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Limsdorf: Weiche Flanken, Schwedenpfade und die gelben Spätlinge

Zwischen dem ersten und dem vierten Advent war die Sonne nur an zwei Tagen zu sehen. In diesen Momenten erinnerte man sich lose und wohlwollend, dass es die ja auch noch gibt und dass es visuell eine vollkommen andere Kragenweite ist, wenn diese Lampe aller Lampen ihre Strahlen frei von Knauserei über Land- und Ortschaften wirft.

Badestelle mit Inselblick am Grubensee

Durchaus also eine gewisse Vorfreude auf knackig kalte Wintertage mit blauem Himmel, ein bisschen auch auf den fernen Vorfrühling – doch erstmal steht der Wunsch nach weißer Pracht. Ganz in der Tradition der Jahreszeiten dieses Jahres erfolgte deren Auslieferung pünktlich zum ersten Dezember-Wochenende, sodass in den Landschaften, Dörfern und Städten jegliche Kontur mit frostig-weichem Schwung nachempfunden wurde.

Uferpfad am südlichen Grubensee

Mit dem haftbaren Weiß des Backschnees geht neben der guten Verarbeitbarkeit durch zielstrebige Kinderhände auch eine Beständigkeit einher. So dürfen mehrere Tage vergehen, ehe weiß und plastisch zu grau und matschig wird. Dementsprechend viele und zudem meist hochgewachsene Schneemänner entdecken mit Holz-, Stein- oder Zapfenaugen das trübe Licht der ersten Dezembertage.

Am Springsee

Alles, was die Vorweihnachtszeit ausmacht, findet auch in diesem Jahr mehr oder weniger ausgebremst statt. So sind einmal aufs Neue Phantasie, Einfallsreichtum und das Erkennen der momentanen Möglichkeiten gefragt, damit Glühwein in harmonisch-romantischer Atmosphäre verschlürft werden kann und liebenswerte kleine Gaben über Ladentische wechseln. Wo mit Licht gezaubert wurde, hat man nicht gespart und erfolgreich aufhellendes Ausgleichsvolumen für die Herzerwärmung geschaffen.

Waldgrund nach Möllendorf

Nachdem Gedanken und Finger über längere Zeit durchs wilde Brandenburg und tief gewucherte Dateiordner gewandert sind, ist es jetzt an der Zeit, wieder ganz real die Sohle auf weichen märkischen Boden zu bekommen, die reine Luft durchzuziehen und sich der rauschenden Stille hinzugeben. Das Glück des Zufalls beschert beim Wiedereintritt gleich einen Volltreffer, mit einem ganzen Tag voll verspielter Waldpfade, schilfiger Seeufer und moosiger Hangflanken, die auch absolute Tollmuffel zum Herumtollen bewegen sollten.

Limsdorf

Limsdorf liegt auf der Höhe der Beeskower Platte oberhalb einer kleinen Kette von Seen, die gewissermaßen den großkalibrigen Scharmützelsee nach Süden fortsetzen, und das bis fast zur Spree. Eine Schiffbarkeit für selbstgeschnitzte Boote aus Baumrinde ist dabei fast durchgängig gegeben, auch für Enten und vergleichbare Kielgrößen sollte das Wasser unterm Kiel in der Regel ausreichen.

Badestelle mit Kiosk am Grubensee

Auf dem kleinen Parkplatz in Limsdorf steht ein stattlicher Weihnachtsbaum, sicherlich so hoch wie zwei Esel lang sind, dazu schön geschmückt und üppig mit Lichtern bestückt. Die passenden Esel warten beim Hof gegenüber schon mit aufgestellten Ohren und nutzen gern ihren breiten Laufsteg vor dem Zaun. Weiter hinten stellen sich neugierig ein paar Ziegenböcke auf die Hinterbeine und lassen trotz des trüben Wetters die Hörner nicht hängen. Dazwischen wechseln schweigsam und ohne Eile plustrige Hühner von da nach dort.

Einstiegsstelle am Grubensee

Parallel zur Straße verbindet im Walde ein weicher Weg das Dorf mit dem Grubensee, dem ersten See am Weg. Die Straße schlängelt sich in Kurven zwischen ihm und seinem kleinen Nachbarn hindurch, wie man das oft im nördlichen Südschweden sieht. Am Wanderparkplatz macht sich gerade eine Handvoll Taucher bereit. In bereits aufgepellter Montur versuchen sie, die Flaschen mit der Pressluft anzulegen. Wie es aussieht, sind diese weitaus schwerer als man so denkt. Auch denkt man, so als Außenstehender, bei dem Wetter muss man dieses Hobby wirklich sehr lieben oder es sehr nötig haben, doch zum einen sollten wir selbst nicht so laut reden, zum anderen ist es unter Wasser ja mehr als egal, was das Wetter draußen anstellt. Eigentlich.

Waldhang des Schwenower Forstes zum Grubensee

Gleich hinter der Straße beginnt eine wunderbare und duftende Uferlandschaft, die den Blick immer wieder von den wogenden und steil ansteigenden Kiefernhängen voll Moos und Gras zur Uferlinie mit ihren Schilfgürteln und Strandstellen schweifen lässt, von dort auch weiter zu den Inseln und dem Ufer gegenüber. Dann gleich wieder zurück, denn schon gibt es im Waldhang die nächste ausgeprägte Scharte zu entdecken, weiter oben die stets geschwungene Kante hin zum freien Feld. Gleichzeitig lenkt der leise Ton der Wellen an der leicht hochgekreppten Uferkante den Blick zurück ins glasklare Wasser, das über dem sandigen Grund sanft wellt.

Vertrauen wagen

Hier und da gibt es morsche Stege, auf die man besser keinen Fuß mehr setzt, doch der Atmosphäre sind sie sehr zuträglich. Nach und nach wird der Pfad schmaler und verspielter, geht mal etwas in die Höhe oder umkurvt im kleinräumigen Slalom die regendunklen Stämme. Die gibt es hier an vielen Stellen in besonderen und virtuos zu nennenden Ausprägungen, welche an Waldgeister oder Stammesfürsten denken lassen und jede Märchenszenerie bereichern sollten.

Mal wächst ein Stamm im wohlgeformten Bogen und lädt zum Lümmeln ein, mal macht sich weit über Kopfhöhe ein Nebenast selbstständig und wächst schließlich dicker weiter als der Hauptstamm selbst, woanders finden sich ganze Sträuße aus Stämmen, zu deren Umfassen man die Armlängen einer Familie bräuchte.

Uferpfad mit Blaubeerkraut

Nach einem Birkenwäldchen buckelt der Weg kurz. Danach setzen sich die Kiefernstämme fort, über deren Wurzelwerk jetzt das Blaubeerkraut dichter und dichter wird. Ganz an der Südspitze des Sees kommt der Pfad noch einmal richtig ins Schlängeln und bahnt sich seinen Weg durch eine Herde winterblasser Farnstauden.

Birkenwäldchen an der Südbucht des Grubensees

Der liebenswert schöne Pfad setzt sich auch am Westufer fort, schwingt sich schließlich über eine kleine Anhöhe und verlässt das Ufer erst kurz vor den Campingplätzen, die es wirklich gut abgefasst haben. Jenseits der Straße gedeihen ganze Teppiche saftigen Weißmooses. Nach wenigen Metern auf einem kleinen Damm liegt schon der nächste kleine See voraus. Gerade erhalten zwei heranwachsende Schwäne ihre ersten Lektionen in Sachen Anmut und Hochherrschaftlichkeit. Die beiden Alten haben ihre liebe Müh, doch die Richtung stimmt.

Uferpfad am Westufer

Beim Umrunden des Sees steht sogleich die Wahl zwischen dem flachen Weg auf Uferhöhe und einem gewundenen Höhenweg, der den Fuß schon etwas in den Schuhen herumrutschen lässt, kam man doch nicht als Hanghuhn auf die Welt. Das zeigt sich zuletzt auf den drei Dutzend Abstiegsschritten. Der nächste breite Weg läuft dann unterhalb eines sanften Hanges, der ein wenig nach Düne aussieht. Voraus stehen wohlplatziert und recht gerade ein paar kleine Kiefern mit obstbaumrunden Kronen, entlang des Ufers dann heranwachsende Kopfweiden, noch ohne jede Spur von Frühlingssaft.

Kalkmoor um die Ecke vom Melangsee

Links fällt leise gurgelnd das Wasser, hin zum Melangsee, dem nächsten in der Reihe. Die Landschaft verändert sich nun, das bald erreichte Ufer wird von einem breiten Streifen Bruchwald erweitert und sieht stark nach Quellland aus. Nach kurzem Aufstieg aufs Hochufer bestätigt sich das, denn unten ist breitflächig entspringendes Wasser zu erkennen.

Mühlenfließ nahe der Försterei Grubenmühle

Eine weitere Bekräftigung liefert die weite Wiesenbucht eines Kalkmoores, zu dem es eigens eine Informationstafel gibt. Wer hier als Kuh zu grasen hat, sollte es gut abgefasst haben – saftiges Gras, schattige Rückzugswäldchen und ein überschaubares Einsatzgebiet. Von hier noch nicht zu sehen ist als weiteres Plus die stetige Zufuhr von Frischwasser in der anmutigen Gestalt des Mühlenfließes.

Obstwiese im Talgrund des Mühlenfließes

Bald ist der Bach erreicht, der gerade etwas zu breit ist, um ihn folgenlos überspringen zu können. Durch Erlenbruchwald kommt er zunächst recht brav daher, um auf dem Weg zum nächsten See übermütig ins Mäandern zu geraten.

Försterei Grubenmühle

Kurz hinter der Brücke übers Bächlein erstreckt sich eine sanfte Wiese voller Obstbäume, die man auch mal im mittleren Frühjahr besuchen sollte. Hinten wird sie begrenzt durch hochgewachsene Erlen, die den Lauf des Baches nachvollziehen lassen. Kurz dahinter liegt schon das Forsthaus Grubenmühle, nach allen Regeln der Landlust ausgestattet und im besten Maß mit Weihnachtslicht veredelt. Gemütlich sieht es aus, obwohl nicht mal die Esse raucht.

Das bunteste Bild im Beitrag

Links des Wiesengrundes erhebt sich ein bewaldeter Buckel, auf dem in losen Abständen solche Behausungen stehen, deren Ursprung mal ein Wohnwagen war. Keins sieht aus wie das andere und bei einigen ist es kaum noch möglich, das Schneckenhaus auf Rädern klar zu lokalisieren. Vorzelte, Anbauten und Überdachungen sowie Terrassen und Veranden zeigen Erfindergeist und Handgeschick, keine der Kreationen sieht so richtig daneben aus. Nicht zuletzt gibt es in Gipfelnähe noch eine Gastwirtschaft, die derzeit Winterpause hält, leider. Denn jetzt ist er da, der verheißene Nieselregen, der den Tauchern von vorhin so gänzlich schnuppe sein kann.

Bächlein auf dem Weg zum Springsee

Doch auch wir haben Glück, denn an der Stelle, wo der Mühlenbach das Kinn hebt, sich den Schlipsknoten zurechtrückt und nach dem wilden Ritt besonders geordnet dreinschaut, erwartet uns ein farbenfroh renovierter, sehr solider Unterstand. Der erwachte Seewind bläst zwar mitten hindurch, doch der staubfeine Regen kann uns für die Zeit der Teepause egal sein. Die seeseitige Aussicht fällt auf einen Steg mit pittoresk vertäuten Booten, deren matter Lack vergangener Tage im fahlen Grau des Tages regelrecht quietscht. Der See liegt still und der Himmel darüber versichert, dass die Bewässerung so bald nicht enden wird.

Zeltplatz am Springsee

Der nächste Campingplatz schließt gleich an, und ich möchte behaupten, wer hier einen Platz erwischt hat, hat in Sachen Camping einen Sechser im Lotto erwischt. Das Gelände nutzt den steilen Uferhang, der neben dem Geschenk des direkten Seeblicks so herzhaft durchfurcht und terrassiert ist, dass es eigentlich keinen Platz geben kann, der nicht ein besonderer wäre. Abenteuerliche Stiegen und winklige Steilpfade führen über Buckel und durch Furchen, zum Teil unterstützt durch Stufen aller Art. Als i-Tupf bahnt sich mittenhindurch ein richtiger Bach seinen Weg hinab zum See und inszeniert sich auf den letzten zwanzig Metern noch mit einigem Chichi.

Waldweg hinauf nach Möllendorf

Am Springsee beginnt ein breiter Weg, der durch ein bachloses Tal sanft in den Wald hinaufsteigt und auch hier von lebhaftem Reliefspiel begleitet wird. Zwischen den unzähligen sanften Rundungen haben sich ein paar kleine gelbe Pilze noch in den fortgeschrittenen Dezember verirrt und stehen im hohen Moos ihren Mann.

Später Hutträger beim Krafttraining

Nach dem höchsten Punkt wird nun erstmals der Wald richtig verlassen. Die Weite tut jetzt durchaus wohl, auch wenn sie mit einem kalten, ungebremsten Wind quittiert wird. Voraus liegt Möllendorf, das sich in Form gemurmelter Tierlaute schon ankündigt hatte.

Möllendorf

Das abgeschiedene Dorf hat viel Schönes zu bieten, sowohl in der Anlage als auch in den einzelnen Bestandteilen. Die Mitte bildet, begleitet von einem optionalen Wasserlauf, ein kleiner Anger, auf dem außer zwei ansehnlichen Feldsteingebäuden mit Funktionscharakter keine Häuser stehen. Dafür gibt es viel Platz zum Spielen oder zum Feiern von Festen. Gleich hinterm Ortsrand kauert noch ein kleiner Friedhof, der irgendwie an Westernfilme denken lässt.

Dorfanger von Möllendorf

Das einzige längere Stück Asphalt dieses Tages verbindet auf direktem Wege Möllendorf mit Limsdorf und nimmt dabei eine kleine Anhöhe und ein Wäldchen mit. Verkehr gibt es kaum, und da der Regen nun langsam zu mehr Kraft findet, ist es angenehm, jetzt Strecke machen zu können auf dem griffigen Untergrund. Obwohl in vielen Häusern gerademal der Drei-Uhr-Kaffee aus dem Filter tröpfelt, ist es so dunkel wie den ganzen Tag schon und noch ein bisschen mehr.

Kein Dorfköter treibt sich draußen herum und erst recht keine Miez, sogar die wetterfesten Esel haben sich in ihre Kammern zurückgezogen. Dafür hat jetzt der Baum am Parkplatz seinen Auftritt und läutet in der zeitigen Dämmerung das kleine Fest der Lichter ein, das sich auf der Fahrt ins zunehmende Dunkel von Dorf zu Dorf noch fortsetzt.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
von Bhf. Ostkreuz über Königs Wusterhausen nach Beeskow, dann weiter mit dem Bus (nur Mo-Fr, ca. 1,75-2,5 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): Autobahn bis Storkow, dann über Storkow und Kehrigk nach Limsdorf (ca. 1,5-1,75 Std.)

Länge der Tour: 13 km (Abkürzungen gut möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Kurzinformation zu Limsdorf

Badestelle Springsee

Einkehr: Eiscafé Schmidt, Limsdorf
Kiosk an der Badestelle am Grubensee, nahe der Landstraße
Zur Quelle (auf dem Campingplatz südlich des Springsees)

Grobskizziert – Bestensee: Pralle Trauben, schräge Typen und das geschärfte Profil

Muttern war mit ihren Unentwegten, einer rüstigen Truppe gefestigter Charaktere, in Bestensee unterwegs und erzählte ganz begeistert von einem hervorragenden, unterhaltsamen und besonders landschaftlichen Tag. Als ich daraufhin irgendwas zu Bestensee anmerken wollte, gingen hinter meiner Stirn neben dem großen Café am Bahnhof und dem neuen Weinberg nicht sofort Bilderalben, Landschaften und charmante Details auf. Ich war daraufhin ein wenig verdutzt, wurde in  der Folge sofort neugierig.

Dorfaue in Bestensee

In der Tat hatte ich ein nettes Örtchen mit etwas Stadtcharakter vor dem geistigen Auge, doch nicht viel mehr. Beim Blick auf die Karte kam die Erinnerung etwas in Schwung, wuchs an um den süßen Dorfanger, der die Kirche außen trägt, sowie die Nähe zum schönen Sutschketal, das keine zwanzig Minuten entfernt liegt. Die Karte zeigte darüber hinaus, dass interpretationsoffene Marketingleute ohne rot zu werden von der Sieben-Seen-Stadt Bestensee reden könnten.

Barfußpfad im Lausl-Park

Kulturhistorischer Wanderweg

Im Laufe des Tages zeigte sich, dass auch ganz ohne kesses Marketing gute Ideen von fleißigen Händen umgesetzt wurden, Sehenswertes und Besonderes durch einen kulturhistorischen Wanderweg verbunden wird. Ganz gleich, ob all das einem tüchtigen Bürgermeister zu verdanken ist oder Initiativen von Einzelnen oder Mehreren, es ist an vielen Stellen im Ort zu sehen, hat überall dort Hand und Fuß und macht richtig Spaß.

Kram am Rundpfad im Lausl-Park

Der Weg ist nur drei Kilometer lang, doch er sammelt an seinem Rändern viel Sehenswertes und Phantasievolles, dazu schöne Aussichten und vielfältige Landschaften. Schließlich gibt es sogar drei bis vier Einkehrmöglichkeiten, um den Aktivphasen einen direkten Ausgleich entgegenzuhalten.

Groß Bestener Ureinwohner am Fuß des Mühlenberges

Wald der Generationen

Wer die Wegspur kurz verlässt und sich in den nicht mehr als schulterbreiten Kirchsteig wagt, landet bald am Wald der Generationen. Der liegt unterhalb des Südhanges vom Mühlenberg, den klassisch märkischer Kiefernwald bedeckt. Der Wald der Generationen ist eine charmante Idee, bei der jeder Baum einem Anlass gewidmet ist. Die am Rande stehende Tafel ist schon voll mit um die hundert solcher Anlässe wie der Geburt von klein Ida oder der Goldenen Hochzeit von Herrn und Frau Wunderwelt, dem fünften Todestag vom alten Soundso oder Tims Konfirmation.

Reifende Trauben am Südhang des Mühlenberges

Entsprechend viele Bäume bevölkern die lichte Wiese und lassen von jeder Stelle Durchblick auf drei vierschrötige Typen mit breiten Schultern sowie eine Dame mit Sternenhaupt, vielleicht eine entfernte Verwandte der Frau Libertas, die in Übersee seit vielen Jahrzehnten den Wasserzugang nach New York im Auge behält. Das Trio mit den großen Sohlen kommt vom Stamme der Bestwaner, und wer davon wirklich noch nie etwas gehört hat und gleich richtig in die Materie einsteigen möchte, findet Abhilfe im Buch „Bestenseer Märchen“. Wem etwas Halbwissen reicht, der findet vor Ort eine kompakt getextete Tafel.

Weg durch den Weinberg

Lausl-Park

Zu den Märchen passt auch ganz gut die farbenfrohe und verspielte Welt des Lausl-Parks am alten Anger. Auf kleinstem Raum gibt es hier ein Museum mit Seltenheitswert und einen verspielten Hofgarten, dazu einen liebevoll bestückten Parkrundweg mit graphisch ansprechenden Schautafeln, die man nicht schon an anderen Stellen gesehen hat. Teilweise bekannte Inhalte wurden hier so gelungen aufbereitet, dass man es kaum schafft, an eine links liegenzulassen. Falls doch, geht man sicherlich noch mal zurück und will doch sehen, was da zu sehen ist. Blickfänger deluxe.

Mühle am Bestenseer Weinberg

Inbegriffen ist ein um die Ecke gehender Barfußpfad mit einem üppigen Spektrum an Untergründen. Den Weg begleiten alte Geräte, geordnet nach Themen und rustikal überdacht, umgeben wird das Areal von urwüchsiger Natur mit Feuchtgebietsanteil. Zum Betreten und Besuchen wird ausdrücklich eingeladen, sowohl von der schnuckeligen Dorfaue her als auch von der Hauptstraße.

Wiesen am Klein Bestener See

Für Bestenseer bzw. Leute aus der Umgebung bietet der Verein Lebensart und Sammellust noch ein vielfältiges Spektrum von Veranstaltungen für alle Altersgruppen, von Linedance über Bastel- und Spielenachmittage bis hin zu Grundlagen der Smartphone-Bedienung oder Kursen zur effektiven Kräuternutzung.

Kiessee am Ortsrand

Weinberg

Noch einmal zurück zum Mühlenberg: neben dem Wald der Generationen wird der Hang bedeckt von einem nicht allzu kleinen Weinberg, der über die Jahre zu beachtlicher Form gefunden hat. Große, prall bestückte Trauben zwischen blau und grün hängen in den Stöcken, oben am Waldrand gibt es neben dem Weingott Bacchus noch eine kleine Weinlaube. Der Historische Wanderweg führt mitten hindurch.

Uferpfad am Kiessee

Unterhalb der Rebreihen gibt es neben einem überdachten Portal eine offene Hütte, die sich für Winzerfeste oder andere Veranstaltungen nutzen lässt, direkt daneben steht ein kleines frei gezimmertes Modell der Bockwindmühle, die der Erhebung einst zu ihrem Namen verhalf.

An der Taille der Kiesseen

Wer der Spur des Wanderweges nach Westen folgen würde, könnte noch einen Zipfel des verträumten Sutschketals besuchen und dort sicherlich Lust auf mehr bekommen – das Sutschketal mit dem Krummen See ist dann eigentlich eine eigene Geschichte und somit auch einen eigenen Ausflugstag wert.

Eichenallee zum Strandbad an den Kiesseen

Südwesten

Wer mehr Auslauf wünscht, kann vom Bahnhof ausgehend in alle Richtungen gehen und wird jeweils andere Landschaften entdecken. Nach Südwesten kommt man bald zu weiten Wiesen, die derzeit sommerlich bunt blühen oder frisch abgemäht vom Boden duften. Vom Bauernsee und dem Klein Bestener See bekommt man dabei nicht viel mit – wer sich auskennt, kann sich ihr Vorhandensein anhand der Bruchwälder herbeivermuten.

Sommerwiese bei den Lauben

Hinter einem Waldstück liegen dann die beiden Kiesseen mit ihren schönen Badestellen und dem Strandbad. Entlang der Waldränder und Wiesen oder auch unmittelbar am Ufer winden sich schöne, stille Wege. Das Wasser ist klar, die gut verteilten Sichtfenster wirken allesamt beruhigend. Hier und da ein Ruderboot, hinten am Strand entfernte Strandgeräusche und dazu passend eine kaum wahrnehmbare Prise Sonnencreme gemischt mit Tabakrauch. Vom umzäunten Strandgelände führen gemütliche Eichenwege und nadlige Waldpfade zurück nach Bestensee, unterwegs bieten sich vom Bergfeld weite Blicke über schier endlose Wälder.

Waldpfad nach Klein Besten

Süden

Direkt nach Süden kann man sich stets dicht am Ufer des großen Pätzer Vordersees halten und ist hier meist auf schattigen Pfaden unterwegs, die stellenweise abenteuerlich schmal werden. Weiter südlich wird die sachlich gehaltene Neusiedlung Wustrocken berührt, doch das stört nicht groß, da es zum See hin stets urwüchsig und schön bleibt.

Uferpfad am Pätzer Vordersee

Das Spiel mit den Pfaden lässt sich vorbei am Schweinewinkel bis zur Südbucht des Sees betreiben und auch gern zu einer vollständigen und reizvollen Seeumrundung erweitern, die sich nur rund um Pätz etwas vom Seeufer entfernt. Das darf dann an dieser Stelle gleich die Richtung Osten mit abdecken.

Gartenwiese in Bestensee

Norden

Im Norden schließlich gibt es den Fanggraben, der hier und da schon ein wenig Spreewald-Stimmung öffnet. Direkt am Wasser liegt auch das über zweihundert Jahre alte Königliche Forsthaus, das direkt mit Friedrich dem Großen zu tun hat. Heute gibt es hier ein wunderschön gelegenes Restaurant, von dessen Terrasse man mit etwas Glück einen Eisvogel beobachten kann.

Ehemaliges Königliches Forsthaus am Wehr

Direkt daneben steht noch eine luftige Weinscheune und zwischen beiden liegt ein süßer Ententeich. Vorbei am Rügendamm schlängelt sich in Richtung Todnitzsee ein Waldpfad parallel zur Straße, der an heißen Tagen eindrucksvoll den klimatischen Unterschied zwischen Naturboden und versiegeltem Boden zeigt.

In der Südbucht des Todnitzsees

An der Südbucht des Todnitzsees hilft zwischen wurzeligen Pfaden ein metallenes Brücklein über den Fanggraben, der hier einiges breiter ist als am Forsthaus und allenfalls von Olympioniken überspringbar wäre. Nur ein paar Minuten weiter reicht der dünensandfeine Strand großzügig von der Uferlinie bis hoch zum Sportplatz.

Brücke über den Seenverbinder zum Todnitzsee

Zwischen Strand und Ortszentrum erstreckt sich ein leicht hügeliger Nadelwald, dessen Bäume so licht verteilt sind, dass man locker ein fünfhundert Meter entferntes Reh entdecken könnte. Durchzogen ist der Wald von einem unregelmäßigen Weg- und Pfadenetz, das einfach Spaß macht. Selbst wenn man also gar nicht baden gehen möchte oder die Jahreszeit nicht danach steht, der Weg zum Strand dürfte das ganze Jahr über ein gern benutzter sein.

Stadtwald zwischen Strand und Stadt

Schöne Touren lassen sich als Weg zum nächsten Bahnhof gestalten, im Norden Königs Wusterhausen, im Süden Groß Köris, gleichermaßen gibt es für tagesfüllende Rundtouren eine Hand voll Möglichkeiten. Am Ende des Tages gab es schließlich neben einer stattlichen Sammlung von Mückenstichen auch eine ganze Reihe Eindrücke, Stimmungen und bleibende Bilder fürs Langzeitgedächtnis. Beim nächsten Treffen mit Muttern konnte dann dementsprechend gefachsimpelt werden.

Anfahrt ÖPNV (von Berlin): Regionalbahn von Berlin-Ostkreuz (ca. 30 Min.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): Autobahn bis Abfahrt Mittenwalde/Bestensee, dann Landstraße (ca. 1 Std.)

Länge der Tour: ca. 13 km (Abkürzungen vielfach möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Lausl-Park Bestensee

Kulturhistorischer Wanderpfad Bestensee

Weinberg Bestensee

Einkehr: Imbiss im Lausl-Park
Ristorante Bel Lago, Bestensee
La Villa Due, Klein Besten
Steakhaus 1775, Bestensee
Die Weinscheune, Bestensee










Altlandsberg: Goldene Zacken, spätes Tassenglück und das erkannte Blümchen

Dieser Herbst spielt auf der ganz großen Orgel, mit vollem Registerwerk. Nicht laut, aber vollmundig, nicht plakativ, doch aus vollem Herzen. Es ist ein Fest für die meisten der Sinne, die dem Menschen gegeben wurden, und man kommt mit dem Genießen dieser wochenlangen Darbietung kaum hinterher. Wer hier schon öfter las wird wissen, dass der Herbst ein hohes Ansehen genießt und womöglich auf bereits bekannte Strophen eines Hoheliedes treffen. Gegebenenfalls sind also nur ein paar Absätze zu überspringen – genauso gut kann jedoch lauthals eingestimmt werden.

Kurz vor dem Erpewald

Erstaunlich ist in diesem Jahr, wie allgegenwärtig noch die Farbe Grün ist. Im Unterschied zu den vorangegangenen Herbsten waren zudem nur wenige Zugformationen am Himmel zu beobachten – entweder die großen Flügelschwinger haben sich schon vorher im Stillen auf die Reise begeben oder sie wissen, dass noch ausreichend Zeit bleibt vor dem Wechsel in die wärmeren Gefilde.

An der Kirche

Überall auf dem Boden finden sich nun reichlich Materialien für farbenfrohe Basteleien, lassen sich auf einem kurzen Spaziergang ganze Händevoll gefallener Blätter sammeln, deren nicht ein einziges die Farbe eines anderen haben muss. Dazu eher Dreidimensionales, das nach dem Holzbohrer verlangt, dem denkbar unschuldigsten und allerersten aller Werkzeuge, das sogar den Weg in kleinste Kinderhände findet. Eicheln lassen sich hervorragend mit Bucheckerhüllen in Schale schmeißen, Kastanien verleihen ausgedienten Streichhölzern einen längerfristigen Sinn und die Bucheckern selbst ergeben in der leergewohnten Streichholzschachtel ein schönes Zeug zum Rasseln. Als letzter Schliff lässt sich die Schachtel selbst mit ledrigem Laub tapezieren und an die nächstliegende Oma verschenken, die dann versonnen rasseln kann, wenn wieder Stille herrscht im Hause.

Allee zum Reiterhof

Auf den Feldern und im Wald huschen neben ein paar bummelletzten Lerchen noch hier und da die Finken herum und steuern die verbliebenen niedlichen Geräusche aus der Vogelecke bei. Was sonst aus Schnäbeln tönt, ist eher holzig, klagend oder leicht rabiat und übernimmt von Woche zu Woche mehr die Geräuschkulisse unter freiem Himmel. In bestimmten Gegenden dominieren natürlich die Gänse- und Kranichscharen, die dem Fernreisen abgeschworen haben und so die winterliche Stille untergraben.

Marktplatz Altlandsberg

Die gerne indianisch benannte Mischung aus Altweibersommer und Goldenem Herbst findet also in diesem Jahre sehr genüsslich statt, und so läuft dauerstaunend durch die Gegend, wer einen Sinn dafür hat und in die richtige Landschaft gereist ist. Die größten Spektakel zwischen kupferbraun und golden, leuchtendgelb und dem Rot von Blutorangen finden entgegen mancher Erwartung nicht im Walde statt, sowohl im Mittelgebirge als auch hier im flachen Land. Linden, Ahorne und Eichen lassen sich ebenso gut in offenen Landschaften mit langen Alleen bewundern, die zum Teil kilometerweit zu sehen sind und unter den wandernden Lichtflecken der perforierten Wolkendecke regelrecht zum Leben erwachen. Was eben noch nach nichts aussah, kann im nächsten Augenblick zur Göttlichkeit erstrahlen und bis zum Zücken der Linse längst wieder im grauen Jäckchen überm Boden hocken. Es heißt also wortwörtlich, den Augenblick zu genießen.

Schlossgut Altlandsberg mit Schlosskirche

Alleen haben häufig mit Ortschaften und offenem Land zu tun, und solches findet sich oft schon in geringer Entfernung von der nächsten Stadt, sogar wenn diese ziemlich groß ist. Solche Stadtrandtouren tragen meist einen besonderen Charme, weil die Natur mit spröden Elementen und eher pragmatischen Bauwerken der Infrastruktur durchmischt ist, häufig auch mit punktuellem Lärm oder Gestank. Umso erstaunlicher war es am beschriebenen Tag, dass laute Schnellstraßen und große Gewerbehallen, rauchende Schlote und riesige Strommasten kaum im Gedächtnis blieben, da es so viel im Kleinen zu entdecken gab. Überraschend waren auch die Menge an schönen Pfaden und der geringe Anteil an hartem Belag unter der Sohle.

An der östlichen Stadtmauer

Altlandsberg

Das schöne Ackerbürgerstädtchen wurde schon vor einigen Jahren besungen, fast zur selben Zeit im Jahr, doch eher allgemein. Das regelmäßige Wiederkehren ist in diesen Jahren auch deswegen spannend, weil das Schlossgut rund um die Kirche nicht in einer Hauruck-Aktion saniert wird, sondern behutsam Schritt für Schritt. Die Veränderungen und Fortschritte lassen sich daher bestens verfolgen, und dank guter Planung und Geschmack wird das Ensemble mit jedem vorbeigewehten Jahr etwas schöner, findet nach und nach zur Vollständigkeit zurück. Vom Markt ausgehend ist das verschiedenartig gepflasterte Gelände in ein paar Minuten erreicht, und es sollte stets ein Extra-Viertelstündchen eingeplant werden, um die Veränderungen zu beschauen oder Bekanntes neu zu entdecken.

In diesem Jahr ist es die Parkanlage westlich von Schlosskirche und Brennerei, vor Kurzem noch eine wilde und krautige Fläche ohne erkennbare Struktur. Jetzt sorgen zwei Alleechen und die erkennbare Form des Bassins für erste Gestaltbildung, die Phantasie kann in dichterischer Freiheit ergänzen, wie es am Ende einmal aussehen könnte. Vielleicht ja schon im nächsten Jahr?

Am Obstgarten

Für eine Umrundung der Altstadt entlang der Stadtmauer sollte eigentlich bei jedem Besuch des Städtchens Zeit bleiben, zumal hier jede Jahreszeit ihren Reiz hat und die halbe Stunde schon aufgrund ihrer Kürze kaum langweilig werden kann, von der Schönheit des stillen Weges gar nicht zu reden. Goldene Teppiche von kollektiv abgestürztem Laub wechseln ab mit spiegelglatten Pfützen, die den durchwachsenen Himmel zerrfrei auf den Boden holen.

Weg am Erpebruch

Bei jeder Umrundung lockte unweit des Berliner Torturmes ein Weg, der nun endlich entdeckt werden darf. Die urige Erweiterung entlang der wilden Erpe bietet wonnige Pfade, eine begehbare Streuobstwiese und den durchfeuchteten Bruchwald des Baches, der nach dem wiederholten Regen der letzten Wochen recht lebendig fließt. Ein rührendes Rastbänkchen wird von rotem Weinlaub eingerahmt, ein anderes setzt sich im warmen Licht einer Wegkurve in Szene und ein bunter Schilderbaum bietet Bausteine für den Tag an. Im dichten nassen Wald flattert es stimmlos hin und her. Quer über die Wiese oder wenige Meter hoch zu den Garagen verbinden Schleichwege die Naturkulisse mit jener der Stadt.

Fahrradhof

Die Erpe sorgt für einen kleinen wilden Streifen entlang ihrer Uferlinie, den auch die Landstraße nicht unterbrechen kann. Nach dem Warten auf eine Verkehrslücke und ein paar Straßenschildern ist man gleich wieder in der satten Natur und trotzdem meternah am Rande der Bebauung, das schließt sich hier nicht aus. Der Blick wird frei für eine der dramatischsten Fallstufen der Erpe, die hier über mehrere Meter regelrecht ins Strudeln kommt, dahinter dann in einem Teich mit Insel kurz verschnaufen kann von so viel Aufregung.

Pfad hinter der Kaufhalle

Hier quert ein Weg, der einmal Bahndamm war, ganz unverkennbar. Läuft bald zum Pfad ein und schleicht direkt hinter den Zäunen lang. Selbst Durchfahrenden dürfte in Altlandsberg die hohe Brandmauer voller Fahrräder aufgefallen sein, die zu einem Fahrradladen gehört, der auch aus der Vogelperspektive bestens zu erkennen ist. Unten wird gerade gefachsimpelt, Räder werden hin- und hergeschoben, Termine und Optionen verhandelt, mit einem Ton von leiser Wichtigkeit im hinteren Teil des Satzes. Mädels und Jungs in Blaumännern oder freizeitlicher Wochenendgarderobe tummeln sich zwischen stinknormalen, hochtechnischen und saucoolen Zweirädern, mit dem Merkmal erforderlicher Pedalkraft als kleinstem gemeinsamen Nenner.

Entlang der Erpewiesen nach Süden

Wer nicht nach links schaut und damit vorbei an Baubrachen und Gewerbe-Parkplätzen, kann sich tief in der Botanik wähnen, die sich gen Süden hin erstreckt. Dafür sorgt maßgeblich der Wiesengrund, eine fein umgesetzte Mischung aus Bruchwald, Wiesengrund und Erpewasser. Eine Handvoll Schritte erlauben den Wechsel vom Weg direkt zur Wiese, auf der noch manches Blümchen seine knickrige Blüte in den Himmel reckt und damit manche Biene aus der späten Reserve lockt. Vorn bei den Häusern ist jemand tüchtig mit einem nölenden Gartengerät beschäftigt.

Ziegen am anderen Ufer

Hinter den letzten Gärten beginnt dann ein stets leicht geschwungener Weg, der den Bachgrund der Erpe im Blick behält. Die schon bekannten Ziegen am jenseitigen Ufer ragen auch heute wieder mit der oberen Hälfte aus dem Grase, blicken eine Zeitlang fast synchron in unsere Richtung, beenden das ebenso synchron und rupfen weiter an den struppigen Grasbüscheln zu ihren Hufen.

Bank auf dem Kamm

Etwa auf dieser Höhe steht rechts des Weges ein Bäumchen, das eigentlich ein aus dem Ruder gelaufener Busch ist. Das Pfaffenhütchen hat nicht nur lustig umhüllte Früchte von markanter Form, sondern fährt im Herbst mit seiner Laubfärbung ein kleines Spektakel auf, das erst nach kurzem Augenausschütteln klar zwischen Laub, Früchten und deren Hüllen unterscheiden lässt. Orange, karminrosa, ein Spektrum an Rottönen – alles dabei. Verbunden durch ein besonders zähes Holz, das ein wenig den fast vergessenen Namen Spindelstrauch erklärt. Auch hochwertige Holzkohle lässt sich daraus herstellen. Und der ganze Stolz des männlichen Teilnehmers der Tour war es natürlich, diese hochgewachsene Blume wiedererkannt zu haben.

Reiterinnen und Farbtöne

Kurz vor dem Unterqueren der schnellen Landstraße sorgt erneut das Schild des Fernwanderweges E 11 für Erstaunen, denn die Vorstellung, gerade ein Stück des Weges vom südholländischen Nordseestrand zu den polnischen Masuren zurückzulegen, lässt einen für ein kurzes Stück eher schreiten als schlurfen. Gleich dahinter sorgt eine Rastbank für eine ganz andere Körperhaltung, liegt sie doch auf einer steil zu erklimmenden Anhöhe am Rand eines weiten Ackers. Umtost vom Lärm der Straße und frei von jeglichem Windschutz ist sie zwar nur bedingt gemütlich, dennoch verlockt schlicht die kühne Lage zu einer Pause. Noch weniger lässig gerät die Körperhaltung dann beim Abstieg, denn das kurze Gefälle ist steil und die offene Erde noch leicht klamm vom letzten Regen. Diese Pause wird im Gedächtnis bleiben.

Licht durch Laub

Auf dem abgeschiedenen Feldweg mit seinen Schlaglöchern und Pfützen passieren in kurzem Abstand zwei muskelbepackte Fahrzeuge mit Fokus auf dem Timbre hinterm Endschalldämpfer, was an dieser Stelle leicht surreal wirkt. Erst ein breitschultriger Pickup mit grollendem Vielzylinder, dann ein im selben Mattschwarz gehaltener Chopper mit sonorem Klang, obenauf ein einschlägig in Leder eingeschlagener Bauchpfleger mit Stahlhelm, die schweren Arme an den Lenkerenden festgehakt. Vielleicht zahlen ja beide Beiträge beim selben Verein, der mit der Ladefläche holt gerade neues Bier und der mit dem Sozius freut sich schon bald drüber.

Pfad nach Fredersdorf

Wiesengrund

Bei den Häusern von Wiesengrund strömt Duft aus einem kleinen Bruch, das wiederum von der Erpe gespeist wird. Die schlägt hier einen hübschen Bogen durch die Wiese, an dessen Ende fast schon Elisenhof erreicht ist.

Grünstreifen in Fredersdorf Nord

Elisenhof

Jetzt nimmt der Verkehr mit einem Male zu, fast alle zwei Minuten kommt ein Auto von vorn oder von hinten, und jedes davon ist eindeutig rot. Vielleicht ja ein anderer Verein, vielleicht das, was von den traditionsreichen Elisenhofer Rotkutschern übrig geblieben ist. Weitere Gedanken in dieser Richtung werden von extrawürziger Stallluft verweht, die dem Rückenwind geschuldet auch nach Verlassen des Weilers noch erhalten bleibt. Die Enten waren gerade die Kühe besuchen, dem Anschein nach ausgedehnter, während die Schweine sich visuell im Hintergrund halten, duftlich hingegen die Wahrnehmung bestimmen.

Grünstreifen in Fredersdorf Nord

Das folgende Wäldchen zeigt sich talentiert im Darstellen großen und vielfältigen Waldes – gemischter Bestand, verschiedene Landschaftsformen und sogar randständiger Ginster sind nur einige der dargebotenen Disziplinen. Den nächsten breiten Weg teilen wir uns kurz mit zwei Mädels zu Pferde, die Mädels in mehreren Grau-Schattierungen, die Pferde in braun-weiß und beide Paare jeweils verschieden hoch. Es passt in diesen farbenfrohen Tag. In der anderen Blickrichtung hat sich ein Sonnenstrahl bis zum Waldboden durchgearbeitet und bringt kurz vor dem Ziel gerade einen Zweig gezackten Eichenlaubs zum Leuchten.

Kleiner Stadtpark

Entlang eines winzigen Erpezuflusses zieht sich ein Pfad am Rand der weiten Wiese entlang, setzt sich bald fort im efeudurchrankten Wald, der ein wenig an einen vergessenen Schlosspark erinnert. Ein paar umgemorschte Bäume sind zu übersteigen, auch zeugt eine gut ausgebaute, hüfthohe Asthütte von den zurückliegenden Ferienwochen und kleinen Abenteuern auch ohne lange Reise.

Zwischen den Wohnvierteln wurde ein breiter Wiesenstreifen gelassen, der vor ein paar Wochen sicherlich noch vom Gezirpe später Grillen beschallt wurde. Jetzt liegt er warm im tiefen Licht der Sonne, wenn die Wolken sich kurz öffnen, und hier und da ziehen auf den entstandenen Trampelpfaden Spaziergänger von da nach dort oder der Länge nach hindurch. Vom benachbarten Schilfteich hört man bestens unterhaltene Enten, oben am Himmel kreisen ein paar gelangweilte Raben.

Feldweg nach Wolfshagen

Fredersdorf-Nord

Der schnurgerade Weg entlang der Hauptstraße hält eine goldene Brezel fest im Blick, weiter hinten den Preisaushang einer erleuchteten Tankstelle. Ein Käffchen wäre schön, doch der Bäcker hat schon zu, die Tanke ist zu weit weg, also wird das auf später vertagt. Das war gut entschieden, denn bald schon queren wir einen kleinen Platz, der lose mit Bäumen bestanden ist und viel luftige Fläche für schöne Freizeitsachen anbietet. Darunter auch eine Menge Rastbänke, auf denen wir jetzt den Rucksack leerfuttern und den letzten Tee vor dem Erkalten bewahren.

Grün und Braun

Hinter dem letzten Haus beginnen unmittelbar die fein gekämmten Felder, getrennt nur durch einen tänzelnden Pfad. Voraus hängen schwer Hochspannungsleitungen zwischen ihren Masten und ganz hinten werden die aufgebauschten Kronen einer Allee in regelmäßigen Abständen an- und ausgeknipst, in der vorhin beschriebenen Art. Zwei Piepmätze stieben vom Wegesrand auf, jagen kurz umeinander und wittern Gefahr durch die zwei aufrecht gehenden Gestalten. Lassen sich fallen in die braune Ackerkrume und verschmelzen umgehend mit den ersten zarten Halmen der Wintersaat. Grünfinkentarnung vom Feinsten – erdbrauner Rücken, grüne Vorderseite.

Rübenhaupt

Hinter dem nächsten Querweg wächst anderes im Boden. Beim letzten Besuch vor ein paar Jahren lag frisch geerntet ein kleines Gebirgsmassiv aus steinharten und bleischweren Zuckerrüben am Wegesrand, hoch wie ein Haus und vermutlich ebenso schwer. Heute stecken die massigen Früchte noch im Boden, mit reichlich Blattwerk obendran, und jeder, der Geschichten mag, wird wissen, wie schwer es ist, solch Rübchen zu entwurzeln. Also versuchen wir es gar nicht erst und staunen nur darüber, was im Erdreich so wachsen und gedeihen kann.

Altlandsberg in naher Ferne

Beim Blick nach Westen setzt sich alles von Altlandsberg in Szene, was oben rausguckt, davor tun dies auf Augenhöhe die bunten Wipfel einer dieser oktoberbunten Alleen, die der Stadt zustreben. Diese hier hat sogar einen Radweg nebenbei, auf dem uns in den nächsten Minuten ausschließlich griesgrämige Gesichter entgegenkommen, vielleicht dem mittelforschen Gegenwind geschuldet. Nach dem Abbiegen in Wolfshagen findet das Leid ein Ende. Der Weg führt nach Waldkante, so zumindest meint ein Schild.

Altbekannte alte Weiden bei Waldkante

Wolfshagen

Bei den sagenhaften Kopfweiden, die dreistellige Jahreszahlen auf dem Buckel haben müssen und zum Teil schon mehrfach auseinandergerissen sind, laufen vor uns zwei Leute mit einem Hund, der ähnlich alt sein muss. Mit zusammengebissenen Kiefern läuft er immer einen Rübenwurf weit, lässt dann schwer den Hintern auf den Boden sacken, leicht verschränkt, da nicht ein Hinterbein wie’s andere läuft. Macht kurz Pause, bevor er das massige Hinterteil ebenso verschränkt wieder auf Reisehöhe hievt. Das geht nur noch mit Hilfe des Schwanzes, der mittlerweile ähnlich kräftig wie ein vollwertiges Drittbein ist. Wehzutun scheint ihm nichts, nur anstrengend ist es eben, und er kennt die Runde und ihre unabänderliche Länge. Der kleine Treck aus Frau- und Herrchen und noch einem zweiten Hund schlurft wohl genau im richtigen Tempo. Und wie auch immer: man möchte den Hut ziehen vor dem tapferen Kerl.

Allee zum Reiterhof

Vor einem länglichen Geteich, dessen Durchfluss die Landschaft hier geprägt hat, lässt sich mit einem Doppelschwenk die Einsamkeit wiedererlangen. Von der urigen Allee mit ganz großen und ganz kleinen Bäumen und allerhand Strauchwerk als Füllwerk wird im Norden wieder wechselndes Allee-Licht geboten, im Süden eine dunkle Wolkenfront, die einiges später noch etwas Regen bringen soll. Und jetzt einen herrlich pastellblauen Kontrast zur sonnenwarmen Landschaft abgibt. Fast ein halbes Stündchen lässt sich dieser Weg genießen, mit viel Laub am Baum und auch schon raschelfreudig auf dem Boden.

Schönes Fahrzeug im Vordergrund

Beim Reiterhof ist grad nix los. Die paar Pferde, die draußen stehen, stehen einfach nur draußen, alle parallel ausgerichtet und etwas abwesend, wie Bluesfans bei einem übergeholfenen Kurs für Formationstanz. Warten vermutlich auf rosa Pferdemädchen, toughe Stadtfrauen in eleganten Reiterstiefeln oder sonstige Klischees, vielleicht aber einfach nur auf etwas Zuwendung vom hiesigen Hegepersonal.

Auch uns ist nach etwas Zuwendung, und so streben wir mit leicht erhöhter Schrittzahl in Richtung Einkehr an der Stadtmauer, zu Füßen des Strausberger Torturms. Unterwegs bringt ein kleiner Kutschwagen mit stämmigem Zugpferd davor den übersichtlichen Verkehr der Kaffeestunde in halbminutenlangen Verzug. Doch alle lächeln, keiner ist genervt, zuallerletzt das Pferd mit seinen extracoolen Schlaghosen.

Stadtmauer Ost im schönsten Licht

Bald folgt der Abzweig zu diesem Weg entlang der Stadtmauer, einem der schönsten aller Wege, den man sich gern mal ins Gedächtnis ruft, wenn gerade irgendein Ärger stattgefunden hat. Der kann hervorragend mit dem Sonnenstand spielen, mit den Farben und den Schatten. Und dann gibt es Kürbissuppe mit Kürbiskernen und auch anderes, was nicht partout zum Thema Herbst passen muss. Den Kaffee lassen wir auch hier aus – der soll uns auf dem Heimweg finden oder eben nicht.

Stadtmauerweg am Bächlein

Ein bisschen Mauerrunde ist noch übrig, perfekt als Verdauungströdelei. Alte Bäume stehen am Dammweg zwischen Mauerbächlein und den klammen Wiesen, jeweils flüchtend vom Weg in den kleinen Böschungen des Dammes. Weiter hinten mussten viele davon weichen, zum Teil ist der Grund ersichtlich im verbliebenen Stumpf, zum Teil nicht, zumindest nicht für Laien. Bis zuletzt setzt sich das Licht im Blätterwerk in Szene.

Am Torturm riskieren wir einen raschen Blick nach links und sehen wahrhaftig, dass die Eisdiele noch offen hat, noch kein Saisonschluss war. Hier nun findet uns der Kaffee, ergänzt um eine Kugel Eis. Die Schlange ist rasch abgearbeitet, jegliches Trinkgeld wird wie immer mit einem trötenden Quietscheschwein quittiert, was eine geniale Idee ist.

Die legendäre Vorstadteisdiele ein paar Tage vor Saisonschluss

In den Gassen der Altstadt strahlt noch manches Rot aus den Gärten. Wieder fallen die schlau ins Pflaster verbauten Abflussrinnen aus glasierter Keramik auf, die typisch sind für dieses Städtchen. Von der Kirche übern Marktplatz zieht eine Handvoll Leute zum Italiener, dem mit dem Gewölbe, hinter ihnen lange Schatten.

Auf dem hübschen Platz mit Plätscher-Brunnen und Laternen und kleiner Stadtinformation im Telefonzellen-Format werden altbekannte Lebensweisheiten und neueste Neuigkeiten ausgetauscht, nicht hinter vorgehaltener Hand und auch nicht eben leise. Der Wind hält sanft dagegen, fegt lakenbreites loses Laub zusammen und jagt es raschelnd übers sonnengoldne Pflaster.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin): mit der S-Bahn bis Hoppegarten, dann weiter mit dem Bus (ca. 1 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): auf der Landsberger Allee stadtauswärts über Hönow (ca. 0,75 Std.)

Länge der Tour: ca. 16,5 km (Abkürzungen sehr gut möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Tourismus Altlandsberg

Seite des Heimatvereins mit vielfältigen Informationen zur Stadt

Schlossgut und Tourist-Information (auch Brauerei/Brennerei)

Traditionsreiche Eisdiele Altlandsberg (geöffnet Mitte März-Mitte Okt.)

Einkehr:
Armenhaus Altlandsberg (am Storchenturm; gute Küche, gemütliches Gewölbe)
Mühle Altlandsberg (an der Umfahrungsstraße; gute Küche, gemütlich)
La Dolce Vita (italienische Küche im Kellergewölbe; bisher nicht besucht)

Sperenberg: Märkischer Fels, blaues Rattern und der zugeknöpfte Flugplatz

Still ist es heute durchaus nicht im beschaulichen Sperenberg. Doch das liegt nicht am Flughafen Berlin Brandenburg International SXP (der wartet ja nun doch woanders auf das breite Band und die übergroße Schere), sondern am herumtobenden Wind, der begeistert durchs Laub der hochgeschossenen Pappeln am Ortsrand drängt. Wie befreit von der niederdrückenden Hitze der letzten Wochen scheint die schnelle Luft, die selbst die Altvorderen unter den Baumwipfeln zum Wogen bringt. Das tun sie in einer bedächtigen Art und Weise, wie man es mit dem schönen alten Wort Schwoofen verbinden würde, dazu den Bildern eines Ballhauses mit bester Patina.

Aussichtsplattform über den Gipsteichen

Vor sechsundzwanzig Jahren ging das Raumordnungsverfahren für den geplanten Großflughafen Berlin Brandenburg in die heiße Phase, das Antwort geben sollte auf die Frage nach Schönefeld, Jüterbog oder eben Sperenberg. Für mich persönlich war damals das Einarbeiten der eingehenden Zuschriften ein ordentlich bezahlter Ferienjob in einem richtigen Ministerium mitten im historischen Potsdam, der spannende Einblicke in eine Art von Vorgang gab, die man bis dahin noch nie zur Kenntnis genommen hatte.

Auf dem Weg zum Gipsberg

Das verdiente Geld dieses bewegten Quartals wurde im Herbst umgehend in einem Spreewalddorf verprasst, im Gegenwert gab es einen Lkw-Motor mit sechs Zylindern, verpackt in eine betagte weinrote Schrankwand aus schwedischer Produktion. Jene Dame, Lotte war ihr Name, vollführte nach dem Fahren über Bodenwellen ein hinreißendes Nachgeben mit dem Heck, eine Bewegung, die man bis dahin allenfalls alten Jaguaren zugetraut hatte. Ihre Rückbank war im Übrigen mindestens so bequem und umschmiegend wie Omas altes Sofa und hatte zur Folge, dass die liebsten Menschen beim Mitfahren in den Fond verwiesen wurden. Jede Rückfahrt nach einem Ausflugstag hatte schon ein bisschen Vorgeschmack aufs abendliche Abhängsofa.

Über dem Hochufer der Gipsteiche

Für Sperenberg hingegen ergab sich, dass die im selben Jahr eingeleitete Flugpause von Dauer sein würde. Vorher hoben hier über Jahrzehnte und Tag für Tag große und noch größere Maschinen mit kyrillischen Aufschriften ab, denn bis zum Abzug der sowjetischen Besatzungstruppen im Herbst war der gar nicht so kleine, gut fünfunddreißig Jahre alte Flughafen für Zehntausende so etwas wie das „Tor in die Heimat“, nach Moskau.

Kurz nach dem verbaselten Eröffnungstermin No. 1 in Schönefeld wurde Sperenberg noch einmal ins Gespräch gebracht – als stille Reserve, wenn Schönefeld gemäß aktueller Zahlen schon bald an seine Grenzen stoßen sollte. Getan hat sich seither kaum etwas – die Natur holt sich das Gelände langsam zurück und ein weitgefasster Ring von Warnschildern rät neben einigen verstreuten Stacheldrahtsträhnen halbwegs überzeugend vom Betreten des Geländes ab, das als Brandenburgs größtes Flächendenkmal gilt.

Felsenstiege von der hohen Kante auf Teichniveau

Sperenberg

Östlich des Flughafens dagegen trifft man in und um Sperenberg auf eine ganze Reihe von Einladungen, und so ist der Ort für verschiedene Interessengruppen unbedingt die Anreise wert. Die Eisenbahn von Berlin über Zossen nach Jüterbog hält hier leider nicht mehr, auch nicht woanders – die Strecke zwischen Zossen und Jüterbog wurde Stück für Stück eingestellt, endgültig dann kurz vor der Jahrtausendwende. Auf der Schiene nach Sperenberg anreisen lässt es sich trotzdem – leuchtend blau lackiert und ganz einfach per Muskelkraft.

Einer von vier Gipsteichen

Von Mellensee, wahlweise auch von Zossen, kann man per Draisine nach Sperenberg rattern, wo es dann vom Eiskiosk nur noch ein paar Schritte zum weitläufigen Strandbad sind. Vor dem breiten Strand ankern drei Inseln zum Darbieten von Sprungkönnen, dahinter gibt es auf der großen Terrasse Abhilfe gegen Hunger und Durst. Wer dann doch eher aß und saß als haaresklamm schwamm, kann auf kurzen oder noch kürzeren Spaziergängen eine besondere kleine Landschaft erkunden – oder einfach nur auf den Aussichtsturm klettern. Natürlich sind auch größere Ausschweifungen möglich, gut beschildert und thematisch verwandt bis hoch nach Klausdorf am Mellensee.

Erika im Walde

Der August jedenfalls hat sich alle Mühe gegeben, auch diesem Jahr noch eine längere Zeit mit schweißtreibenden Temperaturen und tropischen Nächten nachzuliefern. Seit dem Frühling gab es weitgehend moderate Werte und sogar hier und da nennenswerte Mengen von Regen. Die konnten zwar die beiden Sommer davor kaum ausgleichen, doch genehmigten sie der gebeutelten Botanik hier und da eine kleine Trink- und Atempause, in Folge auch der Tierwelt.

Aufstieg von der Sperenberger Kirche

Dennoch liegt schon reichlich Laub am Boden und sorgt dafür, dass sich die verspielte Luft mit frühen Vorahnungen des Herbstes mischt. Das wird für die Stimmungslage von Sonnenanbetern und Feierern des Sommers die drei Blues-Akkorde gedämpft in eine Dauerschleife schicken. Bei Anhängern des würzig-sinnesfreudigen Herbstes könnte es hingegen ein kleines inneres Juchzen der Vorfreude hervorrufen auf die Wochen und Monate mit den Farben, Düften und Lichtspielen der tiefstehenden Sonne, mit den zahllosen Früchten am Wegesrand und der vielfältigen Materialauswahl für Basteleien aller Art, seien sie nun kind- oder erwachsenengerecht. Wo eigentlich lag noch der Kastanienbohrer?

Blick hinab nach Sperenberg

Perfekt zu dieser Atmosphäre passt der Weg, der von der Kirche sanft auf die Höhen steigt. Vorher lohnt noch ein Abstecher zum Friedhof, wo auf den zweiten Blick ein gewaltiger Maulbeerbaum zu finden ist, in dessen hohlen Stamm eine kleine Familie passen würde. Am Ortsrand dagegen stehen hinterm vorletzten Zaun zwei winzige Bäumchen, voll mit Äpfeln, die als perfekt gelten dürfen. Ein Griff über den Zaun wäre kein Problem, doch zum einen wird ein Auge wachen, zum anderen kann kaum schmecken, wer so schön ist und so makellos. Von weiter hinten tönen Kraniche und bewahren vor weiteren Denkschleifen in dieser Sache.

Abzweig zum Aussichtsturm auf dem Gipsberg

Oben liegen die Felder nun teilweise schon in brauner Krume, während rechts des Weges noch alles grüne Kraut an stiernackigen Stängeln steht. Genießerisch reiht der pulssenkende Weg Kurve an Kurve und verleitet immer wieder dazu, sich umzudrehen und auf Sperenberg hinabzuschauen, das immer weiter unten liegt und von immer mehr Seen umgeben scheint. Zuletzt ragt nur noch das Dreieck der Kirchspitze über den Acker, und kurz darauf geht es rechts zum drahtigen Aussichtsturm. Auf dem Weg dorthin riecht es nach Pappellaub und ersten reifen Früchten, die größtenteils noch fest am Baum hängen, teilweise jedoch schon unten liegen und von windfesten Wespen durchgecheckt werden.

Am Faulen Luch

Gipsberg

Schon die wenigen Höhenmeter zum Fuß des Turmes lassen den Wind anschwellen, ihn sich in einer Richtung sammeln. Erstaunlich wenig schwankt dann der kleine Turm auf dem Gipsberg, von dessen gittriger Plattform sich ein ungetrübter Rundumblick öffnet. Die Sicht reicht weit, viel Wald liegt da unten und flache Höhenzüge strecken sich im fernen Süden, vielleicht ja Hoher Fläming. Vom Ort her drängen nun kleine Trupps von Turmwilligen zur Höhe, bunt und plaudrig und ein bisschen wie auf einem Gemälde ohne zuviel Ernst. Damit es im offenen Treppenhaus keine Abstandsprobleme gibt, gewinnen wir den festen Boden zurück und etwas Fassung in der Frise. Unten werden ein paar Grinser ausgetauscht, alle scheinen bester Laune, jeder will und keiner muss.

Wurzelhang zum östlichen Gipsteich

Der schöne Weg läuft etwas ein und geht dann langsam in den Abstieg Richtung Faules Luch – das klingt irgendwie so richtig gut am freien Tag. Vorher will noch ein ausgedehnter Bogen in die Klausdorfer Schweiz zu mehr Aktivität verlocken, doch man muss es ja nicht gleich übertreiben am Tag 1 nach der großen Hitze. Noch vor dem Faulen Luch treffen wir auf ein Geländer mit einer Art Stollenzugang für Wichte, der jedoch keine Öffnung hat. Eine benachbarte Schautafel verrät, worum es sich hier handelt. Ein klangvoller und einprägsamer Begriff mit K und später auch O bezeichnet demnach ein Stück offenes Erdreich, wo verschiedene Gesteins- oder Bodenschichten wie in einem Schaufenster zu betrachten sind. Auch am Turm vorhin gab es schon so eine Öffnung ohne Öffnung. Das wohlklingende Wort wurde natürlich längst wieder vergessen. Doch Cocktail-Parties stehen ohnehin keine an.

Aussichtsplateau über den türkisen Teichen

Faules Luch

Der Luchsee liegt etwas tiefer und ist in einen breiten Schilfgürtel verpackt, sodass zunächst kaum Wasser zu sehen ist. Erfreulicherweise liegt das nicht an der Trockenheit der Jahre, wie der erste richtige Zugang mit Wasserblick verrät. Der Spiegel liegt ruhig, ein paar Enten dümpeln drüben umeinander, mit abweichenden Vorhaben. Das aktivste sind da noch ein paar Angler, die hin und wieder an den ausgestellten Ruten zupfen und Kneifauge etwas regulieren. Viele Stellen bieten sich, wo man die Beine mal ins Wasser stellen und heiße Sohlen etwas runterkühlen kann. Der 66-Seen-Weg und der Sperenberger Geopfad fremdeln ein bisschen, einer hält Kontakt zum Ufer, der andere will mit ansprechend aufgetafeltem Wissen in den Wald locken.

Hochuferweg

Der Boden-Geo-Pfad war einer der ersten Wege in Brandenburg, die mit eigener Beschilderung als fertige Tages- oder Halbtagestour aufbereitet und den Besuchern angeboten wurden, um diese nach Sperenberg zu locken. Zu bieten hat er neben seinem Variantenreichtum und der guten Infrastruktur nicht nur schöne und spezielle Wege und Pfade, sondern eine ganze Reihe von Besonderheiten, die man im Detail und so geballt nur selten trifft. Dazu zählen ein paar steile Anstiege und ein Hochuferweg, eine ganze Handvoll Aussichtskanzeln und spektakuläre Stiegen durch markanten Fels, schließlich noch ein türkisfarbener Felsensee mit Steilwand und gewissem Tauchappeal sowie eine superlative Bohrung, die noch vor Gründung des Deutschen Kaiserreiches gesetzt wurde. Mehr als einen Kilometer tief, dementsprechend mit den Mitteln von damals und aufschlussreich für die Wissenschaft.

Größter der vier Gipsteiche

Sperenberger Gipsbrüche

Kurz hinterm Faulen Luch also beginnt der kurze, steile Aufstieg, der uns durchaus ins Schnaufen bringt. Unterwegs gibt es bereits den ersten tiefen Wasserblick über einen wurzeldurchflochtenen Dünenhang. Das satte Türkis wird heute auf keinem der vier Teiche geboten, dem zugezogenen Himmel geschuldet, doch das geht in Ordnung. Türkiser als Grau sieht es allemal aus, und in der Phantasie geht alles, wie schon Helge Schneider wusste.

Abwärts auf der Felsenstiege

Oben verlässt der Pfad den Wald und windet sich nun auf das Schönste über den steilen Hängen entlang, deren Umrisse er dabei zitiert. Macht mit seinem ersten Blätterbunt Vorfreude auf herbstliche Hochuferwege an der sächsischen Elbe und lässt staunen über dicke alte Kirschbäume, die in erstaunliche Höhen gewachsen sind. Das muss am Boden liegen. Rechts über die stoppeligen Felder ist ganz winzig der Aussichtsturm auf dem Gipsberg zu sehen, links blitzt durch das dichte Buschwerk hin und wieder großes Wasser durch – oder sind es doch die großen Werkhallendächer?

Von einem Teich zum nächsten

Dem lässt sich an jeder der Aussichtskanzeln auf den Grund gehen, die nach und nach Blicke auf jeden der vier Bruchteiche gestatten, teils mit Bänken zu genießerischen Pausen einladen. Wir lassen keine davon aus und können in durchbrochenen Kapiteln verfolgen, wie sich ein per Motorroller angereister nach dem Bade im tiefen Felsensee wieder anpellt. Scheinbar tut er das in loser Verbindung mit Übungseinheiten aus Bewegungsformen, die ein Chi im Namen tragen. Die Angelegenheit braucht alle Zeit und ist mit tiefen Blicken in Richtung der zehn Zehen verbunden. Oder aber er hat sich in einem spannenden Kapitel eines auf Bauchhöhe gehaltenen Buches festgelesen.

Steilwand und Felsstrand

Kurz wird der Pfad zur dichten Gasse im Sinne eines jungen Weidendoms, dann führt links unvermittelt ein kleiner Weg hinab. Geht über in eine Reihe langer Stufen und schaltet nach ein paar Schritten spektakulär um in eine steile Stiege direkt am Fels. Die könnte so auch in der Sächsischen Schweiz stattfinden, selbst die scharfkantige Felsformation auf Augenhöhe fasst sich an wie Sandstein.

Draisinensackbahnhof am Krummen See

Unten geht es von Teich zu Teich weiter auf wiesigen Pfaden, deren hochgeschossenes Randkraut zum Teil auf Tuchfühlung geht. Unweit einer steilen Felsflanke liegt am Ufer die erwähnte Bohrung, knapp kommentiert von einer Metalltafel. Am größten der vier Wasserlöcher treffen wir nun auf den sich Ankleidenden, der jetzt im Wesentlichen fertig ist und sich daran macht, den Roller abzubocken. Ein paar Meter weiter ist eindrucksvoll die Uferkante zu sehen – purer, gratiger Fels, der direkt und tief ins türkise Dunkel abfällt und Kennern gewagte Kopfsprünge erlaubt. Auf das erwartete Anlassen des Rollermotors mit zugehörigem Zweitaktnebel warten wir vergeblich, doch auch das geht absolut in Ordnung.

Mit dem Füßen im Strandsand

Krummer See

Das Verlassen des Naturschutzgebietes mit seinen vielen Besonderheiten wird hinterm gelben Kauzschild spröde abgelöst von einem Betriebsgelände, das allein seinem Zwecke dient. Jemand Letztes macht noch nötige Handgriffe vor dem Feierabend, schließt dann das stachelbewehrte Haupttor ab und fährt von dannen. Von der Wespentaille des Krummen Sees bietet sich ein friedlicher Blick auf die Ortsmitte.

Schienen eines Nebengleises zeugen noch von der Zeit des Gipsabbaus. Der wurde vor knapp hundert Jahren erstmals eingestellt, weil die Grund- und Trinkwassersituation für Sperenberg bedrohlich geworden war. Das Gleis stammt aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als noch einmal für gut zehn Jahre Gips abgebaut wurde, schlichtweg weil er für den Wiederaufbau allerorten dringend gebraucht wurde. Nach der endgültigen Stillegung füllten sich die Gipslöcher von allein mit Wasser. Die besonderen Böden bedeckten sich im Alleingang mit seltenen Pflanzen, welche Botaniker hier ganze Tage verbringen lassen.

Schleichgang im Ortszentrum

Strandbad Sperenberg

Ebendieses Gleis aus den späten Vierzigern ist es, auf dem die blauen Draisinen von Norden her den Sperenberger Strand erreichen und dabei doch von Süden die Blauen ausrollen lassen. Das Ende der Fahrt markiert ein massiger Findling, direkt gegenüber des Seeufers. Keine fünf Minuten sind es zum Strandbad, wo jetzt Mineralien in hohen Gläsern nachgelegt werden können. Oder gleich richtig eingekehrt, bevor der westliche Kringel der heutigen Acht ansteht.

Wiesengrund beim Heegesee

Während wir auf gefüllte Teller warten, streben zielbewusst drei gemütliche ältere Damen mit Handtaschen zu einer ganz bestimmten Uferstelle. Und hängen nicht etwa ihre Beine ins Wasser beim Plausch, sondern lassen die äußeren Hüllen über die bereits angelegten Badeanzüge rutschen, gehen schnurstracks ins Wasser und beginnen nach kurzer Akklimatisierung ein Herumgeschwimme, das so bald nicht endet. Knapp einen Kilometer ist er lang, der hiesige Krummensee, in der Tat so krumm, wie er heißt und damit ein Badeparadies für schwimmfreudige Damen mit Kondition. Luft- und Wassertemperatur liegen dicht beeinander, und somit gibt es keinen rechten Grund, bald wieder aus dem See zu steigen. Die Küche hat noch lange offen.

Kuhherde auf der Waldweide

Sperenberg

Nach kurzem Berühren des Ortskernes, wo es ein paar Geschäfte und ein paar noble Häuser gibt, nehmen wir den kleinen Mauerschleich zwischen der vorderen und hinteren Straße, wo gerade jemand verstohlen Mirabellen hinterm Zaun hervornascht. Nach der halbwilden Querung des Draisinengleises und einem Wäldchen geht nun beim Sportplatz die saftige Botanik los, die gestärkt vom jüngsten Regen in kräftigem Grün daliegt und die nächste Stunde begleiten soll. Der Waldboden ist durchgetränkt und schmatzt bei jedem Schritt leise nach, teilweise sorgen große Pfützen für etwas Slalom im Kleinen. Das gab es lange nicht.

Eine Möglichkeit der Abgrenzung zum Flugplatzgelände

Nach kurzem Berühren des unzugänglichen Heegesees fällt auf, dass weder Mücken noch Bremsen quengeln. Vielleicht liegt das an den vergangenen Hitzewochen, vielleicht aber auch an mehreren auf Waldweiden verteilten Kuhherden, die sich jeweils dicht gedrängt in der Pausenecke rumdrücken. Wortwörtlich, es ist fast ein lautloses Geschubse, als wäre Mangel an Platz oder Schatten oder verkappter Bedarf an Hautkontakt.

Waldstücke aller Baumart werden von Dünen durchbrochen oder wechseln ab mit winddurchfegten Weideflächen, Düfte von saftigen Wiesen mit den fruchtigen der Pappeln oder prallreifen Hagebutten, douglasiensüße Nadelluft mit der würzigen von getränkter schwarzer Erde. Mitten im Kiefernwald steht unvermitelt eine bettlakengroße Schilfinsel, ein paar Ecken weiter zeigen sich auf tief eindrückbaren Moospolstern die ersten offenen Erikablüten, wie immer winzig und im Rispenrudel. Alles ein bisschen quer durcheinander. Ein grundlegender Waldduft liegt jedoch überall dahinter, gut gemischt vom allgegenwärtigen Wind.

Windige Weide zwischen Wald und Bruch

Nach der nächsten großen Kuhherde, die offenkundig keinen Besuch erwartet hatte und sich mit leichter Entrüstung zerstreut, beginnt eine Kleinserie von unerwarteten Sackgassen. Mehrfach werden wir ausgebremst beim Versuch, uns dem Gelände des Flughafens zu nähern. Die Schilder werden nach und nach grimmiger, klingen zuletzt nach dem Wort Freundchen und würfelschüttelnd geschwungenen Fäusten bei leicht geneigtem Kopf. Manchmal hilft es ja, ein wenig außen herum zu gehen, doch auch das greift heute nicht und irgendwann sind zwei von drei Richtungen tabu. Ein bisschen war das zu erwarten, doch die Hartnäckigkeit beeindruckt.

Pappelallee nach Sperenberg

Glücklicherweise sind Plan B und C dabei. Doch auch der auf allen verfügbaren Karten breit und durchgehend eingetragene Waldweg wird irgendwann zum Pfad und versiegt kurz hinter dem nächsten Hochstand in borstigem Kraut. Jetzt also ist einzusehen, dass es heute nicht weiter gehen soll, und so wählen wir die beste Mischung aus schönen Wegen und wenig Doppelungen, um auf kürzestem Wege zurück nach Sperenberg zu kommen – auf Nummer Sicher. Das klappt, wird begleitet von pittoresken Weidezäunen, rauschenden Pappelreihen und zwei Schwänen, die in der Luft bereits ihr Reisetempo erreicht haben.

Altes Wirtshaus an der Kirche

Ein schöner Ausgleich für den entgangenen Flughafen und die erhofften Erika-Flächen ist jetzt nochmal der Abstecher zum Eiskiosk am Draisinenfindling, der von herrlichen Eisleckbänken umgeben ist und jetzt auch offen hat. Der Sommer hat den Tag zurückgewonnen, der Himmel ist blauweiß und die Gipsteiche tragen sicherlich ihr schönstes Türkis zur Schau. Doch sind die Beine träge, säuselt der Wind im Uferschilf und legen die Schwäne von vorhin auf dem Krummen See eine filmreife Landung hin. Bei so viel gebotenem Spektakel obsiegt doch die Option auf ein zweites Eis mit ausgestreckten Beinen.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
Regionalbahn bis Zossen, dann mit dem Bus (1,75-2,5 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): B 96 bis Zossen, dann über Mellensee nach Sperenberg; großer Parkplatz am Strandbad

Länge der Tour: 17 km (Abkürzungen vielfach möglich; selbst kurze Varianten sind abwechslungsreich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Boden-Geo-Pfad

Klausdorfer Rundweg (PDF)

Informationen zu Sperenberg

Allerhand zum Flugplatz Sperenberg

Ein Blickwinkel von benachbarter Seite

Einkehr: Strandbad Sperenberg (mit großer Terrasse)
Phulkari Thai-Imbiss, Sperenberg (Nähe Kirche)
Bäcker Kirchner (Trebbiner Str.)