Raddusch: Fliehendes Wasser, Mühlentumult und die Gipfelkladde

So gut getränkt das Frühjahr war und entsprechend vegetationsüppig der Sommer, so bunt fällt in diesem Jahr auch der Herbst aus. Je nach Gegend sieht man die sagenhafte Farbpalette der Ahornbäume, die Goldton-Spielarten des Buchenlaubes gemischt mit flirrendem Birkengelb oder etwas später die handfesten Farben des Eichenlaubes. Durch die ganze Jahreszeit flechten sich sagenhafte rote Gebilde oder Hauswände mit wildem Wein.

Boblitzer Kahnfahrt

Nach ersten frostigen Nächten Mitte Oktober ist es in dessen letzten Tagen mit einem Mal kalt geworden. Auf der Weltbühne spielen sich zugleich Dinge ab, so absurd, dass sie kaum wahr sein können – ein bisschen wie aus einem kruden B-Movie. Doch sie sind tatsächlich ernst gemeint. Kleine Fluchten sind daher willkommen, weite Landschaften dafür besonders geeignet.

Gipfelkreuz auf dem Schwarzen Berg

Neben dem Oderbruch oder dem Havelland hat davon auch der Spreewald reichlich zu bieten, was manchem vielleicht gar nicht so gegenwärtig ist. Meistens sind dafür ausgedehntere Wegstrecken ohne Abkürz-Optionen in Kauf zu nehmen, denn das Wasser und sein tausendläufiges Adernetz geben hier die Regeln vor. Selbst wer daran dächte, eine Sackgasse zu erkunden und am Ende einfach das sackstiftende Fließ zu durchschwimmen, trifft am anderen Ufer nur selten auf einen Anschlussweg und hat mich etwas Pech ein paar Blutegel zu Gast. Es ist ein tief verwunschenes Reich aus lichtem, doch zugleich tiefem und unberechenbarem Wald, und so setzt man den Fuß besser auf bestehende und angeschlossene Wege und nirgendwo anders hin.

Radduscher Buschmühle

Klassiker unter solch ausgedehnten, nicht kürzbaren Rundtouren beginnen in Lübbenau, Straupitz oder Alt Zauche. Etwas entfernt von den Besucherströmen gibt es von Raddusch aus einen schönen Moorlehrpfad in moderater Länge, der zudem eine Reihe von Variationen, Abkürzungen oder Erweiterungen gestattet. Der Themenweg ist vor Ort nicht ausgeschildert, doch per mobilem Endgerät gut nutzbar und wird an einzelnen Stationen auch am Wegesrand sichtbar. Ein Zweierteam gehäkelter Frösche in Plauderlaune bietet guten Wiedererkennungswert.

Südumfluter bei Raddusch

Raddusch

Raddusch liegt eher in Randlage des Spreewaldes, noch südlicher als der Südumfluter, einer der beiden großen Klammern des unvergleichlichen Labyrinths, und ist Ausflüglern am ehesten durch die Slawenburg bekannt. Deren eindrückliches Ausmaß wird einem erst bewusst, wenn man im Innenhof des runden Gebildes steht, das scheinbar ohne einen Nagel aus Naturmaterial errichtet wurde. Raddusch ist ein hübsches Dorf mit ein paar Hotels und einem kleinen Kahnhafen, der ohne viel Menschengebautes die holzverflochtenen Ufer der Radduscher Kahnfahrt nutzt. Das spiegelnde Wasser scheint unbewegt, doch etwas Fließen lässt sich bei beharrlichem Hinsehen entdecken.

Am Kahnhafen Raddusch

Im Ort gibt es zudem das gemütliche Alte Backhaus, das wohl schon in der Kuchen-Winterpause ist, ferner einen Skulpturenweg und eine Alpakafarm. Am Zupfad zu den Spreewaldbrücklein am Hafen steht auf der Straße ein Bärtiger und stiert irgendwo hin, so ausdauernd und unbewegt, als zählte er schon zum Skulpturenpfad.

Alpakas in Raddusch

Eine textreiche Gruppe von Kindern mit gemischten Elternteilen strebt zum Ortsrand, wobei eher die Großen plappern als die Kleinen, welche eher mit spreewäldischem Entdecken oder dem Vortragen einschlägiger Beschwerden beschäftigt sind. Ein Brücklein und eine Pfadminute später öffnet sich eine weite, durchnässte Wiese und zieht den Blick sogleich auf eine bunte Horde von Alpakas, einige Stimmlagen schnellen daraufhin nach oben. Die Tiere sind ja von Hause aus schon niedlich, vor allem dank ihrer Gestalt und ihres Felles und wie und wo sie es gerade tragen. Sie können am ganzen Leib oder nur am Kopf pausbäckig aussehen, wirken stets interessiert und bleiben eine Zeitlang im Dialog mit jedem, dessen Aufmerksamkeit gerade gewonnen wurde.

Radduscher Skulpturenpfad

Drüben läuft die heutige Kontaktbörse zwischen Alpaka-Wandertour-Leuten und den gute Laune stiftenden, frostbeständigen Kameltieren. In der anderen Richtung stehen zwischen meterdicken Eichen die verschiedenen Skulpturen, bei denen die Kettensägen-Virtuosen sich teils an ebensolchen mächtigen Stämmen austoben konnten.

Am Ortsrand von Raddusch

Der Weg aus dem Dorf wird begleitet von einer Reihe abgeparkter Strohrollen, die in der just erwachten Sonne würzig duften und weitaus fester gepackt sind, als man denkt. Von links schleicht sich das gewundene Seeser Fließ herbei und trödelt bald unterhalb eines langen Wiesenhanges, was im flachen Spreewald schon staunen lässt. Tatsächlich ist kurz darauf ein Gipfelkreuz ausgewiesen, lockt ein Weg auf die Höhe, der über die gesamte gute Aufstiegsminute spürbar in die Schenkel geht. Oben ist dann die Hochebene erreicht, mit Blick über die Senke des Kahnsdorfer Fließes. Weiter hinten rauscht ein roter Regionalzug vorbei, gen Cottbus.

Gipfel Schwarzer Berg

Vorbei an einer Birkengruppe mit benachbartem Ginster verläuft ein herrlicher Höhenweg, von links duftet die jüngst gemähte Wiese. Im vorausliegenden Wäldchen mit seinen gelben Birkenschöpfen lässt sich schon das Gipfelkreuz erahnen, vermutlich eines der zehn schönsten im Spreewald. Die kunstvoll schmiedeeiserne Arbeit steht leicht unterhalb der Gipfelhöhe direkt am Weg und beugt damit Abstürzen bei übermütig posenden Selbstablichtungen vor. Dem amtlich verstaubaren Gipfelbuch gehen langsam schon die weißen Stellen aus, doch wer sich kurz fasst oder extraklein schreibt, kann seinen Vers noch reindrängeln.

Kammweg auf dem Schwarzen Berg

Schwarzer Berg

Gleich benachbart liegt die Außenstelle des Waldkindergartens, dessen wetterfeste Möblierung nach einer langen Reihe guter Kindertage aussieht. Der Abstieg verläuft moderat und die Aussicht von der Höhe wird bald von einer in Tallage abgelöst, die ebenbürtig ist. Eine schöne Kurve mit weitem Blickfeld wird erst von weißen Birkenstämmen, dann von schönkronigen Eichen begleitet. Hinten in der nahen Ferne lagert verteilt wie grasende Bisons eine Herde Strohrollen. Gleich darauf weist eine Station des zwiebefroschten Moorlehrpfades auf das Quellgebiet Carna Gora hin, das wohl erst seit kurzem wieder aktiv ist. Das hat Seltenheitswert, dass eine einst gewesene Quelle wieder zu sprudeln begann. Oder zu tröpfeln.

Gipfelkreuz mit Gipfelbuch bei Raddusch

Es folgt eine gerade Passage, die länger entlang der Bahntrasse verläuft und auf der Karte eher praktisch und notwendig aussieht. Vor Ort erweist sie sich als reizvoll, wird von Büschen und jungem Gebäum flankiert und lässt die Bahnstrecke kaum in Erscheinung treten. Windgebeugte Birken wechseln mit bungalowgroßen Brombeerbüschungen oder rankenumwachsenen Bäumchen und lassen immer wieder schön gerahmte Blickfenster auf die weiten Feuchtwiesen mit ihren versprenkelten Hartgrasstoppeln frei.

Auf dem Moorlehrpfad bei Raddusch

Laut Wegweiser sind es nur sechs Kilometer nach Lübbenau, was an dieser Stelle verwundert. Hier werden nun erstmals auch die themengebenden Moore sichtbar, größere Passagen der Wiesenlandschaft stehen mindestens knöcheltief unter Wasser, welches im fortgeschrittenen Schönwetter blau spiegelt.

Blick über die Feuchtwiesen

Auf Höhe einer inoffiziellen Gleisquerung entfernt sich der Weg von der Bahntrasse. Gleich darauf liegt an einer Weiherbucht des Moores die nächste Station des Themenweges. Ein gefallener Birkenstamm taugt gut als Rastbank und macht uns selbst zum Teil eines bezaubernden Bildausschnittes aus grasigen Uferkanten, knorrigen Baumstämmchen und liegendem Holz, in dem zur Hauptsaison sicherlich schlohweiße Schwäne hin- und hergondeln.

Bald beginnt eine schnurgerade Passage entlang der nächsten großen Moorwiese, hinten saust geräuschlos der nun von Cottbus kommende Doppelstockzug vorbei. Etwas Wind ist aufgekommen und lässt den Kragen höher schlagen, das Halsweich etwas aufplustern.

Quellgebiet Carna Gora

Südumfluter, die erste

Kurz darauf treffen wir auf eine der stärker frequentierten Passagen. Während es noch vor zehn Jahren die Regel war, dass man hier im trüben November den ganzen Tag nicht einen Menschen traf, ist es heute vergleichsweise voll, auf den winterlichen Spreewald heruntergerechnet fast ein bisschen wie aufm Alex. Demnach hatte sich doch herumgeschwiegen, dass es heute schönes Licht geben soll. Der Weg folgt den sanften Kurven der breiten Boblitzer Kahnfahrt, die man hier fast schon für einen der Spreearme halten könnte. Besonders schön ist sie nicht nur dank ihrer Biegungen, sondern auch der dicht stehenden, kräftigen Ufererlen wegen, welche ein gutes Maß an Spreewaldflair ausstrahlen.

Weg entlang der Bahnstrecke

Zwischen Fahrweg und Wasserlinie erhebt sich ein winziger Deich und gestattet eine Draufsicht auf Wasserarm und Landschaft. Drüben auf den Wiesen lümmeln Kühe und Kälbchen in drei Farben, nicht eine einzige steht oder rupft, allenfalls ist etwas Käuen drin. Etwas vom Dunst des Vormittags hat sich zwischen den Erlen überm Wasser bewahrt und setzt selbst unter dem höchsten Tageslicht etwas Mystik frei. Am Eck treffen Kahnfahrt und Südumfluter zusammen. Trotz des künstlichen Anklanges beider Namen ist es eine einzige verwunschene Naturpracht hier.

Moorweiher gen Boblitz

Davon abgesehen stehen in Reihe an der kleinen Deichflanke ein Dutzend Fahrzeuge mit großer Bodenfreiheit, manche wirklich geländetauglich, manche eher, weil man das so trägt. Aus vielen Landkreisen Brandenburgs kommen sie, ein paar auch von weiter her. Dementsprechend ist jenseits der Brücke über den breiten Südumfluter eine Jagd ausgeschrieben. Netterweise verläuft diese abseits unserer Route, und so können die knallgelben Überzüge, welche uns von Reh und Bache unterscheiden sollen, dort bleiben wo sie sind.

Moorwiesen bei Boblitz

Auf einer nahen Lichtung stehen Biergartenbänke und ein Dreibein, Utensilien für das zugehörige Feuer sind jedoch nirgends zu sehen, auch keine waltende Kaltmamsell oder -papsell. Das breite Wasser liegt wie unbewegt, hinten in der Flusskurve werfen krumm emporgestrebte Birkenstämme ihr fahles Spiegelbild.

Boblitzer Kahnfahrt

Eine klassisch zu nennende Erlenallee säumt den nächsten Wegabschnitt. Nach der Brücke über die Untere Boblitzer Kahnfahrt öffnet sich dann die Landschaft. In größeren Abständen kommen uns Senioren auf Rädern, Anfangdreißiger auf E-Bikes und auch ein paar Fußgängerpärchen entgegen, mal in Grundsatzdiskussionen unterbrochen, mal naturfrisch und in eleganter Freiluftgarderobe und mal in Filz und Wollstrick und dabei still versonnen ob der wunderbaren Mischung aus grüner Weite und wohligem Wetter. In den kurvigen Wasserläufen zeigen sich immer wieder anmutige Baumspiegelungen.

Ruhende Rinder

Die lange, gerade Passage mitten in den Tiefen des Spreewaldes versammelt auf ihren weiten Wiesen eine immer wieder neu kombinierte Mischung aus Einzelbäumen, Schilffeldern, Hartgrasbüscheln und saftig grünen Wiesenflächen. Baumreihen zeigen an, wo sich gerade oder verspielte Fließläufe bewegen. In freier Fläche ruhen gefallene, teils skulpturale Weiden, aus deren Stämmen kleine, einreihige Baumlinien nachwachsen. Hinter allem erhebt sich der geschlossene Hochwald, der so gut wie unzugänglich ist und damit umso mehr geheimnisvoll.

Boblitzer Kahnfahrt im Nachmittagsdunst

Im höchsten Wipfelgezweig einer hochgewachsenen Erle sitzt wie sein eigener Scherenschnitt ein Rabe und lässt in der Präsentation seiner selbst keinen Zweifel darüber, dass jetzt seine Zeit angebrochen ist. Stellenweise sind kleine Einblicke in das undurchschaubare Dickicht des halbhohen Erlenwaldes zur Rechten sichtbar. Das Wasser des nahen Forstgrabens ist in unregelmäßigen Flecken von Entengrütze und halbversunkenem Laub bedeckt. Vereinzelte Enten ziehen im Grützteppich ihre krukeligen Bahnen, die sich nur träge wieder schließen. Ein Mann radelt vorbei, das Rad ähnlich alt wie er, und scheint eher dienstlich unterwegs zu sein. Vielleicht ist er dafür zuständig, unterm verwaisten Dreibein ein Feuer zu entfachen und damit für einen harmonischen Ausklang der Jagd zu sorgen, ganz gleich wie erfolgreich sie auch war.

Südumfluter

Dubkowmühle

Ein stiller Weiher markiert in etwa Halbzeit zwischen Südumfluter und dem Abzweig zur Dubkow-Mühle, danach verläuft der Weg weiter zwischen Schilfflächen, laublosen Erlen und den offenen Weiden jenseits des Dubkower Kanals. Kahle Baumriesen erheben sich dicht am Ufer. Am Abzweig zur Dubkowmühle, einem der schönsten Ausflugsziele in den Tiefen des Spreewaldes, bekommt ein etwas verspannter Rennradler gerade so die Kurve und entgeht so der schmerzvollen und im Nachgang zeitraubenden Fusion mit dem hiesigen Brombeerbusch. Die Dubkow-Mühle liegt schon in Winterruhe, ist aber auch jetzt den kurzen Abstecher wert, nicht zuletzt für eine schöne Rast am Ufer der Hauptspree.

Wiesen am Forstgraben

Radduscher Buschmühle

Nachfolgend schweift der Blick links über eine extrem platte Stoppelwiese, zwischendurch werden mehrere Fließarme überquert und schließlich kommt das erste Gebäude seit Raddusch in Sicht. Nachdem sich von links ein Wasserarm hinzugesellt, wächst voraus aus dem Dunst des nahenden Abends das erste Haus der Radduscher Buschmühle, die vor einigen Jahren fast komplett neu aufgebaut wurde, mit viel Geld und Sinn fürs Schöne sowie mit gutem Händchen. Gastronomie gibt es hier nicht mehr, dafür gleich gegenüber nahe der Schleuse einen zauberhaften Pausenplatz mit überdachten Rastraufen, schönster Blick auf das pittoreske Fachwerk-Mühlenensemble inklusive. Im ferneren Hintergrund grasen, trotz Abenddunst gestochen scharf, lose verteilte schwarze Rindviecher.

Weg entlang des Forstgrabens

Während der Pause spielt sich ein kleines Drama ohne großes Leid ab. Ein kleiner, diensthabender Lumpi, der aufgrund seines kurzen Rumpfes beim Laufen wippt, sieht vom Mühlengrundstück aus Leute mit Hunden am Gegenufer eintreffen und setzt an zu einer entrüsteten Klagerede, warum denn weder einer ihn gefragt und auch nicht miteingeladen hätte. Und was das Ganze überhaupt soll. Rennt ein paar Stücke weiter, setzt dann fort und guckt ein paar Mal um sich herum.

Blick über die nassen Weiden

Hinter den Leuten kommt noch eine Frau, die mit ihrem Pony die Runde macht, begleitet vom Sohn auf dem Rad. Auch die waren wohl nicht angemeldet. Und überhaupt. Nachdem Ponydame und Radjunge aus dem Blick sind, besteigen die Hundeleute umständlich ihr Fahrzeug, wenden es noch umständlicher und sind auch bald weg. Der Lumpi trottet, jetzt schon weniger wippend, nochmal an der schmalen Wasserlinie des Mühlengebäudes entlang, knurrt kaum vernehmbar in sich hinein, geht dann wieder zurück, brabbelt noch was Letztes und verschwindet schließlich hinterm Haus.

Radduscher Buschmühle

Südumfluter, die zweite

Direkt am Ufer des Südumfluters folgt nun eine zauberhafte Passage, die gut zum heraufziehenden Abend passt. Mit breiter Wiesennarbe verläuft ein Weg auf der Krone des zarten Deiches. Die Flusskurve, die hohen Uferbäume und die freie Wiesensicht nach Süden sorgen mit der tiefstehenden Sonne für eine Bildkomposition, die ein Geschenk ist. Die aufgehäuften Bänder der frischen Wiesenmahd liegen in zahlreichen Parallel-Reihen. Wieder im Wald wird der breite Wasserarm erneut von hohen, dunklen Stämmen begleitet.

Pony am Rastplatz

Am bald folgenden Wasserkreuz von Vetschauer Mühlenfließ und Radduscher Kahnfahrt besteht nun die Option, noch dem Kossateich einen Besuch abzustatten. Der Fischteich wurde Ende der 1970er Jahre als Ersatzmaßnahme für abgebaggerte Tagebauflächen angelegt, zum Herbst wird jeweils das Wasser abgelassen. Neben Singschwänen, Seidenreihern und anderen Wasservögeln lassen sich hier manchmal auch Fischadler beobachten. Der Großteil des Weges hat Wasser zu beiden Seiten Wasser und einen freien Blick über den großen Teich.

Dammweg entlang des Südumfluters

Aktuell ist das Wasser bis auf eine große Pfütze abgelassen. Die befindet sich immer dort, wo man selbst gerade nicht ist. Im Ausgleich schaut man von der Uferperspektive auf den schlammtrockenen Teichboden, was die zahllosen Schilfinseln wie Fabelwesen wirken lässt und jetzt im allerletzten Tageslicht eine eigentümliche Atmosphäre erzeugt. Ein unregelmäßiges System teils zielloser Trittspuren zeugt davon, dass der Teichgrund zumindest Vierbeiner trägt. Vögel sind eher zu sehen als zu hören, die Geräusche gab es jedoch am Tage schon großzügig, als riesige Formationen von Gänsen und Kranichen am Himmel entlangzogen. Am Zuweg zur Teichrunde stehen die einzigen Ahornbäume der Tour und zeigen noch einmal, wie Gelb auch aussehen kann.

Kaupen nahe Kossateich

An der Wasserkreuzung von vorhin beginnt eine für uns neue Passage entlang der stets leicht gewundenen Radduscher Kahnfahrt. Diese ist einfach nur zauberhaft und bietet das Vergnügen über fast zwei Kilometer, wird sofort bei den schönsten Spreewald-Wegen im persönlichen Archiv abgelegt. Zugegebenermaßen steht ihr auch das Abendlicht sehr gut und verleiht der genießerischen halben Stunde eine leicht unwirkliche, abermals mystische Note, die bestens zum Spreewald und seiner Sagenwelt passt.

Abendlicher Kossateich

Der ufernahe Weg verläuft auch hier auf einem kleinen Deich. Dieser, das diesseitige und auch das jenseitige Ufer sind in regelmäßigen Abständen bestanden von hochgewachsenen Erlen. Zwischendurch finden sich immer wieder längere Reihen schmaler Birken. Die Sonne ist kurz vorm Verschwinden, blinzelt nur ab und an noch zwischen den schwarzen Erlenstämmen hindurch. Drüben auf der Weide stehen in dunklem Leder die Kühe und strahlen die absolute Ruhe aus.

Dammweg entlang der Radduscher Kahnfahrt

Einen Farbkleks zwischendurch bietet Melusine, eine Wasserfee mit dem Körper einer Schlange, deren Gestalt hier vom Wind jederzeit verändert werden kann. Die stark taillierte Dame mit Mittelscheitel und dem Wesen einer Nixe ist vor ein paar Jahren umgezogen, hatte vormals ihr Reich im Straupitzer Schlossteich.

Letztes Licht an der Radduscher Kahnfahrt

Kurz darauf steht am Gegenufer eine Reihe von Kopfweiden, bei denen bald die nächste Schur ansteht. Der Gedanke, dass die stämmige Brigade zu Melusinens Schutz abgeordnet wurde und bedarfsfalls in Erscheinung tritt, scheint nicht komplett abwegig, die aktuelle Stimmung gibt es her. Auch wenn wir nichts im Schilde führen, sehen wir zu, dass wir weiterkommen, denn gerade jetzt übergibt die Dämmerung mit ruhiger Geste an die Finsternis. Und die kann der Spreewald richtig gut.

Bunte Sagengestalt am Fließufer

Am kleinen Hafen ist mittlerweile vollständige Ruhe eingekehrt, die Brücklein stehen schwarz über dem stillen Wasser. Aus den Fenstern leuchten erste Lichter und unterm nächsten Windfang sogar ein verfrühter weißer Weihnachtsstern. Mal abgesehen davon, dass Melusine nichts zu tun hat mit dem Skulpturenpfad, staunen wir nicht schlecht, als der Typ vom Morgen an derselben Stelle steht und reglos in dieselbe Richtung schaut, im Licht einer Laterne. Eine Krähe krächzt von rechts, gleich darauf eine von links. Es ist schon viel Besonderes im Spreewald.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
stündlich per Regionalbahn (ca. 1 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): über Autobahn (ca. 1,25-1,5 Std.) oder über Landstraße (ca. 2,25-2,5 Std.)

Länge der Tour: ca. 18 km (Abkürzungen möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

 

Links:

Moorlehrpfad Raddusch

Alpaka Finca Raddusch

Radduscher Buschmühle

Melusine im Spreewald

 

Einkehr: Raddusch div. Möglichkeiten sowie Alte Bäckerei
Dubkow-Mühle (unterwegs, 5 Min. Zuweg)

 

 

 

Zossen: Grüne Spitzen, Buckelrinder und der versilberte Juri

Es duftet schon hier und da nach dem kruschligen Laub, das der immerwährende Wind mehr oder weniger behende durch die Landschaft oder die Straßenfluchten scheucht, in sonnenheißen Parks auch gern als kleine Wirbel, die scheinbar vom Fleck kommen wollen, es aber nicht hinbekommen. Letztlich liegt das Laub dann wieder da, wo es vorher auch lag, nur die einzelnen Blätter wurden vertauscht.

Zossener Alpenhang

Viele wird das leicht wehmütig stimmen nach diesem Prachtstück von einem Sommer, über den bis hierher eigentlich niemand so richtig meckern kann. Nach einigen Startschwierigkeiten traf er schon bald den richtigen Ton und verwöhnte alle Sonnenanbeter mit reichlich Licht und Wärme auf der Haut, andere mit dem stets präsenten Wind, dank dem man es an schattigen Plätzchen oder unter selbstbewusst getragenen Hüten von Sombrero-Format auch an den heißesten Tagen gut aushalten konnte unter freiem Himmel.

Zebus auf der Weide

Neben den säuselnden Blätterscharen am Boden und ersten bunten Blättern oben in den Baumkronen gibt der ausgehende August wie in jedem Jahr wieder eine schöne Vorschau auf dieses warme, leicht nostalgische Licht des späten Nachmittags, welches die leichte Temperaturabkühlung zum Abend ankündigt. Die ist jetzt an einzelnen Tagen tatsächlich schon zu merken.

Auf dem langen Kamm, bei Zossen

Die verschiedenen Schwarmvögel mit Zugabsichten sind noch unentschlossen, verhalten sich meistenteils zurückhaltend. Die Schwarzen mit den großen Schnäbeln hingegen sehen ihre Zeit nahen und krächzen ihre klagenden Misstöne schon etwas lauter heraus. Mancher Apfelbaum schiebt neben prallen Früchten noch eine spätsommerliche Blütengeneration heraus, deren Klassenstärke jedoch eher winzig ausfällt. Ähnliches lässt sich beim Wein beobachten, was von den Bienen dankbar quittiert wird.

Hochbunker bei Wünsdorf

Auf dem Land und auch in der Stadt ist es noch vergleichsweise leer, viele Einheimische sind ausgeflogen und kosten die schönen Tage bis zuallerallerletzt aus, unter zeitweiliger Ausblendung aller globalen Sorgenfalten. Ab und an dröhnt eine Demonstration mit Freude an tiefen Schallfrequenzen und 12-Tonnern im Schritttempo durch die große Stadt an der Spree, mal der alten Trasse der Love Parade folgend, mal dem Namen nach deren Ursprungsidee aufgreifend.

Ausläufer der Wünsdorfer Waldstadt

Zossen

Zossen ist ein beschauliches Städtchen, das es seinen Besuchern leicht macht – es gibt einen vergleichsweise prächtigen Bahnhof in Innenstadtnähe, großzügige Parkplatzangebote und eine unversperrte Toilette gleich am hübschen Marktplatz. Dazu diverse Gastronomie und ein paar hübsche Cafés, auch ein paar Geschäfte. Ein kleiner, feiner Stadtpark mit Wasserspielen, umrankter Burgruine und einem kleinen Rosengarten liegt zwischen dem Stadtkern und dem verträumten Nottekanal, welcher breit, kajakgeeignet und vermutlich durchwatbar ist.

Vorgeblicher Einzelbaum auf der Wiese

Wer sich Zossen näher, fährt eigentlich von allen Richtungen durch ebenes Land, teils blickfrei, teils von Wäldchen durchbrochen. Die Umgebung des Städtchens ist großflächig von feuchtem Land geprägt und auf den zweiten Blick vielgestaltiger, als man zunächst denken sollte. Es lohnt sich also, immer mal wieder und auch zu verschiedenen Jahreszeiten nach Zossen zu reisen, nicht zuletzt wegen des Nottekanals mit seiner ganz besonderen Stimmung.

Verträumter Nottekanal in Zossen

Neben weiten Schilfflächen spielen auch Weinberge und eine Streuobstwiese eine Rolle, welche zugleich Hutelandschaft mit einem eigentümlichen, bezaubernden Antlitz ist. Doch eins nach dem anderen. Wer mit der Bahn anreist, die von Berlin bzw. Baruth aus stündlich fährt, landet nur eine Minute vom Bahnhofsvorplatz entfernt im Stadtpark und steht sechs Minuten später bereits am Markt – falls man sich nicht unterwegs in Details der Parkanlage verliert.

Rosengarten im Stadtpark, Zossen

Der Marktplatz mit seinem schlängelnden Wasserlauf, den großen Blumenampeln und kleinen Hecken sowie einem tiefen, tiefen Brunnen wird am anderen Ende zur Baruther Straße, streift dann kurz nach der Spielhalle den Dreiecksplatz am Kietz mit der urigen Gaststätte. Beim Blick auf die langen Hinterhöfe ahnt man hinten den Wasserlauf des Schweingrabens, überquert dann den in üppiges Grün romantisch eingekuschelten, stillen Müllergraben und biegt schon bald ab gen Scheunenviertel, das ganz klassisch vor den Toren der Stadt liegt.

Marktplatz in Zosssen

Auf der Straße Weinberge zieht es durchaus leicht in den Waden, vom Spielplatz geht es noch weiter aufwärts bis hin zu einer spannenden kleinen Siedlung aus verschachtelten hochgezogenen Spitzdächern. Zwischen den Häusern ziehen sich erkundungsfreudig Schleichwege und führen alle zu einem Spielplatz.

Müllergraben in der Zossener Vorstadt

Am Ende des Asphalts winkt ein Ortsausgangsschild umgehend in einladende Landschaft, mit Wiesen, Weitblicken und einem Waldeinschlupf voraus. Hinter einer markanten Eiche beginnt eine verspielt wirkende Waldweide mit lose verteilten Waldbäumen, weiter hinten kommen auch die Obstbäume ins Spiel. Diese verweisen auf eine einstige Streuobstwiese, welche sich noch in den Karten finden lässt.

Schöner Ortsausgang, Zossen

Weidetiere sind noch nicht zu entdecken, dafür kommt uns ein hochgewachsener junger Papa mit seinem kniehohen Töchterchen entgegen, das schon eine Weile laufen kann, doch im zuckrigen Sand dennoch zu tun hat. Ein ausgetauschter und erwiderter Gruß per Handwink führt zur neugierigen Körperdrehung, das Gleichgewicht macht sein Ding und das leichte Kind purzelt in den moosgrasweichen Wegesrand. Der Blick bleibt erstaunt und die Augen groß, nichts entgleist, keine Unterlippe kommt ins Zittern. Und dann aufgestanden, gesammelt und weitergestapft, voraus warten schon die nächsten Entdeckungen und ganz hinten auch der wild abgeparkte Sportbuggy.

Streuobstwiese

Die Weidelandschaft öffnet sich, und zwischen klobig eingehausten Obstbäumchen sehen wir sie dann – eine ganze kleine Herde von Buckelrindern, auch Zebu genannt, wie man sie sicher schon in irgendeinem Tierpark gesehen hat. Äußerst entspannte Leute in Farbtönen zwischen champagnerweiß und dunklem Hellbraun. Die meisten pausieren gerade vom Grasen, zeigen sich neugierig genug zum Kopfdrehen, nicht jedoch zum Wechsel in den Stand. Und sehen gleich noch viel entspannter aus. Hinter ihnen erhebt sich ein Höhenzug, was irgendwie passt, da man exotisch anmutende Kuhtiere irgendwie gern einer Bergregion zuordnet.

Zebus auf der Waldweide

Der längliche Bergrücken ist der kleinere von zweien, die relativ unerwartet nebeneinander in der Landschaft stehen. Beide verfügen über Kammpfade und sind so angeordnet, dass man von einem Kamm bestens zum benachbarten rüberwinken kann. Für ein Echo hingegen dürfte es nicht reichen, ein Jodeln wird vermutlich akustisch trocken im märkischen Sand stranden.

Der sanfte Wiesengrund zwischen den länglichen Erhebungen wurde kürzlich gemäht, doch auf den urwüchsig anmutenden Höhenrücken wächst herrlich buntes Kraut in Höhen von knöchelhoch bis hüfthoch. Vielfältig und außerordentlich ungeordnet und gern auch etwas borstig steht hier alles nebeneinander, vieles noch mit Blüten bestückt, und sorgt so für eine erstaunliche Vielfalt und Fülle von Schmetterlingen.

Zossener Alpen, Westkamm

Mit Sandalen an den Füßen und kurzen Hosen wird der Aufstieg so zum Wahrnehmungserlebnis. Der struppige Pfad ist oftmals nicht breiter als ein Bergsteigerknie und jegliches Kraut besteht auf sein Hausrecht, sodass einige Beinarbeit erforderlich wird. Es ist herrlich und schafft direkt etwas mittelgebirgliche Atmosphäre. Unterstützt wird diese noch von der wirklich schönen Aussicht, die sich nach dem Erreichen der Kammhöhe öffnet. Wirklich breit und äußerst weit. Hinter flächigem Wald lassen sich jeweils andere Anhöhen ausmachen, links in der Nähe auch die zwei verschiedenen Siedlungen, deren übereinstimmendes Merkmal die weit hinabgezogenen Dachflächen sind. Und selbstverständlich der Wasserturm und etwas weiter hinten die Kirchturmspitze von Zossen. Erstaunlich, wie weit weg die zu sein scheint.

Aufstiegspfad zum kurzen Kamm (Westkamm)

Die sanft ansteigende Flanke hin zur Waldweide ist anmutig und muss zur höchsten Wiesenblütenzeit nochmal ein Genuss für sich sein. Leider naht schon nach ein paar Minuten der Abstieg, doch es gibt ja noch die etwas größer ausfallende Nachbarhöhe. Zwei Mädels, die heute schon geraume Zeit vor dem Spiegel beschäftigt waren, machen die Runde mit ihren wie gestaucht aussehenden Hunden und sollten mit ihrem eleganten Hosenwerk unbedingt Abstand zu jedem der Pfade hier halten. Was sie auch tun.

Blick hinab in die Ebene nach Zossen

Gleich gegenüber steigt ein urwüchsiger Pfad vergleichweise steil hinauf zu der schönsten Aussichtsbank weit und breit, die gerade frei ist. Die Wiese auf diesem Höhenzug ist weniger anhänglich, geht doch eher so in Richtung Gras und weiche Blumenstengel. Der Himmel da ganz oben ist mit dichten Wolken bezogen, die an ein Steppbett erinnern und dunkler ausfallen, als es das derzeitige Tageslicht vermuten lässt. Weiter oben wird es wieder dichter und die allgegenwärtige Goldrute steht mit gleichhohen Distelgebilden in strauchgroßen Büscheln kurz unterm Kamm. Beider Blütenwerk wird rege angeflogen von kleinen und größeren Bienen und Fliegchen, auch eine Hornisse hat den Weg hierher gefunden, scheint aber noch zu unschlüssig.

Auf dem langen Kamm (Ostkamm)

Direkt am Kammweg ruht ein großer Findling, ein paar Meter weiter findet sich ein weiterer, unterirdischer, von dem nur eine schallplattengroße Glatze herausschaut, als völlig überzogener, vereinzelter Pflasterstein hier oben in den Bergen. Man stellt sich kurz einen polternden Eselskarren vor, hoch beladen mit weichen Ballen und harten Säcken.

Mischbepflanzung am Hinterfeld

Etwas weiter hinten gibt es noch einen weiteren Rastplatz, von dort wieder einen krautigen Abstiegspfad zu einem kleinen Gemenge einladender Wege. Überhaupt sieht man oben von den Spornen in allen Richtungen eine Menge Wege, und alle sind sie einladend und gehenswert. Nur einer ist seit Kurzem etwas breiter gebügelt worden und erscheint darum vergleichsweise sachlich.

Weidevieh in rustikaler Kulisse

Vorbei an einigen leise fauchenden Windrädern wird eine große Weide abgeschritten, vorbei an einer Landschaft aus wogenden Binsen und kugeligen Kiefern, dann durch ein Wäldchen und bald an einem weiteren Verband von Buckelrindern. Die scharen sich hier einen rustikalen Bretterverschlag, der einen Bauwagen umhüllt.

Gefälliger Weg am Hinterfeld

Kurz vor einem ansehnlichen Birkenwäldchen geht man besser nach rechts, denn die reizvolle Erweiterung ein Stück nach Osten birgt auf den entscheidenden Metern vor Erreichen des breiten Töpchiner Weges einige Tücken. Vorher ist zudem ab einer formidablen Wildschweinsuhle, die auch für heranwachsende Saurier ausreichen sollte, ein an sich reizvolles Waldstück zu durchqueren. Doch leider hat sich hier über die letzten drei Jahrzehnte schwer verrottbarer Wendemüll in Form von Margarinebechern und Flaschen verschiedenster Form in großer Breite verteilt, wie das an manchen Stellen in Brandenburg auch nach all den Jahren noch anzutreffen ist. Erstaunlich, welche Größenordnungen an Quark und Margarine die Besatzer anscheinend verputzt oder über Jahre den Müll nicht runtergebracht haben …

Farbe am Wegesrand

Das wäre doch mal ein schöner Anlass für eine via Social Media gestartete Competition, welches Team in 111 Minuten die meisten Müllsäcke prall füllt und bis zum Fahrweg bugsiert. Dem Gewinnerteam winkt eine elfstündige Happy Hour auf Soft- und Supersoftdrinks in der Zossener Spielhalle. Oder so. Und den Zweit- und Drittplatzierten jeweils ein Kasten Bier aus der nächsten regionalen Handwerksbrauerei.

Breiter Töpchiner Weg

Bald nach dem Rechtsabbiegen gibt es willkommenen Waldschatten. Nach dem Überqueren der breiten Trasse beginnt hinter einer Schranke ein grasiger Weg, der von mittelalten Eichen begleitet wird und auf den nächsten Kilometern eine sympathische Vielfalt entwickelt.

Durch den Wald Richtung Wünsdorf

Teilweise verteilen sich die stammdunklen Eichen lose im wegnahen Wald und sind in einer Art Ausdruckstanz erstarrt, teils stehen sie brav in in kurzen Alleepassagen an beiden Wegrändern. Später gibt es Birken und Ginster, hier und da am Boden blüht das Heidekraut und gegenüber ein kleines Feld gelber Blüten. Alles sehr entspannend.

Ginster am Wegesrand

Nach der abschließenden Schranke quert eine verlorene Asphaltstraße, deren südliches Ende in der Waldstadt liegen soll. Ein paar Wohnstraßen später kann die Straße verlassen werden in einen verspielten Pfad, der das Gelände des Bunkerparks umrundet und dabei zunächst an streetartbunten Mauerresten entlangführt, dann als niedriger Hohlweg unter jungem Gebäum verläuft. Immer urwüchsiger wird es, nach Wald folgt hochgewachsenes Wiesengrün, auch hier wieder großzügig mit Goldrute durchsetzt.

Bunte Mauer am Bunkerpark

Nach zaghaften Pflasterspuren ragt am Wiesenrand ein eigenartiges Gebilde auf, einer zu Beton erstarrten Rakete gleichend. Das überhaushohe, spitze Ding hat seinen abweisenden Charakter verloren, denn zum einen ragt es zwischen heranwachsenden Bäumen hervor, zum anderen wird das Betongrau mehr und mehr von dichten grünen Ranken überwuchert.

Markanter Hochbunker bei Wünsdorf

Wünsdorf/Fontanestraße

Gleich danach beginnt ein nördliches Sprengsel der Wünsdorfer Waldstadt. Zwischen den hübschen Häusern stehen lose verstreut die Kiefern, mal einzeln, mal in kleinen Büscheln und selten dicker, als dass man sie nicht allein umfassen könnte. Vor einem zentral wirkenden Gebäude steht etwa lebensgroß die aufgesockelte Statue von Juri Gagarin, dem ersten Typen im Weltraum.

Kerniger Gagarin am China-Restaurant

Der sah eigentlich eher verschmitzt aus, die versilberte Plastik hingegen wirkt wie eine leichte Parodien auf Superheldenfiguren. Die gemeißelten Gesichtszüge und die forsche, verrutschfest gelegte Tolle lassen eine markige Männerstimme vermuten, der ausgeprägte Knackarsch wirkt irgendwie fehl am Platze – so hauteng kann kein Raumanzug gewesen sein – und lässt eher an die Village People denken. Vielleicht aus gutem Grunde fehlt irgendein kommentierendes Schildchen oder ein Name.

Feldweg zur Bahntrasse

Beim Chinesen gleich um die Ecke gibt es nun ein schattiges Plätzchen mit sanftem Wind, dazu was Kühles im Glas und was Heißes auf dem Teller. Der Koch sitzt draußen und ist mit seinem mobilen Endgerät beschäftigt, ohne Lautsprecher an, doch im Dialog mit jemand, der lange Spracheinheiten ohne erwartbaren Satzpunkt bildet. Jede Lücke wird umgehend genutzt, sodass es ab und an und jeweils unerwartet zu gebellten Hauptsätzen vom Nebentisch kommt.

Zwischen Kiefern und Schilf

Weitere Gäste treffen nach betulichem Einparkvorgang ein und bestellen zwei Essen, die mit jeweils mehreren Sonderwünschen bis zur Unkenntlichkeit umgeformt werden. Die Kellnerin bleibt freundlich, lächelt in sich hinein und strahlt dabei chinesische oder vielleicht mongolische Weisheit aus. Wer sich übrigens noch weitere Spitzbunker oder auch den Wasserturm ankieken möchte, wird ganz in der Nähe ohne viel Suchen fündig.

Schilfmeer mit Blüten

Auf der B 96 ist nicht viel los, die Fußgängerampel ist dennoch willkommen. Nach dem Tierheim quert ein ruhiger Feldweg, doch auch der kaum sichtbare Pfad quer über die frisch abgemähte, würzig duftende Wiese ist einladend. Doch auf dem Weg gibt es erfrischenden Wind von vorn, denn der Tag hat mittlerweile doch hochgeheizt und in der Siedlung stand die Luft fast still. Die Landschaft setzt sich aus kleinen und größeren Waldstücken, freiem Feld und weiten Wiesen zusammen und erscheint abgeschieden und ruhig. Daher erstaunt es, als hundert Meter voraus aus dem Nichts ein Regionalzug vorbeitrödelt, fast ohne Geräusch.

Wiese nach der Mahd

Nach einem Bogen ist die Wiese dann satt grün und voll mit den krautigen Blumen des Spätsommers, welche von Bienen und Schmetterlingen jetzt besonders gern besucht werden. Zur Linken erstreckt sich eine große, wild-verwunschene Schilffläche, über und über gesprenkelt von den weißen Blüten der Winden, während gleich rechts des Weges wieder kugelige Kiefern stehen. Nach einem Wiesenpfad folgt ein bodenklammes Waldstück mit kunstvollen Altweibernetzen im Unterholz, dann ein kurviger Weg über die Wiesen und Weiden.

Schnellzug nach Prag

Ein rundkroniger, markanter Einzelbaum, der wahrscheinlich doch eher drei Bäume ist, lädt zur Wiederkehr zu den anderen drei Jahreszeiten ein und hinten in der Wiesenbucht beim Schilf, wo gerade drei verschwiegene Kraniche abheben, hat eine Herde Heurollen ihren Platz für die nächsten Wochen gefunden. Ebenfalls hinten passiert jetzt im selben Trödeltempo ein wunderschön blauer Zug, dass muss wohl der Intercity von Prag nach Hamburg sein. Nur wenig später folgt noch der von Hamburg nach Prag, auch im Lindenbergmodus.

Pfad am Nottekanal

Beim querenden Weg zum Siedlungsprengsel Schäferei besteht theoretisch eine Option nach links, doch leider fehlt an der entscheidenden Stelle ein halbwegs offizieller Bahnübergang. Sollte man einmal aus Richtung Mellensee an diese Stelle kommen, lässt sich von dort einem wettergegerbten Plattenweg durch die Wiese folgen, dann im Baumschatten ein uriges Feuchtgebiet mit kleinem Weiher durchqueren und zuletzt am Nottekanal einem hübschen Pfad folgen, der bis zum kleinen Paddlerhafen kurz vor dem Zossener Stadtpark reicht. Am besten gleich eine Notiz hinterm Ohr anbringen!

Kleiner Paddlerhafen in Zossen

Schäferei

Wer Schafe sucht, wird Pferde finden, denn ein gutes Maß der Bewegung in der Siedlung rührt vom Reiterhof bzw. der Pferdepension her. Dementsprechend sind fast immer irgendwo Zöpfe oder manchmal auch die Farbe Rosa zu entdecken, doch auch ernst dreinblickende Damen in festen Stiefeln.

Rosengarten im Stadtpark

Die lose bebaumte Allee nach Zossen ist mäßig befahren und wird von Grundstücken begleitet. Bürgersteige gibt es auf beiden Seiten, sodass für die fünfhundert Meter bis zum dreieckigen Kietz wahlweise die Schatten- oder Sonnenseite gewählt werden kann. Vom Kietz sind es nur Minuten zum Markt, ein paar mehr zum Stadtpark und nochmal zwei zum kleinen Steg am Nottekanal. Allesamt schöne Orte, um ein angenehmes Plätzchen zu finden, den Tag ausklingen zu lassen und dann zu horchen, welche Zeit der nächste Schlag der Kirchturmuhr verkündet.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
Regionalbahn von Hauptbahnhof oder Südkreuz (ca. 45 Min.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): über Landstraße oder Autobahn (ca. 1-1,25 Std.)

Länge der Tour: ca. 15 km, Abkürzungen mehrfach möglich


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

 

Links:

(folgt in Kürze)

 

Einkehr: div. Möglichkeiten in Zossen
Peking-Garten im nördlichen Wünsdorf (direkt am Weg)

Wriezen: Schwere Ähren, Schneckenslalom und der gedeckte Tausendfüßler

Die Vorboten des Sommers waren in diesem Jahr zeitig dran, sodass es schon an manchen Tagen der klassischen Frühlingsmonate nach Sommer aussah und auch so duftete. Wetterkapriolen gaben sich die Klinke in die Hand, von heiß über nass bis stürmisch und dann wieder kalt, wobei es in all diesen Wochen nur selten windstill zuging. Viele Unterarme waren schon ans stete Licht gewöhnt, als sie sich wieder einärmeln lassen mussten, und selbst die Heizsaison wurde noch einmal kurz wachgerüttelt, soweit die Systeme das hergaben.

Längste Kaffeetafel im Oderbruch (Auszug)

Mittlerweile heißt das Ganze offiziell Sommer, fühlt sich dieser Tage auch genauso an und gießt zugleich immer wieder flächig Wasser auf die üppige Pracht von Wiesen und Baumkronen, auch auf die dichtstehende, gediehene Saat in Weizenblond und Maisgrün. Dort auf den Äckern ist der Boden an vielen Stellen noch so gesättigt, dass man keine zwölf Schritte in einer Treckerspur zurücklegen könnte, ohne sich im langsamen Niederrutsch eine breiten Spur zähen Matsches quer über den Hintern zu pinseln.

Natternkopf auf dem Alten Oderdeich

An den Feldrändern fächern die verschiedenartigen Blütenformen und -farben in souveräner Geste ihre breite Palette auf, öfter gibt es ganze Flächen von weißen Margeriten oder aromatischer Kamille. In dieselbe Kerbe haut das champagnerweiße, aufgeplüschte Mädesüß, dessen Name spätestens dann keiner Erläuterung mehr bedarf. Auch allerhand gelbe Sorten zeigen sich in aller Pracht, und nicht zuletzt beeindruckt der selbst unter grauestem Himmel herrlich blau leuchtende Natternkopf mit seinen Dolden, deren Büschel ganze Wegnarben gestalten.

Alpakas im Vorder- und im Hintergrund

Manche Menschen zieht die platte Weite des Oderbruchs in ihren Bann und ruft in gewissen Intervallen einen großen Sehnsuchtsschub nach diesem Landstrich hervor. Neben teils endloser Weite gibt es dort Deiche mit herrlichen Wegen auf der Krone und kräftigen Stämmen in den kleinen Flanken, teils offen, dann wieder wiesenbedeckt und manchmal auch regelrecht verwachsen. Allesamt strahlen sie etwas Archaisches aus, was sich gerade in schnellen und unsteten Zeiten als Wohltat für Seele, Geist und Auge zeigt. Oderbruch, Deiche und lange, gerade Wege mussten also her. Egal, wie dröhnend der Wetterbericht auch rasselte.

Die Kaffeetafel am Inneren Dorfring, Altwriezen

Alt-Schmöckwitz

Am südöstlichen Rand von Berlin machten sich zur gleichen Zeit unerschrockene zwanzig Leute auf den Weg, um gemeinsam ein Stück auf dem bislang längsten Wanderweg der Stadt unter die wetterfesten Schuhe zu nehmen. Zur Gruppenwanderung auf der vierten Etappe der Berliner Gürtellinie hatte der engagierte Wanderer und rührigste Brandenburg-Botschafter zu Fuß eingeladen, welcher damit zugleich seine neunzehnte Etappe auf dem jüngst erschienenen Fernweg ging und für sich die große Runde schloss.

Kornfeld bei Altmädewitz

Wer trotz der vorangegangenen stürmischen Nacht gekommen war, hatte nicht nur am Frühstückstisch den inneren Schweinehund niedergerungen und der zwangsläufig wetterfühligen BVG ein gewisses Grundvertrauen entgegengebracht, sondern musste auch vor Ort Lösungen für reichlich Wasser von oben, gestrauchelte Bäume und Pfützen mit fernen Ufern finden. Zum Lohn gab es nach einer reichlichen Stunde zunächst ein stetes Nachlassen des Regens, dann zaghaftes Licht am Himmel, schließlich nach dem ersten Durchbrechen der Sonne mehr und mehr blaue Fläche mit weißen Wolken. Ein unvergesslicher Tag also in mehreren Hinsichten, an dem bei schönstem Wetter und als wäre nichts gewesen das beschauliche Wasserstädtchen Erkner erreicht wurde, gelegen an Spree und Löcknitz, an Fluss und See.

Auf dem Deich der Alten Oder

Wriezen

Auch das etwas kleinere Wriezen, das in diesem Jahr seinen 777. feiert, fällt in die Kategorie beschaulich, ist ebenfalls von schöner und vielfältiger Landschaft umgeben. Das Wasser spielt hier keine flächige Rolle, ist dennoch prägend für den Ort und zeigt sich in mehreren Strängen, die mit Oderwasser gefüllt sind und in zwei Fällen auch so heißen. Der Alte Hafen an der Wriezener Alten Oder mit seinen eindrucksvollen Bauten und den Kalköfen ist auf jeden Fall den Abstecher wert. Darüber hinaus gibt es neben dem alten Kiez und der gemütlichen, wenn auch verschlafenen Innenstadt rund um den Markt noch eine Freilichtbühne, ein stadträndisches Wildgehege und ein Krankenhaus auf der Höhe, welches aus der Ferne an ein Schloss denken lässt. Etwas weiter westlich und nordwestlich öffnen sich herrliche, urige Hutelandschaften, wie man sie so schön nicht noch einmal findet in Brandenburg.

Zwischen den Feldern hinter Wriezen

Gleich hinter der Bahn und den Oderarmen beginnt die Weite des Oderbruchs, welche hier besonders eindrücklich sichtbar wird durch den schnurgeraden Radweg, der auf direktem Wege zum breiten Oderstrom strebt. Ganz am Ende wartet an der polnischen Grenze eine beachtlich lange Stahlfachwerkbrücke aus zahlreichen Segmenten, die als Rad- und Fußweg eine der eindrucksvollsten Verbindungen nach Polen schafft, mitten durch eine der sagenhaften Naturlandschaften des Flusses. Wer hier mit dem Rad den Wind von hinten hat  und eine Angel dabei, hofft für den Rückweg einfach, dass der Wind sich bis dahin gelegt hat und die vielen Fische in den Beutel passen, genießt dann einfach breit grinsend den Moment.

Blick über die Deichkrone

Am Beginn des Radweges zweigt ein Feldweg ab zum alten Deich, führt mitten durch die Äcker ohne einen einzigen Baum am Rand und lässt hier besonders viel Platz fürs Auge und für einen Brustkorb voll frischer Luft, auch wenn die gerade reichlich von Wasser erfüllt ist. Schon nach wenigen Minuten geht es los mit den üppig beblumten Feldrändern, auch eine ganze Reihe später Mohn- und Kornblumen sind noch dabei. Das erste Büschel blauer Dolden lässt trotz dicker Regentropfen die Kamera rausfriemeln, zumal die farbkräftige Insel inmitten eines weiten Kamillenfeldes liegt. Das Lungenvolumen wird restlos ausgeschöpft, um dieses seltene Vergnügen auszukosten.

Auf dem Alten Oderdeich

Voraus ist anhand einer bunt zusammengewürfelten, doch schnurgeraden Reihe dichter Baumwipfel der erste Deich zu erkennen. Auf dem Weg dorthin ist manche wegbreite Pfütze zu umschiffen, wobei kleine Inseln aus ausgebrachtem Keramikschutt behilflich sind. Grobes Geschirr, alte Dachziegel und zerbröselte Ziegelsteine gehen hier als Flickwerk allmählich in die Breite und verfüllen vormalige Schlaglöcher.

Kurz vor Ausbau am Damm

Beiderseits des Weges steht das Korn zwar nicht besonders hoch, doch Halm an Halm und mit prallvollen Ähren, die nach diesen ergiebigen Regenstunden eigentlich hängen müssten. Dazwischen ist erstaunlicherweise noch Platz für ein zwei Rehböcke, die uns lange Zeit nicht wittern. Als der Groschen fällt, entfernen sie sich mit extrahohen Sprüngen, verharren am Scheitelpunkt jeweils kurz in der Luft. So wie im alten Trickfilm, wo jemand erst über den Abhang hinaussprintet, sich zunächst ein Weilchen in drei Richtungen und nach unten wundert und erst dann in die Tiefe saust.

Häuser in Ausbau am Damm

Wie viele Deiche im Oderbruch ist auch dieser nicht sonderlich hoch, doch im Fall der Fälle ausreichend, um größeren Schaden abzuhalten. Die nächste Kurve oder Krümmung ist in beiden Richtungen bereits zu sehen. Die erwähnten Baumkronen schaffen ein schattiges Dach. Die breite Wiesennarbe lässt an ihren Rändern kaum zwei Pfade übrig und verwöhnt nun Knöchel und Fesseln mit einer grasigen Streichelwäsche pro Schritt. Die wasserabweisenden Schuhe können zeigen, was sie draufhaben.

Deichkronen-Radweg voller Schnecken

So niedrig der Deich aus sein mag, bietet sich doch immer ein erheblich erweiterter Blick als aus derselben Ebene. So schauen wir auf weite, bunte Bienenweiden, bei denen nicht klar ist, ob sie Absicht sind, nur geduldet oder sich einfach ergeben haben. In naher Ferne und auch in ganz weiter steht eines dieser vereinzelten Gehöfte, die teils wildromantisch verfallen, teils nach allen Regeln des Denkmalschutzes und der Landlust wieder schnucklich auf Anfang gesetzt wurden. Dazwischen ziehen sich noch junge Alleen mit wohl gediehenen Bäumen, sicherlich auch dank des guten Bodens hier. Beerenbüsche, Obstbäume und Flieder versprechen kleinvolumige Ernteoptionen zu den meisten Jahreszeiten.

Ausbau am Damm

Am Ende des grasigen Weges liegt eine Ansammlung von Häusern mit freiliegendem Mauerwerk und antikem Gezäun um den kleinen Bauernvorgarten, bunt zusammengewürfelt und reizvoll für Photographen oder Maler, besonders aber für Leute, die gern Zeit im Garten verbringen. Da es gerade noch zu nass ist für die Mücken und bei uns kaum Haut herausschaut, herrscht Frieden. Ansonsten dürften hier die Uferbereiche der Alten Oder für reichlich Gesirre und für satte Vögel sorgen.

Blick vom Deich auf die Alte Oder

Jenseits der Straße, auf der nur alle paar Minuten ein Auto vorbeikommt, setzt sich der Deichweg fort, nun auf Asphalt und bald als reiner Radweg. Die Bäume in den Flanken sind zwar einiges jünger, doch schon stämmig und beständig. Bald gesellt sich rechts die Güstebieser Alte Oder dazu, drängelt sich in naher Sichtweite zwischen ihren üppig grünen Ufern hindurch, mit hohem Buschwerk, gestaltfreudigen Hopfendolden und leuchtend grünen Flatschen aus frischer Entengrütze auf dem Wasser. Vereinzelte Baumruinen oder wiedererstandene Weidengebilde gehen als gelungene Skulpturen durch.

Kaffeetafel am Inneren Dorfring, Altwriezen

Der glatte und eigentlich problemlose Weg wird nun zum Slalomkurs, da unzählige Schnecken von der Oder hin zum Kornfeld streben. Den größten Blickfang bilden die Weinbergschnecken, noch nicht ganz ausgewachsen und in den Zwischentönen von aschfahl bis haselnussbraun, die Zeichnung der kunstvollen Wendeln in jeder Variante knackscharf hervorgehoben durch das nasse Wetter. Dazwischen gibt es die normal großen Schnecken, wie man sie aus dem selbst gepflanzten Gartensalat kennt, sowie kleine bis kleinste, die jugendlichen Ausführungen der letztgenannten gleichen.

Da auch flaches oder aufgekruscheltes Laub, Stöckchen und Äste auf dem Weg liegen und vom Wind zum Leben erweckt werden, braucht es Aufmerksamkeit, um nicht irgendwem das Haus zu zerlatschen. Drüben überm Feld jubilieren die Lerchen jetzt schon lauter, denn der Regen hat endgültig aufgehört und von Westen her rückt schon mehr Licht am Himmel nach. Das ist jetzt eine schöne Entwicklung. Passend dazu steht mit einem Mal eine wunderschöne kleine Bank am Wegrand, umtost vom kräftigen Wind und mit Blick ins weite Land, hin zu den polnischen Höhen und auch denen der großen Oderinsel.

Ausschnitt der Längsten Kaffeetafel im Oderbruch

Altwriezen

Schon am Stadtrand von Wriezen hing ein Transparent mit der Ankündigung der Längsten Kaffeetafel im Oderbruch, was trotz größter Kuchenbegeisterung schon wieder vergessen war in Anbetracht des Wetters. Als wir das schöne Dorf Altwriezen betreten und den ersten von vielen Tischen entdecken, versuchen wir uns vorzustellen, wie sehr alle mit der Wetterentwicklung gefiebert haben müssen, wie oft die Geräte gezückt und mit hoffnungsängstigen Augen das Wetterradar verfolgt wurde. Denn für eine solche Tafel unter freiem Himmel kann es keinen Plan B geben.

Von daher hat es jetzt schon etwas Wundersames, wie klar der Himmel bekennt, dass in den nächsten Stunden nichts mehr nachkommen wird und nun endlich alle loslegen können. Wiesen und Straßen sind noch klatschnass und zeigen, dass wirklich gerade erst der Startschuss ploppte. Das Treiben ist nicht hektisch, doch man merkt den unfassbar erleichterten Leuten die einzwei Stunden Verzug beim Aufbauen an. Mit dabei sind alle Altersklassen von Enkelchen über guter Junge bis Uroma. Um zwei soll alles bereit sein.

In Altwriezen

Hier entsteht nun etwas Zauberhaftes, wohl in vierter Auflage und jedes Mal in einem anderen Dorf des Oderbruchs. In diesem Jahr gilt es die Marke von knapp 260 Metern zu überbieten, doch das ist sicherlich nicht die wichtigste Aufgabe hier. Unmengen verschiedenster Gartenstühle werden auf allen denkbaren Fahrzeugen mit Ladefläche herangekarrt. Jeder der Tische lässt das Herzblut vieler Menschen spüren, keiner gleicht dem anderen. Von holzrustikaler Bauernromantik bis hin zu komplett weiß umspannten Vornehmtischen und herzlich bunten Tischdecken ist alles dabei, einzelne Tische widmen sich komplett einem Thema wie zum Beispiel der Erdbeere.

Allein einige der Blumensträuße, von denen manchmal drei auf einem klassischen Biergartentisch stehen, dürften beachtlichen Aufwand erfordert haben in Pflückung, Zusammenstellung und Gestaltung. Passend dazu hat sich ein älterer Herr mit seinem Klapphocker zwischen zwei Büsche zurückgezogen und nimmt von dort die Szenerie in den Blick – mit Karton, Bleistift und Pinsel. Hier wird geeilt, dort gelacht und da koordiniert, irgendwo stehen auch schon die Messgeräte herum, so ein Spazierstock mit großer Rolle und Zählwerk unten dran, mit dem schließlich amtlich und in simultaner Mehrfachmessung die Länge der Kaffeetafel ermittelt werden soll. So gegen dreie.

Altwriezener Scheunenviertel

Wer die vorherigen drei Tafeln nicht gesehen hat, könnte sich vorstellen, dass es hier in Altwriezen besonders gut passt, denn der Verlauf der wenigen Straßen im Dorf ist verspielt und gipfelt in einem kleinen Oval vor einem besonders anmutigen Oderbruch-Haus mit blauen Fensterrahmen und durchgehendem Hausflur, mit Blick in den Garten hinterm Haus. Kraft seiner Lage dürfte es so etwas wie die Dorfschönste in Sachen Häusern sein, obwohl es wirklich besonders viele ansehnliche Häuser gibt im Dorf. Aus dem Flur kommen ständig andere Leute, Männer, Frauen, in grün, blau oder bunt, und tragen etwas heraus, was auf einen der vielen Tische gehört.

Weg nach Norden raus

Das Oval umschließt einen sanften Wiesenhügel mit uralter Eiche. Hier spielt sich gerade ein kleiner Tumult mit einer Reihe ungedämpfter Stimmen ab, denn ein Hänger mit Schafen ist eingetroffen und ein kleines Gehege wird aufgebaut. Die wollige Fuhre ist nicht ungeduldig, doch neugierig und vor allem begierig auf die erste Ladung feinen Futters, für die schließlich sogar das frische Stroh links liegen gelassen wird. Neben den behäbig dem Anhänger entströmenden Viechern staksen hakenschlagend auch einige Lämmer heraus, die zwar schon ein paar Tage älter sind, doch ihre Flausen nicht nur auf dem Buckel tragen.

Alpaka-Nachwuchs beim nächsten Gehöft

Am Dorfrand stehen die Koordinatoren in leuchtgelb und versuchen, alles in gute Ströme zu lenken, trotz des Zeitverzuges. Sind dabei ganz entspannt. Wir schlagen einen weiten S-Bogen durchs Dorf, können ein paar Details aus der Ferne und andere aus der Nähe betrachten und drehen am kleinen Scheunenviertel mit den großen Scheunen schließlich ab nach Norden, raus aus dem Dorf. Ohne ein Stück Kuchen im Bauch oder auf der Hand – wir waren leider zu früh. Dafür wird jetzt das Blau am Himmel mehr, die letzte Regenpelle wird abgeworfen und die Luft kann wieder ungehindert strömen überall. Wie ich gerade beim Schreiben lese, wurde der Rekord gebrochen und das nächste Dorf darf sich mit der Zahl 283 herumschlagen.

Und auch ein paar Pferde am anderen Ende

Nach einer kleinen Begegnung mit kleinen, doch ausgewachsenen Pferden mit kessem Blick führt ein schnurgerader, breiter Schotterweg in die Weite. Links die Telegrafenmasten mit der straffen Leine, rechts die hochgewachsenen Pappeln, welche rauschen, als wenn der Seewind durch sie führe. Immer wieder kommen nun Fahrräder von hinten oder von vorne, nach Altwriezen eher Touristen, vom Dorf eher Transitler zum übernächsten Gehöft.

Buschbaumgasse nach Altmädewitz

Die lange Gerade geht bei ein paar Häusern in die Kurve, vorher fordern noch ein paar flauschige Alpakas Blickkontakt, mit Nachdruck, und lenken dabei den Blick auf eines ihrer Fohlen, das weiter hinten Faxen macht und noch sehr fohlenmäßig hochkant ist. Der Hof steckt voller Details. Überall steht alles rum, was so rumstehen kann, sicherlich irgendwo in der Scheune auch noch ein alter Bulli und noch ein halber oder auch eine Trabbi-Motorhaube. Hier kann man durch die große Hofeinfahrt nach hinten gucken, dort die Pferde oder den Trecker vor Anker sehen. Eine der letzten Nachtigallen des vergangenen Frühlings verabschiedet uns aus dem Dorf.

Weg nach Altmädewitz

Ein Fahrweg, der vor sechzig Jahren sicher mal befestigt war, lässt seiner Zerrüttung freien Lauf, bis zuletzt nur noch eine Betonnarbe übrig ist. Links und rechts wird er zeitweilig von Büschen und Gebäum begleitet, was gerade im platten Oderbruch ein guter Schutz der Ackerkrume vor dem Wind sein sollte. Auch hier steht das Korn dicht und kräftig. Wie den ganzen Tag schon ist wieder einmal der hohe Speicher beim Wriezener Hafen zu sehen, wohl das höchste Gebäude weit und breit. Große Disteln halten ihre blauen Stachelköpfe den dafür geeigneten Insekten hin und kontrastieren bestens mit dem dunkelblonden Meer der Ähren.

Altmädewitz

Bald nach dem querenden Radweg von vorhin, dem schnurgeraden Polenzubringer, kommen wir nach Altmädewitz. Ein Mann mit leerem Korb am Lenker kurbelt aus dem Dorf. Gleich links liegt ein rasengrüner Spiel-, Sport- und Festplatz für das Dorf, wo sich ein reichlich meterhoher Junge an Klettergerüsten und am Buddelkasten beschäftigt, ohne sichtlich Trauer zu schieben über fehlende Spielkameraden. Während wir auf einer der Bänke kurz die Beine ausstrecken, kommt der Mann mit dem Fahrrad wieder zurück. Der Korb schwankt nun weniger, doch die Frage nach dem hinzugekommenen Inhalt bleibt offen. Ein etwas jüngerer Mann fährt mit einem Aufsitzmäher aus dem Dorf, welcher in voller Fahrt etwa halb so schnell ist wie er es zu Fuß wäre. Im Gegenzug zieht er eine Last.

Blick zurück nach Altmädewitz

Rund um die Bushaltestelle gibt es allerhand Informationen und eine gute Unterstellmöglichkeit bei fiesem Regen von der Seite, kurz darauf am Dorfrund mit der Kirche schöne Schattenbänke. Entlang alter Ulmen verlassen wir das Dorf, wobei sich übers buschige Kornfeld ein wohliger Rückblick ergibt. Voraus geht es schön über die Felder. Zwei Hasen und dann noch einer verharren wie in einer Standperformance mitten auf dem Weg, jeder von ihnen den Blick in eine andere Richtung, wie die Boygroup vor dem ersten Takt. Der Wind erlaubt keine Witterung, doch irgendwann sieht uns einer der drei und zwei Denksekunden später sind alle im hohen Mais verschwunden. Und hoffentlich nicht im Modder ausgerutscht und das blütenweiße Blümchen eingeschmutzt.

Stammkram auf dem Oderdeich

Schon freudig erwartet wurde die Deichpassage, wohlbekannt von früher und wieder so herrlich urig und dabei leicht krumm. Einige der betagten Baumriesen hat es irgendwann in den letzten zwölf Jahren geschrägt. Doch sie gestalten die Landschaft noch lange mit und liegen nun als bullige Stammsegmente von Kuhgewicht, als wildsaugroße Schnipsel oder in Großscheitgröße an der Deichkrone und sorgen hier für neues Leben. Bei manchen der enormen Stümpfe mit ihren glatt gesägten Plateaus wachsen zwischen Rinde und Stammholz neue Triebe heran und machen einfach weiter mit dem Baum. Zwischen martialisch anmutendem Bruchholz suchen sich bunte Blumenköpfchen ihren Weg.

Wiegende Gräser auf dem Deich der Alten Oder

Viele der meterdicken Bäume stehen jedoch nach wie vor und recken ihre hohen Stämme in den Himmel überm Oderbruch. Ein winziger Pfad führt hinunter zu einem Schilfweiher, wo fern allen Wassers ein Drosselrohrsänger seine kreuzfideles und stets etwas übermütige Berichterstattung zum Besten gibt. Aus der breiten Wiesennarbe ragen hoch die hellen, längst wieder trockenen Halme der Gräser und werden vom drängenden Wind bewegt, der jetzt irgendwie auch wie Seewind riecht, vielleicht des Regens und des getränkten Bodens wegen.

Schnurgerade Radweg zwischen Wriezen und Grenze

Schließlich biegen wir auf den Radweg ein und damit auf die Zielgerade. Als die einstige Bahntrasse zum Radweg wurde, pflanzten vorausschauende Leute in dichten Abständen Alleebäume zu beiden Seiten, seinerzeit so dick wie ein Meerrettich-Glas, mittlerweile schon ganz anständige Bäumchen, deren Kronen sich über dem Weg bereits berühren. Ein kleiner Huckel führt durch ein Sieltor, welches sich im Flutfall mit wenig Aufwand und einigen kräftigen Balken verschließen lässt. Radfahrer kommen, zumeist von vorn und also mit dem Wind im Rücken, schauen aber keineswegs alle so. Ein fohlenschmales Pärchen unverbissener Rennradler überholt uns und lässt die Speichen fliegen – als wären sie es, die den Wind von hinten hätten.

Eine Alte Oder am Rand von Wriezen

Nach zwei Oderüberquerungen und einem Blick zum markanten Schlot des Kalkofens sind wir wieder in Wriezen, nehmen noch den Bogen über den Altkietz mit und sehen, dass der Storchenhorst unbesetzt ist. Vielleicht handelt es sich ja auch um denjenigen Rotbeinigen, welcher vorhin kurz hinterm Stadtrand staksend in den Wiesen gesichtet wurde. Klingt wahrscheinlicher, denn an Frosch und anderem Schmaus sollte es in diesem Juni nicht mangeln. Rund um die Straße zum Markt gibt es eine Reihe von Gassen, welche vermutlich die Gestalt der ursprünglichen Stadt wiedergeben.

Blick zum Schlot des Kalkofens am Alten Hafen, Wriezen

Falls nun die Bahn gerade weg ist und der Magen in den Knien hängt, hält hier nach wie vor der Grill schräg gegenüber der großen Marienkirche die Fahne oben. Plätze gibt es drinnen und auch ein paar draußen, optional ein paar Bänke auf dem Marktplatz. Dort kann man sich letztlich auch beim vierten Mal noch an den zahlreichen Details des schönen Lebensbrunnens festgucken, in dessen Szenerie unter anderem der Teufel, der Fischer und ein Brett vor dem Kopf eine Rolle spielen. Das passt wohl leider zu allen Zeiten und auch überall.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
mit der Regionalbahn über Eberswalde (ca. 2 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): auf der Landstraße über Strausberg oder Tiefensee (ca. 1,25-1,5 Std.)

Länge der Tour: ca. 17,5 km (Abkürzungen möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Internetauftritt von Wriezen

Längste Kaffeetafel im Oderbruch

Oderbruchbahn-Radweg

Einkehr: div. Angebote in Wriezen (Imbiss/Restaurant)


Jahnsfelde: Dicke Stämme, die Inselkirche und der kontaktlose Tango

Der April da draußen zeigt zwar die ganze Zeit schon, dassernich weiß, wasserwill, holpert wild über die gesamte Klaviatur der Wettererscheinungen und mischt dabei gern auch mal in kürzesten Zeitintervallen die Gegensätze durcheinander. Leichtgläubig wurden schon die dicken Winterjacken fürs nächste halbe Jahr archiviert, auf dass mehr Platz an der Garderobe ist und eine gewisse Luftigkeit einzieht, doch das wurde in Dreitagesfrist mit einem fiesen Kältesturz quittiert.

Dammweg nach Trebnitz

Davon abgesehen sieht es in Stadt und Land gleichermaßen schon aus wie tiefster Mai, nur dass noch alle Obstbaumblüten mitmischen – mal an späten und frühen Einzelästen, mal als blendende Kronengestalt von knackigem Volumen, die ihren betörenden Duft schon steinwurfweit vorausschickt. Die Natur ist so unfassbar und allumfassend grün und üppig, wohl auch den regelmäßigen Niederschlägen der zurückliegenden Monate geschuldet. Es ist eine einzige Pracht.

Emus beim Bewerben

In Sachen Vogelkehlen sind die Lerchen schon seit Februar dabei, ihren Optimismus in die Welt zu trällern. Winter- und Frühlingsmeise hegen immer wieder Zweifel beim Übergeben des Staffelstabes, und zuletzt waren sogar schon Nachtigallen zu hören, allererste Schwalben zu entdecken. Nach wie vor ist überall reichlich Wasser in den Fließen, Seen und Bächen und entsprechend Leben drumherum. Die Bienen trauen sich nur heraus, wenn es die Sonne zulässt, die Hummeln hingegen wagen wie gehabt längere Erkundungen. Vereinzelte Schmetterlinge in Gelb und Weiß und Blau oder auch Teppichfarben flattern mit Fragezeichen überm Kopf, doch sie tun es. Alle zusammen wecken sie gute Gefühle.

Schloss Trebnitz

Beim Tun Innerhalb der eigenen vier Wände endete dieser Tage ein jahrelanger Marathon, der überm Wegesammler einige Spinnweben und eine gewisse Bröckeligkeit in Sachen Beitragsdichte hinterließ. Dieser Ausdauerlauf setzt sich auch hinterm Ziel als halbwegs straffer Trab fort und lässt nun einige Spannung offen, wohin sich jene Idee bewegen wird, die sich um einen längeren Rundweg dreht. Erste Fußpaare sind schon am konkreten Ausprobieren und unsere eigenen freuen sich auf ein baldiges Wiedersehen mit der Berliner Gürtellinie, dem „ersten Weg zu Fuß einmal um Berlin“, wie es in etwa heißt.

Kirchenfenster in Worin

Jahnsfelde

Auf dem Weg nach Seelow, schon weiter im Osten, liegt das Dorf Jahnsfelde, das beim Durchfahren ganz hübsch wirkt, seinen ganzen Charme jedoch erst offenbart, wenn man die schnelle Straße verlässt. Die Dorfstraße umschließt eine kleine, kirchlose Angerwiese, von welcher der Blick zum Schloss in diesen Tagen durch einen üppigen Fliederbusch veredelt wird. Die kleine Kirche und das mehrteilige Schloss mit seinem detailfreudigen Ostteil liegen hier in unmittelbarer Nachbarschaft. Gleich ums Eck steht eine malerische Scheune, die dem Anschein nach nur von ihrer Patina zusammengehalten wird. Ein beherzter Apfelbaum in Weiß steht dem windschiefen Bretterverbund zur Seite.

Uferpfad am Haussee, Worin

Ebenbürtiger Blickfang ist hier auch der Stamm einer enorm dicken Eiche, für deren Armumspannen es mehr als ein halbes Dutzend Kinder bräuchte. Ein kleiner Schlosspark mit schönem Baumbestand schließt sich an, in dem sich bestens Feste feiern lassen sollten. Der Gedanke liegt umso näher, als dass heute einer der ersten Tage dieses Frühjahrs ist, wo man ohne Mütze und Jacke unterwegs sein kann, zumindest stundenweise und in der richtigen Richtung.

Windschiefe Scheune, Jahnsfelde

Ein schöner Pfad führt aus dem kleinen Park. Mit Blick auf ein Rudel von Treckern und fern schnaubende Pferde geht es zum kleinen Friedhof am Dorfrand, der sanft-spektakulär auf einer Anhöhe liegt. Entlang der ruhigen Straße werden die Abstände zwischen den Häusern immer größer, hinter den Gärten kann der Blick schon weit in den grünen Talgrund des hiesigen Fließes ausschwärmen, wo abseits der frisch ausgeschlagenen Uferweiden einzelstehende Bäume wohlplatziert verteilt stehen und sich jeweils selbst betonen.

Am Schloss in Jahnsfelde

Zur Linken steigt der Hang zum Walde an und ruft winterliche Bilder bunter Rodelkinder auf – doch nur ganz kurz, denn zu schön und zu verdient fühlt sich heute dieser milde Frühlingstag an. Die endlosen Wiesen sind gelb gesprenkelt von weit geöffneten Butterblumen, eine Etage höher steht hinter den Gärten mancher Obstbaum in blütenreinem Weiß.

Weiter Talgrund bei Jahnsfelde

Der gemütliche, von kräftigen Bäumen flankierte Weg steigt ein wenig an und öffnet im Rückblick die Weite des Wiesengrundes. Nach dem Ende des Waldes schlägt auf der Höhe der Wind zu, der frisch von Westen weht und nun doch den Griff zur Mütze fordert, wenigstens für ein paar Minuten. An einem der Stämme siedeln in verschiedenen Höhen farbenfrohe Baumpilze und bilden dabei eine Leiter oder wahlweise ein schützendes Dach für beispielsweise Mäuse. Zwischen den elefantösen Zehen desselben Stammes führt ein schwarzes Loch in die Tiefe und gibt gerade eine tiefbassende Hummel aus.

Schönste Rastbank weit und breit, am Weg nach Trebnitz

Nach einer wohlplatzierten Rastbank und dem Blick nach Trebnitz geht es zwischen hochgeschossenen Robinien und dem besonderen Licht ihres jungen Laubes noch etwas höher, der Wind pfeift zwischen den Baumlücken hindurch. An einer Gabelung verlassen wir den Weg nach Obersdorf und zweigen ab in einen sagenhaft schönen Wiesenweg. Der steht schon lange auf dem Zettel und verläuft zunächst unterhalb einer Böschung, wo sich Eichen mit letztjährigem, braunem Kruschellaub und Birken mit dem zartesten Blattgrün von vorgestern gegenüberstehen.

Weg nach Obersdorf

Der Weg zeigt sich noch schöner, als es die Karte vermuten ließ und setzt sich bald als hinreißender Dammweg fort, läuft leicht erhöht über dem weiten Grün und geht zudem in einen pittoresken Bogen, welcher eine weite Vorausschau ermöglicht. Beiderseits liegen in kurzer Entfernung Feuchtgebiete mit kleinen Seen und Schilfgürteln.

Wiesenweg nach Trebnitz

Abblühende Obstbäume, darunter besondere Schönheiten in großer Geste, stehen mit ihren kräftigen Stämmen in der Dammflanke und laden zu einem späteren Besuch im frühen Ernteherbst ein, wenn sich alle weich gefallenen Früchte unten am Feldrand sammeln dürften. Unterm auseinandergeblasenen Wolkenhimmel mit seinen großen und kleinen Schafen liegt gut einsehbar eine größere Wasserfläche, auf der einiges Entenhinundher vonstatten geht, erst aufgebracht und dann versöhnlicher. Im klaren Licht des Frühlingstages wird der Weg immer noch schöner.

Dammweg nach Trebnitz

Trebnitz

Irgendwann endet das Spektakel im Schatten eines Wäldchens, ein Regionalzug saust vorbei in Richtung Polen, lässt bald darauf am Bahnübergang sein knappes Trompeten hören. Noch vor dem kleinen Bahnhof von Trebnitz schwenkt der Mühlenweg hinauf ins Dorf, voraus sind Schafkehlen in verschieden alten Stimmlagen zu hören, die Lämmer scheinbar noch wackelbeinig. Gegenüber stelzen auf einer geräumigen Wiese und weit voneinander entfernt zwei Emus, der eine weiß, der andere grau.

Blick hinüber zur Trebnitzer Kirche

Oder wie sich bald zeigt, der eine weiß, die andere grau. Denn jener in Weiß ist mit einem Mal nur noch halb so hoch, dafür dreimal so breit wie in Standardhaltung, auch das Volumen hat sich vermehrfacht. Nach anfänglicher Skepsis, vielleicht auch einem abgewendeten Lachkrampf, ist die Dame doch beeindruckt und gibt sich einem Tanz hin in der Art, wie man es aus barocken Tagen kennt. Dabei ist mal die Blickrichtung gleich, mal halsverschränkt einander zugewandt, dann wieder tangomäßig Wange fast an Wange, doch ohne sich zu berühren. Das Gebaren ist faszinierend, die Vorstellung bühnenreif und es ist kaum denkbar, dass sie ihn nicht erhören würde. Wir drücken den beiden die Daumen und ziehen respektvoll weiter, denn es ist höchste Zeit für eine Pause, der Magen schlackert schon gen Kniekehle.

Dammweg nach Trebnitz

Passend dazu kommen wir am Beginn des Dorfangers an der urigen Schankterrasse des einstigen Gasthofs Zur Ostbahn vorbei, der seit einiger Zeit wieder am Leben ist, als Kneipe und Café. Eine sagenhafte Linde spendet der kleinen Terrasse allen nötigen Schatten. Doch obwohl Wochenende ist, sind wir leider zu früh dran. Rechts im Garten kann ein Niederflurhund ohne Kopfeinziehen einfach unter einem Zaun durchseppeln und dreht verschmitzt gen Dorfrand ab, ohne sich groß umzuschauen.

Weiher am Dammweg

Wir hoffen an der Kirche auf eine Bank, streifen noch kurz die alte Schmiede und finden an der Bushaltestelle ein schönes Plätzchen, wo einem zudem kein Fitzel allen Treibens hier entgehen kann. Auto von links nach rechts, dann nochmal von links nach rechts, später zwei ältere Radfahrer im bunten Funktionsputz, die mit hochgezogenen Nasenflügeln die Karte studieren, um die Brille nicht wechseln zu müssen. Dann zwei Bengels auf Rädern, allerdings ohne Hochreißen des Lenkers, scheinbar haben sie uns nicht gesehen.

Große Vögel beim Näherkommen

Und schließlich unter Sorgenfalten eine Dame in Freizeitkluft, gefolgt von einer losen Schar von Kindern. Ob wir einen kleinen Hund gesehen hätten und wenn ja wohin. Mein Groschen klemmt, ich denke nur an einen kleinen Hund und stelle nicht die Verbindung zu dem Niedrigschultrigen her, denn der war eher groß. Im Auge des Betrachters … Erst als die Horde weg ist, fällt die Münze, doch wahrscheinlich hätten wir ohnehin nicht viel mehr helfen können als zu sagen, dass er da lang gelaufen ist.

Café No. 1 in Trebnitz

Schloss Trebnitz

Die schattige Lage der Bushaltestelle ist jetzt schon durchaus willkommen, so schnell kann das gehen. Nach einem Blick hinauf zur Kirche mit ihrem zartblauen Ziffernblatt entdecken wir voraus einen Aufsteller vor dem Dorfladen, da steht auch was von Café, doch es ist alles dicht, kein Fahrrad steht davor. Nur der Form halber schauen wir mal nach dahinter, fürs nächste Mal zum Wissen. Auch da ist alles dicht, kein Mensch zu sehen. Doch aus der großen Glastür der Remise kommt wer mit einem Eimer, und wir fragen, schon zu, und sie sagt, nö, jehnsema da durch die Tür, jaja, jenau, und jetzt einfach durch.

Schlossanlage mit Käthe und Café No. 2, Trebnitz

Drinnen sitzen verschiedene Leute, junge, alte, lokale, fernere, lesen, spielen oder plaudern, und es gibt auch einen Tresen zum Bestellen. Trotz der gerade beendeten Pause muss es jetzt gleich noch eine geben, denn der Ort ist einfach zauberhaft. Drinnen ist es gemütlich, doch heute bei dem Wetter ist es ganz klar die Terrasse, wo man direkt auf das Schloss, dessen Nebengebäude und den Park schaut, aus leicht erhöhter Position.

Schloss Trebnitz mit Accessoires

In der Karte, die knapp ist und zugleich kaum Wünsche offen lässt, lesen wir, dass das „Kaffee zum Glück“ als Juniorcafé betrieben wird (Deutschlands erste interkulturell-inklusive Juniorfirma), als Mini-Unternehmen geführt von Jugendlichen aus Brandenburg und Polen sowie von Geflüchteten. Wir kommen in die einzigartige, irgendwie königliche Erfahrung, Bohnenkaffee und köstlichen Bigos von vier jungen Damen serviert zu bekommen, die in Reihe aus dem Haus schweben, eine jede etwas anderes auftragen und dabei verstohlen kichern. Wie man das eigentlich nur aus Filmen kennt.

Schlosshotel für Sechsbeiner und andere

Vor einem der seitlichen Gebäude steht am Ende eines geschwungenen Pflasterweges die kleine Version der Käthe Kollwitz, wie sie auf dem Kollwitz-Platz im Prenzlauer Berg in Berlin zu finden ist. Von dort lässt sich schon zum hinteren Teil des Schlossparks hindurchschauen. Der ist erfüllt von flanierenden, mehr oder weniger stehenden oder geschlossenäugig sitzenden Leuten, die alle dem milden Tag huldigen oder einfach nur den Blick schweifen oder auf etwas ruhen lassen, denn dafür eignet sich hier vieles.

Weiher im Schlosspark

Ein verzweigter See mit breitem Schilfgürtel reicht bis weit in den Teil des Parks, der voll ist von hochgewachsenen alten Bäumen, welche weit überm saftig-grünen Unterholz ein herrliches Dach spannen. Auf einem reizvollen Lehrpfad wird man vom Mädchen Ella an die Hand genommen. Sie entdeckt hier die verschiedenen Stationen, welche charmant in eine kleine Geschichte gewoben wurden.

Schlosspark Trebnitz

Ein großes Insektenhotel steht am Rand einer heranwachsenden Streuobstwiese und ist dementsprechend gut besucht. Im benachbarten Weiher lassen sich die ersten Frösche hören, auch das ist ein schöner Moment im Jahr. Am Rand des Dorfes hatten wir übrigens die erwähnten ersten Schwalben um die Dachfirste flitzen sehen.

Weg am Waldrand

Nach dem Abbiegen geht es noch weiter durch die hinteren Lagen des Schlossparks, wohin sich wohl selten jemand verirrt, dann ist schon der Rand des Dorfes erreicht und ein weiter Bogen führt mit freiem Blick über die Felder. Am nächsten Wäldchen beginnt ein urgemütlicher Waldrandweg, schön im Halbschatten, duftend und hier und da schon knackend unter der Sohle. Nach dem Wald folgt ein Wegeklassiker der anderen Kategorie, wobei der eigentlich offene Weg über die Felder zu beiden Seiten von Baum- und Buschwerk begleitet wird, fast blickdicht und somit auch windgeschützt.

Abstieg nach Worin

Worin

 Vor Worin sinkt der Weg in einer Hohlgasse immer tiefer ab, in den Böschungen stehen teils abenteuerlich die kräftigen Wurzelfüße betagter Bäume. Nach einem ersten Vorschaublick auf den Haussee wird die kleine Woriner Kirche erreicht, die zu den schönstgelegenen in Brandenburg gehört und an alte Inselfriedhöfe denken lässt. Egal aus welcher Richtung, erst ist über rustikale Stufen die Höhe des kleinen Kirchhofs zu erlangen, der zum großen Teil von Efeu bedeckt ist. Von dort ergeben sich immer wieder neue Perspektiven auf den schlichten Bau, durch dessen gekalkte Wände überall die klobigen Feldsteine durchschimmern. Es ist ein leicht archaischer, wundervoller Ruheort, und es ist schön zu wissen, dass es ihn gibt und wo man ihn findet.

Kirchhof Worin

Irgendwie passt dazu ganz besonders gut der Haussee, denn so klein, wie er ist, findet sich auf dem Rundpfad manche Stelle, die ein wenig entrückt wird und wo man sich nur wohlüberlegt niederlassen sollte. Wer einmal sitzt, braucht irgendwann einen guten Grund, sich wieder loszureißen. Gegenüber der letzten Häuser lockt ein wackliges Knüppel-Brücklein zu einem Abstecher. Wer kürzlich reichlich aß, sollte vielleicht am Rand stehen bleiben, auch wenn gegenüber eine schöne Uferstelle lockt, ein winziges Landnäschen. Mehr aber auch nicht, denn das knorrige Gestelle dient vor allem als Zugang zu einem zauberhaft gelegenen, doch privaten Wassergrundstück.

Inselkirche auf dem Hügel

Bald folgt ein kleiner Strand, dessen Sand der kühlen Feinkrümeligkeit nach von der Ostsee stammen könnte. Vielleicht hat man sich das einfach geleistet. Gleich zwei schöne Bänke wollen hier verführen. Gegenüber ist ein Schlösschen zu sehen oder ein Herrenhaus, das ebenfalls ganz herrlich gelegen ist, mit Wasser zu zwei Seiten. Gartenpark und Uferlinie bedienen in sympathischer Dekadenz die schönsten Landlustklischees. Geld traf auf Geschmack und Fähigkeit zur Freude.

Brücklein am Haussee

Hinterm Strand setzt sich ein schmaler Pfad leicht überm Ufer fort, begleitet von stattlichen Bäumen und einer Reihe von Stegen. Wer übrigens im Dorf und drumherum irgendwo ein Verbotsschild findet, der hat sich eine gewisse Mühe gegeben. Vier schwarze Laufenten stehen am Ufer, wie Laufenten eben so stehen – niemals ganz auf der Stelle, irgendwie immer balancierend und um sich schauend. Da der private Moment aus ihrer Sicht dahin ist, gleiten sie elegant ins Wasser, und wir können nun endlich mal sehen, wie Laufenten im Wasser aussehen. Von der Proportion eigentlich wie die meisten Enten, nur der Rumpf ist etwas länger ausgeführt, was zusätzliche Eleganz hinzufügt. Sie halten zielgerichtet auf das Herrenhaus zu, was durchaus stimmig scheint.

Herrenhaus am Haussee

Am Seeende beginnt nun der üppig-dichte Bruchwald. Der Pfad bleibt auch hier besonders. An einer Rastbank, die bei Mücken hoch im Kurs stehen dürfte, biegt die Bruchquerung ab. Die kleine Brücke übers fließende Wasser wird gerade erneuert und wir versuchen, den hämmernden Mann im Blaumann nicht zu erschrecken.

Weg um den Haussee

Auch danach stehen wieder uralte Bäume am Weg, das muss irgendwie an der Gegend oder dem Boden hier liegen. Entlang der Seestraße bieten sich wieder die schönsten und einladendsten Bänke mit Seeblick an, von denen einige auch schon belegt sind. Von Leuten, die da schon die ganze Zeit sitzen und unsere These stützen.

Oberhalb von Worin

Vom Dorfrand geht es dann etwas in die Höhe, hinter der gelben Fläche des blühenden Rapses ist weit hinten eine Schafherde zu hören, bald auch zu sehen. Kurz führt der Weg durch ein lichtes Waldstück. Dahinter beginnt ein urgemütlicher Alleeweg mit Wiesennarbe, leicht gekrümmt in allen Dimensionen und bald beidseitig begleitet von Baum- und Buschwerk, darunter Obstbäume und hohe Stämme. Rechts erlauben sich knappe Blickfenster nach Jahnsfelde.

Weg nach Jahnsfelde

Jahnsfelde

Ein kurzes Stück am Rand der schnell befahrenen Bundesstraße endet am Ortsrand von Jahnsfelde, wo ein Radweg übernimmt. Direkt an der Straße ist in hübschen Gebäuden eine Gaststätte untergebracht, die nicht nur drinnen gemütlich ist, sondern auch draußen vorn oder hinten über schöne Plätze verfügt. Hier lässt sich nun zum Ende der Runde noch nachfüllen, was nachzufüllen ist.

Die letzte Schritte nehmen noch den fehlenden Teil der Dorfstraße mit, und beim Blick in die Gärten wird noch einmal bewusst, dass ja schon der Flieder blüht. Leute kommen von der Arbeit, fegen etwas Staub vom Gehweg auf die Straße, während ein bunter Hund seine Abendrunde ganz allein und still versonnen erledigt. Weiter hinten im Dorf kräht ein Hahn. Als wohlklingendes Korrektiv sitzt die Amsel auf dem höchsten Giebelzacken des Schlosses und stellt die Sache richtig.











Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
mit Regionalbahn und Bus/Rufbus (ca. 1,5-2 Std.); alternativ Start in Trebnitz (mit Regionalbahn 50 Min.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): auf der B 1 Richtung Osten (ca. 1,5-2 Std.)

Länge der Tour: ca. 16 km (Abkürzungen mehrfach möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Informationen zu Jahnsfelde

Schloss Trebnitz

Informationen zu Trebnitz

Kaffee zum Glück am Schloss Trebnitz

Informationen zu Worin

Einkehr: Landgasthof Jahnsfelde, Jahnsfelde
Café Zur Ostbahn, Trebnitz
Kaffee zum Glück und Dorfladen, Trebnitz
Bistrorante Zum Storchennest, Jahnsfelde

In eigener Sache: ein Herzensprojekt nimmt Gestalt an

Ein Kalenderblatt aus dem Jahre 2020 gab – zunächst unbewusst – den Impuls für eine Idee, welche Anfang dieser Woche sichtbar geworden ist: ein Weg, auf dem man Berlin zu Fuß umrunden kann.

Die Berliner Gürtellinie.

Der Impuls lag eine Weile vor sich hin, wurde eines Tages wiederentdeckt und stieß dann erste Arbeiten zum möglichen Verlauf eines solchen Weges an.
Nachdem eine grobe Skizze stand, hier und da vor Ort ausprobiert wurde und umgehend die Lust an der Sache weckte, wurde im darauffolgenden Winter etwas HTML-Programmierung gelernt, dann eine auf das Wesentliche reduzierte Webseite entworfen und nach und nach befüllt.

Über die Jahre (und so oft eben Zeit war) gab es immer wieder Vervollständigungen und Verfeinerungen, bis Ende letzten Sommers die Strecke einmal komplett begangen und alles Benötigte beisammen war.

19 Etappen, 243 Kilometer, 66 Spielplätze.
Und zweitausendzwölf Gedankennotizen …

Ein Gespräch beim BeBra Verlag, der mittlerweile in Sichtweite zum Botanischen Garten sitzt, leitete im frühen Herbst die Arbeiten zu einem Buch ein, welches alternativ zur Webseite neugierig machen soll auf den Rundweg zu Fuß um Berlin. Erschienen ist es Anfang dieser Woche, zwei Tage nachdem https://berliner-gürtellinie.de/ ans Netz ging.

Unterstützend gibt es Flyer, die hier und da verteilt werden.

Über eines sind sich Flyer und Webseite und Buch einig:
die Berliner Gürtellinie macht Spaß!






Zwei Türme, ein Gürtel und die ganz große Runde

Am Sonntag nach Frühlingsanfang wird Berlin um eine Idee reicher sein, wobei die Zahlenfolge 2-4-3 nicht nur im Datum eine Rolle spielt.

Dafür wurde in den letzten Jahren mancher Tag mit der Suche nach einem schönen Weg zugebracht, der mit regelmäßigen Blicken auf den Fernsehturm aus verschiedensten Himmelsrichtungen aufwarten kann und dabei manche Endstation der S-Bahn mitnimmt.

Hauptkriterien für die Wegfindung waren Abwechslung, Schönheit und eine gewisse Nähe zur Berliner Außenkante, quasi dem Gürtel der Stadt.

Eine bebilderte Beschreibung zwischen Buchdeckeln ist beim BeBra Verlag bereits in Arbeit.

Mehr ab 24.3. unter https://berliner-gürtellinie.de

Stellt schon mal Schuhe und Fernglas bereit!






Schildow: Ferne Berge, stumpfe Spiegel und die sanften, schwarzen Riesen

Der Winter feiert sich selbst, schon seit ewig, hat der Sonne mit ernstem Strichmund Hausverbot erteilt. Immerhin sieht er über gelegentliche Verstöße gnädig hinweg, solange es nicht aus dem Ruder läuft. Meist passiert das an Arbeitstagen, sodass an freien Tagen wieder das kriechkalte Klammgrau verlässlich auf der Matte steht.

Aussichtsturm mit Löwenzahn vor den Arkenbergen

Selbst wer zu den Leuten zählt, die bevorzugt zu jeder Jahreszeit rausgehen, muss nun in dieser Hinsicht hartgesotten sein. Dazu gesellten sich jüngst noch spitzfindige Spielarten wie zu Blitzeis gefrierender Sprühnebel, der sich dem Radar und somit der Wetterwarnbarkeit vollständig entzog. So mancher dürfte sich an diesem Tag auf allen Vieren wiedergefunden haben, im besten Fall auf Augenhöhe mit einem der allerersten Schneeglöckchen.

Ganzjährige Wasserbüffel bei der Arbeit

Tristes Wetter und glatter Boden sind nichts, was die winterfeste Vogelwelt groß interessieren dürfte, und so sind wie gewohnt all die bekannten Kehlen in der Höhe zu vernehmen. Sowohl Gänsen als auch Kranichen ist es dabei halbwegs schnuppe, ob sie über der großen Stadt von da nach dort fliegen oder überm farbfahlen Land, denn Schlaf- und Futtergründe finden sich da wie dort. Via Hörkanal ermutigend für die krisenwunde und unwirsche menschliche Seele sind im kleineren Register die selbstbewussten Wintermeisen und die truppweise auftretenden Finken, fast schon knallig bunt wirken in diesem Januar die Rotkehlchen mit ihrer klaren Farbcodierung.

Schönerlinder Teich No. 1

Hier auf der Seite war ja in den letzten Monaten nicht eben viel Betrieb, zuletzt die Bergtour im September, wo die Natur noch saftig bunt und voller Volumen war. Ab Oktober begann dann die endlose Zeit mit wenig Licht und viel Wasser von oben, die manches Gemüt stark herausforderte, im Gegenzug jedoch immerhin einen Boden hinterließ, der auch jenseits der oberen Schicht ganz passabel gesättigt ist. Das war lange nicht der Fall.

Unterwegs auf dem Löwenzahnpfad bei Mühlenbeck-Mönchmühle

Neben dem Umstand, dass all diese Wochen wenig fotogen waren, gab es während des reichlichen Vierteljahres unter anderem eine zeitfordernde Nebenaufgabe mit Bezug zum Berliner Stadtgürtel, welche im Frühjahr konkrete Formen annehmen soll. Erzeugter Text floss vor allem dorthin und ließ sich deswegen hier vermissen.

Schildow

Nennenswert farbkräftig hinsichtlich blauem Himmel oder gelber Sonne ging es auch im neuen Jahr noch nicht zu, nur in einzelnen Stunden an einzelnen Tagen. Die Lust auf draußen ist trotzdem da, wenn auch etwas schwächer auf der Brust oder behutsam hinterfragt, und bewegt sich in mehreren Hinsichten in Graustufen. Doch sollte man sich von miserablem Wetter nicht ins Bockshorn jagen bzw. ans Haus fesseln lassen und als Ausgleichsmaßnahme die Touren etwas kürzer bzw. optionsreicher halten und mit gemütlichen Pausenorten anreichern, sofern das möglich ist.

Strandbad am Kiesesee, Schildow

Aktuell sind bezüglich Anreise neben einem abschwellenden Bahnstreik noch Blockaden von Autobahnauffahrten durch schweres Landgerät zu beachten. Also besser kurz halten und am besten innerhalb von Bahn- und Autobahnring bleiben. Schon lange auf dem Zettel stehen die Teiche bei Mönchmühle und der dortige Abschnitt des Tegeler Fließes kurz vor dem Eintritt ins Berliner Stadtgebiet.

Tegeler Fließ am Musikerviertel, Schildow

Die erwähnte Glätte ist gerade so vergangen, der Boden noch gefroren, was sich in dieser Kombination als gut für die heutigen Wege erweisen soll. Die erste Portion Behaglichkeit gibt es beim Handwerksbäcker in Schildow, wo neben köstlichem Backwerk und heißem Kaffee gerade eine schöne Portion echten Lebens serviert wird. Ein älterer Herr kommt rein, nicht gänzlich symmetrisch in allem, und startet wortreich und immer wieder abschweifend seinen Bestellvorgang, war wohl länger nicht mehr hier. Er kommt gerade aus der Reha, ist geflohen bzw. hat sich nach drei Tagen selbst entlassen vom Knüpfen, Fädeln und Körbeflechten mit irgendwelchen Leuten, mit denen er gefühlt nichts gemeinsam hatte außer der Diagnose.

Das Schlimmste an dem ganzen Mist, sagt er, ist im Nachhinein, dass er beim Autofahren nicht mehr rauchen kann. Weil er die Zigarette nicht mehr sicher im Griff hat. Naja, und wenn die beim Fahn irgendwo hin flutscht und ihr Ding macht, könnsesjavorstelln, dittis keen Spaß. Na und denn wolltense mia sohn Nikotinflasta fapassn. Nüscht! Aus der kurzen Warteschlange kommen sofort die heiteren Hinweise, dass man die Dinger so schlecht angezündet bekommt oder dass die keine zwei Minuten halten, wenn man sie sich auf den Mund klebt. Er dreht sich halb, schaut erstaunt, Sie ham wohl jelauscht? Der Laden ist etwa so groß wie ein großer Teppich und sein Organ recht präsent. So isset, gelauscht, allemiteinander.

Am Schönerlinder Teich No. 1

Am nördlichen Bahnübergang in Schildow sind die Straßen nach Musikern benannt. Darunter haben sich irgendwie Schiller, Lessing und Fritz-Reuter gemengt, die aus dem benachbarten Schreiberlingsviertel mehr oder weniger hinüberragen. Auch einige der Musiker haben es im Gegenzug bis ins genannte Viertel geschafft und stehen also für eine offengeistige Verzahnung der beiden Künste an diesem Ort.

Blasser Spiegel am Teich

Ein kleiner Wiesenschleich führt von Reuter zu Lessing und bald zum Tor des schönen Strandbades am Kiessee, das im heutigen Fahlgrau auch nur trist daliegen kann. Selbst die Farbkleckse von Leuchtturm und Rettungsschwimmergerüst knallen farblich nicht so richtig rein. Anders in kommenden Jahreszeiten, wo dieser Ort mit dem umrundbaren See und den Stränden idyllisch und überaus einladend ist.

Rechts am Zaun verläuft ein Pfad, der sogleich an einem hüfthohen Gletscher vorbeiführt. Ein aufgestockter Gulli gibt tröpfchenweise Wasser ab, das zu einem kieshaufengroßen Eisding gewachsen ist – wie Tropfstein von unten. Er kalbt bis über den Pfad und lässt nur einen winzigen Streifen zwischen Zaun und Gletscherrand, auf dem sich auch ohne Spikes an den Sohlen die Bodenhaftung behalten lässt.

Sog. Blankenfelder Straße mit Arkenbergen voraus

Gleich darauf folgt eine leicht verwunschene und sogar beim heutigen Licht romantische Passage entlang des Tegeler Fließes, hinter dem am anderen Ufer privilegierte Gärten liegen. Die flachen Uferzonen sind von Halbgefrorenem bedeckt, in der fließenden Mitte spielt sich einiger Ententumult ab, inklusive der typisch winterlichen Geräuschkulisse solcher Zusammenkünfte. Die Ufer borden über und wirken wild, das Fließ naturbelassen. Möglichweise steht das Wasser ein paar Zentimeter höher als gewöhnlich, den regenreichen Zeiten geschuldet. Das reichliche Laub am Boden verheißt schattigen Uferwald in anderen Jahreszeiten.

Landschaft der Schönerlinder Teiche

Löwenzahnpfad

Nach der Bahnbrücke am S-Bahnhof Mühlenbeck-Mönchmühle, dessen Name für mich als Jugendlicher ein moderater Zungenbrecher war, ist neben dem Mühlenwanderweg schon der Löwenzahnpfad ausgewiesen. Klingt beides schön und verheißungsvoll, doch heute wird es der letztere. Noch wissen wir nicht, dass die kleine Tour für eine gute Stunde bester Unterhaltung steht, denn diese überschaubare Runde ist vollkommen ausreichend als Tagesziel, eignet sich zudem bestens zum Anfüttern von kleinen oder größeren Kindern und lässt sich überhaupt nicht davon beeindrucken, dass der namensgebende Pfad zwischen zwei stark befahrenen Außenringen und unweit des höchsten Deponieberges weit und breit liegt. Je nach Windrichtung dürfte entweder die Bahn oder die Autobahn akustisch gegenwärtiger sein. Der Berg hingegen liegt gänzlich still.

Obst und Birken entlang des Dammweges

Den Genuss stört das nur in Maßen, da die Landschaft besonders ist und der Weg so zauberhaft schön, es zudem so viel zu gucken und entdecken gibt. Kurz gefasst erinnert es ein bisschen an eine Mischung aus der nahen Hobrechtsfelder Waldweide und den weiter entfernten Teichen an der Blumberger Mühle bei Angermünde – auch beides besondere Ausflugsziele, zu denen man immer gerne wiederkommt. Das dürfte auch für die Löwenzahn-Runde um die Schönerlinde Teiche gelten, denn hier wird wohl eine jede Jahreszeit Markantes hinzufügen und charakterprägend sein. Gleich hinterm Rand der Millionenstadt.

Wasserbüffel auf dem Weg zur Pause

Zunächst geht es zwischen einem Baumstreifen und Feldern auf die Kammlinie der Arkenberge zu, eine durchaus eindrucksvolle Bildmischung, insbesondere mit dem Gedanken, dass man grad noch in der S-Bahn saß. Im kahlen Geäst huscht es überall, ist grad noch flattrig und dann still. Bei den ersten Weidezäunen beginnt das Feuchtland, sogleich gefolgt vom ersten der zahllosen Teiche. Dass es sich einmal um Rieselfelder handelte, später dann um Karpfenteiche, bezeugen noch zahlreiche gut erkennbare Dämme, insbesondere später, wenn der Weg etwas erhöht verläuft und Draufsicht gestattet.

Pfad zum Brücklein No. 1 (nahe des Aussichtsturms)

Schönerlinder Teiche

Hier steht auch die ersten von zahlreichen Tafeln, die farbkräftig und ansprechend gestaltet sind. Viel Information in möglichst wenig Text und jeweils etwas schöne Spielerei, die ohne Strom auskommt. Rechts oben sausen in kurzen Abständen S-Bahnen und Regionalzüge vorbei. Die Böschung zum Bahndamm ist recht steil und gibt unter anderem einer sagenhaften Weide Halt, die einen nach klassischen Senkrechtstamm hat, darüber hinaus über Ausleger verfügt, die über Dutzende Meter in die Breite gehen. Auch nach tieferem Blick scheint all das auf denselben Ursprung in der Mitte zurückzugehen.

Steg übers fließende Wasser

Der Weg drängelt sich vorbei am großen Teich, dessen wässriger Eisspiegel das Erlenwäldchen am Gegenufer verwaschen spiegelt. Danach folgt eine Szene ohne Spuren von Infrastruktur, die entlegen und fast ein bisschen skandinavisch wirkt, vielleicht auch dank der lose verteilten Schneeflecken. Ein kurviger Weg mit Gebäum in Tundrahöhe strebt zu einer flachen Berglinie von klarer Form. Der Blick nach links fällt, hier nun mit allerhand Leitungen und Masten ganz im Hintergrund, auf vereinzelte Wasserflächen. Umgeben sind sie von buschigem Krautland, das hier und dort mit Schilfgürteln verschmilzt.

Nordnordische Szenerie

Mittelgroße, dennoch alte Birken säumen den Weg zur Rechten, am linken Rand zeigen ältere Obstbäume blattlos ihre Posen. Große Pfützen fordern winzige Umweg ein. Und erstmals kommen jetzt auch die sanften Riesen ins Spiel, mit denen man in solchen Landschaften rund um Berlin fast schon fest rechnen kann. Tiefschwarz erscheinen die Leiber der mächtigen, ganzjahrestauglichen Wasserbüffel, die so herrlich neugierig irgendwo herausschauen können.

Löwenzahnpfad Nord

Bald beginnt der eigentliche Löwenzahnpfad, nun wirklich in Gesässbreite, und verläuft weithin sichtbar im ausladenden Bogen, äußerst reizvoll zwischen dem knorrigen Weidezaun und einer schutzgebenden Reihe jungen Gebäums. Es ist kalt, es ist klamm, das graue Wetter wirklich ungemütlich und der Wind fast etwas garstig. Und trotzdem begegnen wir vier Familien mit ihrem Nachwuchs. Keiner davon schaut angeödet oder ähnlich, vielmehr wird vereinzelt gelacht und gekichert – und dieser gemeinsame Tag in der Gewalt der Elemente vermutlich niemals vergessen.

Großer Teich mit noch größerer Ansammlung

Die Ruhe ausstrahlenden Hornviecher sind nun nähergerückt, haben auch die bunten Zweibeiner entdeckt und zeigen mäßige Neugier. Einem ist der viele Trubel wohl zu blöde und er tritt mit getragenen Schritten den Rückzug ins hufnasse Schilfland an, welches sich den Blicken der Zaungäste nahezu entzieht. Vom Aussichtsturm, der zugleich eine Brücke ist und von einem hölzernen Löwenzahn gekrönt wird, wird nun sichtbar, wie groß die Zahl der Teiche wirklich ist. Der Blick fällt zudem auf die weiß überpuderten Flanken der Arkenberge, und mit den schwarzen Büffeln im Vordergrund sieht es jetzt wirklich etwas nordschwedisch oder isländisch aus.

Senke mit Brücklein No. 2

Der Pfad geht in einen kleinen, gewundenen Abstieg durch eine Buchenhecke, an der sich das goldbraune Laub noch gehalten hat und somit Schutz gegen den bissigen Wind bietet, der gerade aufkommt. Gleich danach folgt ein Wegstück, das ohne gefrorenen Boden so eine Sache wäre bzw. ein klarer Fall für Gummistiefel. Doch so kann man einfach über den zähen Matsch spazieren und steht bald vor einem Brücklein mit schlichter Schranke. Das überbrückte, gut vernehmbare Wasser schafft eine Verbindung zur Bogenseekette am Rand der Hobrechtsfelder Waldweide, vielleicht sogar die einzige direkte.

Rastplatz am Rande

Sieben Stufen führen aus der Bodenmatschzone, danach setzt sich der Pfad genauso anmutig fort, wie er bisher verlief, kommt sogar etwas ins Schwingen. Trotz der höheren Lage ist auch hier manche Pfütze zu umschiffen, bevor sogar etwas Wiesengrün ins Bild tritt. Eine Rastbank ist in den Buschstreifen eingerückt und steht ein wenig windgeschützt – gemütlicher werden wir es hier und jetzt wohl nicht bekommen mit unserem heißen Tee. Noch dazu haben sich unten auf einer der größeren Teichflächen unzählige Enten versammelt, die eine mittige Eisscholle nutzen und sich dort angeregt, doch leise austauschen.

Ein Silberreiher fliegt im typischen Stil, vergleichbar dem Gang eines Elches, von links nach rechts, bald dann wieder nach links zurück. Hoch oben im Himmel sind zwei Kraniche, drüben in einem anderen Teich unzählige Gänse zu hören. Für gewöhnlich ist hier auch die Ecke, wo sich gern die Wildpferde sehen lassen, doch die sind entweder nicht ganz so kälterobust wie die Schwarzen oder haben sich gut versteckt. Ihr Farbton jedenfalls würde es hergeben.

Dorfstraße Woltersdorf

Ein weiteres Mal ist ein Brücklein und mit ihm das Weidegebiet zu überqueren. Danach geht es kurz steil hinauf zum nächsten Buschstreifen, der schön dicht ist und den selbstbewussten Wind kurz auf Abstand hält. Erneut fällt ins Auge, wie schön und groß diese kleine Landschaft ist, und das trotz der heutigen Bedingungen von Licht und Witterung.

In der Mitte von Mühlenbeck

Auf einem breiteren Weg kommt man bald zum Rastplatz an einem kleinen Teich, dessen Bankrund von losen, noch berindeten Stammpalisaden umspielt wird. Bald darauf schließt sich die Runde und legt den Rückweg zum schnell erreichten S-Bahnhof nahe. Wer noch Lust auf etwas Dorfbild und einen Nachschlag in Sachen Tegeler Fließ hat, kann vorbei am leicht spröden Campus des Berufsförderungswerkes einen Bogen über Woltersdorf und Mühlenbeck schlagen, der sich gut mit einer Einkehr oder einem schnellen Imbiss verbinden lässt.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
ab Ostkreuz mit der S-Bahn bis Mühlenbeck-Mönchmühle (ca. 35 Min.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): nicht sinnvoll

Länge der Tour: 10,5 km (Abkürzungen gut möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Schönerlinder Teiche zur grünen Jahreszeit

Löwenzahnpfad

Einkehr: Kastanienhof, Schildow
Altes Forsthaus, Woltersdorf
Zum Goldenen Hahn sowie Imbiss-Angebote, Mühlenbeck

Bad Freienwalde: Rote Kronen, pfundige Blüten und der Kamin im Schafstall

Der Sommer war nass, der Sommer war kalt, der Sommer war auch heiß und trocken und lang, doch jetzt schleichen sich nach und nach die alten Weiber in die Szenerie. Wehende Weben segeln durch den Wald, die man erst sieht, wenn man sie schon fühlen durfte. Allerhand Früchte wie Eicheln, Bucheckern und erste Kastanien liegen schon am Boden und verleiten Verspielte zum Zickzackgang, um ein paar davon per Sohle aufzuknacken.

Nicht der schlechteste Platz – am Papenteich in Bad Freienwalde

Die Bahn der Sonne hängt insgesamt schon tiefer, in der Folge sieht man in den gemäßigten Randzeiten des Tages dieses unvergleichliche Licht, das zu den Grundqualifikationen des September-Monats zählt. Warm, wohlig, auch etwas nostalgisch – und mit der Bekräftigung der soliden Tatsache, dass die Gluthitze nach heißen Tagen schon etwas früher gebremst wird. Bedauerlich für Sonnenanbeter, besänftigend für Leute, die Spätsommer und Frühherbst genießerisch entgegenblicken.

Waldgaststätte an der Alten Köhlerei

Die Botanik ist allerorten noch in ihrer Üppigkeit zu bestaunen, Vögel hingegen sind kaum noch zu hören. Nur hier und dort wittern schon Eichelhäher und gefiederte Schwarzkittel etwas Morgenluft und krächzen ihren Anspruch auf übernächste Monate in die Waldesstille. An vielen dieser brütend heißen Tage steht die Luft unbewegt, doch zwischendurch gibt es immer wieder solche, wo ein leichter, wohltuender Wind durch Sonnenblumen-Felder oder Waldbäume streicht und jegliches Laub leise rauschen lässt. Mehr und mehr finden sich bunte Flecken in den Kronen, einiges Laub sammelt sich auch schon am Boden und kruschelt unter den Sohlen.

Vor den östlichen Bergen bei Altranft

Wer an solchen Tagen den Halbschatten sucht und zugleich die Seele streicheln will, weil das Leben manchmal ganz schön teigig sein kann, ist rund um Bad Freienwalde gut aufgehoben. Zwar kommt man hier an vielen Stellen durch attraktiv servierte Höhenmeter ebenso ins Schwitzen, doch das ist selbstgewählt und per Aufstiegstempo regulierbar. Die beiden Höhenzüge, östlich nach Falkenberg, westlich nach Altranft, lösen ohne Kompromisse die Versprechungen von Mittelgebirgsstimmung ein, welche der Märkische Bergwanderpark vielerorts verheißt.

Deichweg am Freienwalder Landgraben

Diese noch recht junge Geschichte ist nicht nur bloßes Marketing, um dem Bad vor Freienwalde eine weitere Berechtigung zu liefern. Vielmehr stecken neben beständigem Mobiliar und bester Ausschilderung viel Herzblut, Ideenreichtum und auch eine Prise Humor darin. Dass man neben all den Pfaden, Talscharten und Aussichtspunkten, den steilen Stiegen, Aussichtstürmen und abgeschiedenen Kammwegen auch eine zünftige Baude nicht missen muss, war am heutigen Tag eine willkommene Erkenntnis, ein wunderbarer Neuzugang in der inneren Datenbank der Einkehrorte.

Bad Freienwalde

Bad Freienwalde ist auch so ein Ort, wo altgediente Wegesammler meinen, die meisten Wege schon gegangen zu sein, zumal einer, wo es einen immer wieder hinzieht, und nicht zuletzt eines der Kronjuwelen unter den märkischen Landschaften. Auch an dieser Stelle wieder einen innigen Dank an die letzte Eiszeit!

Im Villenviertel, Bad Freienwalde

Keine zehn Kilometer liegen zwischen Falkenberg und Altranft. Doch in diesem kleinen Waldgebiet von teils dramatischem Relief lassen sich, insbesondere unter Einbindung des flachen, oderzugewandten Vorlandes und des immer wieder überraschenden Stadtgebiets, so viele Spaziertage der besonderen Art finden, dass häufiges Wiederkehren kein Problem ist.

Vom Bahnhof aus fällt vor dem Hang schon die Kirche in den Blick, von der es wiederum nicht weit ist zum Schlosspark. Der ist wegen mitgenommenen Baumbestandes immer noch zu großen Teilen abgesperrt, doch vorbei an der Schlosshöhe ist in wenigen Minuten der Sowjetische Soldatenfriedhof an der Berliner Straße erreicht.

Zaunpfähle in der August-Heese-Straße

Schräg gegenüber links kommt man vom großen Stadtparkplatz zu einer steilen Treppe, landet kurz darauf am höchsten Punkt bei einem eindrucksvollen Mahnmal und steigt sogleich wieder ab zu den Wohnhäusern. Wer sich im Angesicht zahlreicher zu erwartender Aufstiege noch etwas schonen möchte, geht schräg gegenüber rechts zur August-Heese-Straße, die von bemerkenswerten und bemerkenswert schönen Villen und Grundstücken gesäumt ist. Der wilde Wein leuchtet schon in seinem deftigen Rot.

Auch hier ist der Aufstieg spürbar, zugleich gibt es viel zu gucken und eine Ahnung, wie mondän es hier einmal zuging. Unvermittelt endet die Straße, kurz hängt ein Fragezeichen über der Stirn, doch tatsächlich geht es hier weiter. Erst ganz zuletzt zeigt sich der Einschlupf in einen dieser guten alten Abstiegswege, die entlang wettergegerbter Eisengeländer durch eine Geländescharte führen. Erst auf langen, dann steiler auf kurzen Stufen geht es schnell tiefer.

Stiege hinab zum Kurpark

Kurpark

Eine weitere Stiege stößt von rechts hinzu, und kurz darauf steht man vor dem winzig kleinen Kurpark, der bei nahezu jedem Besuch sehr stimmungsvoll ist. So auch heute. Rechts steht das mondäne Gebäude des Kurmittelhauses, auf der anderen Seite wie immer im rechten Licht die ebenso mondäne Villa Papenmühle. Die bräuchte für ihre einzigartige Ausstrahlung nicht den spiegelnden Weiher und die wehenden Vorhänge der Trauerweide, doch sind sie nun einmal da und werden wohl jeden mit einer Art von Kamera zum Zücken veranlassen.

Auch das gefällige Gebäude direkt vor dem modernen Klinikbau passt in diese Kategorie, mit großer Terrasse und einem schnieken Park mit Theatermuschel im Hinterhof. Rechts liegt jemand Jüngeres lang ausgestreckt auf der Wiese und zählt das Blau am Himmel, links lümmelt jemand Älteres auf seinem Rollator und beweist damit, dass das geht.

Septemberlicht im Kurpark

Beim Umrunden des Kurparks kommt man von der Brücke am Papenteich zum Fürstensteig. Direkt am Waldrand wird dieser von einem Bächlein begleitet, das hier noch keine 500 Meter alt ist. Eine erste Stiege lockt mit steilen Stufen hinauf, in Richtung Siebenhügelweg. Doch wir wollen das schöne Brunnental, das seit jeher ohne Bach auskommt, zumindest kurz berühren.

Haus Papenmühle hinterm Papenteich

Brunnental

Auch gilt es zu prüfen, ob wir es schaffen, den schönen Talweg zu verlassen, dem man über Stunden folgen könnte – erst vor Rädikow verlässt er an einem Rastplatz den Wald. Kurz gesagt: es klappt. Vorher bleiben wir gegenüber der Kurfürstenquelle noch kurz am Barfußpfad und dem Spielplatz für Erwachsene hängen, freilich ohne uns in eine der wetterfesten Stallagen zu hängen und das Duracell-Häschen zu geben. Es ist schlichtweg zu heiß, wir sind ganz klar zu träge, und verbrannt wird ja heute im Auf und Ab noch genug.

Märkischer Bergwanderpark – Aufstieg zur Kapelle

Nach nur wenigen Metern weisen Schilder nach links, wo auch gleich eine sagenhafte Stiege beginnt. Steile Stufen, von klobigen Bohlen gehalten, führen in immer neuen Windungen in die Höhe, Halt für die rechte Hand bietet bis zuletzt ein extradickes Tau, das unterwegs nach links wechselt.

Kapelle überm Brunnental

Kapelle

Nach der letzten Stufe erreicht man eine einwandige Kapelle, die auch als pittoreske Ruine irgendwo oberhalb von Sanssouci rumstehen könnte. In den Mauersteinen, welche die Aussicht nach Norden rahmen, finden sich unzählige eingeritzte Namen – mal mit eiligem Nagel und ohne Fingerkraft hingekritzelt, mal fast schon professionell gesteinmetzt. Dieser Ort ist ein schöner, direkter Lohn für den knackigen Aufstieg aus dem Brunnental.

Schattiger Höhenweg überm Brunnental

Ein weiterer Lohn ist der anschließende Höhenweg, der ein schönes Stück oberhalb des Tales läuft, ohne dabei viel von der erklommenen Höhe herzugeben. Links stehen seltsamerweise mitten im Wald vereinzelte Menschen herum, was sich kurz darauf durch den Waldfriedhof Eichenhain erklärt. Der wäre ohne die Schilder kaum zu bemerken, markant sind ferner die Pausenbänke mit winzigem Unterstelldach daneben. Ob das wirklich als notdürftiger Regenschutz gedacht ist, sei dahingestellt. Zur Rechten steigt der Hang steil an, der Weg wird nun gediegener.

An der Alten Köhlerei

Alte Köhlerei

Am nächsten Abzweig wagen wir einen kleinen Abstecher zur Alten Köhlerei, wo einen umgehend der herrliche große Spielplatz mit tollen Gerätschaften und hinreißenden Holzfiguren gefangen nimmt. Doch weiter hinten gibt es, was noch willkommener ist, ein Blockhaus mit großer Essenluke, wo rund ums Jahr wohlschmeckende und ansehnliche Energie sowohl für großes Besteck als auch für Kuchengabeln durchgereicht wird, nur montags und dienstags bleibt die Luke dicht. Den Service betreiben die Stephanus-Werkstätten, und so erfolgt die freundliche Bedienung hier keinesfalls von der Stange.

In der Waldgaststätte Alte Köhlerei

Für wärmere Monate gibt es sehr schöne Außenanlagen, dabei neben mehreren gemütlichen Holz-Pavillonen auch einen großen überdachten Bereich in Gestalt eines Schafstalls, der nach zwei Seiten winddicht ist und sogar über einen wuchtigen Kamin verfügt.

Für kältere Zeiten findet sich direkt neben der Küche ein großer Raum, der sich kaum hinter einer gemütlichen Baude im nächstgelegenen Mittelgebirge verstecken muss – groß und rustikal, mit Wagenrad-Kronenleuchtern und auch hier einem angemessen dimensionierten Kamin. Da freut man sich jetzt schon auf einen Besuch Ende November!

Oben in den Wäldern

Wir sind gerade die einzigen Gäste und genießen die Waldesstille in der hohen Lage. Während des Nachtisches füllt es sich dann langsam und liefert im gut vernehmbaren Theken-Schnack gleich noch die Erklärung, warum es heute so leer ist: unten im Tal ist Altstadtfest, seit gestern schon und zum ersten Mal nach dreijähriger Pause. Und das wird so richtig gefeiert, mit Fahrgeschäften, Live-Musik und allerhand anderem Lärm, mit unterschiedlichen Märkten, Theater und zweitaktknatternder Parade der Simson-Freunde als Ouvertüre des Spektakels.

Weg über die Hügel

Schon nach zwei Minuten biegen wir an einer Sechsfachkreuzung rechts ab, dem „Weg über die Berge nach Altranft“ folgend. Der führt durch vielfältigen Wald, ist wunderschön und wogt in der Tat in ständigem, sanften Auf-und-Ab auf der Höhe entlang. Das Septemberlicht gibt im lichten Wald alles, zugleich merken wir auch dank der steten Brise nichts von der Affenhitze, die jenseits der Wipfel stattfindet.

Höhenweg nahe der Juliusecke

Der Weg ist wirklich hinreißend schön, schlägt enge Kurven, quert Senken und passiert Abzweige, die durch Scharten gen Tal locken. Manchmal staunt man, wie steil der Hang nach rechts hin abfällt, dann wieder geht es durch ein Stück ausgeprägten Hohlweges. Die unterhaltsame Partie endet an einem Querweg, dem wir kurz nach rechts folgen und darauf hoffen, dass an der nächsten Ecke ein links abzweigender Pfad noch sichtbar ist.

Am Kammpfad vor dem Abstieg

Das ist er gerade so, doch bereits nach wenigen Schritten zeigt er sich ausgeprägter. Mehr und mehr wird er dann zum Kammpfad, wenn auch der Kamm recht platt ist. Zwischendurch verschwindet die Spur mal kurz im Kraut und auch ganz am Ende ist ein wadenhohes Brombeergestrüpp zu durchdringen, doch wieder nur für ein paar Meter.

Zusammentreffen am Waldrand

Links wird der Waldrand sichtbar, zugleich der Rand der hiesigen Berge, und ein paar Hütten begleiten den Pfad. Dahinter treten wir hinaus aufs freie Feld und erhalten nun endlich den weiten Nordblick zur Neuenhagener Oderinsel, der im Wald schon hier und da durchblitzte. Im nahen Vordergrund sorgen ziegelrote Dächer für stimmige Farbakzente. Das war ein herrliches Stück Weg in dieser ersten Tageshälfte. Was jetzt noch kommt, wird sich dahinter nicht verstecken müssen.

Katen in Altranft

Bald wird der schattige Waldrand gesäumt von einem überreifen Sonnenblumen-Feld. Viele der gelbgekränzten Blüten sind mustergültig, jede dritte hat grad Besuch von einer Hummel, deren sich keine von irgendeinem Paparazzo irritieren lässt. An einzelnen, übermannshohen Stämmen hängen mit Blick zum Boden riesige Blüten, prall voller Körner, doch ohne ein einziges gelbes Blatt. Geschätzte fünf Pfund wiegt die schwerste von ihnen.

Lindenbank an der Kirchwiese, Altranft

Im Spiel von Waldhang, Wegkurve und Feld voller Köpfe ergeben sich immer wieder Rückblicke solcher Art, wie man sie im September sehen möchte. Die Sonne schon tiefer, die nachmittägliche Luft leicht dunstig und die Farbkomposition aus allem einfach nur wonnig und augenschmeichelnd.

Schlossparkmauer und Brücke über den Landgraben

Altranft

Kurz vor dem nächsten Dorf verschwindet einer der Gablungswege im Wald und erreicht bald in einer schönen Hohlgasse die ersten Häuser. Eine sonnige Abendbank für langer Tage müde Knochen steht bereit. Vorn saust mit wiederkehrendem Hornprusten einer der kleinen Züge vorbei, eilig auf dem Weg nach Wriezen.

Schloss Altranft

Der große Parkplatz zum Oderbruchmuseum ist fast leer, naja, Altstadtfest in Bad Freienwalde, oder es ist einfach schon zu spät. Entlang der fürs Oderbruch charakteristischer Katen streben wir dem Spitzhelmchen der Kirche zu und genießen die Steigungsfreiheit dieser Tageshälfte.

Deichweg am Landgraben

Auf dem wiesengrünen Dorfplatz bei der Kirche steht eine betagte Linde mit hoher Krone und schattiger Halbrundbank am Stamm. Doch das nächste Päuschen soll am Wasser sein, also noch weiter. Auch den schönen Schlosspark lassen wir heute da, wo er ist, und schlurfen auf dem urgemütlichen Schleichweg entlang der Parkmauer bis zum Brücklein über den Freienwalde Landgraben. Das Wasser ruht unter lückenloser Entengrütze.

Ebereschenallee auf dem Deich

Die Schafe vom Schlosspark haben heute frei oder sind sehr gut im Verstecken, doch der Blick auf die Rückseite des Schlosses ist selbst ohne sie ein schöner. Jenseits der Landstraße beginnt nun ein anmutiger Deichweg, dem auch der ferne Lärm der nahen Landstraße nicht viel von seinem Reiz nehmen kann. Schattig von kleinen Bäumen bestanden, hinter denen schon bald der Schilfgürtel des Landgrabens sichtbar wird und es teilweise bis hoch zur Wegspur schafft. Das Vernügen ist von längerer Dauer und erfüllt ebendiesen Wunsch.

Freienwalder Landgraben am Stadtrand

Bei der ersten Brücke ergibt sich endlich der erhoffte Platz für die letzte kleine Rast, Schwindelfreie können ganz gut auf dem Geländer hocken. Hier beginnen nun auch die Wochenendgärten, deren jeder einzelne ein Glücksgriff ist von seiner Lage. Apfel- und Birnenbäume hängen ächzend voll, hier und da halten sich auch noch ein paar vollreife Pflaumen.

Deich über den Kleingärten, Bad Freienwalde

Auf den letzten Metern liegen unten am Ufer große Kürbisse und erwecken den Anschein, dass jeder am nächsten Morgen ein bisschen woanders liegen könnte. Irgendwo von ferne lässt sich wieder mal ein Kranichpaar hören, das war lange nicht und macht schon Vorfreude auf die Geräuschkulisse der Gänseschwärme, die abends von ihren Futterplätzen zum Nachtquartier wechseln.

Ufergemüse

Herrliche Ansichten und Lichtspiele ergeben sich und es ist wahrhaft ein rechtes Schwelgen, hier entlangzugehen. Das Wasser selbst ist nur ganz selten mal zu sehen, doch es fehlt nichts. Wenn man den Schritt nur etwas drosselt, lässt sich der Genuss auf eine volle Stunde ausdehnen. Und wenn man den besonderen Bäumen am Rand jeweils etwas Aufmerksamkeit schenkt, bedürfte es nicht mal dieser Drosselung. Durch regelrechte Hohlgassen geht es, später auch entlang einer kurzen Allee von Ebereschen, die gerade voller roter Beeren hängen. So etwas haben wir noch nicht gesehen.

Kurz vor Bad Freienwalde

Bad Freienwalde

Die große Baustelle, die schon seit Längerem für allerhand Einschränkungen sorgt, besteht noch immer. Nach dem Unterqueren einer neuen Brücke ist bald die Ladestraße hinterm Bahnhof erreicht, das Fest tönt fern herüber und man meint schon Popcorn und Langos von den Festbuden zu riechen. Vom Bahnübergang ziehen die Massen gen Markt, wo tüchtig die Post abgeht. Die Blumenampeln am Platz sind so großzügig bemessen, dass sie in all der Buntheit und Ablenkung keinesfalls untergehen.

Altstadtfest Bad Freienwalde

Wir bahnen uns den Weg durch die Menge und freuen uns nach ein paar Denkschleifen darüber, dass man wieder einfach so dicht aneinander vorbeigeht, dass viele Menschen ein Fest besuchen können, dass das einfach so geht. Aufs Verweilen, Schnabulieren und Stöbern an sonen und solchen Ständen haben wir heute keine Lust, dazu ist der Kontrast zum bisherigen Tag irgendwie zu markant. Doch es ist schön, dass das Fest gut besucht ist, wieder stattfinden kann und dass das hübsche Bergstädtchen von buntem Leben erfüllt ist.

Freienwalder Schloss

Ein letzter Anstieg steht noch aus, Bad Freienwalde kann so was ja auch bestens im Stadtgebiet. Also biegen wir an der hübschen Fachwerkkirche, die heute eine Konzerthalle ist, ab und erklimmen vorbei am schönen Hof des Kindergartens der „Gartenkinder“ die Schlosshöhe. In dem hübschen Bau, der wie ein feines Stück Torte dasteht, heiratet heute irgendwer oder feiert sonstwas. Alle die rauskommen oder reingehen, sind in Schale geworfen, ungeachtet der Temperatur respektive Schwitzgefahr. Man kann sich ja extrem langsam bewegen und so Gröberem vorbeugen.

Vorbei am Teehäuschen ist gegenüber schon die erwähnte steile Treppe vom Anfang zu sehen, darüber durchaus eindrucksvoll der ansehnliche Turm auf dem Galgenberg, in seiner Halskrause ein paar Anwärter auf das hiesige Turm-Diplom. Dank der hohen Lage des Schlosses verschwindet mit jedem Schritt hinab ein Dezibel vom Festtreiben, bis unten an der Straße nichts mehr übrig ist.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
von Berlin-Gesundbrunnen mit Regionalbahn, umsteigen in Eberswalde (ca. 1-1,25 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): B 158 nach Bad Freienwalde (ca. 1-1,25 Std.)

Länge der Tour: ca. 16 km (Abkürzungen vielfach möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Bad Freienwalde

Turm-Diplom

Alte Köhlerei

Einkehr: Waldgaststätte Alte Köhlerei, oberhalb von Bad Freienwalde
Gaststätte Kolberg, Altranft
Schloss-Café, Altranft
China-Restaurant Sachsenhof, Altranft
zahlreiche Möglichkeiten im Bad Freienwalder Stadtgebiet

Beerfelde: Pfade im Hang, Tau im Bild und der gelochte Pfad

Nass kam es daher, das Frühjahr, und auch kalt ­ – bis zum ersten Wochenende im Mai. Dann endlich war es soweit, dass man sich trauen konnte, die Heizperiode endgültig für beendet zu erklären oder zumindest so zu tun. Der Natur hat es in mehreren Hinsichten gut getan mit manchem Regen und herausgezögerter Sommerhitze, und so hat sich der Mai von Woche zu Woche zu mehr Üppigkeit entwickelt, im Schlepptau all die kräftigen und aromatischen Düfte, die in schönsten Mischungen zu inhalieren waren.

Doppelallee nach Trebus

Erst wurde es grün und grüner noch, in unzähligen Schattierungen, dann kamen all die Farben hinzu, und so fühlt man sich schon regelrecht angekommen im Sommer. Treue Langzeitbegleiter wie Lärchen, Nachtigallen und Kuckucke sind alle noch zu hören, die Mauersegler und auch die ähnlich konstruierten Schwalben wecken mit ihren ganz verschiedenen Tönen weltweit gültige Sommer-Assoziationen. Die erste Hitzewelle ist geschafft, und so ist man schon ein wenig gewappnet für die nächsten Phasen jenseits der Dreißig-Grad-Marke.

Hangstufen in Trebus

Dennoch ist an jedem neuen Draußentag unklar, ob man sich eherfür Frühling oder Sommer bekleiden sollte. Am besten packt man eine Mischung ein, justiert vor Ort nach und hat eben einzwei Pfund mehr im Rucksack, über die man sich in der zweiten Tageshälfte womöglich wieder freut. Denn so recht berechenbar ist das Wetter noch lange nicht.

Badestelle am Ostufer des Trebuser Sees

Was in diesem Jahr vom Mai in den Juni gerutscht ist, zumindest in vielen Landstrichen Brandenburgs, sind die bunten Kornränder mit der erhofften Farbkombi aus Mohn, Kornblume und etwas Weißem. Das kommt in diesem Jahr verstärkt und gern auch flächig solo in Form großköpfiger Margeriten, die hier und dort ganze Wiesen eindecken. Naja, und dann noch die ganzen anderen Akzente aus dem Blau-Lila-Bereich, die Auge und Blick ganz wunderbar verwöhnen. Die Linden fangen an zu duften, ebenso die Robinien, und darunter mischt sich der mal süße, mal herbe Geruch des Korns, das nass oder trocken auch noch anders riecht.

Lupinenfeld vor Beerfelde

So seltsam die Pandemiezeit war, soweit vergessen und zurückliegend erscheint sie für jene, die nicht oder nur leicht betroffen waren, und so reicht es nur noch für ein verwundertes Kopfschütteln, wenn man am Schaufenster eines leergeräumten Testzentrums vorbeiläuft und sich kurz erinnert, dass es das mal gab und dass es mal sehr relevant war. Zu spüren sind die Nachwehen dieser Zeit schmerzlich für die von den Jahren ohnehin gebeutelte Gastronomie vor allem auf dem Lande, die jetzt wieder richtig loslegen könnte und auch gern würde – doch durch die Personalsituation massiv oder bis zum Stillstand ausgebremst wird und immer wieder Kundschaft wegschicken muss. Man wird sich dauerhaft daran gewöhnen müssen, nach Möglichkeit im Vorfeld anzurufen und zu reservieren.

Dorfteich in Beerfelde

Beerfelde

Beerfelde ist ein schönes Angerdorf mit leicht erhöht gelegener Kirche, zwei schönen Teichen auf dem Anger und dazu passend einer Handvoll Parkpfaden, zwischen denen sich Bänke, baumschattige Wiesen und rundbunte Bienenweiden finden. Auch eine kleine Eisdiele gibt es, einen Dorfladen und einen Friseur, nicht zuletzt am Ortsrand noch ein großzügiges Freizeitgelände mit buchtigem Weiher anbei.

Bunte Weide für Sechsbeinige, auf dem Beerfelder Anger

Die Dorfteiche sind gut gefüllt, was wohl dem regenreichen Frühjahr zu verdanken ist, und die im Böschungsgras eingesunkenen Enten guter Dinge. Auf den kreisrunden Bienenweiden, deren schreitende Umrundung um die dreißig Sekunden in Anspruch nimmt, ist wenig Betrieb. Das erklärt sich durch die vielen Linden am Anger, in denen sich der Schallpegel zahlloser Flügelpaare umso mehr summiert.

Wäldchen hinter Beerfelde

Auch im Klärteich am Freizeitgelände sind ein paar Enten unterwegs, vom Gelände selbst kommt gerade jemand mit einem Handwagen voller Angelruten und sieht stark nach Feierabend aus. Kurz darauf entlässt uns der Weg aufs freie Feld und verschenkt erste Weitsichten. Die Landschaft liegt in leichten Wellen, Felder in verschiedenen Reifestadien leuchten in Grünschattierungen, dazwischen pausieren braune Flächen mit blanker Ackerscholle oder abgeerntete Stoppelfelder.

Doppelweg nach Trebus

Das erste Wäldchen verströmt beim Eintritt einen intensiv würzigen Waldduft, der Aromen von Laub- und Nadelbäumen mit regengesättigter Erde und nassem Bodengrün mischt. Man atmet tief und wünscht sich mehr Lungenvolumen. Am folgenden Waldrand wachsen vereinzelte Kronenkiefern, die meisten noch nicht höher als eine Straßenlaterne. Zwischen den langen Nadeln stecken froschgrüne Kiefernzapfen, die aus der Nähe fast etwas exotisch aussehen und kurz die Frage anreißen, wann man zuletzt einer Ananas zu Leibe gerückt ist.

Mittelhistorisches in Trebus

Einen leicht verwachsenen Weg und ein Feld weiter steht der Raps mannshoch mit knackig-prallgefüllten Trauben – man meint, beim Daraufdrücken würde direkt das goldene Öl herausspritzen. Doch so einfach ist es ja dann doch nicht … Gleich gegenüber gibt es nun den sehnlich erwarteten Kornfeldrand mit reichlich Mohnblumen, die in den letzten Wochen kürzer kamen als erhofft.

Mediterrane Hangstufen am Seeblick

Ein kleines Phänomen ist der schnurgerade Weg zwischen Jänickendorf und Trebus, der klar nach ehemaliger Bahntrasse aussieht, doch wohl keine war. Für Leute auf Drahteseln gibt es ein makelloses Asphaltband, nach Osten hin oft windgeschützt durch verschiedene hohe Büschungen. Ein paar Meter parallel dazu läuft als Alleegasse, später lose begleitet von kräftigen Obstbäumen, großen Rosenbüschen und betagten Holundern eine alte Straße, die immer wieder ihr unversehrtes Pflaster durchscheinen lässt. In Sichtweite von Trebus öffnet sich der Blick.

Waldrand hoch überm See

Zwischen beiden Wegen liegt ein breiter Streifen, wild wiesenbewachsen, auf dem in regelmäßigen Abständen kräftige Stämme abgelegt wurden. Die liegen dort schon länger oder noch viel länger und bieten allerhand Tieren und Organismen ein gutes Zuhause. Ein paar sind schon auf dem Weg zum Mehl, andere noch im selbststützenden Mulm und ein paar lassen noch ein festes und resonantes Klopfen auf Holz zu. Jeder von ihnen taugt als Fotomotiv und adelt das ohnehin bemerkenswerte Spurenpaar.

Badebucht am Trebuser See

Trebus

Trebus ist ein kleines Phänomen – hier und da im Dorf und rund herum hat man das Gefühl, in einem Urlaubsörtchen zu sein, kann sich das rege Treiben zu vergangenen Zeiten gut vorstellen, vielleicht vergleichbar der Atmosphäre im Dörferpaar Alt Zeschdorf/Hohenjesar, das nicht weit von Frankfurt/Oder liegt. Bei Trebus heißt die nahe Stadt Fürstenwalde/Spree. Das Schloss gibt es hier zwar schon lange nicht mehr, Teile seiner Bausubstanz bestehen jedoch in manchem Wohnhaus fort. Auf dem ehemaligen Gutsgelände gab es in der Nachkriegszeit groß angelegte landwirtschaftliche Nutzungen in Formen von Maschinen-Traktoren-Stationen und sachverwandten Einrichtungen.

Buchen an der Südspitze des Sees

Heute ist dort ein Verein untergebracht, der auf reichlich Fläche Fahrzeuge, schwer verrückbare Kunst-im-Stadtraum-Objekte sowie DDR-Gebrauchsgegenstände sammelt, auch eine alte Tankstelle und ein gelber Zeitungskiosk gehören dazu. Ein goldener Lenin, schwer wie ein Mopped, steht gegenüber einem ungoldenen, der noch einiges schwerer sein dürfte.

Dort übrigens, wo einmal hoch über dem See das Schloss stand, wurde nur wenige Jahre nach Kriegsende eines der ersten Kulturhäuser der DDR errichtet, das mit seiner breiten Glasfassade zum See hin als sehr gelungen galt.

Trebuser Graben in voller Breite

Auch das Restaurant, welches heute das Gebäude nutzt, gibt einen besonderen Ort ab, nicht nur des schönen Ausblicks und der erhabenen Lage wegen. Mit dazu bei tragen auch große Geländestufen, deren Flanken kunstvoll aus Flachgestein gemauert wurden und von unten gesehen äußerst mediterran wirken. Ganz oben, gleich neben dem vorderen Biergarten, thront ein Pavillon, der uns nun vor dem angekündigten Regen schützt, der pünktlich um zwei ansetzt. In dieser fürstlichen Lage versorgen wir uns aus dem Rucksack, da im Restaurant ohne Reservierung leider wirklich nichts zu machen ist – die Bude ist rammelvoll und die paar Leute vom freundlichen Personal kommen kaum hinterher. Naja, es ist auch Wochenende und Mittagszeit …

Betonpfad am Trebuser Graben

Besonders ist die Topographie von Ort und See, die man von ihrer Gestalt her eher ins Ruppiner Land packen würde. Nahe der Spree dürfte es sowas wohl nicht noch einmal geben. Der wunderschöne, leicht gewundene Trebuser See versinkt tief in der Landschaft, ruht in einer ausgeprägten Rinne und verhilft vielen Grundstücken im Ort zu einer leicht spektakulären Hanglage, die von den Eignern mittels angelegter Terrassen und steiler Stiegen genussvoll ausgelebt wird. Eine Horde von Radfahrern flüchtet sich zu uns unter den Pavillon, plant wortreich den weiteren Weg bis ins Spreetal und verpackt minutenlang dieselbe Information in immer wieder neuen Sätzen.

Talgrund gen Fürstenwalde

Beim Abstieg über die gediegene Treppe, die am Seeufer endet, fallen die letzten Tropfen, vielleicht ist es auch nur das Nachregnen von den Bäumen. Der Zimtschneckenzucker lässt sich mit einem beherzten Wuscheln durch den nächsten Busch von den Händen waschen und unten können die Schirme dann gleich wieder weggepackt werden, fürs Erste zumindest. Ein kurzes Stück geben wir uns dem urigen und sehr romantischen Uferpfad hin, der nah am Wasser durch den dichten Laubwald buckelt. Rechts erhebt sich steil die Flanke und lädt mit immer wieder neuen Pfaden und Stufen zum Aufsteigen ein.

Badesteg am Ostufer

Auch diese unzähligen Pfade und Querwege sind es, die an den Urlaubsort denken lassen und an eigene Episoden aus der Kindheit, die in ähnlichen Kulissen spielten. Ein Phänomen am Trebuser See sind die vielen Stege und Badestellen, von denen nur die allerwenigsten in der Nähe eines Parkplatzes liegen. Nirgends gibt es Verbotsschilder, und eine Stelle ist schöner als die andere, das Wasser klar, der Boden darunter sympathisch und einladend und der Spiegel des Sees mal blau, mal klar oder auch türkis.

Uferhöhenweg mit dicken Bäumen

Es ist nichts einzuwenden gegen den unteren Weg, doch zum einen wollen wir später am Gegenufer nah am Wasser bleiben, zum anderen verwöhnt auch der obere Weg, der zwischen Waldrand und Kornfeld verläuft, großzügig mit Reizen. Die Kombination aus drohendem Gewitterhimmel und fast platinblondem Korn haben wir so noch nicht gesehen, die Duftschwaden vom blattnassen Hangwald und dem leise säuselnden Korn vermischen sich in immer wieder neuen Varianten. Wo der Wald dem Feldrand Schatten spendet, sind die Ähren saftig grün, jenseits davon dann so leuchtend hell wie beschrieben.

See nach dem letzten Schauer

Der Weg taucht schließlich in den Wald ein, durch das dichte Grün ergibt sich das Gefühl einer Hohlgasse, aus der es an allen Ecken tropft. Die Badestellen locken, doch irgendwie fehlt noch eine Kleinigkeit an Sommer, dem auch nachzugeben. Wie es sich auch am Ostufer fortsetzen wird, verfügen die meisten Reingehstellen über ein romantisierendes Element in Form eines gestürzten, rindenkahlen Baumes mit oder ohne große Bogengeste. Manchmal ist es auch eine kleine Steilkante, ein buchtumschmeichelndes Schilfarrangement oder ein reglos im Bild hängendes Tau mit fettem Knoten. Ein paar Enten steuern gelassen gen Seemitte und zeichnen makellose Pfeile auf den Wasserspiegel.

Uferhöhenweg am Ostufer

Am Südende des Sees folgt der nächste Regenschauer, und wieder steht ein großer Pavillon bereit, mit Bänken, die so breit sind, dass man hier halbwegs bequem ein Mittagsschläfchen machen könnte. Mal abgesehen von den Mücken, die heute trotz drückenden Wetters und reichlich flachem Wasser kaum präsent sind, erstaunlicherweise. Im Schilf der Nordbucht sind viele kräftige Vogeltöne zu hören, aus dem Uferboden wachsen kräftige Stämme von Buchen, die ja bei Gewitter als gute Gesellschaft gelten.

Großer Badestrand an der Nordspitze

Trebuser Graben

Das Rinnsal des Trebuser Grabens, der in zeitweiliger Verbindung zur nahen Spree steht, quert unter einem Steglein den Pfad, der hier kurioserweise in ostzonale Lochplatten gefasst ist. Nach rechts öffnet sich ein weiter Wiesengrund, der unter dem Dunst des frischen Regens dampft.

Kurz danach beginnt nun der östliche Uferweg, welcher ebenso schön ist wie sein Gegenüber. Auch hier gibt es also schöne Badebuchten mit gestaltendem Element, auch hier zahlreiche Stege ohne Verbotsschilder, und auch hier zieht sich mancher Pfad den nicht ganz so steil ausfallenden Hang hinauf, als gäbe es oben am Waldrand irgendwelche Weganbindung. Ein Angler folgt der Spitze seiner Rute, die ihn womöglich zum nächsten guten Fanggrund wünschelt.

Hohlweg am Feldrand

Im Unterschied zum Gegenufer verläuft der Weg bald als reizvoller Höhenpfad, der trotz dichten Blätterkleides immer wieder schöne Blicke auf den See erlaubt. Begleitet wird er von teils kräftigen Baumstämmen, einer von ihnen ist frisch umgestürzt, liegt quer über den Weg und fordert einen ausladenden Schritt über den moosbedeckten Stamm ein. Ein massives Metallgeländer begrenzt eine mit Planken befestigte Stelle, ohne ersichtlichen Grund.

Von einer der Badestellen lässt sich über den Wasserspiegel weit nach Süden schauen, und auch der See liegt jetzt leicht unter Dampf. Gegen Ende sind am jenseitigen Ufer die großen Stufen mit ihren Mauern zu sehen, darüber der Pavillon mit seinem kleinen Findlingsfeld davor. Hatten wir vorhin gar nicht wahrgenommen.

Waldrandweg gen Friedhof

Trebus

Am großen Badestrand steht unweit einiger Wildgänse mit Brillen um die Augen ein Mann im besten Alter, der in einem altmodisch wirkenden Badeanzug dem See entstiegen ist und so aussieht, als wäre er einer Schwarzweiß-Fotografie mit gezackeltem Rand entwichen. Die Abtrockenphase wirkt rituell und durchdacht, der Blick wird dabei nicht vom See gewandt.

Zwischen den Feldern

Jenseits der Straße beginnt der Weg unterhalb einer der erwähnten Bungalow-Siedlungen, deren Grundstücke in mehreren Stufen über den Hang verteilt sind und Blick auf den stillen Wiesengrund des Trebuser Grabens haben, der sich hier und da mittels eines Stegleins überwinden lässt. Die Anlage der Grundstücke sowie die Hütte darauf sind meistenteils schön und besonders, und fast immer gibt es auf jeder Hangstufe einen besonders einladenden Ort zum Sitzen. Ein waldiger Pfad führt halbwegs steil hinauf und endet oben bei den Plattenbauten, die irgendwie zu jedem DDR-Dorf mit landwirtschaftlicher Zentralfunktion gehören.

Fernes Kornfeld

Der Weg durch das Wäldchen am Ortsrand endet wieder in Hohlgassenanmutung und zeichnet nun abermals zwischen dichtem Laubwald und hoch stehendem Korn den Waldrand nach. Hinten braut sich das nächste Gewitter zusammen, dann und wann leise grollend. Am Friedhof kühlen wir uns am Wasserhahn kurz die Hände und retten einige der frisch in den Bottich gefallenen Bienen vom Wasser ins Gras.

Robinen-Pflasterweg

Nach einem Stück Landstraße beginnt rechts ein Fahrweg, der nach und nach wiesiger wird. Die Landschaft ist auch hier leicht gewellt, dadurch sehr anmutig, dazu gesellt sich die Farbenpracht der übersichtlich verteilten Blüten und das Gelb des Rapses vor dunkelblauem Himmel. Im Norden wogen gelbe Kornfelder vor grünen und auf dem Weg zum nächsten Wäldchen reichen manche der Pfützen quer über den Weg. Vorbei an einem Lupinenfeld mit eingestreuter Kamille kommen wir zu einer von früher bekannten Baumgasse aus Robinien. Auch hier sind die Bienen in den Wipfeln klar zu hören.

Kopfweiden vor Beerfelde

Draußen vom Feld steigt ein Raubvogel hoch, auf den ersten Blick sowas wie ein Adler, nach Größe, Körper- und Schwanzform dann doch eher etwas kleineres. Mit einem Mal sind es zwei, dann drei und zuletzt sechs von ihnen, die sich hier wohl eine größere Mahlzeit teilen.

Allee ins Nachbardorf

Auch dieser klassische Verbindungsweg von Dorf zu Dorf ist kopfsteingepflastert, was nur in Gefällepassagen sichtbar wird. Der Robinienschatten mit seinem besonderen Licht ist herrlich, der Boden dicht bedeckt mit Blütenlaub, das der Regen heruntergewaschen hat. Am Ende der Robinien wird der Blick nun offener, den Weg begleiten jetzt vereinzelte Kopfweiden, deren Stammumfang abzumessen es bei manchen die Armspannen einer Großfamilie bräuchte. Auch hier liegen große Pfützen auf dem Weg. Zuletzt stehen noch ein paar betagte Apfelbäume am Rand, gerade nah genug am Dorf, um zur Erntezeit von den Hiesigen besucht zu werden.

Beerfelder Kirche

Beerfelde

Am Rand von Beerfelde steht noch einmal roter Mohn vor der mitteljungen Lindenallee nach Schönfelde und gibt ein schönes Kalenderfoto ab. Im Dorf herrscht einiges Hin und Her, Ankommen und Auspacken, auch am Spielplatz bei der Kirche ist noch gut Bewegung. Beim quattrofunktioalen Salon Landfein hingegen liegen die Scheren und Feilen nun bis Montag still. Doch drüben beim Eiscafé, das noch bis weit nach sechs geöffnet hat, da sind noch einige Augen am Leuchten.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
Mo-Fr Regionalbahn bis Fürstenwalde/Spree, dann mit dem Bus; alternativ Mo-Fr Regionalbahn bis Müncheberg, dann mit Bussen (1,5 Std.); am Wochenende keine Verbindungen

Anfahrt Pkw (von Berlin): auf der B1 bis Müncheberg, dort rechts Richtung Fürstenwalde/Spree (1,25-1,5 Std.)

Länge der Tour: ca. 17 km (Abkürzungen mehrfach möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Informationen zu Beerfelde

Verein der IFA-Freunde Trebus (historisch-nostalgische Sammlung großer und kleiner Dinge)

Badestelle am Trebuser See

Einkehr: Eiscafé Lewerenz (gegenüber auch der Dorfladen), Beerfelde
Seeblick, Trebus (z. Zt. unbedingt rechtzeitig vorher reservieren)

Wernsdorf: Schlafende Pilze, der alte Arm und ein Gruß aus Sachsen

Es ist kaum zu fassen, wie lange jetzt schon der Frühling mit dem Winter rangelt, letzterer schon ganz quarkblass und entkräftet wirkt, doch wie der längst abgemurkste Unhold in gängigen Filmen immer nochmal aufsteht und aus dem Off angestakst kommt.

Brücklein am Oder-Spree-Kanal
Brücklein am Oder-Spree-Kanal

Der Frühling pariert die Stänkereien souverän, so als würde er mit der einen Hand beiläufig das Florett führen und mit der anderen gleichzeitig eine flache Tasse Tee trinken, mit leicht gehobenen Augenbrauen. Und erficht so manchen einzelnen Tag von großer Schönheit, mit bühnenreifen Himmeln und ergreifenden Lichtstimmungen.

Dennoch bleibt die klamm-graue Jahreszeit dominant, und so wurden schon etliche Male hochflorige Mützen und Handschuhe in den Schrank gestopft und bald darauf kleinlaut wieder herausgefingert. Die Vorfreude aufs nicht mehr Frieren ist schon lange unbändig, langsam schlägt sie nun auf die allgemeine Laune durch, was vielfältig zu beobachten ist.

Dorfblick Neu Zittau über die Spreewiesen

Unbeeindruckt davon sind neben vielem Geblüm auch die allerersten Lerchen, die schon vor Mitte März ihre Botschaft fröhlich in die Luft krakeelten, mit scheinbar grenzenloser Ausdauer. Einen Monat später sind endlich erste grüne Schimmer im Holz von Büschen und Sträuchern wahrzunehmen – wenn man etwas guten Willen mitbringt und die Gewächse gegen das Licht betrachtet. Die Ahornblüten täuschen wie jedes Jahr kronenfüllendes Laub vor und lassen es schon etwas heller werden im wintergebeutelten Herzen. Dank des immer wiederkehrenden Regens leuchtet in manch dunklem Wald der Boden grün vom gesättigten Moosteppich.

Am Bruch nördlicher Wernsdorfer See

Trotzdem – manche Frühlingstouren hätte man schon gehen wollen, die von blühenden Bäumen, Wäldern voller Bodenblüher oder schönen Lichtstimmungen leben und sehnsuchtsvoll erwartet in diese Zeit des Jahres gehören. Doch die einen konnte es nicht geben, weil die Blüten vor lauter Kälte in ihren Knospen blieben, die anderen, weil Licht eindeutig Knauserware war an allen Tagen, wo man hätte ausschwärmen können ins Ländchen, ganz gleich in welche Richtung. Vieles hat sich also aufgeschoben oder wurde aufgehoben, in der Hoffnung, dass der Zeitverzug manches später stattfinden lässt und irgendwann dann Sonne, Wolken und Himmel in ihrer schönsten Mischung ins Spiel kommen. Doch denkste. Daraus wurde auch Mitte April nichts.

In der Heide Paschenfeld

Um trotzdem einen schönen Tag zu haben, waren also besondere Wege und Landschaften gefragt, dazu ein gut Teil Wald, damit Wind und Regen uns nicht schon innerhalb der ersten Stunde durchweichen. Von den östlichen Wäldern rutschte der Finger auf de Karte immer mehr in Richtung Stadtgrenze. Ganz kurz davor kam er schließlich mit kleinem Ruck zum Stillstand, zumal sich gleich noch die Erledigung einer pragmatischen Angelegenheit einbauen ließ.

Schmöckwitzwerder

Wo sich die Wasser von Dahme und Spree so nahe kommen wie selten sonst, liegt die Insel Schmöckwitzwerder zwischen drei Seen und einem Kanal. Nur zwei Straßenbrücken und einen stattlichen Fußgängersteg gibt es, auf denen man die Insel erreichen oder verlassen kann. Dazu viel Wald, herrliche Uferpassagen und ganz im Süden die Siedlung Rauchfangswerder, die selbst fast wie eine eigene Insel wirkt. Die Fähre nach Zeuthen ist leider seit Jahren Geschichte – zumindest die Fährallee erinnert mit ihrem Namen noch an sie. Eine Neuauflage als Linienbetrieb zwischen Schmöckwitz und Königs Wusterhausen wird derzeit konkreter, und man darf gespannt sein, ob Berlin bald eine Fähre mehr statt einer weniger im Fahrplan aufführen darf.

Alte Linde an der Wernsdorfer Kirche

Wernsdorf

Ganz im Nordosten der Insel liegt nach deren Verlassen Wernsdorf. Ein hübsches Dorf entlang einer gekrümmten Dorfstraße, das neben etwas Fischerkietzigkeit mit einem einladenden Dorfplatz sowie ebenso ansehnlichen gelben Dorfkirche aufwarten kann. Ein kleiner Pfad führt dicht an deren Turmseite vorbei und zwingt Passanten zum kurzen Knicks vor den tief gebeugten Ästen einer sagenhaften Linde, deren Krone dank ausgefuchster Prothetik eine größere Fläche überdacht. Ein ehrfürchtig stimmender Anblick von Kraft und Anmut und etwas Ewigkeit.

Liebevolle Erhalts-Maßnahme am Kanal

Die Brücke von Wernsdorf hinüber zum Schmöckwitzerwerder ist so ein Platz, wo man gut einzwei Stunden am Geländer lehnen und einfach nur aufs Wasser und das Geschehen darauf gaffen könnte. Unten am Ufer liegt ein größerer Dampfer vertäut, mit einem halben Dutzend Schirmen auf dem Oberdeck, die nur darauf warten, am ersten sonnigen Tag vom Stiel zum Pilz zu werden. Im Dauerniesel wirken sie etwas verzagt, doch bald wird es soweit sein.

Neue Fußgängerbrücke über den Oder-Spree-Kanal

Auf direktem Weg und im fußweichen Bogen durch den satt getränkten Wald steht man bald am breiten Oder-Spree-Kanal, wo zwischen transportierenden Kähnen flanierende Bötchen noch die Ausnahme sind. Der scharfe Kiel des Patrouillenbootes der Wasserpolizei sorgt am Kanalrand bald für etwas schicke Brandung, sonst liegt das Wasser ruhig zwischen den Ufern.

Voraus liegt unübersehbar die neue Fußgänger- und Radfahrerbrücke, die Ende März erst eingeweiht wurde. Die alte Brücke wirkte ihrerzeit schon gewaltig, jetzt schwebt nur der enttreppte Mittelteil überm Wasser und wirkt neben dem wuchtigen Beton-Bauwerk regelrecht gebrechlich. Die neue Brücke macht es nun für alle mit Rädern unterm Hintern erheblich leichter. Dort an der Tafel mit der Wanderkarte hat jemand liebevoll einen wettergegerbten Wegesammler-Aufkleber wiederbefestigt, etwas in dieser Art haben wir noch nicht gesehen. Herzlichen Dank an die helfende Hand!

Wernsdorfer Schleuse in Wernsdorf

Gleich am Fuß der Brücke beginnt ein Pfad der Sonderklasse, über knapp einen Kilometer. Der wiesige Uferweg brückt bei den letzten Gärtchen über einen verträumten Wasserarm und geht dann in einen Dammpfad über, auf dem man sich bald wie mitten auf dem See fühlen kann. Nach Norden erstreckt sich weit der schilfumkränzte Wernsdorfer See, der nach Norden hin immer urwüchsiger und undurchdringlicher wird, so dass selbst mit dem leichtesten Kajak ein Anlanden problematisch sein kann.

Nördlicher Dammweg am Kanal

Entlang des Kanals reichen die Blicke hier tunnelartig bis zum Seddinsee, einem breiten Bauch der Dahme, dort zur recht eindrucksvollen Wernsdorfer Schleuse mit ihrem mittigen Breitband fallenden Wassers. Gen Süden öffnet sich mit dem Alten Wernsdorfer See ein herrliches Wasserreich mit unegalen Uferlinien, das manche an Skandinavien erinnern wird. Im Hintergrund ist bei der Durchfahrt zum großen Krossinsee nochmal der Dampfer mit seinen wartenden Schirmen zu sehen.

Blick zum jenseitigen Dammufer

In der Mitte des Dammes laden einige Stellen zum Sprung ins Wasser ein, nicht heute, jedoch meistens, und ganz in der Mitte schließt ein hochbeiniges Brücklein die Verbindung, die es am Damm gegenüber nicht gibt, und gestattet besegelten Kajaks die Durchfahrt ohne Masteinholen.

Am Bruch nördlicher Wernsdorfer See

Kurz vor der Schleusenbrücke geht hinter einer Handvoll Häuser ein gemütlicher Weg los, zwischen klatschnassen Wiesenlichtungen, dahinterliegendem Bruchwald und einem ganz anständigen kleinen Höhenrücken, der rechts seine bemooste Flanke steil ansteigen lässt. Überall zeigt sich, dass es in den letzten Wochen immer wieder Regen gab, wie auch heute den ganzen Tag. Der Plan mit dem Wald geht auf, der Regen erwischt uns vor allem oben und die Schirme können ohne Gezerre ihren Job machen.

Flanke der renaturierten Halde

Unerwartet beginnt ein massiver Zaun, hinter dem sich ein überdimensionierter Deich erhebt. Beim Blick auf die Karte entpuppt sich der großflächige Wiesenhang als begraste Deponie. Über fünfzig Jahre wurde hier Berliner Hausmüll aufgetürmt, bis 2005 damit Schluss war und der entstandene Berg nach und nach renaturiert wurde. Einige weit verstreute Zeugen waren bereits auf dem Kanalpfad zu sehen, und auch wenn die Margarinedeckel und Konservendosen mit EVP-Preisen von gewissem historischen Wert sind, ist es doch um so erfreulicher, dass es lokal ein Häuflein Leute gibt, die den ganzen Mist nach und nach aus der Natur sammeln. Auch hier ein herzliches Dankeschön!

Pfad am Fließ der Gosener Hauswiesen

Gosener Hauswiesen

Die grüne, doch sachliche Szenerie währt nur ein paar Minuten. Schon kurz nach dem Abzweig des Rundweges nach Gosen lockt links ein kleiner Pfad, der urig und auch wurzlig zwischen Waldrand und einem kleinen Wasserlauf mit reichlich Schilf verläuft. Links erscheinen die weiten Gosener Hauswiesen wie ein verlandeter See. Hier und da steht eine Insel aus hochgewachsenem Gebüsch, auf den Wiesen steht flächig das Wasser.

Die Wiesen hier sind nur eine kleine Außenstelle der weitläufigen Gosener Hauswiesen, die sich nördlich von Neu Zittau bis hin zur Spree ausdehnen, zum Großteil weglos und daher bei Wasservögeln sehr beliebt. Mit im Spiel sind in den benachbarten Schmöckwitzer Bruchwiesen der geradlinige Gosener Kanal, der schon krummere Gosener Graben und der kleine und äußerst kringlige Große Strom. Mittendrin liegen die Fischerei Kaniswall und das Freilandlabor mit dem gleichen Namen, letzteres ein grüner Lernort mit schönen Außenanlagen.

Ortsmitte Neu Zittau

Neu Zittau

Wir bleiben im südlichen Teil und biegen bald ab in einen schönen Pfad, der direkt im Örtchen Neu Zittau endet, einem ausgewachsenen Straßendorf. Nach einem Bogen durchs Wohnviertel gibt es fast am selben Fleck drei empfehlenswerte Möglichkeiten sich zu stärken. Einen schönen Kirchblick, eine Ampel und ein paar Abbiegungen später landet man auf dem Ablageweg direkt an der Spree, wo ein ufernaher, teils pfadschmaler Weg losgeht. Hier zeigt sich wieder einmal die Schönheit dieses kleinen Flusses, der an so vielen Stellen etwas wild und zugleich sanft wirkt. Und dieser Tage gut Wasser führt, was sich teils auch hier bemerkbar macht.

Spreeufer bei Neu Zittau

An herrlichen Badestellen geht es vorbei und durch kleine Waldstücken, über ein Brücklein und entlang der Wochenendhäuschen am Wurgel, wo hier und da ein Ruderkahn vertäut liegt. Über die Wiesen ergeben sich erste schöne Rückblicke auf die Kulisse von Neu Zittau, die vom Kirchturm bestimmt wird und tatsächlich ein wenig an die Oberlausitz denken lässt, wo man das ursprüngliche Zittau findet. Und wo es auch viele langgezogene Straßendörfer gibt. Selbst den leicht angezwiebelten Kirchturm würde man eher in Sachsen verorten als in Brandenburg, kurz vor Berlin.

Pfad am Altarm der Spree

Bis zur Reitanlage ließe sich diesem herrlichen Weg am Fluss noch treu bleiben, doch das Abbiegen auf Höhe eines abgekoppelten Altarms lohnt sich. Ein zauberhaftes Pfadstück beginnt hier, das sich zwischen struppig-büscheligen Feuchtwiesen und der eigenen Welt des alten Spreebogens hindurchquetscht und manche Verbiegung des Oberkörpers einfordert. Die Pfeiler für den Weidezaun stellen alte Eisenbahnschwellen aus Holz, deren zweite Haupteigenschaft ja die langfristige Wetterfestigkeit ist.

Spreewiesen mit teils bekleideten Pferden

Am Ende übernimmt ein gemütlicher Wiesenweg zwischen saftig grünen Wiesen und Weiden, führt in Kurven vorbei an verschmitzten Pferden, die halbverborgen im Unterholz ausharren und dem Regen die nasse Schulter zeigen. Wuchsfreudige Weidenreihen ziehen geradlinig über die Grasflächen. Bei einem Grundstück, das nur so strotzt vor Phantasie in Anlage, Bau und Ausführung von Garten und Behausungen, wird schließlich der Blick frei und macht nun das sächsische gefärbte Panorama rund – hinter einen Wiesensenke Neu Zittau mit Kirche am sanften Hang. Wir geben uns dem gerne hin..

Runder Wiesengrund in Neu Zittau

Gerade als der Regen dichter wird, liegt am Weg eine verspielte Rasthütte mit akkuratem Wetterschutz von drei Seiten und schönem Blick auf den grünen Grund. Der heiße Tee ist jetzt genau richtig, um für die letzte Stunde der Tour noch bei guter Laune zu bleiben. Der anschließende Weg unterhalb der Gärten hätte diesen Job selbst ohne Tee gut erledigt, es ist nun schon die dritte Zufallsentdeckung extraschöner Pfade an diesem Tag. Mehr und mehr geht der Plan des Tages auf.

Heimat-Museum an der Kirche

Neu Zittau Kirche

Vorbei an der Kirche, die auf einem winzigen Rondelltellerchen und gegenüber des ebenso winzigen Heimatmuseum und weiteren Dorfkaten steht, beginnt nun der Aufstieg in den Höhenzug des Kesselberges, der sich in mehreren Phasen vollzieht und keineswegs belächelt werden sollte. Die erste Höhenstufe ist am Friedhof erklommen und führt direkt hinter dessen Außenmauer entlang. Die ist leicht geneigt, doch noch gerade so, dass man ohne Sorgen ihrer Linie folgt.

Im Forst am Kesselberg

Heidefläche Paschenfeld

Nach diversen Abbiegungen im neonmoosgrünen Wald, weiteren Höhenstufen und einem im Sinne des Wortes liegengebliebenen Radfahrer endet der Wald an einer halboffenen Heide, die sicherlich mal Militärgelände war. Jetzt ist der sandige Boden von Weißmoos, Heidekraut und anspruchslosem Grünzeug bedeckt, Kieferchen versuchen sich am Großwerden und unzählige Wege laufen kreuz und quer. So grau der Tag, so erstaunlich grün ist es hier. Der Radfahrer hockt wieder im Sattel und fährt nun dort, wo er zu Fuß vermutlich schneller wäre.

Kronenkiefer in der Heide Paschenfeld

Einen absoluten Mehrwert schenkt uns der anschwellende Regen des Tages schließlich über Bande. Im ersten Teil der Tour war die Schießbahn des hiesigen Schützenclubs sehr präsent, wenn auch hintergründig, und irgendwann tatsächlich nervend. Seit dem Wiedereintauchen in deren akustischen Einzugsbereich ist jedoch Ruhe im Wald, was der nassen Witterung geschuldet sein könnte – ganz gleich, ob nun die Schützen, die Flinten oder die Projektile nicht so gern nass werden oder schlichtweg die Sicht zwischen Korn und Ziel bei stäubendem Niederschlag zu dürftig ist.

Oberes Hafenbecken vor der Wernsdorfer Schleuse

An einer kurzstämmigen Kiefer mit makellos runder Krone wird dann die Historie anhand von gefassten Schützengräben und dem eingezäunten Areal der Schießanlage greifbarer, was die umgebende Natur mit einem milden Lächeln quittiert und sich überhaupt nicht in ihrem Langzeitvorhaben stören lässt. Dementsprechend weiter verbuscht, überwächst und mit Nadeln bedeckt, was da zu bedecken ist.

Schleuse Wernsdorf

Der ausstehende Abstieg zum Oder-Spree-Kanal ist kurz und erfordert durchaus etwas Federn in den Knien, auch wenn der Waldboden schon gutgehend dämpft. Zwischen Weg und Kanal liegen Pferdeweiden, Gärten und kleine Gehöfte, einige tapfere Obstbäume halten ihre leuchtend weißen Blüten ins fahle Nachmittagslicht und die Pfützen auf dem Weg empfehlen uns manchmal an dessen äußersten Rand.

Alte Dorfstraße in Wernsdorf

Die Bucht vor der Schleuse wird im eleganten Bogen von einer gut befestigten Uferkante aus grobem Schotterbruch eingefasst. Direkt an der Schleuse ruft ein vergehendes Wirtshaus vergangene Zeiten wach, und in Verbindung mit dem Rauschen des Wasserfalls flammt kurz so etwas wie Hafenflair auf. Mit ein wenig Zickzacklauf lässt sich jenseits der Brücke der alten Dorfstraße nachspazieren, die teils noch unbefestigt ist und zuletzt direkt am schönen Dorfplatz endet. Gegenüber zieht das halbe Dorf zum örtlichen Krug, der hell erleuchtet ist, und wird wohl bis weit in die Nacht Tante Hannelores Achtzigsten feiern. Die passende Musik dringt schon gedämpft durch die Fenster und bringt drinnen die ersten beblusten Oberkörper ins Schwingen.








Anfahrt ÖPNV (von Berlin): mit Bahn bis Schönefeld oder Königs Wusterhausen, dann Bus (ca. 1-1,25 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): übers normale Straßennetz (ca. 1 Std.)

Länge der Tour: ca. 15 km (Abkürzungen vielfach möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Gosener Hauswiesen (PFD)

Informationen zu Neu Zittau

Zu Fuß durch die märkischen Landschaften