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Strausberg: Olle Kamellen, verdeckte Esel und die Libelle auf der Stirn

Irgendwem ist beim virtuos dargebotenen Mischen der Monatskarten wohl der ganze Stapel aus der überforderten Hand geflogen und unkontrolliert flatternd in sieben Ecken geschnibbt – nachdem man im September schon mal wochenlang fürs Frösteln üben konnte, hat der Oktober permanente Wonnebäckchen aufgelegt und dafür gesorgt, dass Freibäder länger geöffnet bleiben und wohlschmeckende Eiskugeln weiterhin hoch im Kurs standen.

An der Nordspitze des Stienitzsees

Dicht anliegende Pellen wie Schals, Handschuhe oder Mützen verschwanden wieder in ihrem Fach, die dicke Jacke, nun schon mal draußen, bekommt noch etwas Aufschub. Trotzdem beginnt jetzt die Zeit, in der man thermomäßig selten sinnvoll bekleidet ist, daher öfter mal friert oder vorübergehend in Hitze gerät. Im Wesentlichen begann das am 1. Oktober und endete am letzten des Monats mit einem kleinen, doch zäsurhaften Temperaturrutsch.

Uferweg bei Hennickendorf

Der November ist nun da. Grau, trüb und schmuddlig ist er noch nicht, beginnt eher als freigiebiger Schöngeist im oktoberschen Sinne mit reichlichen Resten leuchtbunten Laubes und den dazugehörigen Düften und Tönen. Auch die fernreisenden Vogelscharen zeigen sich noch unentschlossen zwischen Bleiben, duldsamem Aussitzen oder die Flatter machen. Entschlossen hingegen ist die schnell hereinbrechende Dunkelheit, und zwar schon vollumfänglich zur Zeit des Fünf-Uhr-Tees.

Auch wenn in diesem Winter jeder frostlose Tage gern gesehen ist, sehnt man sich doch nach trüben, einsamen Weiten in still ruhenden Landschaften, die nur in Erdtönen arrangiert wurden. Dass in den Zeiten früher Abenddämmerung, insbesondere nach der Zeitumstellung draußen weniger Leute unterwegs sind, ist hier ein Fakt, der noch mehr Stille beschert – sowohl fürs Auge als auch fürs Ohr. Wer also die Einsamkeit im Sinne von wenigen Begegnungen mit Artgenossen sucht, hat jetzt beste Bedingungen.

Entlang der Langen Dammwieen

Unteres Annatal

So betrachtet darf man so mutig sein, allseits bekannte Ausflugsziele und Spazier-Reviere aufzusuchen, denn viele Menschen geben in diesen Monaten an freien Tagen ihren oder irgendwelchen anderen vier Wänden klar den Vorzug. Ein berlinnaher Klassiker, den wohl jeder kennt, der hin und wieder ins Umland ausschwärmt, ist das Annatal bei Strausberg. Dessen Reiz, Schönheit und Besonderheit werden sich wohl niemals abspielen, einen vielmehr bei jedem Besuch mit derselben Kraft und Wirkung erwischen. Die Anna heißt mit bürgerlichem Namen Rüdersdorfer Mühlenfließ, Anna an sich oder Annafließ ist eher ein Kosename, freilich ein sehr schöner.

Aufstieg zum Wachtelkamm, Hennickendorf Nord

Die meisten Leute, die für einen Ausflug ins Annatal fahren, meinen vermutlich die Langen Dammwiesen, mit denen der Lauf der kleinen Anna südlich der Regionalbahntrasse dicht verknüppert ist. Für eine wohlige und abwechslungsreiche kleine Runde bietet sich die Umrundung dieser wasserreichen Wiesen an, die landschaftlich an sich und auch an jeder neuen Ecke unerhört schön sind.

Waldweg an der östlichen Flanke der Dammwiesen

Strausberg

Unweit vom Bahnhof Strausberg, dem südlichsten der vier Strausberger S-Bahnhöfe, ist es nicht weit zum Bahnübergang, an dem einer der schönsten Einschlüpfe ins Naturschutzgebiet liegt. Vom Gefühl her sind die Schranken an 34 von 60 Minuten unten, was rechnerisch durchaus hinkommt. Die S-Bahn fährt alle zwanzig Minuten, also für beide Richtungen sechs Züge, dazu kommt noch die Regionalbahn in Richtung Küstrin, macht nochmal zwei Züge pro Stunde. Die Schranke ist großzügige vier Minuten unten, mal acht ergibt 32. Also gar nicht so schlecht geschätzt und dabei noch keine Güter- und sonstigen Züge berücksichtigt. Doch man steht hier ganz gut, es gibt bequeme Geländer, an die man sich lässig zurücklehnen kann. Und meistens irgendwas zu kieken oder notfalls auch zu tratschen, wenn’s mal deutlich länger dauern sollte.

Umso schöner ist der Lohn, wenn man direkt hinter der Schranke abbiegt und sofort in schönste Landschaft eintaucht. Links ist die laubbedeckte Böschung mit ihren Bäumen so hoch, dass sie als Bahndamm umgehend vergessen ist, rechts flankiert der rustikale Lattenzaun einer kleinen Waldweide die blätterbedeckte Pfadspur. Man ist sofort drin, Strausberg, so schön es ist, erstmal vergessen.

Einstieg vom Bahnübergang

Bei der Alten Walkmühle setzt sich gleich das Mühlenfließ in Szene, kommt durch eine gemauerte Halbrundröhre aus dem Dustern herbeigetrödelt, leise plätschernd. Direkt dahinter wartet der erste Anstieg der Tour, kurz und knackig und irgendwie typisch für die Gegend. Ein mittiges Geländer leistet willkommene Hilfe, auf der einen Seite lugen Oberkanten von knüppeligen Holzstufen aus dem goldbraunen Laub, auf der anderen Seite auch. Auf die Weise müssen sich Auf- und Absteigende nicht in die Quere kommen.

Geteilte Stiege hinauf in den Wald

Oben erstreckt sich eine kleine Hochebene, dem Laub nach bedeckt von Buchen und Ahornbäumen – ich gebe zu, ich habe eher auf den Weg als in die Wipfel geschaut, um nicht zu straucheln beim lautstarken Schlurfen durchs knöchelhohe Laub. Bereits hier, mit dem dichten Laubteppich durchaus eine Herausforderung und im geschlossenen Wald eher ungewöhnlich, streicht uns eine schmale, geschmeidige Katze um die Beine, ist unbemerkt im Wald verschwunden und dann doch wieder neben uns, ein Stück des Wegs gemeinsam zu verbringen. Mal links, mal rechts, dann wieder springend durch die Wiese oder mit unsteter Pfote in einer Wiesenpfütze nach ihrem schwarz-weiß gescheckten Spiegelbild fischend. Vielleicht duftet ja was aus unserem Rucksack, denn sie scheint noch unbefrühstückt, die Miez.

Wo man ja im Walde mit all seinen unvergleichlichen Qualitäten oftmals die Stille sucht, ist dieses Laubrascheln jetzt ein wirklich schöner Lärm, den es ja auch nur eine begrenzte Zahl von Wochen zu genießen gibt. Also wird es ausgekostet, pflügen die Schuhe tief und bodennah durch all die trockenharten Blätter in ihren zahllosen Schattierungen zwischen gelb, gold und braun.

Austritt zu den Langen Dammwiesen

Lange Dammwiesen

Der Abstieg zur grasigen Weite der Dammwiesen geschieht fast unbemerkt, doch bald wird der Wald verlassen und der Blick galoppiert sofort los durch die grüne Kulisse, die von zahllosen Landschafts-Accessoires raumteilerisch gestaltet wird. Hier eine Baumgruppe und dort eine Schilfinsel, ein bisschen weiter dann kohlpechrabenschwarze Hornochsen oder in der Ferne auf der anderen Talseite birnenblütenweiße und milchkaffeebraune Pferde. Die einen stehen wuchtig rum, die anderen voller Anmut da.

Blick quer über die Dammwiesen

Ackerbraune Wildschweinarenen gibt es auch noch und undurchdringliche Büschungen, dazwischen ganz für sich stehend ausdrucksvolle Solitärbäume, an deren filigranem Geäst kein einziges Blatt mehr sitzt. Viel zu gucken also, besonders bei dem spätherbstlich flachen Licht dieses Tages, das gekonnt mit der Malerpalette herumwerkelt.

Die Försterin schleicht in ihrem Jeep den Weg entlang und schickt ein diagonales Grinsen raus. Kurz danach kommen uns zweimal ein paar Leute entgegen, die man naturgegeben später ein zweites Mal treffen wird. Aus einer Dreiergruppe stehender Wanderer hält eine Teilnehmerin geduldig ihr mobiles Endgerät hin zum Wipfel einer Kiefer, so ausdauernd und unbeweglich, als wolle sie deren Wachstum filmen.

Der Himmel über Torfhaus

Torfhaus

Kurz nach den Rollbergen, die an etwas Hangflanke zu erkennen sind, endet der Weg in Torfhaus, einer winzigen Siedlung in schönster Lage. Über den Häusern ist der Himmel jetzt strahlend blau und mit blassem Gewölk zart wattiert. Gegenüber setzt sich der bunte Wald fort, der jetzt nach und nach feuchter und durchtränkter wird. Die Katze von vorhin, die gerade eine Runde um die Bushaltestelle gedreht hatte, zeigt sich mal wieder und verschwindet dann länger im Wald.

Edle Badestelle bei Hennickendorf

Stienitzsee

Wie zu erwarten wird es jetzt etwas voller, denn zum einen verläuft hier der abwechslungsreiche Rundweg um den Stienitzsee, zum anderen endet ein illustrer kleiner Zuweg vom nächsten Dorf an der schönen Uferstelle, wo auch heute im November kurz der Gedanke an einen Sprung ins Wasser aufblitzt. Erleichtert darf man sich selbst vom kühnen Vorhaben abwinken, denn ständig kommen neue Leute, lassen einem trockenen Hund zu einem nassen Hund werden oder filmen ausdauernd einen Schwan, der im großen Bogen in die Bucht einläuft.

Plankenweg am Stienitzufer

So in der Hocke verliert die betreffende Dame im nassen Ufersand kurz das Gleichgewicht, versucht das per feschem Knickgelenk gehaltene Gerät vorm Wassern zu retten und sieht sich unversehens auf Augenhöhe mit dem fauchenden Schwan, der erstaunlich schnell an Ort und Stelle war. Trollt sich schnellstens und kommt mit einem klammen Hintern sowie einem unerwarteten Twist im Plot des Gefilmten davon. Der sollte sich später am Cafétisch vor den Freundinnen gut ausschmücken lassen. Stößchen!

Blick von der Strangrabenbrücke zum Stienitzsee

Bald waren alle gucken, die gucken wollten, und so kann die Pause nun tumultfrei genossen werden und wird angemessen ausgedehnt. Voraus die Szenerie ist fast unwirklich schön, wie eins der schönsten Bilder aus einem Tourismus-Prospekt mit hohem Budget. Die kleine Sandbucht eingerahmt von leicht säuselndem Schilf, bis zum jenseitigen Ufer ein makelloses Spiegelbild, dazu der Himmel blauweiß gesteppt und dann noch ein paar rustikale Stubben direkt am Ufer, tiefdurchtränkt und rundgewaschen von den Jahren. Als Rastbank dient ein dickes Stück Baumstamm, gerade lang genug für zwei und notfalls noch zwei Hintern, und schon bald dampft der Tee aus den Tassen, der Crémant der kühlen Stunden unter freiem Himmel.

Uferweg vor Hennickendorf

Allein bleiben wir dann doch nicht, denn eine große rote Libelle findet Interesse an Rucksackriemen, Brotdosen und Tüten, auch an Stirnen und Knierundungen. Holt dann, da reichlich von all dem da ist, noch die ganze Verwandtschaft nach, die flügelknisternd ihre engen Kreise um die Pausengesellschaft ziehen und bei allzu direkter Tuchfühlung für einzelne Gänsehaut-Momente sorgen, ich sage nur Nase oder Handrücken. Von links kommen ausrufende Laute von Enten nach und nach näher, gegenüber lässt sich kurz der Graureiher sehen und weit oben am Himmel senden sechs Gänse lieb gewonnene Töne.

Schill-Finsel im See

Die natürliche Promenade zwischen dem Seeufer und den Bruchwäldern, die das Mühlenfließ, der Stranggraben und die Teufelsquelle geschaffen haben, ist eines dieser besonders pittoresken Stücke Weges, die sich in Brandenburg finden lassen. Naturnah gehalten, zu beiden Seiten vom Element Wasser bestimmt und bei jedem Kopfdreh ein neuer Blickfang, begleitet sie niemals gänzlich gerade das Seeufer und wird zwischendurch immer wieder über Plankenwege und kleine Brücklein geführt.

Dichter Bruchwald des Stranggrabens

An mehreren Stellen wird sichtbar, wie das Wasser aus dem Wald dem See zuströmt, mal klar gebündelt, mal diffus und beim Stranggraben auch direkt unter einem Brücklein. Von diesem lässt sich tief in den Bruchwald schauen oder hinaus auf den See, hindurch zwischen einer kleinen Landnase und einem theatralisch gen Wasser gekrümmten Baumgebilde. Wenig später ankert einen Steinwurf vor dem Ufer eine Schilfinsel, etwa so groß wie ein altmodischer Ausflugsdampfer.

Hennickendorf

Mit der zunehmenden Geradlinigkeit des Weges rücken die Häuser von Hennickendorf ins Bild. Kurz vor dem Sportplatz lockt links ein winziger Pfad hinauf zur Ortshöhe, auf der die kleinen Parkeulen nisten, rechts zur kleinen Kurpromenade am Seeufer, die letztlich stärker zieht. Ein paar Stege und in den See hineinragende Baumkruken sorgen für etwas gemütliche Hafenatmosphäre, die später beim Stichkanal mit den schönstgelegenen Kleingärten skandinavös auf die Spitze getrieben wird.

Landnase nahe der Uferpromenade, Hennickendorf

Gleich am Beginn des kleinen Laufsteges steht gerade eine kurzärmelige Dame mit großem Badelaken, rosiger Haut und trockenen Hochsteckhaaren. Ihr Gesicht sieht mehr als ausgeglichen aus, und auf Nachfrage verrät sie, dass sie gerade eine halbe Stunde in der hübschen Bucht umhergeschwommen ist, so wie jeden Tag des Jahres, und das Wasser wohl um die elf Grad hat.

Der Gipfel mit den Parkeulen will jetzt erklommen sein, was im Wesentlichen über Stufen geschieht. Auf halber Höhe sitzen auf der kleinen Mauer des Zwischendecks mit Aussicht auf die Parkbühne zwei Teenager, wischen unter freiem Himmel gelangweilt auf ihren Touchscreens herum und haben nebenher irgendwas auf dem Einmal-Grill, wobei dem Geruch nach nicht vollends klar ist, ob die Einpackfolie wirklich entfernt wurde.

Aufstieg zur Eulenhöhe, Hennickendorf

Bei den Parkeulen übrigens handelt es sich um Kita-Kinder. Vor zwei Jahren, im ersten Jahr der ungewöhnlichen Bedingungen, als vieles Selbstverständliche nicht selbstverständlich war, hatten viele von ihnen rundliche Steine mit Bildern und guten Wünschen bemalt und in einer langen Reihe vor dem Zaun aufgereiht. Viele davon liegen noch immer dort, die Hälfte ist vom großen Laub bedeckt, bei den meisten haben Regen und Wetter der Jahre die Farbe abgespült und den blanken Stein zurückgelassen. Was ja in seiner Symbolik irgendwie angemessen scheint.

Der Abstieg ist vergleichsweise moderat bzw. kaum zu bemerken und endet unten an der Stelle, wo zwei größere Straßen aufeinandertreffen. Der Bäcker hat noch offen, die Eisdiele am Kreisverkehr noch zu. Hinter der Kirche liegt die gassenartige Bahnhofstraße, deren Name aus heutiger Sicht Rätsel aufgibt. Ein Trupp Bauarbeiter macht mit Hilfe eines kleinen Baggers den Gehweg hübsch, weiter hinten schließt gerade der Laden mit dem schönen Wort „Zweiradfahrzeuge“ im Schaufenster, der neuerdings und nebenher auch die Angelegenheiten der Post schmeißt.

Serpentinenabstieg vom Wachtelkamm, Hennickendorf Nord

Wachtelberg

Der nächste Anstieg liegt voraus. Eine urige Stiege führt vom Wanderparkplatz hinauf zum Kamm der länglichen Höhe mit den besseren Wohnlagen – nach Osten Blick auf den Kleinen Stienitzsee, nach Westen über die Langen Dammwiesen. Am Ende der Stufen zieht es den Blick hoch zum Haupt des Aussichtsturmes, der dank des örtlichen Heimatvereins an manchen Tagen bemannt ist und also bestiegen werden kann. In diesem Jahr lief das bis zum kürzlichen Saisonende nur auf Voranfrage, sicherlich den allgemeinen Umständen geschuldet. Heute also kein Rundumblick vom Wachtelturm, doch das nächste Mal wird es klappen.

Esel gegenüber der Mühle, Hennickendorf Nord

Der Kamm lässt sich über eine schöne alte Stiege verlassen, die in Kehren hinab führt. Die Geländer zeugen davon, dass es diesen Abstieg schon lange gibt. Unterhalb des Hanges ist bald eine Weide erreicht, wo man in der Regel Esel antreffen kann. Auch heute sind sie da, erweisen sich jedoch als Meister der Tarnung. Und werden trotzdem entdeckt, ganz weit hinten zwischen eselfarbenem, trockenem Geäst und Gestämm. Weiter vorn finden sich dann noch zwei etwas dunklere, die das Verstecken drum gar nicht erst versucht haben. Die Rückseiten all der langen Eselsohren sehen unendlich weich aus.

Mühle Lemke

Bei der Mühle wir heute erstmals Glück, erwischen noch die Öffnungszeit und können endlich mal einen Blick in den Hofladen werfen. Erwartet hatte ich einen kleinen Raum mit Verkaufstheke, höchstens so groß wie zwei Buswartehäuschen. Doch in der Mühle haben sie viel Platz, und so gehen nicht nur beim Betreten des ersten Raumes die Augen über, sondern es gibt noch einen und dann noch einen Raum, jeder noch ein bisschen größer.

Im Hofladen der Mühle Lemke

Der erste sieht ein bisschen aus wie ein Museum, alte Bilder hängen über den bunt bestückten Regalen, in denen Honig und Dutzende Sorten Senf und allerhand Aufstriche und Marmeladen stehen, auch Tees, Nudeln und natürlich hochwertige Öle. Große Backofenklappen lassen riesige Röhrschlunde dahinter vermuten, betagte Gerätschaften sorgen für kleine Jauchzer bei Älteren und auch Jüngeren. In der Kühltheke lagern dicht an dicht feine Käses und anderes, draußen vor dem Laden ist frisches Obst zu finden, das keine weite Reise hinter sicht hat. Und große Brote mit tiefer Kruste kann man auch bekommen. Hier dürfte wohl bei jedem Besucher irgendetwas in der Tüte landen.

Tagesbegleiterin im Ruhemodus

An der Kasse ist vor uns an der Reihe eine Dame aus der Gegend und hat gerade umfassend eingekauft, noch einen kleinen regionalen Schwatz angehängt. Schon abdrehend im Schlusswort bemerkt sie, dass man hier auch eine Gans fürs Fest vorbestellen kann, in diesem Jahr ja eine durchaus unwägbare Angelegenheit. Die Nachfrage wird zur Anfrage und dann zum Vorgang, der in mehreren Phasen erblüht und in Sorgfalt ausgeführt wird. Zahlen und Daten wechseln über den Kassentisch, Gewichte und Tage werden vermerkt, Telefon-Nummern erhoben und leserliche Quittungen verfasst. All das trägt in sich ein Stück Romantik oder Nostalgie vergangener Zeiten.

Am Kleinen Stienitzsee

Als wir schließlich nach dem Zahlen wieder draußen stehen, streicht da noch einmal die Katze von vorhin herum, begleitet uns erneut ein Stück. Vielleicht ist es auch eine andere aus demselben Wurf, der schlicht pragmatisch über benachbarte Dörfer verteilt wurde – denn wer kann schon die eine Schwarzweißgescheckte von ihren Miezengeschwistern unterscheiden? Und doch scheint’s vom Verhalten her, als wäre es genau dieselbe, als wären wir uns gut bekannt. Und eigentlich gleicht sie ihr doch sehr, wirkt die Zeichnung an der Schulter fast schon unverwechselbar.

Quellpromenade am Kleinen Stienitzsee

Kleiner Stienitzsee

An der Stirnwand der Mühle dreht sich das große Mühlrad und erweckt den Eindruck, dass es das nicht nur für die Ausflügler tut. Ein schöner Fußweg begleitet das Mühlenfließ bis zu seinem Ursprung, der im bzw. am Kleinen Stienitzsee liegt. Der Weg geht direkt in einen hübschen Promenadenpfad über, mit schönen Blicken über den gar nicht so kleinen, sonnenglänzenden See und weiter vorbei an uralten Kastanien zu einem Plätzchen am Ufer, wo zwei Quellen sprudeln.

Alte Kastanie am Uferweg

Bis vor Kurzem ragte hier nur ein gakeliges olles Rohr aus dem Boden, aus welchem Wasser in eine hölzerne Rinne floss oder manchmal auch nur tröpfelte. Mittlerweile sind die wasserspendenden Rohre mit Holzstubben umkleidet, die Rinnen etwas erweitert. Das kleine Plateau dazwischen wurde schnuckelig zurechtgemacht, mit Findlingen und Bank und dicken Balancier-Palisaden, und wird sicherlich gern und oft von Hiesigen und Dasigen besucht. Der Uferpfad erhielt noch den schönen Namen Quellpromenade. Sie haben diesen schönen Platz verdient, die Quellen am Kleinen Stienitzsee.

Quelldoppel in neuer Fassung

Hinterm Ort wird es nun wieder ruhiger, die Schritte finden zurück ins wohltemperierte Gleichmaß. Während die Augen über die anmutige Weite wandern, schwenkt der Blick hinüber zum anderen Talrand, in etwa zu der Stelle, wo vorhin der leuchtende Wald verlassen wurde. Die Wiese ist saftig grün, hier und da liegen abgebrochene Äste größeren Kalibers auf der Weide, vielleicht zum Schubbern für das Vieh. Das hat sich in Gestalt von Pferden weit in Richtung Talmitte zurückgezogen, wo man sich zwischen Büschen und Schilf gut verstecken kann, und lässt nur hin und wieder das Gegenwindfragment eines Wieherns vernehmen.

Blick zu den Dammwiesen, Hennickendorf Nordrand

Umgekehrt zu vorhin wird jetzt die offene Landschaft in den Wald hinein verlassen, der nun ein paar Nadelbäume im Bestand hat. Obwohl auch hier vor allem Laubbäume stehen, liegt so gut wie kein Laub am Boden, schon gar kein leuchtendes. Das sieht hier eher nach Robinien aus, der Weg liegt völlig frei, jede Querwurzel ist zu erkennen.

Waldpfad oberhalb der Ostflanke der Dammwiesen

Auch diese Pfadpassage am Ostrand des Talgrundes ist eine besonders reizvolle. Der Weg verläuft oberhalb eines Hanges und ist grundsätzlich am Schlängeln. Manchmal sind links kleine Quelltöpfe mit anschließendem Rinnsal erkennbar, die sich unten mit anderen zusammentun und zaghaft Wasserflächen ansammeln. Manchmal wird auch eine der ausgeprägten Talscharten gequert, einmal auch formvollendet mit Geländer, Stufen und kleinem Steg für Zeiten mit fließend Wasser.

Alter Bahndamm der Herzfelde-Strausberger Eisenbahn

Nach dem Erreichen des Radweges locken zweimal Abzweige zu Verlängerungen des Tages, doch diesem ist heute nichts mehr hinzuzufügen. Also geben wir uns dem weiten Linksbogen des Weges hin, dessen gleichmäßiger Radius samt anschließendem Damm nahelegt, dass hier mal Bahngleise lagen. Der Damm verläuft weit über dem Tal, unten ist glitzernd der bewegte Lauf eines zufließenden Bächleins zu sehen.

Dünenhang zwischen den Bahntrassen

Dicht am Bahndamm verläuft bald der Weg, der erst zum Pfad wird, dann breiter werdend hinter einer Dünenböschung verschwindet und zuletzt wieder den bunten Wald vom Anfang erreicht. Eine vierköpfige Familie in pastellfarbenen Anoraks pflügt im genießerischen Schlendergang durchs raschelnde Laub und plauscht dabei in einer der slawischen Sprachen. Nachdem wir sie erst überholt haben, nutzen wir dann gemeinsam die Stiege mit dem Mittelgeländer, die im Abstieg völlig anders aussieht als vorhin.

Nach der Verschnaufpause am Bahnübergang gibt es den Anfangsweg nun in umgekehrter Richtung, und so entdecken wir an einem Zaun ein gemaltes Fahrrad. So ein schönes altes mit Stahlfelgen und geschwungenem Lenker, großer Lampe und einem passenden roten Accessoire anbei. So eins, was sich erdverbundene Kunstschaffende aus dem vorangegangenen Jahrhundert gern unter den Hintern klemmen, um im gemächlichen Tritt immer wieder die wohltuende Reduziertheit auf das Wesentliche zu genießen. Ein paar Schritte später überqueren wir das Gleis der Strausberger Straßenbahn.

Annafließ in eigener Röhre

Schön wäre es natürlich zur Abrundung gewesen, wenn noch eine der Überlandstraßenbahnen ihr breites Bett entlanggerumpelt wäre, doch die ist wohl gerade durch und wird sich darum einfach vorgestellt. Nachdem das Rumpeln in der Phantasie verklungen ist, raschelt es im kleinen Wäldchen gegenüber ein paar Mal nacheinander und irgendwas in Schwarz und Weiß huscht weg. Es ist vermutlich höchste Zeit, nun etwas Richtiges zu essen.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
S-Bahn oder Regionalbahn von Ostkreuz/Lichtenberg (ca. 30 Min.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): auf der B1 nach Osten, dann hinter dem Autobahn-Ring links nach Strausberg (0,75-1 Std.)

Länge der Tour: ca. 12 km (Abkürzungen möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Informationen zum Naturschutzgebiet

Hofladen der Mühle in Hennickendorf

Strausberg-Herzfelder Eisenbahn

Einkehr: div. Imbiss-Optionen am S-Bhf. Strausberg
Hennigs Backstube (kleines Imbiss-Angebot), Hennickendorf
Hofladen Mühle Lemke mit kleinem Imbissangebot