne Aussicht bei Reitwein

Ganz unabhängig von den Jahreszeiten passieren manchmal im Leben kleine oder auch große Wunder. Wenn dann die nächste Möglichkeit für einen Tag unter freiem Himmel kommt, empfiehlt sich eine Landschaft, die vertraut ist, einen wohlig umfängt und etwas Archaisches in sich trägt. Auch lange Wege bietet und Weite in fast alle Richtungen, so dass ausgiebig erzählt und auch geschwiegen werden kann. Ein breiter und ruhiger Fluss ist dabei nicht von Schaden oder auch ein ferner Blickfang, der sich leicht rätselhaft gibt.

Doch auch der sommerspäte Frühherbst ist eine gute Oderzeit, wenn alles oben Erwähnte am selben Ort zu beobachten ist und dazwischen die schokoladenschwarzen Ackerschollen liegen, von großer Pflugschar aufgebrochen und dabei sauber eingerahmt durch schnurgerade Wege.

Im offenen Schiff der Reitweiner Kirche

Reitwein

Das Oderbruch ist bekannt dafür, ganz außerordentlich flach zu sein, wird dem Begriff topfeben wirklich gerecht. An vielen Stellen erhebt sich jedoch sehr direkt und nicht zu übersehen eine ausdrucksvolle Geländekante, die für teils unwiderstehliche Kontraste sorgt und unruhige Zeigefinger am Auslöser. Ein besonderer Dank hierfür geht an die letzte Eiszeit, wieder einmal.

Kirchturm in Reitwein

Bereits im Stadtgebiet von Frankfurt an der Oder beginnt einer dieser Höhenzüge, der über knappe zwanzig Kilometer vorbei am schönen Lebus bis hin zum Dorf Reitwein reicht. Schon vorher transformiert er sich von der Hochebene zum Sporn und läuft dann unvermittelt und direkt aus, was dafür sorgt, dass die Annäherung an ihn ein wenig wie die an eine hügelige Insel oder eine Voralpenlandschaft ist. Drumherum die absolute Flachheit. Es ist wirklich faszinierend.

Der Bullengraben bei Reitwein

Was der ganzen Szenerie zudem den Anstrich eines hochromantischen Gemäldes verleiht, ist die Reitweiner Kirche. Die steht eigentlich versteckt im unteren Hang, doch ihr spitzer Turm ist aus großer Ferne schon zu sehen und gibt einem das Gefühl, sich geradewegs in dieses Gemälde hineinzubegeben. Wer bei Regen nicht nass werden möchte, wird dort keinen Schutz finden. Wer jedoch Freude an naturgegebenen Lichtspielen auf schöner Architektur hat, sollte den kleinen Abstecher nicht versäumen. Den Entwurf für die Kirche lieferte übrigens ein Herr Stüler, der zur Architekten-Prominenz seiner Zeit zählte – auch das Neue Museum in Berlin geht auf seine Kappe. Der Baumeister Stüler war übrigens ein Schüler Schinkels, der hier schon viel zu lang nicht mehr Erwähnung fand.

Einladender Weg durch die Oderauen

Reitwein selbst ist ein hübsches Dorf von angenehmer Unregelmäßigkeit, zudem gibt es noch einige von diesen schönen Schleichwegen, die auf Wiesenteppich oder als getrampelter Pfad die stillen Straßen verbinden und im Langzeitgedächtnis eines jeden Reitweiner Kindes verankert sein dürften.

In den Oderauen

Gegenüber der Kirche liegt eine eindrucksvolle Sowjetische Kriegsgräberstätte, die Gedanken an die erbitterten Kämpfe in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges wachhält, als nichts in dieser Landschaft friedlich war und ihr Gesicht zerschnitten. Als grundfriedliches Gegenstück dazu liegt gleich links benachbart ein kleiner Sommer- und Kräutergarten mit winziger Teichpfütze, der betreten werden darf und gleichermaßen Insekten oder Erholungssuchende bedient.

Die breite Oder

Die ausgedehnte Tour mit ihren vielen langen und landschaftsschwelgerischen Passagen findet sich genau so auch in einem blauen Brandenburg-Wanderführer. Sie vereint in sich eine ganze Handvoll Kapitel, deren jedes für sich seinen Charakter trägt und die man alle paar Jahre aufs Neue lesen möchte. Den Auftakt macht der umgehend pulssenkende Weg durch die inneren Oderauen, der vorbei an einer hinreißenden Rastbank mit Dorfblick und durch einen bruchklammen Grünzug zum großen Oderdeich führt. In Vertretung der Alten Oder, die einst weiter östlich ihre Bögen schlug, sorgt hier der Bullengraben für etwas fließendes Wasser, das von mehreren Stellen rund um Lebus daherkommt.

Was so wächst in den Auen

Hinter dem Deich öffnen sich die äußeren Oderauen mit ihrem urwüchsigen Erscheinungsbild. Die Oder ist von hier aus noch nicht zu sehen, doch hinter ihrem gedachten Verlauf geht bereits ein polnisches Panorama der Extraklasse in die Breite, das den Deich gewissermaßen zu einem endlosen Aussichtspunkt macht und irgendwo in der nahen Ferne als rätselhaften Blickfang eine glänzende Turmhaube durchscheinen lässt.

Auf Knöchelhöhe am Oderstrand

An diesem Streifen zwischen Deich und Oderufer wird man sich wohl niemals sattsehen können. In verspielter und natürlicher Unregelmäßigkeit ziehen sich einladende Wegespuren hindurch zwischen gekappten Altarmen und feuchten Wiesen, gestürzten und zugleich quicklebendigen Weiden oder kleinen Wäldchen, die sich von keiner der vergangenen Fluten haben unterkriegen lassen. Blasshäutige Baumruinen steuern eindrückliche Skulpturen zu diesem Ensemble bei. Dazwischen lassen die jagenden Wolken jede sichtbare Wasserfläche in Sekundenschnelle zwischen bleigrau, edelsilber und tiefblau wechseln, so dass die Auslöseverzögerung der Kamera für Grimm sorgen könnte – wenn man nicht so versunken wäre in dieses Landschaftsbild, zu dem man hier gerade selbst gehört.

Genügsame Pflänzchen

Weitere Accessoires, die das Unsteigerbare dennoch steigern, sind vereinzelte Strohrollen ohne Ablagesystem, in denen man ruhig einmal seine Nase vergraben sollte und tief einatmen, auch Weidezäune alter Schule oder die mit lustigen Ziegen durchmischten Schafherden, welche in diesen Wochen vielfach zu entdecken sind. Auch die Wolken tragen ihren Teil dazu bei, mal als brave Schafe, mal wild zerzupft oder gewagt ineinandergeschachtelt. Die Chancen für solche Himmelsbilder stehen an der Oder gut, wie die Erfahrung langer Jahre zeigt. Nicht zuletzt steuern die farbstarken Grenzpfeiler in regelmäßigen Abständen kleidsame Ergänzungen bei.

Uferstreifen der Oder

Neben den feuchten Stellen, Senken und Weihern gibt es auch einige streusandtrockene Stücke am Weg, die mittels wettergegerbter Holzplanken, vielleicht alte Eisenbahnschwellen, das Vorwärtskommen für Sohle und Reifen gewährleisten. Aus ihren Ritzen sprießen stillvernügt genügsame Blümchen.

Oderdeich mit Himmelsspiel

Wenn schließlich das Ufer der ruhig fließenden Oder erreicht ist, sollte man sich eine Rast auf einem dieser Zacken nicht entgehen lassen, die weit in den Fluss ragen. Es ist ein besonderes Gefühl, so ein bisschen mitten im breiten Fluss zu sitzen, bequeme Stellen gibt es fast immer. Nicht zuletzt kann es auch im späten Sommer angenehm sein, an einem dieser tausend Odersträndchen vollständig unterzutauchen, nur für ein paar Züge. Oder sich am gewählten Sitzplatz einfach nach hinten umfallen zulassen, mit geschlossenen Augen in den Himmel zu stieren und das leise Plätschern zu erlauschen, mit dem die klaren Flusswellen die äußersten Schotterbrocken umspülen. Man sollte es wirklich tun.

Schafherde nahe des Flusses

Aus dieser flachen Perspektive wirkt der Oderstrom zudem besonders breit und auch besonders blau. Schwierig ist es daher nur, sich wieder loszureißen, denn die Tour hat ja an dieser Stelle erst begonnen.

Schokoladenacker im Zustieg

Oderdeich

Auf Höhe des alten Fähranlegers beginnt das nächste Kapitel, das nun eine reichliche Stunde Autopilot gestattet, wenn gewünscht. Einfach die Füße machen lassen, die Gedanken fließen oder fliegen, und die Blicke schweifen. Der Oderdeich verläuft hier niemals schnurgerade, und hinter jedem Bogen gibt es neue Bilder, die sich nur selten ähneln. Mal kommt das lange Band der Oder in den Blick, mal eine der vielen kleinen Wasserflächen, die dem Deich zu Füßen liegen. Hier ist die Wiese struppig kurz, dort dann alles lückenlos bewachsen von hohen Gräsern oder auch Schilfteppichen. Und als kleine Kuriosität stehen immer wieder diese Durchfahrt-verboten-Schilder an Stellen, wo ohnehin niemals ein handelsübliches Kraftfahrzeug hinkommen oder weiterfahren könnte.

Aufstieg nach Wuhden

Rechtzeitig vor Lebus muss man sich losreißen und mal wieder auf das Display oder die Karte schauen, sonst würde man unversehens in Lebus landen – zwar auch sehr schön, doch fernab der restlichen Kapitel, dazu noch ein ganz eigenes. Ein paar rechtwinklige Abbiegungen begleiten den Weg durch die Felder hinüber zum unteren Rand der bewaldeten Höhenkante, die womöglich ein paar Mittelgebirgsassoziationen im Hinterkopf aufruft. Vereinzelte Gehöfte wurden liebevoll gestaltet, und am Abzweig, wo die Abkürzung hinzustößt, hockt ein versteinerter Troll, den wohl die Eiszeit von Skandinavien hierher verschlagen hat.

Ausblick von Wuhden

Wuhden

Nur wenig später geht es nun kurz und herzlich zur Sache, doch der Aufstieg an den Rand von Wuhden darf gut und gern ein eigenes kleines Kapitel für sich beanspruchen. Wer auf der Straße bleibt, kann oben im Dorf ein paar der hübschen Häuser sehen, doch zweigt man unten ab in den Weg mit schwarzem Kauz auf gelben Grund, darf die Höhe entlang eines idyllischen Grundes erklommen werden.

Weg auf dem Reitweiner Sporn

Oben beginnt dann, fast wie auf einem Kammweg, der nächste, äußerst aussichtsreiche Abschnitt entlang einer jungen Allee, die später in einer deutlich älteren aufgeht. Die beruhigende Spur ist immer leicht am Schlingern und taucht nach längerem in den Wald ab, wo der verdiente Abstieg nun genüsslich zelebriert wird.

Schöne Aussicht bei Reitwein

Noch in diesem abschließenden Kapitel sollte man sich trotz müder Beine und hängenden Magens nicht eine der schönsten Aussichten weit und breit entgehen lassen – der Abstecher ist nur kurz und endet an drei Bänken. Ähnlich frei und hochgelegen wie von der Schönen Aussicht kann man den Blick wohl nur von der Carlsburg bei Falkenhagen schweifen lassen – und ist dabei mit Sicherheit niemals ungestört.

Hohlweg hinab nach Reitwein

Wenn es wirklich Herbst ist und der Tag schon eine Weile läuft, wirft der Sporn seinen Schatten weit ins flache Land, wie ein altgedienter Fischer seine Netze, die in voller Breite auf die Wasserfläche klatschen. Die Bäume entlang der schnurgeraden Alleen tun das ihre, und der tiefe Sonnenstand steuert Goldlack und Weichzeichner bei. Auch der frische Wind hat sich woanders hin verzogen und überlässt die Landschaft gänzlich ihrer Stille, die Oder ihrem glatten blauen Spiegel und die tagaktiven Menschlein einer abendlichen Seelenruhe.











Anfahrt ÖPNV (von Berlin): mit der Regionalbahn nach Seelow, von dort mit Bus bzw. Bussen (1,75-2,5 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): auf der B 1 bis Manschnow, dann B 112 Richtung Lebus (ca. 1,75-2 Std.)

Länge der Tour: ca. 21 km, Abkürzungen möglich (Empfehlung: wenn abkürzen, dann zwischen Wegpunkt 10 und 15)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Internetpräsenz von Reitwein

MOZ-Artikel Spaziergang Reitweiner Sporn

Einkehr: Gaststätte Am Reitweiner Sporn, Reitwein (vorher unbedingt anrufen, hat manchmal unerwartet geschlossen)