Die Winterferien sind ganz frisch angebrochen, und wenn auch viele Leute nicht das machen können, was sie eigentlich vorhatten, gibt es als großes und linderndes Trostpflaster den ersten dicken Schnee seit langem, fast punktgenau. Am späteren Freitag kamen schwerbeladene Wolken in der Region an und ließen Stadt und Land unter einer der schönsten Spielarten der großflächigen Geräuschdämmung versinken.
Wenn Herz oder Seele aus solchen oder sonen Gründen ihre Leichtigkeit eingebüßt haben, sorgt das nun dafür, dass man die Augen gar nicht von diesem friedlichen und beschwichtigenden Bild lassen möchte, auch wenn schon die Nase am Fensterglas plattgedrückt oder am offenen Fenster kalt wird. Das stille Spektakel mit dem dichten Flockentreiben ist so wunderschön, dass mancher vielleicht vor Rührung glasige Augen bekommt und sich kurz darauf verwundert an die eigene Stirn tippt. Andere nehmen sich bei der Hand, springen die Treppe hinunter und schaffen es, als allererste ihre verschieden großen Sohlenmuster ins unberührte Weiß zu stempeln, selbst mitten in der Innenstadt.
Auch in diesem recht neuen Jahr gelten die alten Regeln, die teils noch etwas nachgeschärft wurden. In diesem Rahmen spielten die Zahlen 15 und 200 eine Rolle*, wobei die eine aus der anderen resultieren konnte, in der Folge ein weiteres Entfernen vom eigenen Wohnort nicht erwünscht war. Berlin schaffte es gerade so, davon nicht betroffen zu sein, für einige Landkreise in Brandenburg wurde es hingegen kurzzeitig real.
Mal abgesehen vom jüngsten Schnee hielt der Januar schon so einige weiße Tage bereit, die oftmals auf die Wochenenden fielen. So wie der vorangegangene Herbst seinen Namen redlich verdiente, gilt das bisher auch für den Winter. In den letzten Tagen gab es dann zum allerersten Mal diese kräftige und euphorisch stimmende Wintersonne, die sich schon klar nach Februar anfühlt, oft mit Meisensound einhergeht und meist mit dem Entdecken allererster Frühblüher synchron läuft. Gelbe Punkte im weißen Schnee unter blauem Himmel – das lässt so manche und manchen schon anders aus der dicken Kapuze schauen, und das war lange nicht so wichtig wie in diesem Jahr. Denn der Mensch lebt nicht alleine von Tee und Bier und Vitaminobst.
Da jegliche Verreise-Ferien also ins Wasser gefallen sind, gilt es das Beste aus dem zu machen, was genehm und in der Nähe ist. Das fällt bei aller Wehmut nicht allzu schwer angesichts all der Brandenburger Landschafts-Vielfalt. Die Kunst dabei ist allein, die Kontakte mit der eigenen Spezies ähnlich gering zu halten wie in den ausgesucht einsamen Gegenden zurückliegender Freiluftstage.
Bad Freienwalde
Dass die Landschaft rund um Bad Freienwalde eine besondere unter den hiesigen ist, wissen wohl die meisten, die öfter mal ausschwärmen – in diesem Sinne aufs Neue ein herzlicher Dank an die jüngste Eiszeit. An Gebirgigkeit braucht sich das durchfurchte Moränenland mit seinen unzähligen Wegen hinter der Märkischen Schweiz in keiner Weise zu verstecken. Hier und da dreht sie in Sachen Relief sogar noch etwas mehr am Zeiger und eröffnet nicht selten Referenzen an die Sächsische Schweiz, den Harz oder den Thüringer Wald, vereinzelt sogar namentlich. Dazu tragen nicht zuletzt die grundverschiedenen und riesigen Villen rund ums Kurviertel bei und auch die steilen und oft überraschenden Stiegen, auf die man überall im Stadtbild trifft.
Mit dem selten gewordenen Schnee im Spiel und den weiten weißen Aussichten kann man sich dort noch viel besser vorgaukeln, ganz woanders zu sein – tief im Winterurlaub, hoch in irgendwelchen Mittelgebirgshöhen mit ihren versunkenen Tälern. Und nicht ein gutes Bahn- oder Autostündchen von Berlin entfernt. Doppelt passend zur weißen Landschaft ist die einzige richtig große Sprungschanze im Land Brandenburg, die noch im Stadtgebiet stehend zum nördlichsten Skisprungzentrum Deutschlands gehört. Und heute einfach umwerfend aussieht, so rechtplatziert wie selten.
Vom Wasser der Alten Oder gespeist wird der Freienwalder Landgraben, der vom Kaliber her selbst als Alte Oder durchgehen würde. Vom Bahnhof kommend überquert man das Wasser und hat vor sich den Marktplatz des Bergstädtchens liegen, ganz oben die Kirche und gleich darüber den Schlossberg mit einem romantischen Ruinlein, dass zu der Handvoll schönster Ausblicke ins Oderbruch gehört. Ein Bengel prügelt sein Mopped am beschaulichen Markt vorbei, damit bei Omi der Milchreis nicht kalt wird. Die Drehzahlen des gequälten Bockes lassen sofort an Zahnarzt und trockene Zahnräder denken.
Beim Bäcker in der Königstraße gibt es die besseren medizinischen Masken im Fünferpack zu einem echt fairen Preis – in manchen Apotheken der Hauptstadt würde man dafür gerade mal zwei Stück bekommen. Damit hat hier niemand eine Ausrede, der mit Stoffhäubchen oder nacktnasig seine Semmeln holen möchte. Ansonsten ist es eben so still hinter den Schaufenstern wie es das gerade überall ist.
Mit Bad Freienwalde ist es wie mit Eberswalde – man meint immer, den Ort ganz gut zu kennen und wird jedes Mal wieder herrlich überrascht. In der Hoffnung auf minimale Kontakte mit aufrecht Gehenden meiden wir die allseits bekannten und immer wieder bezaubernden Spuren, denen man insbesondere nach reichlich Schneefall ansehen kann, wie beliebt sie sind. Heute also nicht das Kurviertel, die Aussichtstürme und das romantische Brunnental oder der Schlosspark und der herrliche Höhenweg nach Falkenberg, zumindest jetzt noch nicht. Das Umkrempeln soll sich lohnen, denn der Tag wird reich sein an besonderen Neuentdeckungen.
Noch gibt es zwischen klassischer Altstadt und Kurviertel diese seltsame, praktische und streitbare Hochbahntrasse, die es in all diesen Eigenschaften und ein paar Nummern größer auch in Halle an der Saale gibt. Nur besteht dort nicht unmittelbar die Gefahr, sich den Kopf zu stoßen, wenn man sie im fröhlichen Hopserlauf unterquert. Dahinter lassen wir die Massen ins pittoreske Kurviertel am Papengrund ziehen und stehen kurz darauf vor der ersten steilen Stiege, zugleich dem ersten von fünf nennenswerten Anstiegen dieses Tages, der es am Ende auf stattliche dreihundert Höhenmeter bringen soll. Direkt neben dem topfebenen Oderbruch.
Ziegenberg
Es ist wahrhaft frostig heute, doch oben sind die Hände warm und der erste Reißverschluss geöffnet. Den Gipfel des Ziegenberges verfehlen wir, weil ein verschneiter Höhenweg lockt und zusätzlich ein ins Bild rückender Villenspitzturm ablenkt. Gegenüber ist auf Augenhöhe der wohlgeformte Aussichtsturm auf dem Galgenberg zu sehen.
Auf unserem verpassten Gipfel steht ein Mahnmal von winkelförmigem Grundriss, das wir uns fürs nächsten Mal aufheben. Beim Abzweig dorthin stürzt sich mit gewisser Dramatik ein Pfad hinab ins nächste Tal, der Traktion und Gleichgewicht herausfordert und manche ungesehene Grimasse hervorbringt. Je kleiner die Wege sind, desto leichter sind sie auch zu übersehen, und da es hier in den Höhen überall immer viele davon gibt, ist es heute besonders hilfreich, den Satellitenempfänger dabei zu haben.
Königshöhe
Auf der Königshöhe liegen quasi die wirklich exklusiven Wohnlagen, die nicht von den Spaziergängern und Kurenden überlaufen werden und obendrein noch edle Aussicht genießen. Schöne Villen gibt es hier zu sehen, bei vielen gehen Geld, Geschmack und Lebensfreude Hand in Hand. Hinter dem Waldhaus endet die Straße und lässt Spaziergänger auf einer urigen Stiege mit betagtem Metallgeländer ins Kurviertel absteigen. Die Stufen und ihre Abstände sind abseits jeder Euro-Norm, bringen damit Spaß und fordern zugleich etwas Umsicht. Viele Impressionen rufen vor dem geistigen Auge Vergleiche zu anderen schönen Gebirgsregionen auf.
Währenddessen hat der dicht bewölkte Himmel aufgeklart, lässt erstes Blau blicken und den Tag etwas heller werden. Der Mühlweiher vor dem blassgelb leuchtenden Haus Papenmühle ist zugefroren, und wie erwartet wird es jetzt kurz ein bisschen voller. Doch schon beim Kurmittelhaus drehen wir wieder ab, schicken kurz einen Handgruß ins Brunnental und überlassen es den anderen. Zwischen mürb-romantischen Villen mit mediterraner Anmutung tauchen wir in den nächsten Talgrund ein, der an einem großen Parkplatz und weitläufigen Sportanlagen endet.
Helmut-Recknagel-Sprungschanze
Und da steht sie dann, noch klein und ganz weit hinten mit ihrem eleganten Schwung – die große, über alles herausragende Sprungschanze mit den drei Geschwisterchen. Vier Kategorien von Wagemut, dem sich hier nach etwas Vorbildung auf den Grund gehen lässt. Ein großer Bogen führt ums Stadion und das leicht ansteigende Ausrollfeld für gleitend Gelandete. Von hier unten lässt sich der Anlage direkt ins Gesicht schauen, die so in Schnee gekleidet doppelt eindrücklich wirken kann, über ihr der zunehmend blaue Himmel. Links kontrastiert als gewundene Spur in Schwarz bereits die lange Treppe aus dem Weiß und verheißt den zweiten steilen Anstieg des Tages.
Die sanfte Ausrollböschung wird von ein paar Handvoll bunter Kinder als extrabreiter Rodelberg benutzt, die quietschvergnügt zur Sache gehen und von ihren Eltern kaum zur Vorsicht gemahnt werden müssen – hier kann wirklich nichts passieren, und sei das Temperament auch noch so ungestüm.
Am oberen Ende der mehrteiligen Treppe ist das Bild noch einmal ganz anders. Mit Details der Konstruktion im Vordergrund reicht der Blick über die nahen Höhenzüge und darüber hinaus bis weit ins Odervorland und sogar nach Polen.
Entlang der B 158 und der Siedlung Waldstadt erreichen wir das Ortsausgangsschild, und nach einzwei Minuten ohne Bürgersteig schlüpft gegenüber ein winziger Pfad in den Wald und schafft sogleich Abstand zur schnell befahrenen Straße. Komplett verschneit ist der Wald, der Pfad zeigt auch hier noch eine Menge Spuren und prompt kommen uns zweimal Leute entgegen. Doch das war’s dann für die nächsten knapp drei Stunden.
Der Weg wird zum breiteren Waldweg. Das ist jetzt direkt wohltuend, denn die schmalen Pfade und das Auf und Ab zeigten schon im Ansatz, dass es spätestens am Folgetag an vielen Stellen miezen wird. Nicht zuletzt werden das neben den erwartbaren Waden und dem Sitzteil die Fußsohlen sein, denn den ganzen Tag auf Schnee unterwegs zu sein ist durch die letzten Jahre ungewohnt, braucht etwas Einwöhnung. Wir kommen durch gipfelkahlen Laubwald, wohnlich dämmrige Fichtenwäldchen und vorbei am klassischen märkischen Kiefernwald, bis sich die Landschaft schließlich öffnet und voraus die ersten Häuser von Dannenberg liegen.
Dannenberg/Mark
Dannenberg gibt zunächst vor, ein pures Straßendorf zu sein. Es riecht nach Kohlen –und Holzheizung, hinten sägt jemand, weiter vorn gönnt jemand dem Elektrohobel keine Atempause. Hinter einer Kurve löst es sich dann zum Angerdorf auf. Unter silbergrauen Wolken hockt die stilgemischte Kirche auf ihrem Hügel, darunter liegt der halbgefrorene Dorfteich mit unzähligen warmweichen Rohrkolben und schönem Angeboten für die längst fällige Pause.
Links von einem der Häuser kommt ein Pärchen mit einem fetten Köter, so einen stämmigen mit nach innen gestellten Pfoten und wenig straffer Haut im Gesicht, auch bekannt als Feindbild von Tom und Jerry. Hat denkbar üble Laune, ist vielleicht kein Freund von Kälte oder Schnee zwischen den Zehen und strafft die Leine kraft seiner guten Traktion, der Vorgang dauert Minuten. Vorn an der Straße geben die beiden auf und sehen den Rückweg zur Haustür behende und in Sekunden erledigt.
Während der Tee dampft und die Tüte raschelt, reißt der Himmel auf und betont nun jedes kleine Detail der Kirche im schönsten klaren Winterlicht. Eine Meise landet auf einem der Rohrkolben und zupft umgehend nachquellendes Polstermaterial heraus. Über den Häusern ziehen weiße Wolken auf, auch riesig große. Die Kulisse ist zum Seufzen.
Am Dorfausgang steht mit filigranem Stützkorsett eine in Weidenmanier geborstene alte Linde, durch die man eine Viertklässler reichen könnte. Noch vor den letzten Häusern beginnt einer von diesen schönen Feldwegen, die von Büschen, kleinen Bäumen und Steinwällen begleitet werden. Hier beginnt nun der langwährende Lohn für die Aufstiege. Fast ohne Gefälle, doch angenehm spürbar senkt sich der Weg ab, es läuft sich gewissermaßen von selbst. Überall im knorrigen Buschwerk huscht es, Spatzenfrüchte sind flink unterwegs und solistische Meisen lassen wissen, dass bald auf März geht.
Voraus ergeben sich panoramabreite Blicke auf den bewegten Höhenzug zwischen Bad Freienwalde und Falkenberg, davor läuft eine Allee mit jungen Bäumen von Dannenberg nach Cöthen. Zwischendurch schaut diffus die Wintersaat durch die lose Schneedecke, zum nächsten Wäldchen hin sorgt Rapssalat für deutlicheres Grün. Der Rückblick nach Dannenberg stellt die Kirche hinter den weißen Cord der Ackerflächen. Jenseits der Allee ist bald der Wald erreicht, am Weg knallt das Rot polierter Hagebutten ins Auge, und ein kleiner Sattel sieht im Rückblick aus wie ein Strandzugang über ausgewachsene Dünen.
Direkt hinter dem Waldeingang stürzt sich abenteuerlich ein winziger Pfad hinab in eine Landschaftsfurche, der sich nur dank zahlreicher Fußspuren als Wegelinie wahrnehmen lässt. Auf der Karte lassen die dichten und wirren Höhenlinien an einen durchgeschüttelten Teller ungarnierter Spaghetti denken. Eine besonders hochkante Fichte steht mitten auf dem Pfad, als hinge sie als buschiger Ast herab. Der Abstieg führt durch Fichtenwald, beruhigt sich erst nach und nach. Unten im Wald ist einiges umgefallen, sodass ein wenig Kletterei von Nöten ist.
Gerade als Zweifel aufkeimt, ob hier irgendwo Anschluss an das offizielle Wegenetz besteht, wird rechts eine Versammlung von Rastgelegenheiten sichtbar. Ein sechskantiger Pavillon mit holzgetäfeltem Fußboden, ein paar Raufen und auch offene Bänke lassen vermuten, dass hier im Walde manchmal kleine Marktereignisse stattfinden.
Kurz wird das trockene Bett des Falkenberggrabens berührt, dann beginnt ein kleines Zickzack bis zum Anschluss an den nächsten großen Weg. Der ist nach beiden Seiten einladend, doch wir müssen das schwindende Tageslicht im Blick behalten. Bis hierhin hielt der Abwärtstrend, jetzt kommt der Ausgleich. Moderat, doch beständig steigen wir hinauf bis zum nächsten gemütlichen Rastpavillon und kommen nun in die Region, wo mit mehr Publikum zu rechnen ist. Der Specht lässt seine drei klassischen Geräusche hören, die nie aus derselben Richtung kommen.
Hier treffen sich mehrere Wege, doch nur einer von ihnen verschwindet steil und gewagt in einer tief eingeschnittenen Furche, die mit all dem Schnee überhaupt nicht nach einem Weg aussieht. Doch neben dem GPS-Track überzeugt auch die eindeutige Wandermarkierung, wobei letzte Zweifel bleiben. Auch hier liegt einiges quer und ist der Struktur der Furche gemäß nun schwerer zu umgehen, da man stets wieder in die spitzwinklige Mitte rutscht. Doch auch das gelingt ohne Hosenbodenlandung.
Unten stößt der Weg auf eine von unzähligen Sohlen zerwühlte Wegkehre und führt gleich wieder etwas hinauf. Die Sonne steht schon tief und beleuchtet warm die höchsten Wipfel der Kiefern am jenseitigen Hang. Manchmal öffnen sich astige Sichtfenster in die Weite des Oderbruchs. Der sagenhaft schöne Weg ist ganz zu Recht so abgelatscht, denn er ist ein wahrer Klassiker. In weiten Bögen und engen Kehren verläuft er auf etwa selber Höhe und quert dabei zahlreiche Nebentäler, wie man das sehr schön auch vom mittleren Polenztal in der Sächsischen Schweiz kennt. Oder zahlreichen anderen Mittelgebirgen und Schweizen im Land. Hier aber gibt es das Ganze mit nur zweistelligen Höhenwerten, doch kein bisschen schwächer in der Perfomance. Mittlerweile wurde der Weg als „Märkischer Bergwanderpark“ in gutes Marketing gekleidet, was er absolut verdient.
Ein paar Kehren später folgt die nächste Hütte, diesmal im kleinen Format, doch nicht weniger gemütlich und natürlich ebenfalls holzgefliest. Kurz darauf folgt der Abzweig, der den Abstieg zum Teufelssee einleitet. Der ist schön, allseits bekannt und daher gut besucht, doch hier kommen uns die späte Stunde und das knappe Licht zu Gute. Gegenüber wird gerodelt, rechts ein Hund ausgeführt, und das passierende Wandertrio hinter uns diskutiert gerade, wer heut Abend kocht und was und ob ohne oder mit.
Teufelssee
Der kleine See in seinem Kessel gibt nun die Bühne frei für verschiedene Entenepisoden. Das angematschte Eis erschwert auch den erfahrensten Schnabelleuten die Einschätzung, wo Watscheln endet und Schwimmen anfängt, der Übergang wird oft vom Durchsacken der Beine bestimmt, was keine der Enten richtig witzig findet. Eine resolute Dame jagt stets laut zeternd von der einen offenen Stelle zu der anderen, ein stilles Pärchen schwimmt hintereinander durch eine freigeschwommene, bürzelbreite Spur. Eine Entendame schaut kurz, ob wir ihr was mitgebracht haben, doch leider sind wir gänzlich unvorbereitet und sie wackelt wieder ab. Die kleine Insel mit ihren zwei Bäumen interessiert gerade gar niemanden.
Fast schon duster liegt der See hier unten, doch ganz hinten schafft es noch die späte Sonne über den Berg und taucht die Wipfel in ihr Gold. Der Bach fließt munter Richtung Mühle, hinter der rund um die Lindenquelle großflächig Wasser aus dem Boden tritt. Ein letzter Blick fällt noch ins weite Oderbruch, bevor es Zeit wird, das Essen zu bestellen – in einer guten halben Stunde wollen wir vor Ort sein, dann schon im Laternenlicht.
Vorher steht noch ein letzter Aufstieg an, das passt schlecht zu den verbliebenen Kraftreserven, doch insofern gut, dass es jetzt spürbar kälter ist. Ein direkter Aufstieg führt durch den Saugrund. Die dicke Schneedecke ist völlig unversehrt, was ein bisschen verunsichert und den Weg zunächst übersehen ließ. Oben sind die Hände wieder warm, die Landschaft öffnet sich nach links. Ein schöner Aussichtspunkt will locken, doch heute geht nix mehr. Außerdem zieht die Vorfreude auf warmes Essen intensiv Richtung Stadtmitte.
Der Dr.-Max-Kienitz-Lehrpfad wird zunehmend zur Furche und endet an einem Wohnviertel in der höheren Lage eines Nebentals. Von hier führen Wege direkt in den Schlosspark, die derzeit leider gesperrt sind. Ansonsten kann man sich in dem wilden und bewegten Park noch diversen kleinen Auf- und Abstiegen hingeben, vor allem aber die Aussichtsplattform mit ihrer dramatisch posierenden Eiche erklimmen. Von dort liegt einem die Stadt und alles drumherum zu Füßen.
Die ist jetzt schon von den Lichtpunkten der Fenster und Straßenlaternen durchzogen. Am Schloss zeichnet eine Lichterkette das Balkonrund nach. Der modelhübsche Turm auf dem Ziegenberg ist dezent beleuchtet, was entgegen gewisser Logik die allerletzte Sonne sein könnte oder eben ein figurbetonender Scheinwerfer, dessen Unterhaltung die Stadt spendiert. Vom Land zwischen Oder und Oder tönen ferne Kranichhorden. Über dem warmen Licht der Altstadt-Laternen wölbt sich blass das Himmelszelt der blauen Stunde und verleiht der filigranen Kirchturmspitze absolute Schärfe.
Anfahrt ÖPNV (von Berlin): von Berlin-Gesundbrunnen mit Regionalbahn, umsteigen in Eberswalde (ca. 1-1,25 Std.)
Anfahrt Pkw (von Berlin): B 158 nach Bad Freienwalde (ca. 1-1,25 Std.)
Länge der Tour: 19 km (Abkürzungen vielfältig möglich)
Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)
Links:
Einkehr: div. Möglichkeiten im Stadtgebiet
*) Ab einem Inzidenzwert von 200 darf sich derzeit in Brandenburg und Berlin nicht mehr als 15 Kilometer von der Stadt- bzw. Ortsgrenze entfernt werden – ausdrücklich auch nicht für Bewegung an der frischen Luft.