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Grobskizziert: Herbst im Netz der Spreewaldarme

Die Spree hat sich vor ziemlich langer Zeit auf einem relativ kurzen Stück ihres Mittellaufes zu einer herrlichen Laune hinreißen lassen. Unter die Arme gegriffen wurde ihr dabei ganz entscheidend von der letzten Eiszeit, die ja überall in Brandenburg und auch nördlich davon schönste Ideen verwirklicht hat. Von Menschenhand wurde dann vor vergleichsweise wenigen Jahren noch etwas nachjustiert.

Hinterm Museum, Lübbenau
Hinterm Museum, Lübbenau

Was dabei herausgekommen ist, freut jene von Herzen, die gern Superlative zusammentragen, doch auch andere, die bekannte und auch entlegene Winkel dieses räumlich relativ kleinen Gebietes genießen bzw. ergründen wollen. Ob es nun hunderte oder tausende Fließe, Kilometer oder preußische Meilen von spreegespeisten Wasserläufen und –läufchen sind und ob wirklich der Leibhaftige mit seinem angeblichen Ochsengespann für das ganze Gewirr verantwortlich gemacht werden kann, wird sich wohl niemals in Gänze klären lassen. Vielmehr wirft es die Frage auf, warum gerade der Teufel mit einem derart trägen Fahrzeug unterwegs gewesen sein sollte.

02 Hafen
Seitenhafen in Lübbenau

Fest steht, dass der Spreewald als eines der meistbesuchten Touristenziele im Land gilt und dennoch zu jeder der Jahreszeiten seinen ureigensten Zauber vielerorts auch für diejenigen bereithält, die größere Ansammlungen von Menschen gern vermeiden. Am einfachsten ist das naturgemäß in den kühleren, jedoch noch nicht kalten Zeiten des Jahres. Nachgerade ideal ist es im November.

An der Gurkenfabrik am Stadtrand
An der Gurkenfabrik am Stadtrand

Gut zu wissen ist dabei, dass es zum einen den Oberspreewald gibt. Dieser liegt zutiefst verspielt zwischen Lübben, Lübbenau und Burg, ist eher rundlich von Gestalt und für gewöhnlich gemeint, wenn vom Spreewald die Rede ist. Lübbenau ist aus Ostberliner Sicht gesprochen quasi das Nikolai-Viertel des Spreewaldes, aus gesamtdeutscher oder globaler Sicht dessen Neuschwanstein oder Rüdesheim. Hier findet sich all das in pittoresker Quintessenz und noch dazu auf kleinstem Raum, was den Spreewald nach außen hin ausmacht.

Auf dem Weg aus der Stadt, Lübbenau
Auf dem Weg aus der Stadt, Lübbenau

Dann gibt es noch den Unterspreewald, der sich vergleichsweise länglich zwischen Lübben und dem Neuendorfer See aufspannt, nicht mehr ansatzweise so verzweigt und schon etwas sachlicher. Kurioserweise gibt es den Inneren Unterspreewald und auch den Inneren Unterspreewald, von den äußeren Pendants wurde hingegen noch nichts gehört oder gelesen.

Am Abzweig bei der Kurbelschleuse
Am Abzweig bei der Kurbelschleuse

Ganz nebenbei besucht man bei einem Ausflug in den Spreewald einen anderen Kulturkreis mit slawischen Ursprüngen, dessen folkloristische Seiten man an vielen Stellen auf den ersten und an weitaus mehr Stellen auf den zweiten Blick wahrnehmen kann. Um ihn zu erleben, müsste man einen Tag lang Mäuschen spielen können in einer der sorbischen Familien, die auch nach Feierabend etwas mit Tradition am Hut bzw. an der Haube haben.

Spreebrücke mit Schwanenfamilie
Spreebrücke mit Schwanenfamilie

Die besondere Landschaft des Spreewaldes sagt vielleicht ebenso viel über die Traditionen der Sorben aus wie die Schlangenköpfe an den schwarzholzigen Hausgiebeln und die aufwändigen bunten Trachten, an denen man sich nur schwer sattsehen kann. Und alles Genannte gehört ganz klar zu dem, was man immer wieder sehen möchte, wenn einen die Sehnsucht hierher zurückführt. Also an dieser Stelle ein klarer Dank an alle, die dieses Kulturgut bewahren helfen.

Zwischen Spree und Barzlin
Zwischen Spree und Barzlin

Für eine Tour durch den Oberspreewald gilt es einen zentralen Gedanken zu beachten: es gibt nur begrenzt viele Querungsmöglichkeiten über den Nordumfluter im Norden, die Hauptspree und den Südumfluter im Süden und das Große Fließ dazwischen, die allesamt weder überspring- noch durchwatbar sind. Hilfreich ist die verlässliche Ausschilderung, die zudem davor bewahrt, den allumgebenden Schutzraum mit seinem Piepmätzen, Krabbeltieren und sonstigen Lebewesen versehentlich zu verletzen. Und vor langen Rückwegen aus einer der zahlreichen Sackgassen, die oft tief im klammen Walde ihr spontanes Ende finden.

Fichtenwald an der Streuostwiese auf dem Barzlin
Fichtenwald an der Streuostwiese auf dem Barzlin

Lübbenau

Die unten umrissene Tour kommt je nach Auslegung auf eine Länge zwischen 16 und 21 Kilometern. Vom Städtchen Lübbenau aus führt sie vorbei an einer Gurkenfabrik und entlang verschieden breiter Fließe bis zur gediegenen Brücke über die Hauptspree. Rund um die kaum wahrnehmbare Erhebung des Barzlin mit der für den Spreewald äußerst ausgefallenen Kombination aus Fichtenwald und Streuobstwiese wurden leicht erhöhte Plankenwege gebaut, da das Wasser hier bisweilen gern über die Wegränder drängt.

Brücke über das Große Fließ
Brücke über das Große Fließ

Nördlich des Großen Fließes gibt es auf langen, geraden Wegen weite Blicke in alle Richtungen, allenfalls gebremst von ausgedehnten Schilfflächen und geradlinigen Reihen hochgewachsener Pappeln und anderer Laubbäume. Auf den weiten Feuchtflächen rasten gern große Herden durchreisender Gänse – von Schwärmen kann aufgrund des behäbigen Verhaltens der eindrucksvollen Interessenverbände nicht geredet werden. Wenn diese gesammelten Massen kommentarreich in der Ferne aufstieben, stockt unweigerlich der eigene Schritt, und der Blick staunt in die betreffende Richtung.

Gastwirtschaft Wotschofska im Winterschlaf
Gastwirtschaft Wotschofska im Winterschlaf

Nach dem zweiten Überqueren des Großen Fließes folgen in der einsamen Weite der Weiden- und Erlenwälder noch Barran-, Mittel, Gestell- und Neuer Kanal, bevor über den Burg-Lübbener Kanal die Wotschofska erreicht wird.

Wotschofska

Das ist auch so ein Ort wie aus dem Märchen, und wenn man um die Ecke zum großen schwarzen Wirtshaus mit seinem kleinen Hafen tritt, würde man ein blass-buntes Treiben von Leuten erwarten, gekleidet in Gewänder in gedämpften Farben und aus solchen Zeiten, in denen Märchen am liebsten spielen. Also zumindest ohne Strom, Telegraph und Verbrennungsmotoren.

Wotschofska-Weg, die Erste
Wotschofska-Weg ohne etwas Sonne

Doch im November schweigt hier der Hochwald, der breite Vorplatz zwischen Gasthaus und Hafenkante ist lückenlos von Laub bedeckt und das stille Wasser rundum liegt höchst geheimnisvoll und schwärzer noch als schwarz. Schwarz wie ein Kohlpechrabe. Ein eilig handgeschriebener Zettel im Schaukasten heißt für den nächsten März willkommen.

Wotschoska-Weg mit etwas Sonne
Wotschoska-Weg mit etwas Sonne

Schon bis zu dieser Stelle waren alle Wege ausnehmend schön, Begegnungen mit Menschen gab es drei an der Zahl, das geht in Ordnung. Doch jetzt kommt eine Passage – eine der göttlichen Drei im Oberspreewald. Knapp eine Stunde führt ein weltentrückter Pfad, mal schmal, manchmal auch breiter, durch die verwunschenste und innerste Natur, durch wurzelnasse Erlenwälder, fließdurchzogen. Mehr als fünf Male führen solche charakteristischen Brücklein ans andere Ufer, und über längere Passagen geht man direkt am Ufer, mal schnurgerade und mal sanft geschwungen. Das Abendlicht auf dieser Stunde Weges ist immer ganz besonders, egal wie gerade der Monat heißt oder die Jahreszeit. Heute liegt schon erster Nebeldunst dicht überm Wasser, zu sehen nur aus der nahen Ferne.

Brunnen auf dem Markt, Lübbenau
Brunnen auf dem Markt, Lübbenau

Vorbei an zahlreichen Kreuzungen der Fließe und Kanäle führt dieser Weg direkt zum Kleinen Hafen, und am anderen Ufer ist man auf einmal mitten in Lübbenau. Wer am Beginn des Tages noch nicht den schönen Brunnen auf dem Markt gesehen hat, sollte das jetzt nachholen, selbst oder gerade dann, wenn es schon dunkel sein sollte. Auch er erzählt von Sagenhaftem.

 

 

Download der Wegpunkte

 

Raddusch: Die Lausitz, der Spreewald und das große Glück

Es sollte Regen geben. Viel Regen. Den meisten im Südosten. Trotz all dem siegt das Verlangen nach dem Spreewald in seiner sommerlichen Üppigkeit – gemeinsam mit dem Optimismus. Und dem beruhigenden Wissen darum, dass es im Sommer selbst nach ausgiebigen Schauern nicht viel kälter ist als davor.

Vetschau

Eine sehr reichliche Stunde später stehen wir in Vetschau auf dem Marktplatz und machen im Kaffeehaus die Anfahrtspause. Die Fahrt war trocken, doch am Himmel wird irgendwo hinten schon die nächste Dämmerung vorbereitet. Vetschau ist ein hübsches Städtchen, das bald mal genauer unter die Lupe genommen werden sollte. Heute noch nicht.

Kahnhafen in Raddusch
Kahnhafen in Raddusch

Raddusch

Raddusch dürfte Autobahnreisenden durch eines dieser braunen Schilder bekannt sein, die auf sehenswertes Regionales hinweisen – in diesem Fall die imposante Slawenburg. Besonders und speziell ist hier der Umstand, dass direkt nach Passieren dieses Schildes das stilisiert Abgebildete im Original zu sehen ist.

Am Hotel führt ein Pfad hinab zum Kahnhafen, wo der Betrieb  langsam in die Gänge kommt. Die langen schwarzen Kähne schieben sich träge und erhaben aus den Nebenhäfen zum Anleger, die Männer an den Stakstangen (korrekter: an den Rudeln) nehmen erste gedeckte Blickkontakte mit der Kundschaft auf. Das weit von der Hauptspree abgeschlagene Fließ der Radduscher Kahnfahrt ist bewegt, doch zugleich noch etwas müde.

Vorbei an der hochgewachsenen Dorfeiche, deren Fuß von einem schmiedeeisernen Zaun beschützt wird, und kurz darauf gleich wieder ausgebremst, wenn auch wider einige Vernunft. Links befindet sich in blickfangendem Himmelblau die Alte Backstube und lockt mit dem Duft soeben gebackenen Kuchens, der lebensecht und mit kräftigen Farben auf seinem Blech liegt. Zwei gleichermaßen frische und freundliche Frauen kümmern sich um alles, was zu tun ist, und das scheinbar noch gar nicht allzu lange. Eine von ihnen sagt, sie isst seitdem mehr Kuchen als zuvor, die andere im Gegenzug etwas weniger – so bleibt genügend für die Kundschaft. Serviert wird auf Keramik aus Rheinsberg, gut getöpfert, schön gestaltet und zudem noch funktional.

Frischer Blechkuchen vom Alten Backhaus, Raddusch
Frischer Blechkuchen vom Alten Backhaus, Raddusch

Im Storchennest auf halbem Weg zum Sportplatz linsen kleinlaut zwei jüngst Geschlüpfte über den Nestrand, noch plustrig auf dem Scheitel. Und tauchen wieder ab. Hinter der schnurgeraden Bahnstrecke fängt bald Wald an, würzig kiefernduftend durch die Regenfälle dieser Woche.

Nach Unterqueren der präsent rauschenden Autobahn wird es bald schon leiser, da der Wind südwestlich bläst. Hinterm Wald beginnen bunte Trockenwiesen, und auf einmal sind wir recht unerwartet in einer typischen Landschaft der Lausitz – Bergbaunachfolge, was zunächst recht unromantisch klingt. Warnschilder mit dem Wort Lebensgefahr zeigen, dass der Wandel noch nicht lange läuft, der Boden noch nachgiebig sein kann. Doch es sieht anders aus, schon richtig nach Natur und lang nicht mehr nach sandig-nackten Bergbau-Landschafts-Wunden, wo sich die halbstarken Wildschweine am Abend staubend ihre Raufereien liefern. Die Vogelwelt ist auch schon reich vertreten, vor allem die, die gerne schwimmt.

Blick zum Bischdorfer See

An einer stabilen Blockhütte mit zwei Wänden, die die Hauptwindrichtung verraten, führt ein Trampfelpfad direkt hinab zum Ufer des Kahnsdorfer Sees, der benannt ist nach dem Dorf, das hier einmal stand. Blickt man von unten übers hohe Gras hinauf zur Hütte, man könnte sich auch ganz woanders wähnen. Und fernab, nicht 250 Meter von der nächsten Autobahn.

Entlang der breiten Straße hin zur Slawenburg stehen vereinzelt ausladende Sanddorn-Büschungen, die auch eher an Norden denken lassen. Die Burg ist voraus schon sehen, erhebt sich aus dem früh gereiften Korn, kreisrund und größer als man denken würde. Drumherum ein Gelände, wo sich mit der Familie gut der Tag verleben lässt oder zumindest ein großer Teil davon.

Vom Parkplatz führt ein von Obstbäumen eskortierter Feldweg direkt nach Göritz, das ein paar Meter tiefer liegt. Vom nächsten See sind Gänse zu hören, und rechts im Feld treiben die Starenschwärme traubig ihre unfassbaren Spiele.

Rasthütte über dem Bischdorfer See

Göritz

Der Spielplatz hier ist schattig und damit gut für eine Rast. Ein fleißiger Trecker gibt bald Ruhe und damit Gelegenheit, ganz andere zu hören. Darunter großgewachsene Gänseküken, trotz ihrer Statur noch flauschig und von hoher Stimme. Und Schafe direkt neben Ziegen neben Hühnern.

Jenseits der Autobahn wird es lauter, doch nur kurz, der Schallschutz greift. Über die Gleise und den Düften widerstanden, die vom jeweils sonnabends erweckten Backofen kommen, der zum Bauernmarkt gehört. Hier gibt es auch Gelegenheit, frisches Gemüse, Souvenirs und anderes zu kaufen.

Über die Felder und am Waldrand jetzt nach Stradow, derweil es drückt und im Norden wieder dunkler wird, schön kontrastiert zum Korn – jetzt wird es wohl bald ernst. Die Grillen zirpen laut und rufen Sommer ins Gedächtnis, zu dem ja auch ein Wolkenbruch gehört an manchen Tagen.

Slawenburg Raddusch
Slawenburg Raddusch

Stradow

In Stradow steht auf dem Friedhof ein Wasserhahn bereit, um die Hände zu kühlen, das ist bewährt und angenehm. Die Linden stehen lose entlang der Dorfstraße und scheinen buschig nur aus Blüten zu bestehen, es ist kaum Laub zu sehen und duftet dementsprechend intensiv. Vorbei am Gutshaus führt ein Sträßchen direkt zu den Angelteichen. Von links ruft ein Mann in privater Gartengarderobe, dass Fest ist heut in Lübbenau, und dass wir uns beeilen sollten, weil es sonst vorbei ist, ehe wir noch da sind. Das Fest.

Vorgarten am Dorfplatz, Stradow
Vorgarten am Dorfplatz, Stradow

Am Beginn der Teiche, hier warnt ein sehr hoch angebrachtes Schild mit einer Latte von etwa neun Verboten, stehen schon die ersten Angler, die hier einen schönen Tag verleben werden. Einige scheinen für diesen Tag ihren ständigen Wohnsitz hierher verlegt zu haben, andere sind nur in die Gummihose und darin in den Teich gestiegen und lassen sich die Karpfen durch die Beine streichen. Dafür muss man bestimmt nicht hartgesotten sein, doch schreckhaft besser auch nicht. Einige haben schon heute ihren Festtagsbauch angelegt und präsentieren ihn der Sonne, die noch immer vorherrscht.

Die Gebäude der Teichwirtschaft sind im Herzen aller Teiche so geschickt positioniert, dass sich von hier fast das gesamte Gelände sowie alle Zufahrtswege überblicken lassen. Fast kommt der Gedanke, dass hier im Geheimen vielleicht Goldfische aus purem Gold gezüchtet werden, bei all den Sicherheitsvorkehrungen. Daher auch kein Foto von den Entenküken, die hier sogar noch klein sind.

Zwischen den Teichen dampft schon die tiefstehende Luft, und auch die Schwalben fliegen hier bereits erheblich tiefer. Dazu sind alle Vögel zu vernehmen, die man an solchem Platze hören und auch sehen will. Im Vordergrund die Drosselrohrsänger, die Korrespondenten aller Teiche, die ganz eindeutig viel Humor haben müssen, so wie sie erzählen. Und immer wieder taucht ein großer Fisch mit einem lauten Platschen ab.

Fischteich bei Stradow
Fischteich bei Stradow

Vorbei an Kolonie Muckers treten wir in etwas Wald ein, genau zum Zeitpunkt, da die ersten Tropfen fallen, dicke Tropfen. Ziehen schon mal die Regenschirme und entsichern, hinterm Vetschauer Mühlenfließ im Bushäuschen sitzen bereits ein paar überdachte Radfahrer. Ein Nutria verdrückt sich wissend ins nächste Fließ.

Raus auf die offene Landschaft und noch so lange wie möglich recht lässig und entspannt getan, rennen wir mit immer seitlicher kommendem Regen dann doch los, so flink man eben mit einem Regenschirm rennen kann. Denn voraus steht wahrhaftig am perfekten Platz eine Rastbank mit Dach, die so gründlich und kenntnisreich überdacht wurde, dass es auch seitlich nicht reinregnen kann. Inklusive der für den Spreewald charakteristischen Köpfe des Schlangenkönigs am Giebel. Dank sei ihm und Lobpreisung, falls eine heidnische Gottheit auf so etwas heutzutage noch Wert legt!

Wettervorschau
Wettervorschau

Die Wasser von oben verstärken sich zum Wolkenbruch, und einige Ritzen im wettergeschundenen Dach sorgen bald für etwas Hin und her, auch über den Tisch. Ein Paar zu Rade ist so nass, dass es jetzt auch schon egal ist, und fährt daher schief grinsend vorbei. In den Pfützen regnet es nun Blasen, was dafür spricht, dass es noch eine Weile dauern kann. Doch sahen die Blasen wohl nur aus wie Blasen. Etwa zwanzig Minuten goss es und sorgte für weitreichende Pfützen, doch es wird weniger und hört dann auf.

Die nächsten zwanzig Minuten sprießen von überall Autos aus dem Boden wie Pilze nach dem Regen und sorgen für ein dauerndes Ausweichen und Platzmachen auf den schmalen Straßen. Nach Ablauf dieser Periode haben sich wohl alle an ihren Wunschplätze verteilt und es ist vollkommene Verkehrsruhe. Die beiden Nassen von vorhin sitzen an der nächsten Ecke unterm Dach und nutzen die Rast gleich als Trockenpause. Rechts der Straße breitet sich die ruhige und üppige Landschaft des innersten Spreewaldes in all ihren Grüntönen aus, souverän, saftig und kaum betretbar.

Blick aus der Schutzhütte
Blick aus der Schutzhütte

Dubkow-Mühe

Die Dubkow-Mühle, direkt an der Hauptspree gelegen, ist ohne Zweifel einer der schönsten und verlässlichsten Plätze im Innersten des Oberspreewaldes. Vorsorglich sind ausreichend robuste Zelte aufgestellt, so dass jeder, der im Freien sitzen möchte, dies tun kann, ohne um die Frisur zu fürchten oder Wasser in der Suppe. Eine Einkehr unterwegs ist immer ein dankenswerter Umstand, und sowohl Durst als auch schon Hunger sind vorhanden. Stille Stars hier sind die Mieter zweier Schwalbennester, die direkt oberhalb des Seiteneingangs unterm Dach kleben, rücksichtsvollerweise nicht direkt über der Tür. Vier flauschige Bedürftige, die schon fast das linke der Nester sprengen, verlangen nicht laut, doch dennoch sehr bestimmt nach Wachstumshilfe. Davon dürfte es reichlich Fotos geben auf den Servern der Bundesrepublik, denn die Nummernschilder der erwähnten Autos stammten aus aller Herren Bundesländer.

Hielten wir uns vorhin für Glückspilze, ahnten wir nicht im Ansatz, was jetzt von oben runterkommt und nun die bisherige Zwanziger Periodenlänge deutlich aufweitet. Es saut dermaßen los, dass die tüchtigen Damen von der Bedienung gut zu tun haben, damit auf den sechs Metern von der Haustür bis zum Zelt der Pegelstand auf den Tellern nicht steigt. Die tausend Arme der Spree, sie werden danach sicher gut gefüllt sein und etwas eiliger als noch heut früh.

Schleuse an der Dubkow-Mühle
Schleuse an der Dubkow-Mühle, nach dem Regen

Nach einer knappen Stunde wird es weniger, wir sind hier soweit fertig und zufrieden und klettern auf einer dieser steilen, dunkel getränkten Holzbrücken über die Spree. Zu beiden Seiten steht das schöne Schild „Radfahrer absteigen“ und regt die Phantasie ein wenig an. Die Boote einiger vor Kurzem eingetroffener Paddler liegen hastig angezurrt am Rand und erinnern an halb abgelassene Badewannen. Es war wirklich ein sehr heftiger Regen.

Jetzt tröpfelt es noch sanft und wird schon deutlich heller überall da oben – und hört wahrhaftig wenig später auf. Was kaum zu fassen ist in Sachen Glückspilzigkeit. Von links blickt uns aus dem hohen Gras ein Rehkopf an, sah erst aus wie ein Hase, doch ist das Gras hier wirklich hoch. Guckt noch lange weiter, da wir nicht innehalten, und guckt vielleicht noch heute.

Buschmühle

Durch dichten Bruchwald ist bald die Radduscher Buschmühle zu sehen, doch die sieht entschieden anders aus als noch vor ein paar Jahren. Das halbzerfallene Gebäude wird derzeit von Grunde auf neu gebaut, mit bestem Fachwerk und ein paar neuen Ideen obendrauf, fast will man sagen mit Visionen. Dürfte beim nächsten Mal recht spannend sein, wenn es dann aussieht, wie es aussehen soll. Die Schleuse hier am breiten Südumfluter ist schon länger neu und liegt abgenabelt von der Mühle etwas westlich nun. Unter der Brücke sausen die Schwalben durch, wahrscheinlich aus dem simplen Grund, dass es einfach Spaß macht und dort mehr zu holen ist. Rechts in den Wiesen stehen weiter hinten Kühe, vorne staksen Störche umeinander.

Die Buschmühle im Umbau
Die Buschmühle im Umbau

Vorbei am edlen Eingang zum Angus-Rinderhof, der aus vier kunstvoll gemauerten Vollpfosten mit Ornamentik besteht und beim Gedanken an die Rinder auch den an ein Bankkonto pro Rind oder goldene Uhren an den Fesseln aufblitzen lässt.

Übers pittoreske Göritzer Mühlenfließ kommen wir hinein nach Raddusch und vorbei an der dritten Herde Gänseküken, passieren noch einmal die Eiche mit ihrer eigenen Parzelle. Die Sonne steht noch hoch, die Luft ist frisch gewaschen und der Spreewald hat aufs Neue etwas mehr als alle Wünsche erfüllt.

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Anfahrt ÖPNV: Regionalexpress Richtung Cottbus (stündlich, ca. 75 Min.)(aktuell erkundigen, ob in Raddusch gehalten wird)

Anfahrt Pkw: Autobahn Richtung Cottbus, Ausfahrt Boblitz oder Vetschau, dann auf der Landstraße nach Raddusch

Tourdaten: ca. 19 km, Abkürzungen möglich

Download der Wegpunkte

Links:

http://www.raddusch-spreewald.de/

http://vila-radus.de/ (Alte Backstube in Raddusch)

https://de.wikipedia.org/wiki/Bischdorfer_See

http://www.slawenburg-raddusch.de/

http://www.die-spreewaldbauern.de/ (Bauernmarkt in Göritz)

http://www.teichwirtschaft-stradow.de/

http://www.dubkow-muehle.de/

www.euroschirm.com/ (Trekkingschirme, leicht und stabil; mit silberner UV-Beschichtung (optional) auch effektiv als Sonnenschirm)

Einkehr-Empfehlung: Dubkow-Mühle (schöner Außen- und Innenbereich, gutes Essen, freundliches Personal, besonders schön gelegen)