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Ausgeschweift – Leegebruch: Hauszeichen, kleine Strände und der lange Weg zur Havel

An manchen Tagen, bevorzugt an etwas graueren, steht der Sinn nach Touren von einer gewissen Sprödigkeit – aus unbekanntem Grunde. Vielleicht ja aus Wegesammel-Leidenschaft und Freude am Vervollständigen. Oder aus Neugier auf Gegenden, die kaum jemand durchstreift. Vielleicht auch aus verschmitztem Trotz, die Motive eben dafür zumindest teilweise zu widerlegen. Lässt sich nicht fast überall irgendetwas Schönes entdecken – oder etwas Spannendes, und ist denn das Spannende zwangsläufig immer kantig?

Im vorliegenden Fall lag der Hauptteil der Neugier auf der weiten Fläche zwischen Oranienburg und Leegebruch, die sich entlang des Oranienburger Kanals zieht, gleich nördlich vom ewig hektischen Band des Berliner Rings. Auf Karten, die nicht viel älter als zehn Jahre sind, gehörte diese Landschaft zum einen dem Moorgraben, der ohne Hast aus den Wäldern bei Germendorf daherkommt, und zum anderen einem Flugplatz, der zu kaum einer Zeit seines Bestehens ein Ort der Öffentlichkeit war und verschiedene Runden der Geschichte kommen und gehen sah.

Herbstliche Siedlungsstraße in Leegebruch
Herbstliche Siedlungsstraße Karl-Marx-Straße in Leegebruch

Oft haben diese spröden Touren mit schnell befahrenen Straßen zu tun, mit Stadtrand und großflächigem Gewerbe, dichtem Gewirr von Oberleitungen aller Voltstärken und einem durchgängigen Lärmpegel, der für viele Ausschluss-Kriterium für einen erholsamen Spaziergang wäre. Völlig zu recht. Diesem letzten Kriterium lässt sich unter Beachtung der Windrichtung ein wenig von seiner Schlagkraft nehmen. Eine stark befahrene Schnellstraße kann windabgewandt fast lautlos sein, selbst wenn sie nur einen beherzten Steinwurf entfernt verläuft. Das bietet einen Hauch von Amusement, wenn Fahrzeuge etwas gereizt kurz vor der eigenen Nase vorbeirasen und dabei nicht zu hören sind. Ähnlich wie stark und wichtig mimende und gestikulierende Talkshow-Gäste im Fernsehen, wenn man den Ton stummschaltet.

Ganz davon abgesehen kann aber im Rahmen einer solchen Tour der Fokus unerwartet verrutschen und in der Nachschau etwas völlig anderes einprägsam bleiben, die trotzige Erwartung quasi überrumpelt werden. Manchmal sogar gänzlich frei von den angenommenen Ecken und Kanten, sondern bunt und unterhaltsam, trotz grauen Wetters.

In Fall von Leegebruch waren das einprägsame Siedlungshäuser, die nach späten 1930er oder frühen 1940er Jahren aussehen und sich ausgehend von der Hauptstraße in langen Reihen nach Norden und Süden erstrecken. Diese Hauptstraße bildet ganz klar das Herz des Ortes und verfügt über ein hervorragendes Konditorei-Café, eine ebendort beginnende höhergelegte Ladenzeile zu beiden Seiten der Straße und etwas abseits einen kleinen Ruheplatz, der von überdachten Arkaden umgeben ist. Am anderen Ende gibt es noch eine gemütliche Kneipe. Leegebruch erscheint lebenswert und sympathisch und als Ort, dessen Charme am besten zu Fuß zu entdecken ist.

Herbstlicher Querpfad in Leegebruch Nord
Herbstlicher Querpfad zum Mittelweg, Leegebruch Nord

In der Draufsicht passt der Vergleich eines Libellenkörpers ganz gut auf das ausgedehnte Dorf mit seinen Siedlungsstraßen, wenn diese westöstlich verlaufende Hauptstraße der Rumpf ist und die länglichen Flügel mit ihrem feinen Statikgeäst die stets leicht gekrümmten Straßen mit ihren Häuserreihen und den Querpfaden. In letzter Zeit kamen noch weitere Wohngebiete dazu, so dass es sich derzeit eher in Richtung Schmetterling entwickelt.

Charakteristische Siedlungen gibt es in vielen Orten und Städten in Brandenburg und auch sonst im Lande. Meistens entstanden sie direkt im Kielwasser großer Industriebetriebe, und fast jede von ihnen trägt recht deutlich eine eigene Handschrift. In Ludwigsfelde steht südlich der Autobahn eine eindrucksvolle Siedlung aus dunklen Holzhäusern für die damaligen Beschäftigten des Daimler-Werkes. Das ganze innere Eisenhüttenstadt in seinem imposanten Zuckerbäckerstil wurde für die Belegschaft des Eisenhüttenkombinates aus dem Boden gestampft, die seinerzeit aus allen Winkeln der DDR verlesen wurde. Vor den Toren von Eberswalde gibt es in Finow am Kanal die Messingwerksiedlung mit ihrem markanten Wasserturm, und selbst im kleinen Oderberg findet sich eine dieser besonderen Häuserrreihen. Ich glaube jedenfalls, dass es Oderberg war, doch es ist schon eine ganze Weile her. In der Tat war es dann doch Havelberg, wie Nachforschungen ans Licht brachten – doch da gibt es ja zumindest vom Wort her eine hohe Analogie zu Oderberg.

Markante Siedlungen in Berlin sind neben der bekannten Britzer Hufeisen-Siedlung das Märchenviertel in Friedrichshagen oder die Tuschkasten-Siedlung in Bohnsdorf, man kann in dieser Hinsicht jedoch auf dem ganzen Stadtgebiet viel entdecken. Wem es also Spaß macht, solche stadtplanerischen Unikate zu durchstreifen und Häuser und Gärten zu bestaunen, der braucht Leegebruch gar nicht zu verlassen, kann trotzdem ein bis zwei Stündchen an der frischen Luft unterwegs sein und dabei angemessen unterhalten werden.

Siedlungsstraße An den Schlenken in Leegebruch
An den Schlenken in Leegebruch

Unter den zahlreichen Besonderheiten der Siedlungen in Leegebruch stechen besonders die schönen und vielfältigen Hauszeichen hervor, die viele der Häuser an ihren Wänden tragen. Unter anderem sind das Zunftzeichen, Pflanzen und Tierkreiszeichen, jeweils etwa so groß wie ein Kellner-Tablett und fester Bestandteil des Mauerwerks. Streift man zu Fuß umher, sind besonders willkommen auch die zahlreichen Schleichwege, die ohne festes System zwischen den Häuserreihen oder auch parallel zu den Haus- und Gartenreihen verlaufen, meist grün und verkehrsfrei. So kann sich treiben lassen, wer das möchte, endlose Kringel und Schlaufen gehen und immer wieder Neues entdecken. Oder den Ort mit seinen Straßen ganz strukturiert aufrollen und die unterschiedlichen Gestaltungen der weitgehend baugleichen Häuser studieren. Langweilig sehen diese an keiner Stelle aus. Auffällig ist weiterhin, dass der zweite Teil des Ortsnamen im Ortsbild stets präsent ist – überall ziehen sich trockene und nasse Gräben durch die Siedlungen, so dass niemand mit feuchten Kellern Probleme haben sollte.

Noch vor etwa hundert Jahren war Leegebruch nicht viel mehr als ein Hof und hatte vordergründig mit königlich-preußischem Pferdenachwuchs zu tun, der auf seinen Wehrdienst mit dem zu erwartenden Radau vorbereitet wurde. Bis zum Einzugstermin dürften die Bemähnten es dort ganz schön gehabt haben, mit viel Auslaufplatz und saftigen Weiden.

Die Antwort darauf, wie in wenigen Jahrzehnten aus so wenig so viel wachsen, aus einem Gehöft eine Dorf so groß  wie eine Kleinstadt entstehen konnte, liefert recht verschwiegen das weite Gelände, das heute zwischen der Oranienburger Umfahrungsstraße und dem Oranienburger Kanal liegt.

An Oranienburger Kanal auf Höhe der Flugzeughalle, Oranienburg
An Oranienburger Kanal auf Höhe der Flugzeughalle, Oranienburg

Hier bauten die Heinkel-Werke in der Zeit des Dritten Reiches eine Fabrik für Kampfflugzeuge mit angeschlossenem Flugplatz. Damit die aus dem ganzen Land herbeigeholten Fachkräfte untergebracht werden konnten und auch gerne blieben, wurde in nur wenigen Jahren der Ort komplett neu entwickelt – inklusive Ladenstraße, Gemeinschafts- bzw. Kulturhaus und den direkt angebundenen Wohnsiedlungen. Die Häuser waren modern und komfortabel ausgestattet und konnten per Abzahlung erworben werden, samt Grund und Boden. Jedes hatte einen Garten von ordentlicher Größe, in den meisten Fällen vorn mit Zugang zum Haus und separater Hinterpforte im Garten. Da die Häuser über hunderte Meter von identischer Bauart waren, halfen die Hauszeichen sowohl den heimkommenden Schulkindern als auch feierabendlichen Arbeitern mit bierseliger Orientierung, nicht an ihrem Haus vorbeizulaufen oder den Schlüssel in eine fremde Türe stecken zu wollen.

Der erwähnte Moorgraben, bei Leegebruch schon deutlich zu breit zum Überspringen, ist übrigens der winzige Beginn dessen, was später unter dem erhabenen Namen Großer Havelländischer Hauptkanal bis zum Unterlauf der Havel bei Hohennauen reicht, weit im Westen von Brandenburg. Knapp hundert Fließ-Kilometer von hier, ganz kurz vor der Grenze nach Sachsen-Anhalt. Und das nicht erst seit hundert Jahren – dreihundert kommt eher hin, denn verantwortlich für den langen Kanal zeichnete der „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. Das späte Zusammentreffen mit der Havel wirkt ein wenig kurios, wenn nicht sogar schrullig, schaut man auf die Karte und sieht die Havel schon hier im benachbarten Oranienburg vorbeiziehen. In kaum zwei Kilometern Luftlinie.

Herbstlicher Radweg entlang des Oranienburger Kanals, Oranienburg
Radweg entlang des Oranienburger Kanals, Oranienburg

Der junge Moorgraben zieht sich in unbeschwerten Biegen relativ diskret durch das Acker-und Wiesenland, das er maßgeblich mitgeprägt hat. Samt dem alten Legebruch, das wie erwähnt auch als heutiges Örtchen Leegebruch in allen Winkeln seine bodennasse Handschrift trägt. Als eine der einzigen über die Jahrhunderte währenden Konstanten hier dürfte er über die Zeiten wenig beeindruckt gewesen sein von all dem, was sich in östlicher Richtung so abspielte, gen Oranienburg. Da kam zunächst der Oranienburger Kanal, um die hundert Jahre jünger als der Große Havelländische und gelegen etwa auf der Mitte zwischen der hiesigen Havel und dem Moorgraben. Wieder hundert Jahre später wurden die erwähnten Fabriken samt Flugplatz gebaut, dessen Start- und Landebahn etwa so lang war wie ganz Leegebruch nach dem Bau der Siedlungen. Der blieb dann eine ganze Zeit, wurde nach dem Krieg von den russischen Besatzern weitergenutzt und verlor erst mit deren Abzug ein paar Jahre nach der Wende seine Funktion. Bis heute verfällt widerstrebend das, was noch übrig ist und bietet einen verlockenden Abenteuerspielplatz für verschiedene Interessen-Gruppen, wenn auch der Zutritt nicht gestattet ist.

Nach der letzten Jahrtausendwende wurde die längst fällige Ortsumfahrung für Oranienburg gebaut, welche fast die komplette Landebahn in ihren Verlauf einbezog. Als Nebeneffekt erhielt Leegebruch eine deutlich verbesserte Anbindung an das Schnellstraßennetz und darüber hinaus seinen eigenen Baggersee mit mehreren Stränden an den gesicherten Ufern im Osten und Süden.

Steg-Schilf-Idyll am jenseitigen Ufer
Steg-Schilf-Idyll am jenseitigen Ufer

Zwischendurch gab es verschiedene Ideen für die Nutzung des verbleibenden Flugplatz-Geländes. Die kurioseste und zugleich exotischste darunter war es, eine Art Chinatown im besten Sinne zwischen Schnellstraße und Kanal aus dem märkischen Sand zu stampfen. Es sollte ein komplett neuer Stadtteil im chinesischen Stil etabliert werden, mit allem Drum und Dran, sogar einem Tempel und einer Miniatur-Ausgabe der Chinesischen Mauer als Schallschutzmaßnahme. Das klingt gleichermaßen romantisch wie pragmatisch. Ob es für die angedachten Bewohner so attraktiv klang, mitten auf dem Acker und fernab einer größeren Stadt, fragt sich bis heute. Und ob das kleine Oranienburg so viel Exotik in dieser geballten Form verkraftet hätte. Oder ganz neu erblüht wäre, was es ja einige Jahre später in Form der Landesgartenschau tat. Die bunten Bilder, welche einem die eigene Phantasie zu Chinatown am Havelkanal vorschlug, haben auf jeden Fall neugierig gemacht. Doch mehr als eine Idee ist nicht daraus geworden, und 2008 war die Sache wieder vom Tisch.

Mitterweile verteilen sich auf dem Areal verschiedene Nutzungen. Ganz im Norden holt sich die Natur nach und nach ihren Raum zurück, dazwischen halten sich neben der großen Flugzeughalle noch einige Nebengebäude und ein Rest der Landebahn. Südlich davon steht mittlerweile ein großes Logistik-Zentrum für Waren des täglichen Bedarfs, direkt angrenzend wird etwas Sonnenenergie geerntet. Noch weiter im Süden hat sich ein Unternehmen angesiedelt, das sein Geld mit Kartonagen und Pappe verdient. Und fast schon an der Autobahn wächst seit etwa zehn Jahren ein neuer Baggersee, der schon erste Badestellen hat, während gegenüber die Bagger tüchtig Material verlagern. Zwischen den beiden Letztgenannten bleibt noch genug Platz für ausgedehnte Spaziergänge über Äcker, Wiesen und entlang von Pappelreihen. Dieser Fakt ist sicherlich dem Wasser zu verdanken, das hier mittels zahlreicher Gräben im Zaume gehalten wird.

Blick über den Leegebrucher Baggersee
Blick über den Leegebrucher Baggersee

Wer also ausführlich durch Leegebruch getigert ist und nach diesen ganzen Eindrücken noch etwas den Kopf ausschütteln und in die Länge und Weite stieren möchte, kann den Ort in Richtung Nordosten verlassen und einen weiten Bogen schlagen, der an heißen Sommertagen auch gut als Badetour funktioniert. Bis zum Oranienburger Kanal gibt es entlang der Straße einen Fuß- und Radweg, bevor man drei schöne und meist schattige Kilometer entlang des Kanales schlendern kann. Einstiegsmöglichkeiten ins Wasser bieten sich alle paar hundert Meter, wenn auch die beiden eigentlichen Strände am jenseitigen Ufer liegen. Wer dann etwas hinter der Schleuse auf Höhe des Wasserwerkes den Kanalweg verlässt, kommt nach zahlreichen Abbiegungen zu den Stränden des Sees bei Leegebruch, der noch auf einen schönen Namen wartet.

Zum Abschluss gibt es noch einen Nachschlag in Sachen Siedlung und Bruchgräben, bevor wieder die Symmetrie-Achse der Leegebrucher Schmetter-Libelle erreicht wird. Dass es hier neben königlich-preußischen Schlachtrössern, nationalsozialistischen Flugzeugfabrikanten und sowjetischen Besatzern noch eine andere Zeit gab, davon kündet die „Straße der Jungen Pioniere“, die sich ihren Namen bis heute erhalten hat. Abgesehen von all diesen überbordenden Seiten der Orts-Chronik macht Leegebruch den Eindruck, als wenn es sich ganz wohl fühlt, so wie es heute ist. Und wir freuen uns schon auf eine baldige Wiederholung des heutigen Wegeknäuels – bei weniger grauem Wetter.

 

 

 

 

 

Anfahrt ÖPNV (von Berlin): S-Bahn/Regionalbahn bis Oranienburg, von dort Bus Richtung Hennigsdorf (ca. 1-1,25 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): Berliner Ring bis Kreuz Oranienburg, dort auf die B 96 und Leegebruch ausfahren

Länge der Tour: 3,5-17 km (im Ortsgebiet Leegebruch beliebig zu variieren); Achtung: bei der großen Runde bei Wegpunkt 42 unbedingt links des Wassergrabens bleiben

 

Download der Wegpunkte

 

Links:

Ortsseite von Leegebruch

Chinatown am Kanal (Spiegel-Artikel)

Chinatown am Kanal (noch ein Spiegel-Artikel)

 

Einkehr:

Bäckerei Konditorei Joachim (am einen Ende der Eichenallee)

Gaststätte Zum Eicheneck, Leegebruch (ggbr. Kulturhaus)

Restaurant Palmenhof (Ringstr. 1)

 

 

Herzsprung: Eichenalleen, weiße Kleider und die unsichtbaren Scharen

Die ersten Nachtfröste kamen mit schnellem Schritt und haben gleich richtig zugeschlagen. Im erwachenden Licht des Tages präsentieren sie lückenlos filigranweiße Landschaften, die übersät sind mit einer unschätzbaren Menge winziger Eisnadeln, keine davon länger als ein Wimpernhaar oder kürzer als der Durchmesser eines Stecknadelkopfes. Es ist ein überwältigendes Bild. So eins, von dem man hofft, es wenigstens einmal im Laufe eines Winters zu erwischen. Dazu bedarf es jedoch einer Konstellation aus frostig klarem Sonnenhimmel, noch jungem Vormittag und nächtlicher Minusgrade, die freie Tage betreffend zumeist am zweiten Argument zu scheitern droht. Manchmal klappt es dennoch.

Stille Eichenallee zwischen Ganz und Ganz Ausbau
Stille Eichenallee zwischen Ganz und Ganz Ausbau

Erfahrungsgemäß passen zu so einem Bild in der Gleitzeit zwischen Herbst und Winter auch weit oben ziehende Formationen großer Vögel, die man zumeist erst hört. Dann den Kopf in den Nacken knickt zur Suche und meistens fündig wird nach einigen Sekunden, meist höher als erwartet. Das hat die gleiche Kraft der Faszination sowohl mitten in der Großstadt als auch über den einsamen Weiten menschenarmer Landstriche, jeweils auf seine Weise. Und stellt unweigerlich klar, dass die kalte Zeit begonnen hat, die mit den knappen Sonnen- und gemütlichen Teestunden.

In Herzsprung
In Herzsprung

Die Prignitz ist landesweit wohl ähnlich bekannt wie zum Beispiel das Hohenloher Land, der Elm-Lappwald oder das Thüringer Holzland – jede für sich besuchenswerte Gegenden mit speziellen Reizen, doch eher von regionalem Ruf. Wer schonmal von ihr gehört hat, verbindet vielleicht teils superlative Begriffe wie „Zugvogel-Paradies“, „am dünnsten besiedelt“, „absolutes Nachtdunkel“ und „östlich der Elbe“. All das ist korrekt, dazu kommen noch zauberhafte Landschaft, große Weite und eine ganze Reihe charaktervoller Städtchen, oft mit historischen Stadtkernen. In diesem Zusammenhang muss ehrlicherweise gesagt werden, dass regionale Tagesausflügler, die von der Prignitz sprechen, meist die Ostprignitz meinen, denn die Reise von irgendwo in Brandenburg oder Berlin in den äußersten Nordwesten Brandenburgs ist schon noch eine andere Entfernungsklasse, fast immer im dreistelligen Kilometerbereich.

Zaun vor Wald am Rand von Herzsprung
Zaun vor Wald am Rand von Herzsprung

Herzsprung

Etwa auf der Mitte zwischen Ost- und Westprignitz liegt, etwas südlich von Wittstock/Dosse, das Örtchen Herzsprung. Beide Ortsnamen dürften Autofahrern geläufig sein, die gelegentlich in Richtung Rostock oder Hamburg unterwegs sind. Ein hübsches Dorf mit guten märkischen Zutaten – es gibt eine Feldsteinkirche auf einem Hügel, ein Gutshaus und einen See sowie allerhand landschaftsgestaltendes Wasser drumherum. Und sogar das Hochhaus am Rande des Ortes, das meist zur Unterbringung landschaftlichen Personals errichtet wurde, in den Jahrzehnten von Hippies, Schlaghosen und Röhrenjeans und sicher auch schon davor.

Am Waldrand bei Herzsprung
Am Waldrand bei Herzsprung

An der Kirche, die souverän auf ihrem Hügel hockt, findet gerade eine Art Subbotnik statt, der jedoch eigentlich gar keiner sein kann, da er ja an der Kirche stattfindet. Der Subbotnik ist ein Begriff aus den Zeiten des Ostblocks. In einem sonnabendlichen Arbeitseinsatz sorgte die Bevölkerung im Orte pflegend und räumend für ein schönes Erscheinungsbild oder zweckmäßige Ordnung, freiwillig und entgeltlos. In der DDR verkam die gute Idee mit der Zeit zu einer Art Pflichtübung, die manchmal auch ohne eigentlichen Sinn oder Nutzen auskam. Wer jedoch nicht dabei gesehen wurde, riskierte Miskreditspunkte, wer besonders eifrig und gut sichtbar teilnahm, konnte der Genehmigung problematischer Anliegen entgegenarbeiten. Heute wird der Begriff hier und da wieder für Arbeitseinsätze wie Frühjahrsputz oder Laubbeseitigung auf Straßen und öffentlichen Flächen genutzt. Davon abgesehen gibt es in letzter Zeit – unter weniger gefärbter Bezeichnung – überall derartige Einsätze, was schön ist und die Wertschätzung jeglicher Altersgruppe am eigenen Umfeld intensiviert.

Eine einsame Brücke später - fast derselbe Wald, fast dieselbe Zeit, andere Ausrichtung
Eine einsame Brücke später – fast derselbe Wald, fast dieselbe Zeit, andere Ausrichtung

Vor dem Gutshaus ruht auf einer großen Waage, mit der sich gut Kartoffelsäcke wiegen ließen, ein kleines Rudel großer Kürbisse, farbenfroh, kältekonserviert und dennoch allmählich in die Knie gehend. In den Vorgärten hat sich trotz kräftiger Sonne an nordorientierten Büschen und Zäunen der weiße Nadelzauber erhalten, der Blumen und Beeren zu bunthäutigen Schneeigeln werden lässt. Das Vieh auf den Weiden atmet Dampfwolken aus, die sekundenlang Bestand haben, und die frühzeitig hochstehende Sonne treibt im Walde eindrucksvolle Spiele mit Wipfellücken, beschlagener Luft und eisigen Kristallen. Zurück in die Wirklichkeit bringt plötzlicher Gegenverkehr am Waldrand – ein Transporter zieht schwer an einem Anhänger voller steinharter Rüben. Der Blick übers Feld ist dunstig, der in den Wald zieht den Blick zu immer neuen Spielen der staubigen Sonnenstrahlen.

Strahlenfächer im Nadelwald zwischen Herzsprung und Ganz
Strahlenfächer im Nadelwald zwischen Herzsprung und Ganz

Zwischen zwei Wäldchen steht auf der Wiese eine Brücke, gänzlich unangebunden. Sie ist breit genug für eine Bundesstraße, in guter Verfassung und umgeben von Fragezeichen. Die eher theoretischen Auffahrten sind erdig, äußerst kurz und bestenfalls für echte Allrad-Fahrzeuge zu bewältigen. Jemand hat dem soliden  Bauwerk zu einem Zweck verholfen und den überbrückten Bereich mit stacheldrahtbewehrten Weidetoren versehen, die so hoch und ehrfurchtgebietend sind, als wären hier zu den Ruhezeiten Mammuts von launischer Natur unterbracht. Das klingt nicht vollkommen unwahrscheinlich, hier zwischen all den Eiszeitlandschaften. Hinweise auf einen verrückten Wissenschaftler gibt es jedoch keine, was ganz angenehm ist.

Hutträger im Moose
Hutträger mit transparenten Untertrikotagen im klammen Moose

In der Tat steht man hier vor einer Art stillem Denkmal, das in dunklen Zeiten gebaut wurde und als Reichsautobahn zwischen Berlin und Hamburg über irgend etwas hinüberführen sollte. Eindrucksvoll ist angesichts ihres guten Zustandes der Fakt, dass die Brücke schon stand, bevor es überhaupt diese Autobahn gab. Und zwar nicht ein paar Jahre vorher, sondern um die vier Jahrzehnte. Die deutsch-deutsche Geschichte hatte für einige Verzögerungen gesorgt und die Autobahn jetzt eher mit Putlitz und Parchim zu tun als mit Pritzwalk und Perleberg.

Feuchter Talgrund bei Ganz
Feuchter Talgrund bei Ganz

Vorbei an der Brücke führt der Weg hin zum feuchten Wiesengrund eines winzigen Baches, der unentschlossen zur Dosse strebt. Der sichtbare Wegverlauf verliert sich bald, also folgen wir den Wasserläufen zum nächsten Hochstand, da zu Hochständen erfahrungsgemäß immer ein befahrbarer Weg führt. Gehen bevorzugt entlang von Maulwurfshügeln, da diese erfahrungsgemäß immer auf trockenem Grund fußen. Das mit dem Hochstand stimmt auch dieses Mal. Enorme Buchen stehen am Damm, der den Weg eine Winzigkeit über den Talgrund erhebt, einige von ihnen sind spektakulär geborsten und lassen nochmals kurz an hungrige Mammuts in übelster Laune denken.

Haus am Waldrand, Ganz
Haus am Waldrand, Ganz

Im Wald wechseln die Baumbestände zwischen lose stehenden Kiefern, dichten Fichtenwäldern und buntbodigen Laubgehölzen. Wipfel und Sonne gestalten an mehreren Stellen imposante Lichtfächer, wie wir sie bisher selten sahen. Viele große Ameisenhaufen residieren am breiten Zubringer, den so ein Waldweg bietet. Nur wenige sind geplündert, und allen gemeinsam ist die absolute Krabbellosigkeit. Die Ameisen haben die wiederholten Bodenfröste zur Kenntnis genommen und sich zur Winterruhe in die tieferliegenden Katakomben zurückgezogen, das Arbeitsjahr beendet.

Weg hinein nach Ganz
Weg hinein nach Ganz

Ganz

Zuletzt führt der Weg über einen goldenen Laubteppich genau auf ein warmes Licht in einem Haus zu, das heimelig am Waldrand liegt und den nördlichen Vorposten des Dorfes Ganz markiert. Im Dorf stehen Ponys auf ihrer Weide, gegenüber hat sich jemand einen zauberhaften Garten geschaffen, in dem die Landlust erfunden sein könnte. Ein Turm täuscht vor, die Kirche zu sein. Die jedoch ist hier eine einfache Kapelle, der Turm hingegen gehört einem der Gutshäuser im Ort, das auf Zuwendung oder eine gute Idee oder beides wartet.

Stiller Alleeweg nach Ganz Ausbau
Stiller Alleeweg nach Ganz Ausbau

Von der weißen Friedhofskapelle führt eine urige und pulssenkende Eichenallee in Richtung Lellichow, die weite Blicke über die Felder gestattet und im Rückblick noch lange das Weiß der Kapelle im Auge behält. Rechts des Weges türmt sich ein mammuthoher Haufen Altholz verschiedenster Stärke, in dem sich ein reges Leben verschiedenster Vögel abspielt, sicher vor magenknurrenden Füchsen, Krähen oder ähnlichen Nahrungskettlern. Bei den Häusern und Wohnwagen von Ganz Ausbau beginnt eine kleine Straße, einige Hühner bringen hier Leben ins Bild, sonst niemand. Dahinter wirft der Waldrand lange Schatten gen Norden, so dass sich eine dicke Reifschicht bis jetzt auf den ungefällten Maispflanzen halten konnte und nun markant ihre Kälte abstrahlt. Wir treten ein in die frostige Hälfte dieses Tages. Von den erhofften und erwarteten Zugvögeln ließ sich bis jetzt niemand vernehmen. Erst jetzt hören wir die ersten drei Kraniche, die sich zwischen den Kiefernwipfeln am Himmel kaum ausmachen lassen.

Diesiger Ackerblick zum Postluch
Diesiger Ackerblick zum Postluch

Lellichow

Die Straße queren wir in Lellichow bei einem vielfältigen Angebot schöner Rastmöglichkeiten, doch ist gerade kein Bedarf. Zudem liegt eine ungewisse Passage voraus, und mit der hat man keine Rastruhe im Bauch, ist eher unrastig. In der Tat sieht es zunächst ganz gut aus, doch dann verschwindet der Weg entlang des klammen Schilfgürtels nach und nach oder ist versperrt von welk gewordenen, querliegenden Bäumen. Es ist ein zauberhafter und uriger Weg, der terrassenartig entlang betagter Eichen verläuft, links unter sich das frostfahle, flächige Schilf. Doch er ist am Verblassen. Viele Quellen entspringen hier, weichen mit ihrem kristallklaren Wasser den Waldboden unberechenbar auf und verbreiten eine leicht archaische Stimmung, hier im verlassenen und lautlosen Talgrund. Über dem Schilf hängen schon erste Nebelschwaden und spielen dieser Impression noch in die Karten.

Im schilfigen Grund des Kattenstiegbaches (NSG Mühlenteich)
Im schilfigen Grund des Kattenstiegbaches (NSG Mühlenteich)

Kattenstiegsmühle

Ohne Wassereinbrüche im Schuh und mit leichtem Aufatmen erreichen wir den nächsten Querweg und ein paar Abbiegungen später die Kattenstiegsmühle, die ein unerwartet reizvolles Ensemble bietet, komplett in Reif gekleidet und mit Kahnhafen, Angelteich und Badestelle. Sowie einer Einkehrmöglichkeit mit schönem Biergarten, die sogar offen hat. Der obere See ist komplett zugefroren, und während hier noch jeder Baumstamm Schatten wirft, verdichten sich weiter hinten schon die Nebel. Um die Mühle rankt sich eine kleine Sage mit Happy End, die Interessierten den ungewöhnlichen Namen erklärt. Wir müssen leider das Tageslicht im Auge behalten, mehr als wir zu diesem Zeitpunkt ahnen, und ziehen weiter ohne frisch gebrautes Heißgetränk.

Bestandsfrost an der Kattenstiegsmühle
Bestandsfrost an der Kattenstiegsmühle

Ein paar Anstiegsmeter bringen neue Wärme unter die Jacke, was durchaus angebracht ist. Oben beginnt eine Allee, abermals kräftige Eichen, und von nun an sinkt die Sichtweite unter vierzig Meter, wird alles bisher Sichtbare geschluckt. Von vorn tönt laut, fast schon bedrohlich eine Unzahl von Gänsen, Abertausend oder sogar mehr. Da sind sie endlich. Doch wir werden sie nicht sehen. Am Campingplatz trinken wir auf einer Bank am Straßenrand den vorletzten heißen Tee.

Eichenallee im aufziehenden Nebel, bei Kattenstiegsmühle
Eichenallee im aufziehenden Nebel, bei Kattenstiegsmühle

Königsberg

Kurz danach beginnt Königsberg. An der ehemaligen Schule staunen wir nicht schlecht. Hier gab es einst ein beredtes Wandrelief im real sozialistischen Stil, doch muss das doch woanders gewesen sein, denn hier steht ein Gutshaus. In der Nachschau finde ich heraus, dass der Plattenbau der Schule an das Gutshaus angebaut war und ohne eine Spur entfernt wurde. Das Gutshaus ist nun wieder unversehrt und kann mit seinen Nebengebäuden eine schöne Ensemblewirkung entfalten, sogar jetzt im dichten Nebel. Das Relief wurde vielleicht an irgendeine Scheunenwand gerettet, wenn sowas geht. Passenderweise vielleicht im Rahmen eines Subbotniks.

Eisbeeren im Vorgarten, Königsberg
Eisbeeren im Vorgarten, Königsberg

Im Zentrum des Angersdorfes liegt die Kirche, ganz leicht erhöht und nebelentrückt. Die roten Beeren in manchen Vorgärten haben sich ihre Eisnadeln bis jetzt bewahrt, bis zur Dämmerung dürfte ihnen an diesem Tage nun keine Gefahr mehr drohen. Auf dem Lychweg verlassen wir Königsberg. Hinter einem kleinen Wasserlauf ist er dann stark zugewachsen und erfordert viel Muskelarbeit für die ohnehin schon müden Oberschenkel. Der Nebel zieht sich immer dichter um uns zusammen. Leicht unterhalb liegt eine Kuhweide, an deren Hang zum Weg dickstämmige Eichen wachsen und veritable Schattenspender für das Vieh abgeben, wenn er wieder mal gebraucht wird, der Schatten. Zur Zeit sind weder Vieh noch Schatten da, noch ein Bedarf dafür.

Schemenhafter Kirchriss im letzten Licht, Herzsprung
Schemenhafter Kirchriss im letzten Licht, Herzsprung

Am nächsten Wald gibt es wieder klare Wege und das Tagesziel in guter Griffweite. Hier ist es schon recht dunkel, was die weiß kristallisierten Spinnennetze zwischen Halmen und Zweigen um so atmosphärischer wirken lässt. Ein Beweis mehr für die enorme Belastbarkeit von echtem Spinnengarn, so schwer, wie sie da hängen, wie Colliers. Hinterm Wald liegt passend dazu ein weiß bereifter Acker und wirft das allerletzte Licht des Tages dreifach stark zurück vom Boden. Am kleinen Friedhof erreichen wir Herzsprung, in den Fenstern leuchten schon die ersten bunten Lichterspiele. Die Kirche auf ihrem aufgeräumten Hügel ist nur als Schatten wahrzunehmen, sie könnte so auch tief im südwestenglischen Dartmoor stehen, unweit von Baskerville. Zum Glück bellt jetzt kein Hund – das wurde schon beim ersten Haus erledigt, ein paar Minuten früher.

 

 

 

 

 

Anfahrt ÖPNV (von Berlin): kaum praktikabel (werktags ca. 3 Std. mit mehrfachem Umstieg, am Wochenende gar nicht)

Anfahrt Pkw (von Berlin): auf der Autobahn Richtung Hamburg/Rostock bis Abfahrt Herzsprung (1,25-1,5 Std.)

Länge der Tour: ca. 18 km; die Tour in der Karte hat wegen einiger Unwägbarkeiten größere Abweichungen zur beschriebenen; Weg über die zeitweilige Viehweide Wegpunkte A1-A5, verblassender Weg bei Lellichow Wegpunkte B1-B9; zwischen den Wegpunkten 9 und 10 ist der Weg auf dem Damm leicht verwachsen; zwischen den Wegpunkten 23 und 24 ist der Weg ggf. stark zugekrautet

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Download der Wegpunkte

 

Links:

Ortsinformationen zu Herzsprung

Einsame Brücke auf dem Acker bei Herzsprung

Kattenstiegsmühle

Ortsinformationen zu Königsberg

 

 

Einkehr: Kattenstiegsmühle (mit schönem Biergarten; keine eigene Erfahrung)(ganzjährig, im Winter nur um das Wochenende geöffnet)

 

Grobskizziert – Altlandsberg: Zwei Türme, vier Fließe und die Vorstadt-Eisdiele

Der Oktoberherbst hat es nun auf einmal eilig, trägt scheinbar schon die Novemberbrille auf der knollig-roten Nase. Wenn es nicht gerade regnet, zaubert er hier und da mit dem, was so rumsteht in der märkischen Landschaft. Die dunstige Luft pinselt Stille über die brachliegenden Ackerweiten, ein eben noch sangloser Chaussee-Baum in der Ferne wird durch einen wohlgezielten Sonnenstrahl zur goldgelben Sensation und die ungleichmäßig verstreuten Pferde auf den vielen Weiden des Berliner Umlandes tragen den letzten Schrei in Sachen Pferdejacken, vermutlich aus Paris. Horse couture gewissermaßen.

Herbstlicher Mauerweg am Storchenturm
Herbstlicher Mauerweg am Storchenturm, Altlandsberg

In der Berliner Innenstadt sieht die Sache etwas anders aus. Da braucht es oft hartgesottene Schöngeister oder naturromantische Ultras, um die Schönheiten dieser zeitlichen Jahresregion unter freiem Himmel ausfindig zu machen und zu genießen. Wenn auf grauem Asphalt nasses Laub und weitere Elemente erdtönerne Liaisonen voller Rätsel eingehen. Und genervt zur Stadtgrenze flüchtende Feierabendautos Bordsteinpfützen in dramatischen Wogen auf dem Bürgersteig verteilen, im unklaren Restlicht der klammen Dämmerung. In Bussen und Bahnen kein Blick nach draußen möglich ist, weil die Scheiben dauerbeschlagen sind von all den nassen Jacken. Viele bevorzugen da eher die täglich wachsende Behaglichkeit der eigenen Gemächer, rauschende Heizkörper und großzügig verteilte Teelichte.

Kirche und ???
Stadtkirche und Schlosskirche

Zwei Straßen gibt es in dieser Stadt, die überreich an Haus-Nummern sind – und die beide in starkem Maße ihre einstige Stadthälfte widerspiegeln. Das ist im Westen Berlins die Heerstraße, im Osten ist es die Landsberger Allee. Würden beide um Superlative auf dem Stadtgebiet heischen, käme es bei schneller Betrachtung zu einem klaren 1:1. Denn wo die Heerstraße auf zehneinhalb Kilometern weit über 650 Hausnummern kommt, muss die Landsberger Allee zwar mit 100 weniger auskommen, doch dafür ist sie unter gleichem Namen elf Kilometer lang. Das sind beeindruckende Werte und Umstände, die Berufsanfänger unter den Postboten sicherlich in ausufernde Verlegenheiten bringen können, zumindest in den ersten Dienstwochen.

Mauerweg westlich der Stadt bei den Pferdeweiden
Mauerweg westlich der Stadt bei den Pferdeweiden

Warum die Heerstraße ihren Namen trägt, wurde bereits vor ein paar Monaten kurz unter die Lupe genommen. Die Landsberger Allee nun ist für die meisten Leute, die sie regelmäßig benutzen wollen oder müssen, wohl einfach nur die Landsberger, so wie Einweck-Gläser eben Einweck-Gläser sind oder eine Molle eine Molle, ob mit oder ohne Korn.

Landsberg am Lech ist viel zu weit weg und zudem in völlig anderer Richtung, gleiches gilt für Landsberg bei Halle. Und das an der Warthe dürfte wohl vorrangig älteren Semestern, Geografen oder Heimatforschern geläufig sein. Hier zumindest würde die Richtung stimmen, und zwar ziemlich präzise.

Blick auf die Vorstadt am Berliner Turm
Blick auf die Vorstadt am Berliner Turm

In der Tat ist die Sache viel einfacher und mit einer kurzen Wanderschaft des Zeigefingers auf der Landkarte ergründet – folgt dieser der Landsberger Allee weiter stadtauswärts, landet er auf halbem Weg nach Strausberg schon bald im Städtchen Altlandsberg, das ähnlich nah am Berliner Stadtzentrum liegt wie Bernau oder die Glienicker Brücke.

Mit Bernau verbindet es auch die weitgehend erhaltene Stadtmauer, die sonst im näheren Umkreis Berlins selten zu finden ist. Hauptstadtnahe Stadtmauerreste finden sich noch in Potsdam und auch in Strausberg sowie im ähnlich weit entfernten Nauen, und ein paar Restmeter gibt es auch nördlich der Altstadt von Spandau. Das war’s dann aber auch.

Mauerpfad im Süden der Stadt
Mauerpfad im Süden der Stadt

Altlandsberg

Auf natürliche Weise geschützt war das Städtchen in früheren Zeiten durch sein durchfeuchtetes Umland, was bis heute nachvollziehbar geblieben ist. Da gibt es das Mühlenfließ und das Elsenfließ, das Wederfließ und das Teufelsfließ. Die kommen alle noch recht jung aus dem Dunstkreis der Nachbardörfer herbeigeschlendert und sorgen dafür, dass es nicht nur westlich und östlich der Stadt nach wie vor recht sumpfig aussieht, was sich auch in einem üppigen und vielfältigen Grüngürtel zeigt.

Im Wiesengrund
Im Wiesengrund

Bevor es die Stadtmauer gab, stand ganz am Anfang eine Burg. In deren Schatten wuchs mit der Zeit die Stadt heran, die dann vor mehr als zwanzig Generationen ihre Mauer erhielt. Wie viele andere Städte brannte auch sie von Zeit zu Zeit nieder, mal wegen personeller Unstimmigkeiten, mal aufgrund von Ungeschicken, und auch die Pest zog mehrmals hier durch und hinterließ ihre Schneise der Vernichtung. Der Burg folgten verschiedene Schlösser, derweilen Fürsten und Könige kamen und gingen. Und noch einiges später ließen beide Weltkriege die Stadt weitgehend verschont. Ein Schloss gibt es mittlerweile nicht mehr, dafür ein wiedererstehendes Gut mit schönem Gutshaus.

Obst der Saison
Obst der Saison

Heute ist Altlandsberg ein charmantes und stilles Städtchen, das zwischen seinen beiden Stadttürmen ein angenehmes Maß von Patina trägt und bestens geeignet ist für wiederholte Ausflüge. Rund um das Gutshaus und die Schlosskirche ist allerlei Schönes am Entstehen, vieles auch schon fertig. Für Freunde zünftiger Gaumenbefeuchtung sind seit Kurzem auch Brauer und Brenner an der Arbeit, verkostet werden kann mit Blick auf hölzerne Fässer oder kupferne Kessel. Das Gutsensemble soll in absehbarer Zeit durch einen barocken und wasserreichen Lustgarten komplettiert werden.

Blick über die Felder Richtung Hoppegarten
Blick über die Felder Richtung Hoppegarten

Die Stadtmauer steckt wie im Schraubstock zwischen zwei länglichen Naturschutzgebieten, die sich von Neuenhagen im Süden bis nach Werneuchen im Norden räkeln. Ihre Grenzverläufe muten an wie abstrakte Skulpturen. Das Ausschwärmen zu Fuß ist entlang der Fließe in alle Richtungen möglich und vor allem lohnend, und das eigentlich zu allen Jahreszeiten. Von Nord nach Süd und auch in Richtung Osten wird es vom Fernwanderweg E11 begleitet, der im Süden ein paar Chancen am Wiesengrund verschenkt. Reizvoll ist das Gedankenspiel, dass dieser von der niederländischen Nordsee kommende Weg in Polen über längere Passagen unweit der erwähnten Warthe verläuft – allerdings ca. 25 Kilometer südlich vorbei am dortigen Landsberg.

Stadtansicht aus dem Süden
Stadtansicht aus dem Süden

Die Natur entlang der Fließe ist üppig und vielfältig, zwischendurch gibt es viel Platz und große Weite. So kann man entlang des Langen Elsenfließes nach Steinau und weiter nach Wegendorf spazieren, wobei robustes Schuhwerk nicht schaden kann, für den Rückweg gibt es schöne Wege entlang des Mühlenfließes und vorbei an den Häusern von Neuhönow.

Steinharte Futterrüben
Steinharte Futterrüben

Oder entlang des E11 auf einer alten Allee zum Stauteich und der steinigen Fischtreppe bei Wolfshagen, wobei es viele Pferde zu sehen gibt. Der zugehörige Rückweg auf dem Radweg entlang der Landstraße führt in diesem Fall am Scheunenviertel vorbei zum rundbemützten Storchenturm, wo es eine schöne Einkehrmöglichkeit gibt mit kalkweißen Gewölben, direkt an der Stadtmauer und einer einladenden Allee.

Am Grund des Wederfließes
Am Grund des Wederfließes

Nach Süden schließlich lockt der breite Wiesengrund mit seinen alten Bäumen, der vom Mauerrund auf einem alten Bahndamm zu erreichen ist, auch hier mit einer prächtigen Allee. Wer mehr Auslauf benötigt, kann sich treiben lassen und einen weiten Bogen über das nördliche Fredersdorf schlagen, der von der Geschäftigkeit der Umgehungsstraße kaum gestört wird.

Knorrige Weidenopas auf der Pferdewiese
Knorrige Weidenopas auf der Pferdewiese

Der Weg um die Stadtmauer passt gewissermaßen in eine Hosentasche. Wer mit Kindern nach Altlandsberg kommt, ist bestens bedient mit diesem kleinen Oval, was auch für sonstige Genießer oder temporäre Faultiere gilt. Hier gibt es Pferdeweiden und ein plätscherndes Bächlein, Zauberwälder und reichlich Stoff für ausgedachte Geschichten über die vielen Pforten in der Stadtmauer. Sowie ganz im Norden und ganz im Süden des Mauerverlaufs zwei schöne Spielplätze, einer an einem Teich und einer in einer Senke des Mauergrabens. In diesem Zusammenhang gut zu wissen ist auch, dass es in Sichtweite des eckigen Berliner Turms eine Eisdiele gibt, eine richtig gute alte Eisdiele mit viel Potential für Jugenderinnerungen. Und Waffeln in Muschelform.

Herbstliche Pferde am Reiterhof nördlich der Stadt
Herbstliche Pferde am Reiterhof nördlich der Stadt

Das übrigens ist – zumindest in den Tagen des Sommers – auch die Empfehlung für solche, denen selbst das Umrunden der Stadtmauer noch zu aufreibend im Ohre klingt: einfach ein Eis holen, sich auf eine der vielen Bänke setzen und gucken, wer so guckt. Daran kann nichts Falsches sein.

 

 

 

 

 

Anfahrt ÖPNV (von Berlin): mit der S-Bahn bis Hoppegarten, dann weiter mit dem Bus (ca. 1 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): auf der Landsberger Allee stadtauswärts über Hönow (ca. 0,75 Std.)

Länge der Tour: ca. 12,5 km (Abkürzungen sehr gut möglich)

Download der Wegpunkte

Links:

Tourismus Altlandsberg

Seite des Heimatvereins mit vielfältigen Informationen zur Stadt

Schlossgut und Tourist-Information (auch Brauerei/Brennerei)

Traditionsreiche Eisdiele Altlandsberg (geöffnet Mitte März-Mitte Okt.)

Einkehr:
Armenhaus Altlandsberg (am Storchenturm; gute Küche, gemütliches Gewölbe)
Mühle Altlandsberg (an der Umfahrungsstraße; bisher nicht besucht)
Wirtshaus Alt-Berg (südlich des Berliner Turms)
La Dolce Vita (italienische Küche im Kellergewölbe; bisher nicht besucht)

Teupitz: Bunte Pferdestärken, ein Waldgeist und das Städtchen am Wasser

Der September ist allumfassend angekommen, endlich, nachdem sich der Hochsommer geschlagene zwei Wochen darin ausgetobt hatte. Zu merken ist das an den Düften von reifem Obst und abgeworfenem Laub, am Rascheln rund ums Schuhwerk und nicht zuletzt am gemütlichen Licht der Sonne, die auch auf ihrem Höchststand nicht mehr allzu weit oben am Himmel steht. Etwas verwirrt von der verlängerten Sommerhitze sind verschiedene Störche, die noch mit großen Fragezeichen überm langen Schnabel in der Wiese stehen, anstatt schon über Afrika zu kreisen, und auch so manche Meise, die singt, als würde der Frühling vor dem Tore stehen. Allerhand abreisebereite Gänse scheinen das souveräner zu nehmen und sind daher gar nicht erst am Himmel auszumachen. Die Krähen hingegen lassen ihre rostigen Laute schon selbstbewusster hören.

Marktplatz in Teupitz
Marktplatz in Teupitz

Südlich von Berlin und auch von Mittenwalde liegt auf halbem Weg zum Rand des Spreewaldes die kleine Stadt Teupitz, direkt an ihrem See. Ein Städtchen, in seiner pittoresken Konzentriertheit wie geschaffen für Kinder- oder Jugendbuch-Illustrationen. Auf engstem Raum gibt es in zauberhaftem Arrangement eine winzige Stadtkulisse rund um einen Dreiecksplatz, dazu etwas abseits eine Kirche und ein Schloss sowie viel Wasser außendrum. Am kleinen Marktplatz steht das Rathaus, gegenüber reiht sich Bäcker neben Optiker, Eisdiele neben Apotheke.

Und in der Tat gibt es seit einem Jahr genau solche Illustrationen der Stadt, wetterfest und ganzjährig. Vor dem Rathaus steht eine Art Vitrine mit kunstfertig bemalten Porzellanplatten und -kacheln, die Teupitz aus den verschiedensten Blickwinkeln zeigen, auf sehr sympathische Weise.

Das erwähnte Schloss steht fast in Insellage, und einer der Kacheln zufolge stand sein ältester Vorgänger, ein schlichtes Gebilde aus Erde und Holz, bereits vor etwa 700 Jahren dort. Seitdem gewann die Anlage baulich nach und nach an Stabilität und ging unterdessen zwischen wechselnden Herrschaften hin und her. Das heutige Schloss ist in privater Hand und gibt sich distanziert bis zugeknöpft, spätestens am Tor ist Schluss für neugierige Blicke. Selbst vom Wasser her ist kaum etwas zu sehen. Entlang der eigentlichen Stadt zieht sich ein gut durchtränkter Streifen aus klammer Wiese und dunklem Bruchwald. Zum See hin kommt das Städtchen auf eine respektable Küstenlinie von knapp 5 Kilometern – wenn man den Stadtteil Kohlgarten miteinbezieht. So gesehen lässt sich eigentlich von einem Wasserstädtchen reden. Die Dächer, die oben auf der Höhe aus den Wipfeln ragen, sind Teil der großen Fachklinik, die flächenmäßig größer ist als unten die Stadt am See.

Die obere Bergstraße
Die obere Bergstraße

Teupitz

Am Marktplatz verleiten der Bäcker oder die traditionsreiche Eisdiele schon zur ersten Rast. Überall locken Möglichkeiten, das Ufer aufzusuchen und wonnig stillzusitzen, einfach nur zu gucken und die Seeluft einzusaugen. Das macht es nicht leichter, auch mal loszugehen, doch wie meistens siegt die Neugier. Gleich hinterm Marktplatz wird der Bruchgürtel durchquert, mit konzentrierter Herbstluft und etwas Kühle. Entgegen kommt uns ein Enkelchen im Bollerwagen, vorgespannt die freundliche Oma, die ihre Fuhre gelegentlich umsortiert mit solchem Nesteln, wie das nur Omas können und das niemals Widerstand erzeugt. Die gehen jetzt unter Garantie ein Eis essen.

Auf dem großen unbefestigten Parkplatz beim Gasthaus stehen gleich zwei sündhaft teure Tesla-Limousinen, quasi Höchststand der Technik bei Elektroautos, die hier so überhaupt nicht hinpassen, in dieses unschuldige Ortsbild, das so frei scheint von Technisierung und übertriebener Moderne. Andererseits passen sie ganz hervorragend, denn es ist schon den ganzen Morgen auffallend und wohltuend leise hier.

Düne beim Waldsee
Düne beim Waldsee

Ein schöner Seitenweg begleitet die idyllische Straße nach Groß Köris, die hier und da still und panoramisch das Ufer des Teupitzer Sees flankiert, durchaus eindrucksvoll. Der ist durch sieben schöne Seen an die Dahme angebunden und gestattet Leuten mit souveränen Bizepsen Ruderpartien bis nach Berlin. Dafür sind dann nochmal sechs Seen zu durchqueren und etwas auf der Spree zu gondeln.

Die abzweigende Bergstraße macht ihrem Namen mehr als Ehre. Kopfsteingepflastert führt sie hinauf, vorbei an alten Villen, die voll zu sein scheinen von kleinen Geschichten. Eine akustische Interpretation der Steigung bietet uns ein Mann mit halber Glatze und ganzer Latzhose, der einen grobstollig bereiften Mofa-Anhänger den Berg hinaufzieht. Um zu sehen, warum er so sehr schnauft, ändert er schließlich die Taktik und schiebt alsbald den Hänger vor sich her. Schnauft noch mehr, und prustet, frei von scharfen Lauten. Ein weiter Bogen führt vorbei an schönen Häusern und kleineren Villen, die letzten sicherlich mit Ausblick übern See. Gemeinsam mit dem Schiebenden erreichen wir die Höhe und nicken uns zuletzt respektvoll zu, bevor wir dann getrennte Wege gehen.

Allee von Tornow Nord nach Tornow
Allee von Tornow Nord nach Tornow

Die Waldstraße durchzieht eine Siedlung, die reizvoll ist und aussieht, als hätte sie den Denkmalschutz verdient. Viele Häuser gleicher Bauart, der Sache nach 30er-Jahre-Doppelhaushälften und in Symmetrie, stehen benachbart und auch gegenüber, mit kleinen Vorgärten und Windfängen sowie Fluren, die auffordernd direkt nach hinten in den Garten führen. Dazwischen jeweils etwas freier Platz und hübsche Schuppen, ebenfalls halbiert und fachgerecht gedeckt mit Ziegeln. Gleich nach dem letzten dieser Häuser geht es in den Wald hinein.

Hier ist es noch stiller als bisher, und so zucken wir kurz zusammen, als aus dem Nichts ein Waldschrat auf den Weg tritt mit zwei Hunden, alle wortlos, er dazu bärtig und mit Hut. Wider Erwarten bedeutet er uns nichts von drei Wünschen, die wir frei hätten, also nicken wir kurz einen Gruß und ziehen weiter. Eine kleine Düne und zwei Kurven später liegt rechts ein kleiner See mit Badestelle. Am Ufer raschelt es gleich nebenan im Unterholz, zu langsam für Maus oder Eidechse und zu schnell für eine Schnecke. Überhaupt huscht den ganzen Tag immer etwas am Wegesrand. Vielleicht der Waldschrat als guter Geist in wechselnder Gestalt?

Bei der Heulese, Tornow
Bei der Heulese, Tornow

Kurz darauf brummt es tief und einschüchternd am Ohr und um den Kopf herum, dann von zwei Seiten und von oben – im Birkenstamm wohnt ein Hornissennest und wir sehen zu, dass wir Land gewinnen. Hinter der Landstraße beginnt dann ein halb leeres Gewerbegebiet, dessen großzügige Straßen auf die Ansiedlung von Gewerbe warten. Perfekte Straßen für Anfänger unter den Inline-Skatern oder für heimliche Fahrschüler – breit, von Wiesen umgeben und frei von Verkehr.

Nach etwas Wald geht die Landschaft in einen entlegenen Talgrund über, dessen träges Rinnsal für einen breiten Streifen saftigen Grüns sorgt. Ausgeprägte Bodendellen im Weg wurden mit gesenstem Wiesenschnitt verfüllt, so dass das Geherlebnis ein sehr weiches ist und überraschendes Einsinken die Augenbrauen nicht nur einmal hochschnellen lässt. Die tiefstehende Sonne sorgt für warmes Licht über all dem. Hinter einem Birkenwäldchen und einigen unterbeschäftigten Kuhfamilien beginnt die nördliche Außenstelle des Dorfes Tornow, rund um den Friedhof.

Badestelle am Tornower See
Badestelle am Tornower See

Tornow

Eine hochgewachsene Allee schafft die schattige Verbindung zum Dorf. Etwas tiefer liegt eine frisch gemähte Wiese, im Hintergrund so ein aufgebockter Heuschober, wie er im gar nicht allzu fernen Spreewald prägend ist fürs Landschaftsbild. Gut zu dieser archaisch wirkenden Szenerie passt ein älterer Mann mit einem hölzernen Rechen, einem breiten, der für Schobernachschub sorgt, indem er das gesenste Gras zusammenrecht. Wie es aussieht, kann er gleichermaßen gut mit Sense und breitem Rechen umgehen. Das erfordert Kraft und Technik. Und scheint fit zu halten, denn er wirkt nicht angestrengt.

Kleine Mühle am winzigen Klingebach
Kleine Mühle am winzigen Klingebach

Der Dorfplatz ist schön und leider ohne Bänke, doch eine Pause wäre gut. Am Ufer des Tornower Sees stehen dann zwei Bänke, unter einer Hängeweide, dazu gibt es noch frischen Wind vom Wasser. Hier beginnt ein wirklich schöner Uferweg unterhalb des Hanges, der neben einigen Badestellen auch den schwarzsumpfigen Quelltopf des winzigen und gerade mal 40 Meter langen Klingebachs bietet. Immerhin ist der glasklare und zeigefingertiefe Bach lang genug, um seine Wasser im dramatischen Bogen vorbei an einer Mühle en miniature zu schicken.

Pfad um den Briesensee
Naturnaher Pfad um den Briesensee

Einer von zwei Wegen entfernt sich vom Seeufer und begleitet kurvig einen in den Waldboden eingesunkenen Bach, der es an Schönheit und Ursprünglichkeit mit dem teils steilbewandeten jungen Rhin bei Rheinsberg oder dem zauberhaften Binenbach in der Ruppiner Schweiz aufnehmen kann. Nicht so spektakulär, doch als Bach ebenso schön. Ein mittelgroßer Frosch so braun wie Laub macht einen Satz in Richtung Ufer und ist dort kaum auffindbar, so gut ist er getarnt. Vielleicht will er stromaufwärts bis zum Briesensee, da ist eine gute Gegend für Frösche, wie wir gleich sehen dürfen. Beim ersten Sichtkontakt zum Ufer beginnt ein wirklich schmaler Pfad, nicht mehr als schulterbreit, der schulterhoch umwachsen ist von Schilf und jungen Bäumen, später auch von anderem Kraut und Farnen. Sich langsam höherwindet, bis sich der Blick aufs buchtenreiche Wasser öffnet. Aus naher Ferne tönt Musik von einem Fest und auch Geknatter von Motoren.

Briesensee
Briesensee mit Badestelle gegenüber

Oberhalb des Sees ist alles lichter Kiefernwald. Trotz lose gestreuter Bäume heißt es hier auf Spinnennetze aufzupassen, am besten einen Stock zu suchen und vor sich her zu wünscheln. Denn der Altweibersommer ist auf seiner fusseligen Höhe, während die letzten Heidekrautblüten ihre Farbe verlieren. Die haben es ja eigentlich am liebsten trocken, doch stehen auch im flachen Grund des Mühlenfließes, ganz nah am schilfigen Quellteich. Von hier reichen die Wiesen breit und wasserdurchzogen bis nach Neuendorf, woher auch die Musik und das Knattern kommen, jetzt wieder lauter.

Neuendorf

Am Ortsrand ist noch nichts zu ahnen, doch bald schon stehen erste Trekker bunt am Straßenrand. Rund um das Haus der Feuerwehr läuft hier ein wunderschönes Fest, wo alles sich um die Traktoren dreht und das, was sie so können. Hinter dem Gebäude stehen in einer sagenhaften Farbenpracht die Kandidaten aufgereiht. Die Atmosphäre ist grundfriedlich, niemand in den Schlangen für Gegrilltes, Getränke oder Kuchen ist genervt. Alle scheinen aus der näheren Gegend zu kommen und kennen irgendwen, den sie hier treffen. Von einer kleinen Bühne spricht eine Mikrofonstimme und kündigt Vorführungen an von teils jahrhundertalter Technik, die bis heute problemlos läuft. Darunter ein leise säuselnder Elektromotor, Dampfmaschinen, deren Zündungen man ohne Atemnot zählen kann oder eine von diesen schönen Dreschmaschinen, diesen großen Holzkästen auf Rädern, die bis in die letzten 60er Jahre noch genutzt wurden und an Schweizer Taschenmesser denken lassen.

Trekker von vorn, Neuendorf
Trekker von vorn, Neuendorf

Während wir unseren Hunger stillen, bieten sich bezaubernde Szenen von Kinderträumen. Hinten gibt es einen kleinen Bagger, wo jeder mal ein Loch ausheben kann und wieder zuschütten, der sich das zutraut, ganz egal wie jung. Den Blick drauf hat ein Junge im besten Teeni-Alter, der zugleich Respektsperson sein sowie zentimeternah Glückseligkeit erleben kann. Somit haben alle was davon. Vorn auf der Straße dann ein Sohn von einem Traktor-Eigner, vielleicht acht Jahre alt, der Papas hochbeinigen Traktor hin- und herrangiert und rückwärts dann nach hinten fährt, alles zwei Meter über dem Geschehen. Mit allem Drum und Dran und auch den kurzen Sätzen, die die grobe Kupplung einfordert, all das im dichten Publikumsgedränge. Sicherlich macht er das nicht zum ersten Mal, dennoch ist das schon ein starkes Zeugnis von Vertrauen zwischen ihm und seinem Alten.

Trekker von hinten, Neuendorf
Trekker von hinten, Neuendorf

Neben der Grundversorgung, die auf solchen Festen das Wesentliche ist, gibt es noch einen Stand für Schmalzstullen und Kornschlückchen, einen mit Honigsortiment sowie frisch geräucherte Forellen aus den Bächen um die Ecke. Und schließlich noch einen schönen Trödelstand mit Büchern, Kram und Spielen, zum Wohl der Jugendfeuerwehr. Eine Mutter kommt, vor sich ihren Jungen im Rollstuhl, auch so um die sieben Jahre alt. Der dreht zwar nicht selbst die Räder, strebt jedoch durch Oberkörperschaukeln zielstrebig auf ein Puzzle zu, ein buntes mit Figuren drauf. Als würde er höchstselbst beschleunigen. Er greift die große Schachtel, sofort als sie in Reichweite ist, drückt sie an sich und küsst sie innig. Seine Mutter erklärt noch voll Geduld, dass es ein Puzzle ist, keine Figuren, doch da ist die Liebe jetzt schon hingefallen. Keine Chance. Das Ding geht mit. Muttern schwatzt dann noch mit einer Freundin, deren Junge sich derweil auf Rollstuhlhöhe das Puzzle zeigen lässt. Irgendwer rempelt oder stupst und der Freundin schwappt etwas Kaffee auf die Bluse. Sie fragt schlagfertig, ob eena ma ne Brosche hat. Hat aaba keena, also bleibt der Kaffeefleck im Lichte.

Trekker von der Seite mit Schmalzstullenstand, Neuendorf
Trekker von der Seite mit Schmalzstullenstand, Neuendorf

Als das Gespann den Stand verlässt, fällt sein Blick nach rechts und seine volle Aufmerksamkeit auf mich. Also mich im Dresscode von Wald und Acker und Spinnennetzen. Er knickt den Kopf hoch Richtung Mutter und fragt „Manndaautrekka?“, sie darauf „Na dann musst Du ihn mal fragen!“. Blitzschnell dreht er den Kopf zu mir herum und fragt nochmals „Duauntrekka?“. Ich verneine, sinke trotzdem nicht in seiner Achtung, denn er besteht darauf, mir jetzt die Hand zu geben. Tauschen wir also einen deftigen Handschlag unter Nichttraktoristen und gemeinsame Anerkennung für den Neuerwerb, wobei ich staune, wie kräftig doch seine kleine weiche Fünftelhand in meine greift. Dann ist alles gut, alles erledigt, was noch anlag. Er schaut geradeaus und gibt Muttern Bereitschaft, den Umkreis des Standes nun bitte zu verlassen.

Die wunderschöne Mittelmühle bei Neuendorf
Die wunderschöne Mittelmühle bei Neuendorf

Gegenüber ist gerade die Vorführung des automatisierten Dreschens vergangener Jahrzehnte zu Ende gegangen, der endlose Riemen zwischen Dreschmaschine und Antriebsaggregat abgenommen und die Zuschauer am Zerstreuen. Wir reißen uns los, glücklich, denn auf solche Feste stößt man wirklich nur durch Zufall. Davon weiß nicht einmal das Internet, was irgendwie beruhigend klingt. Der letzte Traktor, den wir sehen, ist strahlend blau lackiert. Auf seinem Schutzblech sitzt ein Teddy von idealer Teddygröße, geflochten aus Stroh und rundum gelungen. Mit blaukarierter Schleife und ausdrucksvollen Bernsteinaugen. Am Dorfende bilden zwei Jungs von der Jugendfeuerwehr die Torwächter des Festes zur Welt der größeren Ortschaften hin.

Mittelmühle

Ein romantischer Weg führt entlang tiefschwarzen Sumpfwaldes zur Mittelmühle, einem der am schönsten gelegenen Gasthäuser in ganz Brandenburg. Das war eigentlich unser Ziel, doch waren andere schneller und feiern hier drei Tage und auch Nächte Hochzeit mit allem Drum und Dran, was ein großer Scherbenhaufen bezeugt. Das nenne ich Glück gehabt und gut entschieden.

Weg von Mühle zu Mühle
Weg von Mühle zu Mühle

Hier an der Mühle fällt das Wasser tief hinab vom Mühlteich, dennoch wird das Sägewerk mittlerweile mit anderer Kraft als der des Wassers betrieben. Direkt dahinter steigt ein wohliger Weg hinauf in den Wald und führt halboffen quasi als Intermühlenweg zur Hohen Mühle am Tornower See. Dort beschreibt ein wunderschönes und weitläufiges Anwesen, das zunächst nach einem forstbotanischen Garten aussieht, mannigfaltig den Begriff Dekadenz, gekrönt vom privaten Sandstrand hin zum Tornowsee.

Durch die Wiesen nach Teupitz
Durch die Wiesen nach Teupitz

Hinter der Straße setzen sich die schönen Wege fort, vom warmen Abendlicht beschienen, und fordern mit Nachdruck zum Genießen auf. Also verlangsamen wir den Schritt. Die Wiesen atmen schon kühl aus, die Vögel sitzen lautlos in den Büschen und die bereits Falten schlagenden Hagebutten an den Rosenbüschen leuchten fast schon goldrot, wenn es das geben sollte. Ein laternenbestandener Spazierweg führt ein zweites Mal durchs Stadtbruch, vor zur Bushaltestelle.

Seebrücke in Teupitz
Seebrücke in Teupitz

Am Markt holen wir noch ein Eis und schlendern vor zur gerade mal fünf Jahre alten Seebrücke, deren metallisches Ende ein Segelboot zitiert. Der See liegt glatt, ein geduldiger Angler frohlockt, dass die Tagesgäste weg sind, und wir beenden diesen Tag in der duftenden Stille und zwischen den ruhigen Farbspielen der offenen Teupitzer Kirche.

Anfahrt ÖPNV (von Berlin): 1,5 – 2 Std. (S-Bahn/Regionalbahn und Bus)

Anfahrt Pkw (von Berlin): 0,75-1 Std. (Autobahn)

Länge der Tour: 16,5 km (Abkürzungen an vielen Stellen möglich)

Download der Wegpunkte

Links:

Seite der Stadt Teupitz

Teupitzer Bilderbuch auf dem Marktplatz (bemalte Keramik)

Einkehr:

Mittelmühle bei Neuendorf (drinnen wie draußen am Mühlteich gemütlich, gute Küche)
Am Tuptzer Hafen, Zugang vom Teupitzer Marktplatz (mit Blick auf den See)

Restaurant Schenk von Landsberg (am großen Parkplatz, keine eigene Erfahrung)

Berlin/Buch: Die Panke, der Jungwald und der Fahrtwind der Anderen

Die Panke ist ein kleiner Fluss, vielleicht auch ein großer Bach, und wird von Anfang bis Ende treu  von der Berliner S-Bahn begleitet. Wer den Lauf dieses kristallklaren Gewässers erkunden will, kann das zu Fuß an einem knackigen Tag erledigen oder die einzelnen Entdeckungen passend portioniert auf zehn S-Bahn-Stationen verteilen, die sich auf drei Linien abspielen. Wahlweise lässt sich auch etwas U-Bahn untermischen – bevorzugt natürlich der Bahnhof Pankstraße, der so betrachtet also nichts mit rebellischer Jugendkultur, zentrischen Frisuren und effizienter Drei-Akkord-Musik zu tun hat.

Blick auf den Grund der Panke
Blick auf den Grund der Panke

Die ursprüngliche Panke-Quelle soll etwas nördlich des Bernauer Bahnhofs liegen, auf Höhe der Siedlung Pankeborn, ihre ursprüngliche Mündung knapp 30 Flusskilometer später in Sichtweite zum S-Bahnhof Friedrichstraße. Beide sind zutiefst unromantisch. Was sich jedoch dazwischen abspielt, ist an den meisten Stellen verspielt, charmant und zauberhaft zu nennen und lässt einen effektiv abkoppeln vom Tempo und der baulichen Dichte der Stadt, durch die man sich bewegt.

Berlin hat zwar schon ganz klar den September erreicht, doch die Stadt ist nach drei kurzen Tagen unterhalb der 25-Grad-Marke schon lange wieder großflächig aufgeheizt und versucht sich Tag für Tag im Erreichen und Übertreffen der 30. Dank des tiefen Sonnenstandes bringen die Nächte etwas Linderung, doch die tageswarme Bausubstanz kann dazu nur kalt lächeln. Zum Ende der Woche ist einmal aufs Neue das allerletzte Sommer-Wochenende des Jahres angesagt, und die Ufer der Spree werden überall in der Stadt dementsprechend entspannte Impressionen bieten, bevölkert von verschiedensten Konstellationen von Menschen.

Brennesselpfad entlang der Panke in Buch
Brennesselpfad entlang der Panke in Buch

Wer eine geringe Bevölkerungsdichte unmittelbar um sich herum ersehnt, kann auch zwischen der Panke und dem Seegraben, einem ihrer Zuflüsse, nach warmen Tagen und einer kurzen S-Bahn-Fahrt oder ein paar Fahrrad-Kilometern angenehm Zuflucht finden. Für letzteres steht ab dem inselgelagerten Berliner Dom der Fernradweg Berlin-Usedom zur Verfügung, und allein das Wort Usedom klingt ja schon erfrischend, denkt man an den weit mehr als pankelangen Sandstrand, der zugleich die Mutgrenze zur immer etwas zu kalten Ostsee bildet.

Reinspringen und ein paar Züge schwimmen kann man an Panke und Seegraben zwar nicht, doch einer Erfrischung im Liegen steht dem nicht im Wege, der sich der beachtlichen Kälte des flach fließenden Wassers gewachsen fühlt. Und den erstaunten Blicken von etwaigen Passanten – je nachdem, welche Körperhälfte mit der nötigen Diskretion gerade gewässert wird.

Radweg Berlin-Usedom hinter der S-Bahn-Unterführung
Radweg Berlin-Usedom hinter der S-Bahn-Unterführung

Auch zu Fuß lässt es sich hier gut aushalten an Tagen, wo die Sonne gnadenlos brezelt und die Luft flirrt beim Blick in nahe Fernen. Die meisten Wege lassen vergessen, wie heiß es draußen ist, und die Luft scheint immer etwas bewegt zu sein. Das liegt an den vielen Bäumen, die lose genug gestreut sind, um bei fast jedem Blick nach oben freie Sicht zum Himmel zu gestatten, jedoch auch nah genug beisammen und am Weg stehen, um wohltuenden Schatten zu liefern.

Da einiges in dieser Landschaft noch relativ neu ist, trifft man hier auf kuriose kleine Wälder, die allesamt noch etwas niedrig sind. Dazwischen stehen unvermittelt betagte Baumriesen wie zum Beispiel eine enorme Buche. Eingebunden in das Ganze sind ausgedehnte Waldweiden, eingezäunte Gebiete, die durch Tore betreten werden dürfen. Innerhalb dieser Tore vertreiben sich englische Parkrinder und osteuropäische Konikpferde ihre Tage, ferner schottische Hochlandrinder sowie doppelt befellte Galloways. Auch wenn die Chance recht gering ausfällt, den internationalen Wiesenrupfern direkt zu begegnen, sollte man auf ein entsprechendes Treffen vorbereitet sein. Am wichtigsten dabei sind Respekt und Abstand, beides in ausreichendem Maße.

Weg entlang der Panke bei den Karower Teichen
Weg entlang der Panke bei den Karower Teichen

Buch

Unweit des Bahnhofs Buch locken gleich zwei Uferwege an die grasigen Bettkanten der eingesenkten Panke, die hier schon circa einen Meter breit ist und beeindruckend glasklar über ihren sandigen Grund eilt. Der fühlt sich so weich an, als wäre er aus märkisch eingefärbtem Sahara-Sand gelegt worden. Wer einmal so mutig war, seinen Zeigefinger in die unheimlich pulsierende Kochquelle bei Kunsterspring nördlich von Neuruppin zu halten, kennt ein ähnliches Sandgefühl.

Alles, was hier wächst im Bach, sieht so appetitlich aus, frisch und knackig grün, dass es wohl kein Salatfreund von seinem Teller weisen würde. Am rechten Ufer verläuft der Pankeweg, biegt aber schnellstens ab, als es geradeaus kaum erkennbar durch die hohe Wiese pfadet. Wer dennoch geradeaus geht, sollte lange Hosen tragen oder unempfindliche Unterschenkel haben, doch lohnend und schön ist es. Ein pensionierter und zahnloser Bahndamm hilft hinüber ans linke Ufer, wo zwischen hohen Brennesseln ein klitzekleiner Pfad direkt entlang des urwüchsigen Ufers führt, ein paar Minuten nur. Die Panke tut hier ein winziges Bisschen, als flösse sie gerade im Mittelgebirge.

Zwischen Ententeich und Schilfteich, Karower Teiche
Zwischen Ententeich und Schilfteich, Karower Teiche

An der Brücke stößt von links der Pankeweg hinzu, der für kurze Hosen, und voraus ist das rege Speichentreiben auf dem beliebten Radweg nicht zu übersehen. Noch davor beendet die Feuerwehr gerade eine Übung, auf einem eigens dafür vorgesehenen Übungsgelände, und macht langsam Feierabend. In den Fahrerhäusern erleichterte Gesichter der alltäglichen Helden, die hoffentlich gleich ihre schweren und warmen Monturen verlassen können.

Direkt hinter der Bahnunterführung lockt ein herrlicher Pfad über die Wiesen vorbei an einer einzelstehenden Prachteiche, vielleicht ist es auch eine Linde. Doch wir wollen ein Stück Richtung Stadt und schwenken auf den Radweg ein. Vor der Autobahn lockt noch so ein Pfad, danach wird der Weg etwas schmaler und ein gegenseitiges Ausweichen mit den Radfahrern bleibt nicht aus. Fast alle fahren in Richtung Stadtgrenze, so dass man sich Sorgen machen muss, ob in Berlin überhaupt noch ein paar Radler übrigbleiben. Alle sind zügig unterwegs, die einen wirken dabei sportlich verspannt, die meisten anderen genießerisch entspannt. Das ständige Ausweichen macht irgendwann etwas quengelig, doch die großen und kleinen Pedal-Verbände bringen zumindest regelmäßige Windschwälle mit sich, die ähnlich erfrischend sind wie der Anblick der etwas tiefer fließenden Panke.

Aussichtsplattform auf den Schilfteich, Karower Teiche
Aussichtsplattform auf den Schilfteich, Karower Teiche

Nachdem auch mal zwei Räder von hinten kamen, verlassen wir den Weg an einer Gruppe von größeren Kindern, die von zwei Erwachsenen gerade etwas Spannendes hören, was hier mit den Teichen zu tun hat. Ein angenehm halbschattiger Damm mit einigen größeren Bäumen führt zwischen Ententeich und Schilfteich hindurch, beides einstige Fischteiche, die auf blubbernde Weise in fließender Verbindung stehen. An drei Stellen gibt es leicht erhöhte Aussichtsplattformen, von denen sich das behäbige Teichtreiben des heißen Nachmittags beobachten lässt. Beteiligt sind neben sympathietragenden Schwänen und Enten auch ein paar Kormorane, die auf zwei ehemaligen Bäumen mitten im Teich wohnen.

Westlich der Karower Teiche
Westlich der Karower Teiche

Vor der Landstraße biegt ein schöner Weg entlang eines Wiesenstreifens ab, mit einem schier endlosen knorrigen Holzgeländer entlang von Rosen- und Holunderbüschen. Am Ende stehen wir jenseits der Straße vor einer Unklarheit des Wegeverlaufes und infolgedessen mit einem Fuß im Schlamm eines strömungsarmen Froschparadieses. Doch die Beschilderung führt schließlich auf den rechten Weg und auf der richtigen Seite des Wassers unter der Autobahn hindurch.

Fischtreppe mit knietiefem Wasser, südlich des Bogensees
Fischtreppe mit knietiefem Wasser, südlich des Bogensees

Passende Rastbänke waren bisher keine, und gerade als es höchste Zeit für eine Pause ist, sehen wir links eine aus klobigen Steinquadern gebaute Fischtreppe, die flossenlahmen oder dehydrierten Fischen dabei hilft, mehrere Zentimeter Gefälle zu überwinden und dabei vom fast schon eisigen Wasser des Lietzengrabens durchrannt wird. Das klingt erfrischend, liegt halbwegs schattig, und die Uferböschung ist sogar mit frischem Schilfstroh ausgelegt. Die vierstufige Treppe ist noch neu, so sagt die Tafel nebenan, doch ihre groben Stufen sind schon herrlich ausgelatscht. Das Wasser hier so tief, dass ein mehr als knöcheltiefes Fußbad bestens möglich ist. Das ist perfekt jetzt.

Zwischen den Karpfenteichen, Bogensee-Kette
Zwischen den Karpfenteichen, Bogensee-Kette

Durch ein metallenes Tor betreten wir die erste Waldweide. Zugegeben, der Puls erhöht sich um zwei Schläge pro Minute, ungefähr. Gleich danach geht es zutiefst romantisch zwischen zwei weiteren Teichen hindurch, der eine mit einer stattlichen Schilfinsel, der andere mit flächigen Blumenteppichen, durch die sich Enten ungerade Wege bahnen. Unter den Sohlen knacken frische und auch abgelagerte Eicheln, denn hohe Eichen stehen stattlich hier im Uferschatten und bilden einen gefälligen Kontrast zum lichten Birkenwäldchen, das als nächstes kommt, mit frischem Wiesenteppich drunter. Ein paar Minuten später liegt links des Weges ein zappendunkles Fichtenstück, ähnlich jung wie die Birken und so komplett anders vom Erscheinungsbild.

Zweiergespann im Laubteppich
Zweiergespann im Laubteppich

Der Hauptweg ist zuletzt eine ausgewachsene Allee von borkenstämmigen Linden. Mit etwas gutem Willen sieht es aus wie hier und dort auf dem Gebiet der weiten Streusiedlung Burg im Spreewald. Am Auslasstor zur Straße kommt ein Rennrad zum Stehen. Es ist zu sehen, dass er nicht friert, der Fahrer. Gekleidet ist er in ein ziemlich schniekes Wams aus Neopren, das schnellen Fahrtwind sicher abhält, doch auch die Rumpf- und Herzenswärme eher drinlässt. Fragt nach dem See, von dem wir gerade kommen. Doch der ist eher zum Schlammwaten geeignet und zum tragischen Versinken, und wir empfehlen ihm anstatt, sich analog zur Panke von vorhin ausgestreckt in den kalten Seegraben zu legen, nur ein paar Meter weiter.

Er lehnt ab und fragt nach Seen in der Nähe. Als mir der Gorinsee nicht einfallen will, hat er schon voraus die Arkenberge gesichtet, die jüngst den Teufelsberg im Grunewald in die Schranken verwiesen haben und seit Kurzem als Berlins höchste Gipfel gelten. Soweit ich weiß, liegt unterhalb des Osthangs ebenfalls ein See. Das gefällt ihm, liegt auch eher in seiner Richtung, also saust er los nach schnellem Dank und hängt sich eiligst in den würzigen Windschatten eines kreuzenden Treckers.

Birkenwald im Bucher Forst
Birkenwald im Bucher Forst

Der Seegraben bildet hier die Außengrenze eines ausgedehnten Bruchwaldes und erinnert nochmals an den Spreewald, jetzt durchaus den inneren. Eine Familie hat ihr Picknick ausgepackt an einem Rastplatz und genießt den kühlen Platz im Schatten, der erstaunlicherweise nicht von Mücken bevölkert ist. Ein seltsames Phänomen schon diesen ganzen Sommer. Vielleicht sind auch die Vögel effizienter diese Jahr und schnappen sich immer genau so viele Mücken wie gerade ausgewachsen sind.

Pappelreihe kurz vor der Schönerlinder Chaussee
Pappelreihe kurz vor der Schönerlinder Chaussee

An der erwähnten Riesenbuche geht es wieder in den Schattenwald hinein. Am großen Hauptweg, der schnurgerade ist und scheinbar keine Enden hat, lockt bald ein Schild zum Hobrechtsfelder Speicher, der schon Erwähnung fand vor etwa einem Jahr, Stichwort Energy Balls. Doch die Hitze dieses Tages hockt bestärkend auf dem inneren Schweinehund, und so wunderbar ein Kaffee wäre in absehbarer Zeit an diesem schönen Ort, so sehr lockt auch das faule Herumsitzen in einem schattigen Biergarten. Also kürzen wir ein wenig ab und gehen weiter geradeaus. Der Weg führt leicht verwachsen vorbei an üppiger Goldroute und an riesigen Stößen gründlich abgelagerten Laubholzes. Dazu der Duft von Laub der Pappeln, der unweigerlich und sehnsuchtsvoll in diesen Monat gehört.

Bei Hobrechtsfelde-Süd
Bei Hobrechtsfelde-Süd

Entlang der Schönerlinder Straße verläuft ein Rad- und Fußweg, der ebenso breit ist wie die Straße selbst, doch etwas tiefer liegt und fast wie ein Parkweg wirkt, nicht langweilig. Autos kommen nur selten, auch wenn die großzügige Breite anderes befürchten lässt. Es läuft sich hervorragend jetzt, nachdem zuletzt die Beine etwas storchengängig waren.

Zepernick

Direkt hinter dem Gelände des Seniorenheims führt unauffällig ein kleiner Schleichpfad in den Wald, der wie erhofft an der Buchenallee endet, in einem Wohngebiet mit einigen schönen Villen. Am Ende geht es wieder in den Wald hinein, den feuchten und ganz besonders schattigen. Noch vorher lockt eine Bank zum Beinestrecken. Ein Schäferhund an einer Leine kommt von links und schlägt Krawall. Der am anderen Ende der Leine sagt, dass er sich aufregt, weil dort, wo wir jetzt sitzen, gestern niemand saß. Ob der alt werden wird, der Hund, wenn er sich über Dinge dieser Größenordnung jedesmal ernsthaft aufregt?

Herrlicher Dammweg durch die Pankewiesen, Röntgental
Herrlicher Dammweg durch die Pankewiesen, Röntgental

Röntgental

Nach dem zweiten Unterqueren der S-Bahn-Gleise unweit des Bahnhofs Röntgental darf man direkt geradeaus und spaziert bald auf einem urgemütlichen Dammweg über die Wiesen der Panke. Mitten im saftigen Grase sitzen Leute und genießen die schon spürbar nahende Abendluft des Bachtales. Der Tag atmet aus, kühl und beruhigend, was vom frischen Heu der jüngsten Mahd noch bekräftigt wird. Auf dem Weg nach Usedom dreht sich kaum noch ein Rad, die Panke plätschert friedlich nebenher und die Sonne steht schon tief. Auch darauf ist Verlass jetzt im September, da kann sie heizen wie sie will den ganzen Tag, die liebe Sonne.

Spreewald-Impression an der Insel im Bucher Schlosspark
Spreewald-Impression an der Insel im Bucher Schlosspark

Zum schönen Abschluss biegen wir links ab in den Schlosspark Buch, der uns neben einladenden Wegen und schattigem Baumbestand mit weiteren Spreewald-Impressionen versorgt, inklusive Laub und Enten auf dem stillen Wasser der verzweigten Pankearme – und so mancher Brücke. Was jetzt noch fehlt, ist nur ein Tisch unter Kastanien, darauf ein frisch gezapftes Eis. Es soll sich finden, direkt hinter dem Süd-Portal des Parkes.

Anfahrt ÖPNV (von Berlin): mit der S-Bahn bis Buch (ca. 30 Min. ab Zentrum)

Anfahrt Pkw (von Berlin): ca. 40 Min. (über Autobahn oder über die Dörfer)

Länge der Tour: ca. 14,5 km, Abkürzungen gut möglich

Download der Wegpunkte

Links:

Karower Teiche

Bogenseekette und Lietzengraben-Niederung

Schlosspark und Stadtgut Buch

Einkehr: in Buch verschiedene gastronomische Angebote (meist Imbiss),
Ristorante Il Castelle mit schönem Kastanien-Biergarten (am östlichen Schlosspark-Portal)

Berlin/Marzahn: Grüne Wege und große Vielfalt – durch die Plattenprärie im wilden Osten

Berlin ist schon seit Wochen hin und hergerissen zwischen dem immer wieder angekündigten Ende des Sommers und seiner stets überraschenden Rückkehr, die manchmal ein paar Tage andauert, manchmal auch nur zwanzig Stunden. Die wärmste Jahreszeit fand in diesem Jahr eher in Mai und Juni statt als wie gewohnt von Juli bis August. Es ist Ferienzeit und die Stadt voller als gewöhnlich von Touristen, während eine Großzahl derer, die alle vier Jahreszeiten hier zubringen, die Flucht ergriffen hat. Das ist ganz gut so, denn dem Brauch folgend werden allerlei Sperrungen von Zugstrecken, Straßen und Fusionen von beidem in diesen Wochen abgehandelt, was für Touristen sicherlich zum Abenteuer Berlin gehört, für die Berliner jedoch eher nervig ist während der kostbaren Tage des Urlaubs.

Blick vom Ahrensfelder Berg nach Westen
Blick vom Ahrensfelder Berg nach Nordwesten zur Ahrensfelder Kirche

Wer nicht außerhalb weilt oder schon von dort zurück ist und noch freie Tage übrig hat, kann innerhalb der Stadtgrenzen enorme Vielfalt und Überraschendes aus verschiedensten Richtungen und Bereichen finden. Häufig ist beides auch dort zu finden, wo man eher wenig damit rechnen würde. Und es kann ein Tag daraus werden, der von Stunde zu Stunde immer größer wird und verschiedenste Welten und Landschaften miteinander verbindet.

Bahnhofsvorplatz in Wartenberg
Wohlwollender Blick auf den Bahnhofsvorplatz in Wartenberg

Wer zum Beispiel einen Stadtteil aufsucht, bei dessen Namen man sofort an Grau denkt, kann mit sehr viel Grün überrascht werden, und wer sich am dicht besiedelten Stadtrand aufhält, kann innerhalb des Stadtgebiets in eindrucksvolle Landschaften eintauchen. So ist es keineswegs ein Widerspruch, den ganzen Tag Plattenbau-Siedlungen zu durchstreifen und dennoch Haken für Haken auf einen Wunschzettel setzen zu können, auf dem Worte wie Berggipfel, Flusstal, Dorf und Sumpfwiese oder auch Windmühle und Kuhweide stehen. Kleiner Hinweis: wer mit Kindern unterwegs ist, sollte bei der Zeitplanung beachten, dass an vielen Stellen großzügige Spielplätze im Grünen einladen, von denen keiner dem anderen ähnelt und deren Angebote nicht nur Leute unter einem Meter Körpergröße neugierig machen. Der Stefan aus dem Buch „Die Insel der Schwäne“ wäre wohl heute sehr zufrieden, wenn er sehen würde, was aus den „kleinen Wiesen“ geworden ist, für die er dreißig Jahre zuvor gekämpft hatte.

Parkfläche unweit des Bahnhofs, Wartenberg
Parkfläche unweit des Bahnhofs, Wartenberg

Wenn man also heute durch Marzahn oder Hellersdorf spaziert und keine Plattenbau-Phobie hat, lässt sich wahrnehmen, dass die Stadtplaner in den Siebzigern und Achtzigern eine Vision hatten und das, was davon umgesetzt werden durfte, über die Jahrzehnte aufgegangen ist. Bei allem Grau des flächig verbauten Betons sind lebenswerte Siedlungen gewachsen, deren Straßen über viel Grün verfügen. Die dürren Baumschulabgänger von einst verfügen mittlerweile über beachtliche Laubdächer, und viele der grauen Hauswände sind jetzt bunt. Dazwischen gibt es zahlreiche Grünflächen und Parks, so dass beim Durchstreifen der Anlagen das Gefühl erwächst, sich durch eine ausgedehnte Parkanlage zu bewegen. Die Spaziertage in den Plattenbau-Vierteln in Ost und West zählen zu den eindrücklichsten in Berlin – eben wegen der Kontraste und Widersprüche, die aus Erwartung und Erleben entstehen.

Wiesenbrache hinterm Falkenbogen, Wartenberg
Wiesenbrache hinterm Falkenbogen, Wartenberg

Nach Wartenberg fährt direkt vom Alex die S-Bahn. Einen stufenloseren Transfer von der Innenstadt in die Welt der standardisierten Hochhäuser ermöglicht jedoch die Straßenbahn, die ebenfalls hier abfährt, nur ein Stockwerk tiefer im Parterre und dann quer übern Platz – von so viel Bodenhaftung kann die S-Bahn nur träumen. Nach längerer Fahrt hält die M 4 kurz vor Ihrem Ziel Falkenberg am S-Bahnhof Hohenschönhausen. Wiederum ein Stockwerk tiefer ist es dann nur noch eine Station nach Wartenberg.

Am Seegraben bei Falkenberg Dorf
Am Seegraben bei Falkenberg Dorf

Wartenberg

Nicht so hoch wie die in Marzahn sind die Plattenbauten von Wartenberg, die herangewachsenen Bäume wirken daher größer. Der verwaist wirkende Bahnhofsvorplatz bietet ein kleines Wäldchen mit schattigen Bänken und ein paar zaghafte Möglichkeiten für eine Stärkung. Wenig später schon lockt der erste Pfad in einen offenen Park mit sanft geschwungenen Wegen und damit zu den ersten Spielplätzen dieser Tour. Schon dieser Einstieg macht mit dem Umstand vertraut, dass die Tour zum größten Teil durchs Grüne führen wird, stärkerer Verkehr oder Autolärm nur an einigen wenigen Stellen anzutreffen ist. Präsenter sind da eher die Flugzeuge, die sich im Landeanflug auf Tegel befinden.

Blumengerahmte Eichenallee am Tal der Neuen Wuhle
Blumengerahmte Eichenallee am Tal der Neuen Wuhle

Nach etwas Straße quert ein Pfad über eine wildwüchsige Wiese, welcher der gartenpflegerische Sparkurs zu einer bunten Vielfalt verholfen hat. Direkt dahinter befindet sich der Falkenbogen, ein mittelmodernes Center mit ein paar Geschäften, Gastronomie und einem Kieztreff. Vorn an der breiten Falkenberger Chaussee befindet sich hier ein berlinweites Kuriosum für Notfälle der besonderen Art: der Streubelsche Bäckerbetrieb bietet ähnlich wie Apotheken einen Nachtschalter an. Wer also eines Nachts hochschreckt, hellwach ist und das dringende Verlangen nach Crémetorte oder einem frischen Stück Kuchen empfindet, kann hier zu jeder Zeit an der Nachtglocke läuten und wird Hilfe bzw. konditorische Erstversorgung erhalten.

Allee mit östlicher Blüte
Allee mit östlicher Blüte

Eine Grünfläche später steht man vor der ICE-langen Fassade einer kombinierten Schule, an deren Ende etwas alte Dorfstraße beginnt. Gleich hier biegt ein motorfreier Weg ab, direkt in die naturgeschützte Botanik der Wartenberger Feldmark mit ihren baumgesäumten Wiesen, ihren Weiden und Obstgärten. Die folgende Stunde bis zum Bahnhof Ahrensfelde verläuft vollständig durch Parks und Grünanlagen, die jede fürs sich ihren eigenen Charakter und dementsprechend ihren eigenen Reiz haben. Für Orientierung sorgt die blaue Markierung der Zwanzig Grünen Hauptwege der Stadt Berlin, von denen diese Tour gleich mehrere benutzt oder berührt.

Hinterhof in Ahrensfelde
Hinterhof in Ahrensfelde

Falkenberg

Nach einem kurzen Blick auf das Dorf Falkenberg setzt sich der Weg fort, durch etwas jungen Wald und mit Obstbäumen am Wegesrand, die in wenigen Wochen interessant sein dürften, jetzt noch nicht. Hinter einem kleinen Graben geht es dann durch die Trockenwiesen – entweder breit und bequem für Rad und Fuß oder ufernah als struppiger Trampelpfad. Überall sind Radfahrer unterwegs und Jogger, ältere Damen und junge Paare mit ihrem Nachwuchs im Kinderwagen. In allen Blicken lässt sich die Stimmung dieses einzelnen Sommertages ganz klar ablesen. Entspannt und zufrieden, ein bisschen glücklich. Und beruhigt darüber, dass sich der Herbst noch etwas Zeit lässt.

Zwischenhof unweit des Havemannplatzes
Zwischenhof unweit des Havemannplatzes

Nach ein paar Metern entlang der Hohenschönhauser Straße kommen voraus zwei Dinge in Sicht, die um Aufmerksamkeit buhlen. Gleich rechts ragen im Schatten kleiner Bäume große, geschwungene Gehörne aus den hohen Wiesen, und voraus steht eine riesige bunte Blume am Beginn einer äußerst geraden Allee. Wenn ich nicht irre, ein Sonnenhut, vielen vielleicht aus der Erkältungszeit als Echinacea bekannt. Eine Blume, die so aussieht, wie ein älteres Kind eine Blume malen würde. Das wonnige Gewächs ist knapp vier Meter hoch und innen wie außen komplett mit Mosaiksteinen gepflastert.

Schöner Ort für eine Pause oder mehr
Schöner Ort für eine Pause oder mehr

Rechts zeigen sich noch einmal die herausragenden Hörner der Brummochsen, die sich hier um die Offenhaltung einer großen eingezäunten Fläche kümmern, ihren Dienst mit großer Ruhe und Sorgfalt angehen. Voraus erstreckt sich akkurat die Allee aus jugendlichen Eichen, und in den Wiesen verlocken unterschiedliche Gerätschaften aus Holz oder Metall dazu, mit Spaß an der Freude die Gelenke mal wieder durchzuschmieren oder zu prüfen, wie es um die Körperkoordination steht. Oder sie einfach nur als Spielplatz zu nutzen.

Gleisbett der Straßenbahn, Ahrensfelde
Gleisbett der Straßenbahn, Ahrensfelde

Es gibt auch einen ganz harmlosen und völlig sportfreien Rastplatz oberhalb der leicht eingesenkten Neuen Wuhle. Dass deren Bett so großzügig ausfällt, erklärt sich damit, dass hier früher das Klärwerk Falkenberg große Mengen Wassers bereitstellte, die beim Zusammenfluss mit der eigentlichen Wuhle unweit des Dorfes Eiche deren Volumen ca. verzehnfachten. Als das Klärwerk 2002 stillgelegt wurde, musste sich die nun winzige Wuhle mit ihrem breiten Bett gänzlich neu arrangieren. Das hat sie bis heute ganz gut hinbekommen, wobei verschiedene Maßnahmen geholfen haben und noch immer helfen.

Grüne Wogen und ein krummes Rohr im Seelgrabenpark
Grüne Wogen und ein krummes Rohr im Seelgrabenpark

Für die Mosaikblume von vorhin gibt es übrigens am Ende der Eichenallee ein Gegenstück mit aufgefächertem Blattwerk und einer klaren Neigung zu Orangetönen. Auf der Verlängerung der kleinen Allee über die Wolfener Straße hinaus kreuzen voraus hin und wieder S-Bahnen oder Regionalzüge. Parallel zu den Gleisen verläuft der Grünstreifen mit teils schattigen Parkwegen vorbei an einer schönen Plansche, bis man schließlich relativ unvermittelt von der Überführung zum Bahnhof Ahrensfelde angegähnt wird. Die ist absolut ungeschminkt, und so wirkt es am anderen Ende regelrecht kuschlig, wenn neben den allgemeinen Hinweisen zu Ausgang, Bus und WC auch einer zum Barnimer Dörferweg aufgeführt ist, der an dieser Stelle für diesen und jenen durchaus eine Verlockung darstellen könnte. Zu Recht, durchaus. Doch wir wollen in Berlin bleiben, denn die meisten Spezialitäten am Weg stehen noch aus.

Kurz vor dem Gipfelplateau, Ahrensfelder Berg
Kurz vor dem Gipfelplateau, Ahrensfelder Berg

Ahrensfelde

Den speziellen Charme rund um den Bahnhof Ahrensfelde muss man schon mögen. Ein kleiner Schwenk nach links lohnt dennoch, wenn man im direkten Vergleich sehen möchte, wie sich durch Wegnehmen und Hinzufügen aus rein quaderförmigen Standard-Platten recht ansprechende und individuelle Mehretagenhäuser mit unterschiedlichen Grundrissen, Terrassen und offenen Bereichen machen lassen. Das ist bestimmt eine dankbare Aufgabe für einen Architekten. Für uns ergibt sich als kleiner Nebeneffekt noch das Auffinden von Original-Drehschauplätzen für das Video eines bezopften Köpenicker Lokalbarden, der musikalisch gern die Werbetrommel für seinen schönen Bezirk rührt.

Blick vom Gipfel auf die südlichen Nachbarberge
Blick vom Gipfel auf die südlichen Nachbarberge (ganz hinten das Müggelgebirge)

Die Dichte an Spielplätzen auf den kleinen Grünflächen zwischen den Blocks steigt jetzt massiv an, so dass Familien ab hier vermutlich nicht allzu flüssig vorwärtskommen werden. Warum auch, wenn es sich doch schön verweilen lässt. An der Straßenbahn, die bezirkstypisch über ihr ureigenes bequemes Bett verfügt, liegt jenseits der Havemannstraße der Barnimplatz, großzügig angelegt, doch etwas verloren. Etwas heimeliger ist da schon der hügelige Innenhof zwischen zwei kurvigen Hochhauszügen, auf dem oberhalb des Spielplatzes auch ein übermannshoher Fliegenpilz wächst.

Abstiegsstufen kurz hinterm Gipfel, Ahrensfelder Berg
Abstiegsstufen kurz hinterm Gipfel, Ahrensfelder Berg

Zwei Jungs, nee zwei Steppkes hängen im vierten Stock am Fenster und schauen raus, noch einer steht unten und versucht angenehm gelangweilt, im Stand auf seinem Fahrrad nicht umzufallen, während er zu den beiden hochstiert. Ferien eben. Die beiden von oben rufen uns zu „Ihr seht top aus!“. Das hört man natürlich immer gern, speziell, wenn es nicht von Leuten kommt, die erheblich älter sind als man selbst. Ob sie jetzt „Topp“ meinten, lässt sich nicht heraushören, also nehmen wir mal das Erstgenannte an. Und ob unsere jeweils strohgedeckten Köppe gemeint sind oder das teils pragmatisch, teils modisch zusammengestellte Gesamtarrangement der sommerlichen Stadtspazeure, auch das darf offen bleiben.

Ein paar Meter von dem Balancierenden steht eine Pumpe, die jetzt willkommen ist, um endlich mal die Spuren der Kuchenpause abzuwaschen und auch schlichtweg den Puls abzukühlen, denn ist es wirklich Sommer heute. Einer von den dreien schreit noch rüber, dass dit dauan kann und man lange pumpen muss, bis watt kommt. Und es dauert, doch das kennen wir von den höherliegenden Innenstadtpumpen bestens. Da können schon mal ein paar Minuten ins Land gehen. Doch die Ausdauer lohnt, gleich der erste eiserne Schwapp ist eisig und herrlich erfrischend.

Wuhletal-Weg am Straßenbahnhof Marzahn
Wuhletal-Weg am Straßenbahnhof Marzahn

Für den Gaumen hätten wir auch gern was Erfrischendes, und auch eine Stärkung für den anstehenden Aufstieg wäre richtig schön, doch am Straßenbahnhof Niemegker Straße gibt es zwar etwas, doch die schönsten Draußentische sind schon besetzt und drinnen ist ganz klar zu wenig Wind. Also weiter, und ein paar grüne Höfe später überrascht uns eine Golfanlage, mit der man hier wirklich nicht gerechnet hätte. Eingeschmiegt zwischen Straßenbahntrasse, Apfelbäumen und Sportplatz liegt ein winziges Areal mit einer turnierfähigen Minigolf-Anlage darin. Dass das hier alles reinpasst, liegt an geschickter Verschachtelung der achtzehn verschiedenen Bahnen. Umgeben ist das Ganze von Gebüsch und Geheck, so dass man drinnen denken könnte, man wäre irgendwo auf dem Lande und es kämen gleich Kinder um die Ecke, die Annika, Lisbeth oder Rasmus heißen.

Teichquerung im Wiesenpark, Wuhletal
Teichquerung im Wiesenpark, Wuhletal

Neben der Möglichkeit zum Abschlag gibt es hier auch ein kleines gastronomisches Angebot und gemütliche Außenanlagen. Das ist sehr willkommen, denn der Proviant ist knapp geworden. Die Anlage ist gut genutzt von Leuten aller Altersklassen, von Paaren, Familien und angemeldeten Gruppen, die allerhand unterhaltsame Kommentare hören lassen und meistenteils sehr vernügt sind.

Birkenplateau am Fuße des Holzsofas
Birkenplateau am Fuße des Holzsofas

Jenseits der Gleise liegt nördlich des Tals der Neuen Wuhle der Borkheider Teich, mit kleinem Entenstrand. Hinter einem Wäldchen jagen im Seelgrabenpark Delphine durch die Wiese, weiter hinten träumt ein Walfisch vor sich hin und am Spielplatz zieht die geschwungene Rutsche alle Aufmerksamkeit auf sich. Ein Trampelpfad führt durch anhängliches Buschwerk ans Südufer der Neuen Wuhle, wo der Ahrensfelder Berg schon seine steile Nordflanke mit ihrer breiten Rodelpiste ins Bild hält. Hinter Sumpfwiesen und einer Weide, die von schottischen Hochlandrindern betreut wird, zweigt rechts der Zustieg ab.

Aussichtsplattform oberhalb des Wiesenparks
Aussichtsplattform oberhalb des Wiesenparks

Der eigentliche Aufstieg zum Gipfel führt pulssteigernd ohne jegliches Drumherum durch den steilen Waldhang auf das fünfzig Meter höher gelegene Gipfelplateau, das am Erreichen der Baumgrenze kaum Zweifel lässt. Die Sicht von hier ist gewaltig und gestattet Blicke auf die beiden Nachbarberge in Richtung Süden, aber auch auf alle ebenbürtigen Berliner Gipfel wie den bekuppelten Charlottenburger Teufelsberg im Westen, die seeüberragenden Pankower Arkenberge im Norden oder die betürmten Müggelberge im Südosten Berlins. Darüber hinaus reicht der Blick weit ins Land Brandenburg hinein, und auch die unmittelbaren Stadtteile zu Füßen des Berges geben ein eindrucksvolles Bild ab. Eine längere Pause ist hier kein Problem, auch wenn es keine bewirtschaftete Alm gibt.

Altes Dorf Marzahn
Altes Dorf Marzahn

Ahrensfelder Berg

Der Gipfel ist gut besucht, doch es verteilt sich angenehm. Ein Pärchen versucht im wohlwollenden Dialog, einen Drachen in den Wind zu bringen, trotz frischer Brise relativ erfolglos. Eine Familie kann ihre vier sommerlichen Kinder unbesorgt auf die Wiese ausschwärmen lassen. Andere haben ihre Decken ausgebreitet, und manche sitzen einfach nur auf einer Bank oder dem kleinen Mäuerchen des Gipfelplateaus und genießen still das Exklusive dieses Ortes.

Mühle überm Dorf
Mühle überm Dorf (mit Zehngeschosser im Hintergrund)

Der Abstieg durch die strauchigen Blumenwiesen beginnt auf urig ausgelatschten, groben Holzstufen, später geht es weiter auf einem schmalen Pfad durch schattigen Hangwald. Alternativ gibt es einen bequemen Abstieg auf einem breiten Weg. So oder so, der Weg hinab verläuft relativ flach über einen langen Sporn und lässt sich dadurch ausgiebig genießen. Sein Ende liegt am Tal der Wuhle.

Am Marzahner Dorfanger
Am Marzahner Dorfanger

Ein schmiedeeisern anmutendes Portal zur Landsberger Allee führt zur fast einzigen lauten und verkehrsreichen Stelle des gesamten Weges. Drüben setzt sich der Wuhle-Wanderweg fort, unterhalb großer Weiden dem Ufer folgend. Kleine Abstecher lohnen sich und führen unter anderem zu einem Weiher mit Plankenweg, einem riesigen Holzsofa oberhalb eines Birkenwäldchens und weiteren Spielplätzen mit viel Platz in alle Richtungen. Voraus ist der Kienberg zu sehen, auf den in greifbarer Zeit eine Seilbahn fahren soll, im Rahmen der Internationalen Gartenbauausstellung.

Blick auf den tiefsten Punkt der Marzahner Promenade
Blick auf den tiefsten Punkt der Marzahner Promenade

Ein breiter Talboden wird der Wuhle an dieser Stelle genehmigt, so dass jegliches Spielen auf den Spielplätzen vom windflüchtenden Stammwald und dem blauen Walfisch besonders grenzenlos sein muss. Gen Westen setzt eine kleine Geländekante dem Wohnungsbau eine natürliche Grenze entgegen. Dort oben lockt eine frisch bewaldete Aussichtsplattform mit roten Bänken zum ausgiebigen Rumsitzen oder dem Beobachten des langsamen Schattenwachstums auf den warm beschienenen Nachmittags-Wiesen.

Der Weg durch das neuere Wohnviertel schafft mit seinen Straßennamen Lust auf kommende Ausflugstage, alles Orte im Umkreis von Strausberg. Hinterm Blumberger Damm steht der nächste Spielplatz bereit, und jenseits einer im Sinkflug befindlichen Ladenpassage lässt sich eintauchen in die gemütliche Welt eines märkischen Angerdorfes mit allem Drum und Dran. Sogar eine Mühle gibt es hier, mit echtem Müller und gemahlenem Mehl. Nur fällt im Vergleich zu den meisten anderen Dörfern nicht der Schatten von hochgewachsenen Pappelreihen auf die Häuser oder der von tiefhängenden Wolken, jedenfalls nicht vorrangig. Mit Schatten werfen hier vornehmlich hochgeschossene Quader, die zu kuriosen Kontrasten verschiedenster Gebäudekanten führen.

Das Tor zum Osten, gesehen vom Straßenbahnsteig
Das Tor zum Osten, gesehen vom Straßenbahnsteig

Angerdorf Marzahn

Zwischen den Hochhäusern steht der alte Dorfkern von Marzahn stillvernügt und völlig unbeschadet mit seiner allumfassenden Dörflichkeit, inklusive stufengiebliger Ziegelkirche, gemütlichem Dorfkrug und märkischer Hausfassaden entlang des länglichen Angers. Vor dem Dorf auf einem Hügel die erwähnte Mühle sowie Viehweiden und landwirtschaftliches Gerät. Und natürlich ein schöner kleiner Spielplatz. Wer noch etwas Zeit übrig hat und der Neugier folgen möchte, kann am westlichen Ende des Angers ergründen, was es mit dem Kulturgut Marzahn und dem hübschen Wort Schamottchen auf sich hat.

Ein Sommerabend im Volkspark Friedrichshain
Ein Sommerabend im Volkspark Friedrichshain, gesehen vom schönen Kiosk am Westeingang

Ein letzter Weltenwechsel wartet hinter der Landsberger Allee, nun wieder direkt in der Platte. Vom offenen Platz vor dem Freizeitforum Marzahn, langjährigen Einwohnern vielleicht noch bekannt als Plattmar Formzahn, geht es vorbei an zwei schönen Spielplätzen direkt auf die Marzahner Promenade, die derzeit auf ihrer Länge mehrere Gesichter hat. Breit und etwas verlassen steigt sie von der höchsten Ebene stufenweise tiefer, bis eine überdachte und gut besuchte Passage beginnt. An einem einladenden kleinen Platz liegt der tiefste Punkt der Promenade. Danach schmiegt sie sich baumschattig entlang des Einkaufscenters Eastgate und führt zu besten Schienen-Kontakten in die Stadt. Kein Tourist ist hier zu sehen weit und breit, man hört fast ausschließlich den Berliner Dialekt und oft auch die russische Sprache.

Vor dem Freiluftkino Friedrichshain im gleichnamigen Volkspark
Vor dem Freiluftkino Friedrichshain im gleichnamigen Volkspark

Wer vielleicht nach dieser facettenreichen Wildost-Expedition eine neue Jeans benötigt, vielleicht auch eine Waschmaschine oder ein Duftwasser, lässt die letzten beiden Kurven weg und kommt direkt zu den betreffenden Händlern. Und wer nach so viel Abstinenz doch noch etwas Touristengetümmel braucht, steigt einfach in die nächste Straßenbahn und fährt zum Volkspark Friedrichshain. Oder etwas weiter bis zum Alex. Womit sich dann der Bogen der elektrischen Oberleitung schließt.

 

 

 

 

 

Anfahrt ÖPNV (von Berlin): mit Straßenbahn und S-Bahn bis S-Bhf. Wartenberg

Anfahrt Pkw (von Berlin): nicht sinnvoll, da Streckentour

Länge der Tour: ca. 15,5 km (vielfältig modifizierbar, da alle paar Minuten der ÖPNV berührt wird)
für eine kürzere Tour mit Kindern (ca. 6 km) empfiehlt sich der Einstieg an der Straßenbahn-Haltestelle Niemegker Str. (GPS-Wegpunkt 33) bis zum Dorf Marzahn mit der Mühle (Wegpunkt 68), hier hält dieselbe Straßenbahnlinie

 

Download der Wegpunkte

 

Links:

Bäckerei Streubel (Werkverkauf mit Nachtschalter)

Wartenberger Feldmark

Information zur Neuen Wuhle

Seelgrabenpark

Neue Idee für die Ahrensfelder Berge

Ausflugsziel Dorf Marzahn

Mühle Alt Marzahn

Freizeitforum Marzahn

 

Einkehr: Alter Dorfkrug, Marzahn (am Anger; gemütlich, freundlich, sehr gute Küche, mit kleinem Biergarten),
vorher und nachher entlang des Weges diverse weitere Möglichkeiten

 

Niederfinow: Stille Bachtäler, bunte Bergwiesen und der entspannte Takt von Einzylindern

Am nördlichsten Rand des Oderbruches umfließen die wuchtige Neue und die verspielte Alte Oder eine bewaldete Hochfläche und haben damit vor einiger Zeit die Insel von Neuenhagen aus der Taufe gehoben. Gegenüber „auf dem Festland “ beginnt hier bei Oderberg eine markante Landschaftsstufe, die großen Mengen von Eiszeitkehrricht zu verdanken ist und sich südlich bis hinab nach Wriezen zieht.

An der Alten Wassermühle, Hohenfinow
An der Alten Wassermühle, Hohenfinow

Was sich da spontan über das Oderbruch erhebt, ist größtenteils bewaldet und wirkt in seiner rührenden Dramatik tatsächlich etwas mittelgebirgig. Im Süden bei Wriezen gibt es die bezaubernden und zeitlich entrückten Hutelandschaften der Biesdorfer Kehlen oder die zwischen Altranft und Sonnenburg, langgezogene romantische Talgründe mit sanftweich gerundeten Wiesenhügeln. Rund um Bad Freienwalde bis hin nach Falkenberg wird der Wald dichter und überzieht ein regelrechtes kleines Gebirge mit Bachtälern und großen Aussichten, gewundenen Höhenwegen und von Laub bedeckten, teils steil abfallenden Hängen. Dieses Gebiet weckt rechtschaffen Assoziationen zu gewissen Wegen im Elbsandstein der Sächsischen Schweiz und wirkt zugleich wie eine etwas weniger verdichtete Version der Märkischen Schweiz bei Buckow.

Nördlich von Falkenberg dann beginnt das Niederoderbruch, ein breiter, topfebener Streifen zwischen der erwähnten Landschaftskante und der Neuendorfer Insel. Hier liegt in einer Kurve des Finowkanals das hübsche Örtchen Niederfinow, mit dem Bahnhof vor den Toren der Stadt. Nicht weit von Niederfinow gibt es den seltenen Fall, dass gleich zwei Schiffshebewerke in direkter Nachbarschaft liegen. Beide tun das sehr imposant, das eine schon seit achtzig Jahren, das andere erst seit Kurzem.

Niederfinow

Direkt vom Bahnhof bietet sich nicht nur ein erster Blickkontakt zu den einzigartigen Bauwerken, sondern ein guter Einstieg in eine Tour, die auf kleinstem Raum eine enorme Vielfalt aufweist und an vielen Stellen wirklich ans Gebirge erinnert, gerade jetzt zur hochsommerlichen Zeit der blühenden Wiesen und klaren, weiten Blicke. Wie in den Bergen gibt es zahlreiche Wegweiser, so dass man an vielen Stellen nach Lust und Liebe variieren bzw. beherzt vom Plan abweichen kann, wenn es denn einen gibt.

Wiesental im Mühlengrund
Wiesental im Mühlengrund

Vorn an der Straße fällt der Blick nach links zur Zugbrücke über den Finowkanal und auf die Niederfinower Kirche, die etwas erhöht über dem Dorf ihren Fachwerkturm ins Bild hält. Diesseits der Bahngleise lockt schon der erste Hang. Am Ende des Ortsteils Struwenberg beginnt an der alten Wassermühle das stille Tal eines Baches, der sich hier in seinem Unterlauf dermaßen gebärdet, als wolle er die verbleibende Strecke bis zur Mündung so lange wie möglich hinauszögern. Weil es doch so schön ist, im ganz eigenen Tal. Unvergleichlich eben. Die blauen Stellen am Himmel leuchten diffus durchs Wipfellaub, und von den Wegrändern duftet intensiv das, was am Waldmeister so schön duftet. Auch wenn wir bis heute trotz intensiven Herumkriechens nicht herauskriegen konnten, ob es nun die Blüten, das Laub oder vielleicht auch der Stengel ist.

Blick von der Königseiche zu den Schiffshebewerken
Blick von der Kaisereiche zu den Schiffshebewerken

Nach dem Abzweig nach Karlswerk wird der Weg schmaler und führt bald durch einen wiesengrünen Talgrund, für ein paar Minuten. Im Wald hört man das Bächlein wieder gurgeln und durch kleine Canyons rauschen. Vor einer kurzen Allee von Lebensbäumen reicht ein Waldarm weit hinauf ins Feld, darin fast unbemerkt der kleine Pfad zur Kaisereiche. Die Eiche selbst ist wohlplaziert, auch wenn unten im Tal weitaus umfangreichere Verwandte standen, die Wurzeln direkt im Bach und ohne schicken Namen. Doch lohnt der mit etwas Gymnastik verbundene Abstecher schon für den Blick, der übers hohe Getreide die Scheitelpartie des neuen Hebewerkes präsentiert, nach der Ernte dementsprechend mehr.

Waldpfad am Mühlenfließ
Waldpfad am Mühlenfließ

Romantisch ist dieser Pfad am Bachufer, was dem dichten Laub der Bäume zu verdanken ist, dem verspielten Lauf des glitzernden Wassers und nicht zuletzt dem schnabelhaften Stimmengewirr aus den oberen Stockwerken. An den Teichen von Gut Hohenfinow endet das Bachtal an offenen Obstwiesen. Das Tor zum Gut steht einladend offen, doch im hohen Brennesselkraut kauert ein Schild, das auf Privatgelände hinweist. Das macht nichts, denn schön ist auch der ausgewiesene Weg entlang der Teiche.

Weiher am Gut Hohenfinow
Weiher am Gut Hohenfinow

Hohenfinow

Ein Abstecher ins hübsche Dorf ist zu empfehlen, speziell heute, da auf dem parkartigen Wiesenanger mit seinen alten Linden ein Feuerwehrfest im Gange ist. Das hat neben den feuerwehrroten Aktivitäten und glückserfüllten Kindern hoch oben auf dem Führerstand in der Regel auch und vor allem mit Ausschank und Sättigungsbeilagen zu tun. Doch dafür haben wir anderes im Blick und steuern daher direkt den Liebenstein an. Der selbst scheint frei erfunden, doch die „Straße zum Liebenstein“ weckt eine ansprechende Vorstellung, die nicht mit Fakten hinterlegt sein muss und noch viel mehr hält, als sie verspricht. Hinten auf der Straße knattern einige historische Motorräder in Richtung Schiffshebewerk, und ein bejahrter Einzylinder-Traktor biegt gerade ab, mit entspannt zählbaren Zündungen und einem standesgemäßen Herren hinterm spillerigen Lenkrad.

Federstrauß aus Hälsen und Beinen
Federstrauß aus Hälsen und Beinen

Zunächst gilt es auffordernde Blicke auf Augenhöhe und sogar etwas darüber zu erwidern. Ein paar Bewohner einer Straußenfarm drücken sich nahe des Zaunes herum und präsentieren das selten genutzte Tragwerk mit mehr Gepuschel dran, als man erwarten sollte. Schreiten dicht aneinander vorbei, so dass einen Augenblick lang unklar bleibt, welcher Hals zu wem gehört. Wenig später klärt sich das.

Am Ende der Betonplatten öffnet sich ein imposanter Blick, und imposant gilt gleichermaßen für das Panorama und die Weite. Voraus beginnen herrlich bunte Wiesen, rechts unten zieht sich ein sanfter Wiesengrund zu Füßen grasbedeckter Hügel hin und vorn und überall erstreckt sich das Niederoderbruch bis hinüber zu den Inselwäldern. Teils auch bis hin zur Oder und dem jenseitigen Polen.

Blick vom Liebenstein ins Niederoderbruch und zur Neuendorfer Insel
Blick vom Liebenstein ins Niederoderbruch und zur Neuendorfer Insel

Links und rechts des Weges bietet sich eine Blumenvielfalt, die mit der im Hochgebirge locker mithalten kann. Nur dass es eben andere Blumen sind hier unten. Doch ebendiese Wiesen und die weite Aussicht führen das Gefühl der Bergtour fort. Gekrönt wird das von einem Abstiegspfad, wie es ihn selten geben dürfte im Land Brandenburg. Der könnte so auch im Bayerischen Wald verlaufen oder am nördlichen Rand der Alpen.

Sanfte Hügel im Schäfergrund
Sanfte Hügel im Schäfergrund

Dessen unteres Ende liegt in Sichtweite zum Falkenberger Ortsteil Broichsdorf. Um einen waldbedeckten Buckel herum, und schon spazieren wir durch den sanften Wiesengrund mit den grasbedeckten Hügeln, der eben noch sehen war vom Liebenstein. Wohl die Kanonenberge und der Schäfergrund, so meint die Karte. Das ist jetzt wieder eine Landschaft für sich, hier eher wieder Mittelgebirge, ein bißchen Rhön. Dazu passen auch die vielen Streuobstwiesen am Weg und auf den Hängen und die seltsam einzeln verteilten Bäume und Büsche auf den Hügeln, ähnlich den Wacholderheiden.

Weg über die Felder nach Cöthen
Weg über die Felder nach Cöthen

Jenseits der schnell befahrenen Straße beginnt zwischen zwei Gattertoren aus schweren Holzplanken ein Wiesenweg über die Felder, der von einem großen Einzelbaum bestimmt wird, markant und schön am höchsten Punkt, mit Leiter dran und Bank darunter. Eine Eiche vor dem Herrn, die einlädt zu allem Möglichen.

Cöthen mit der Schinkelkirche
Cöthen mit der Schinkelkirche

Cöthen

Die Straße führt nach Cöthen. Ein hübsches Dorf, das nichts mit dem alten Bach zu tun hat, dafür ein wenig mit dem Gamengrund, der vom Berliner Stadtrand kommend hier sein nördliches Ende erreicht. Ein großer Name ist hier dennoch vertreten, denn ein Schinkel-Kirchlein, das noch vor Jahren an Kläglichkeit seinesgleichen suchte, konnte vor einiger Zeit neu eingeweiht werden. Der Vorher-Nachher-Vergleich ist kaum zu fassen, zu verdanken ist er einem Förderverein.

Rastplatz im Tal des Falkenberger Fließes
Rastplatz im Tal des Falkenberger Fließes

Kurz hinter dem Ortsrand beginnt nun das zweite Bachtal dieser Tour, ganz in der Art der Sächsischen Schweiz. Von einem flächigen Rastpavillon im Walde fällt das Falkenberger Fließ glasklar und scheinbar eisig über eine Stufe und begleitet höchst romantisch einen schnuckeligen Uferpfad, anfangs zwischen riesigen Buchenstämmen hindurch. Das Bächlein gurgelt nebenher und sorgt für kühles Klima auch an heißen Tagen.

Zu einer behausten Außenstelle auf der Mitte zwischen Cöthen auf der Höhe und Falkenberg im Tal gehört das gemütliche Waldgasthaus Mon Choix mit seinem einladenden Biergarten, der vom Bach lebhaft durchflossen wird. Zeit für eine Pause, eine ausgedehnte. Das geht hier bestens, unter einem mehr als hundert Jahre alten Gingkobaum.

Waldgasthaus im tiefen Tal
Waldgasthaus im tiefen Tal

Links des Baches verläuft der kaum spürbare Abstieg nach Falkenberg, der plötzlich und spektakellos an einer Straße endet. Im Ort der Blick über die Dächer lässt ein wenig an erwähntes Buckow denken oder an das Kurviertel im nahen Bad Freienwalde – schöne Villen und die Kirche schmiegen sich hier an den jenseitigen Hang, und auch der hiesige steigt ziemlich steil an durch schöne Gärten. Unten im Ort fließt der Dorfbach parallel zur Straße, wie man es oft im Erzgebirge hat oder der Oberlausitz. Von der Kirchenhöhe kann man schön bis Bad Freienwalde schauen.

Über den Dächern von Falkenberg
Über den Dächern von Falkenberg

Ein optionaler Extrabogen führt vielfältig durch üppige und urwüchsige Natur und über eine Höhe. Von dort zieht sich eine noble Pferdeweide schmal entlang der Talflanken und geht fast über in den Bergfriedhof, der diese konsequente Länglichkeit aufgreift, zuletzt dann sogar beiderseits des Weges. Auch das ist wieder eine klare Referenz an Dörfer in den Bergen, wo mit dem Platz für die Gegangenen zu haushalten ist.

Broichsdorf

Völlig steigungsfrei trödelt nun die Straße in aller Gemütlichkeit durch Broichsdorf und läutet damit die große Höhenmeterarmut des übrigen Weges ein. Und einen Landschaftswechsel, denn die Impressionen der Berge rücken an den Rand und machen Platz für die flache Weite des nördlichsten Oderbruchs, das vom Freienwalder Landgraben und der Alten Oder durchzogen wird. Beide suchen sich in ihrem Müßiggang zu überbieten, bis sie sich bei Bralitz zum freundschaftlichen Handschlag treffen und auf den letzten Kilometern das Bettzeug teilen.

Storch beim Abflug
Storch beim Abflug

Ein Abstecher ins flache Bruch muss jetzt noch sein – so schön der Berg bis eben war, so groß ist nun auch diese Sehnsucht nach der Weite ganz im Osten. Vom Ort weg führt eine dieser hochgewachsenen Pappelreihen, die meist vom Wind durchkämmt sind und im Brustkorb ein Gefühl von freiem Atem von der Kette lassen. Hinten saust ein kleiner Zug von rechts nach links, auf schnurgeradem Gleis und unterwegs nach Eberswalde. Eine schöne Strecke ist das, mit viel Schmaus fürs Auge und meistens unverstelltem Blick auf Landschaft, die den Puls beruhigt.

Weg ins Oderbruch
Weg ins Oderbruch

Der Abstecher ins Land der Wasserlinien führt vorbei an dichten Wegebüschen und ins Kraut geschossenen Kopfweiden auf die Neuendorfer Insel zu, zuletzt vorbei an einem Storch im Mauserausch, der sich erst ganz zuletzt erhebt und dann im großen Bogen aus dem Blickfeld schwebt. Voraus erheben sich die beiden Hebewerke, im Blick nach hinten tun das die Höhen der vergangenen Stunden.

Der Weg ist dicht bewachsen von hohen Gräsern aller Art, und bei jedem Schritt im Storchengang fliegt ein Dutzend Grashüpfer von hier nach dort und durcheinander. Das Gras wird immer höher, bis der Weg kaum noch zu sehen und auch kaum noch gangbar ist. Weiter hinten liegen große umgestürzte Bäume quer und kündigen Herausforderungen an. Doch zurückgehen wollen wir nicht, also weiter mit dem Schenkeltraining. Hinter dem nächsten Hochstand wird es wieder besser.

Kühe und Hebewerke
Kühe und Hebewerke

Der Weg entlang der Gleise ist zwar noch da, doch Teil einer großen Weide für schweres Milchvieh, gekleidet in Farbtönen von Milchkaffee bis Zartbitter. Das sollte man besser lassen, wenn man nicht vom Fach ist. Also weiter auf der Straße, und die ist nicht nur ruhig und schön zu laufen, sondern auf großer Länge eine stattliche Nußbaumallee – ein seltener Fall und zur Zeit des Herbstes bestimmt für manchen kleinen Schrecken gut für Leute hinterm Steuer ergo unterm Blechdach. Die Flanke des Schlossberges erhebt sich steil und hat alle Wege zugeknöpft, die hinauf zur Höhenstraße führen. Irgendwo da oben soll noch die Stelle zu erkennen sein, wo einmal eine Burg stand an erhabener Position, mit weiter Sicht auf alle, die sich nähern wollen. Die Motorradler von vorhin, kurz vor den Straußen, die könnten sie gesehen haben.

Bei den ersten Struwenberger Häusern kommt uns noch so ein alter Trekker entgegen, mit großem halsbekraustem Auspuff, eher schon ein Schornstein, und dem samtigen Knattern seiner ruhig zitierbaren Zündungen. Vom Bahnhof kommen ein paar Kinder, in den Gärten flackert schon die Holzkohle unterm Rost und überm flachen Land zieht ein Kranichpaar seine Kreise, im lauten Dialog.

Update: im Schäfergrund sind zeitweise Weideflächen abgesperrt, so dass man dort überhaupt nicht durchkommt. Auf ruhigen und autofreien Wegen nach Cöthen zu kommen, ist dann fast unmöglich. Am besten soweit wie möglich in den Schäfergrund reinspazieren, dann auf dem selben Weg wieder zurück und über Broichsdorf nach Falkenberg und einige Doppelungen in Kauf nehmen.

Anfahrt ÖPNV (von Berlin): Regionalbahn von Gesundbrunnen über Eberswalde (ca. 1 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): über Autobahn (Ausfahrt Finowfurt/Eberswalde) oder über Land auf der B 158/B 168 (jeweils ca. 1 Std.)

Länge der Tour: ca. 16 km (gut halbierbar, auch sonstige Abkürzungen gut möglich); südliche Hälfte über Bhf. Falkenberg gut zu erreichen

Download der Wegpunkte

Links:

Wassermühle Hohenfinow

Gut Hohenfinow mit Hofladen

Straußenfarm am Liebenstein, Hohenfinow

Schinkelkirche Cöthen

Wasserfall im Cöthener Park

Falkenberg

Schiffshebewerke Niederfinow

Einkehr: Mon Choix, zwischen Cöthen und Falkenberg (gute Küche, freundlich, sehr schön sowohl drinnen als auch draußen)

Panorama-Restaurant Carlsburg, oberhalb von Falkenberg

Greiffenberg: Roter Rausch, preußischer Parkschatten und die verglasten Schlüssel

Manche Ortschaften tragen markante, klangvolle Namen, die in keinem Bundesland groß auffallen würden, sind von der Größe eher schon Städtchen als Dorf – und dennoch hat man noch nie von ihnen gehört. Obwohl Bekanntes gleich um die Ecke liegt, scheinen sich solche Orte ganz woanders und weit weg zu befinden.

12 Mohn
Uckermärkischer Mohn

So zum Beispiel Greiffenberg, das nur ein paar Kilometer entfernt ist vom hübschen Angermünde und benachbart fast den Fischteichen der Blumberger Mühle, die bei vielen Brandenburg-Ausflüglern (und ihren Kindern) eine kleine Assoziation oder eine schöne Erinnerung wachrufen werden. Etwas nördlich von Greiffenberg liegen Wilmersdorf und Stegelitz in gleicher Entfernung, wie das die einstigen Dorfkerne ähnlich klingender Berliner Bezirke tun, etwas südlich liegt zudem grün und schattig der Tiergarten. Dazwischen gebärdet sich beruhigend und gutmütig die panoramafreundliche Feld- und Wiesenlandschaft der südlichen Uckermark, die allen damit verbundenen Klischees und auch dem gern herangezogenen toskanischen Vergleich auf das Schönste genügt. Insbesondere natürlich im frühen Sommer, wenn die Vegetation zufrieden auf ihrem Höchststand verweilt.

Greiffenberg von vorn
Greiffenberg von vorn

Anfang Juni ist hier die Hochzeit der bunten Feldränder, die zwischen dem fast schon vollkommenen Entwurf aus dem Rot der verletzlich scheinenden Mohnblüten und dem kraftvoll zackigen Blau der Kornblumen noch allerlei Gelb, Weiß und Lila unterbringt. Beim Blick in die Ferne zeigen sich ganze Felder oder Hänge im reinen Rot, was auch ganz abseits und in sicherer Entfernung zum Einzugsbereich der Opiate schon kleine Hochgefühle auslösen kann.

Greiffenberg von hinten
Greiffenberg von hinten

Greiffenberg selbst hat eher Tallage, was maßgeblich aufs Konto der kleinen Sernitz geht. Die lässt ihrem Wasser viel freie Hand und schickt es bis weit in die umgebenden Wiesen, so dass es rund um den Ort sehr feucht zugeht und alles ganz besonders üppig ist, was wächst und grünt. Das Städtchen selbst strahlt Ruhe aus, auch wenn hier ein Bäcker sein Haupthaus samt Backstube hat, bei dem sehr zu recht die goldene Brezel vor dem Laden hängt.

Angermünde

Überzeugen kann man sich davon zum Beispiel in Angermünde, wenn es denn am Weg liegt. Liegt es nicht am Weg, ist es auf jeden Fall den Abstecher wert – vom Bahnhof sind es vielleicht 10 Minuten bis zum Markt. Direkt dort lässt sich Kakao oder Kaffee zwischen altem Fachwerk genießen oder an entsprechenden Tagen direkt auf dem Pflaster des Marktplatzes. Ein weiterer Grund für diesen Abstecher ist einer der schönsten Brunnen im Lande, den man mit der Tasse in der Hand im Überblick genießen kann, nach dem Genuss dann in all seinen Details. Wer zum ersten oder auch zum siebzehnten Mal um die Figuren und Gegenstände schleicht, immer wieder ein Grinsen im Gesicht, wird jedes Mal etwas ganz neu oder wiederentdecken. Würde man bei jedem Besuch die Gesamtzahl aller gefundenen Mäuse erfassen, es gäbe wohl immer kleine Abweichungen.

Wiesenweg zum Schlüsselkreuz
Wiesenweg zum Schlüsselkreuz

In unserem Fall war der Platz von Sonne hell und beheizt, der Druck auf den Wasserleitungen scheinbar höher als sonst und somit schön spritzfreudig, die Antriebsschraube des Kahns besonders agil. Zwischen den beteiligten Figuren hat ein junger Vater mit seinen Kindern ein kleines Depot errichtet. Beide sind dem Krabbelalter schon länger entwachsen und wieselig mal hier und mal dort und von Mal zu Mal etwas klammer. Vorausschauend und fürsorglich ist ein Kleiderfundus Bestandteil des Depots, und damit sich trotz der sommerlichen Wärme niemand erkälten kann, werden pro Stundenquartal die Klamotten ausgetauscht. Die sind allesamt sehr schön und verhelfen den Kindern zu einem Höchstmaß an Putzigkeit, die gemurmelten Kommentare rundum fallen dementsprechend etwas höhergestimmt aus. Ferner wird der Schutzfilm auf den kritischen Hautpartien erneuert, und dann werden mit einer Körperhaltung, die zugleich Erleichterung und freudige Erschöpfung ausdrückt, die Kinder in die nächste Runde geschickt. Eine wunderschöne Szene in mehreren Akten. Gern mehr davon.

Gemeinschaft verschiedenster Schlüssel
Gemeinschaft verschiedenster Schlüssel

Zwischen Angermünde und Greiffenberg beginnt er dann, der Farbenrausch der mohnroten Wiesen und Felder, deren kilometerweite Wogen sich zunächst über den Spiegel des Mündesees erheben und erst durch kleinere Waldstücke gebremst werden.

Greiffenberg

Zuletzt geht es tief hinab ins erwähnte Tal der Sernitz, schnurgerade und fast genau auf die Kirche zu. Direkt in der Ortsmitte genießen eine Handvoll Geschäfte das wohlverdiente Wochenende, über der Straße flirrt die beginnende Hitze des Tages und nur hin und wieder kommt ein Auto vorbei. Ein Junge auf einem Moped sieht, dass er schleunigst wegkommt – als hätte er der alten Hofkatze auf den Schwanz getreten und sich nicht entschuldigt. Auf dem wiesenbedeckten Marktplatz thront zwischen einem gebrechlichen Fachwerkhaus und dem alten Postgebäude die Burg Greiffenberg, gehauen in einen großen Brocken Granit, der auch ihren Sockel bildet. Die Burg wird etwa im Maßstab 1:100 sein, dafür sind hier alle Mauern und Dächer noch vollständig und intakt.

Blick auf Greiffenberg mit dem Kirchhügel
Blick auf Greiffenberg mit dem Kirchhügel

Von der Post läuft eine Pflasterstraße unterm Hang entlang und zieht sich hinauf zum ausgeprägten Kirchhügel, der dem Ort speziell von Norden her viel von seinem Charakter verleiht. Am Ende kommt ein kleiner Platz mit einem schönen alten Haus, vielleicht dem Pfarrhaus, dem gerade eine neue Seele eingehaucht wird – mit behutsamer Hand, Geschmack und dem richtigen Maß in allen Dingen.

Vorbei am kleinen Bäckerladen und Hauseingängen mit uralten Rosenbüschen ist voraus die kleine Sternwarte zu sehen, die lange Zeit als Schulsternwarte aktiv war. Direkt daneben steht ein Backstein-Gebäude mit Burgzinnen, auf denen ein Storch horstet. Der dürfte hier ein gutes Auskommen mit kurzen Wegen haben, bei all dem, was die Sernitz so treibt.

Schlüsselkreuz am Ortsrand
Schlüsselkreuz am Ortsrand

Am Ortsende lohnt vor dem Besuch des Burghügels ein kleiner Abstecher entlang der Bundesstraße, bis zu den nächsten Häusern und dort über die Straße. Hier befindet sich ein sonderbarer, fast charismatischer Ort, der gefunden sein will. Hinter einem feuchten Wäldchen mit lehmigem Boden, der nach längerem Regen für viel Spaß sorgen kann, öffnet sich ein großzügig freigemähter Wiesenweg durchs Feld. An dessen Ende steht neben einem dekorativem Holundergebüsch ein hohes Kreuz, wie man es vielleicht von Berggipfeln kennt. Zuerst lenken noch die bunten Feldränder ab und der große Einzelbaum oder der freie Blick nach Greiffenberg oder der zur weit entfernten Mühle. Doch beim Näherkommen zeigt sich, dass das Kreuz gläsern ist, und nicht nur das – im Glas sind Schlüssel eingeschlossen. Hunderte, vielleicht ja Tausende. Ein wenig Aufschluss nach dem ersten Staunen gibt die Rückseite des haushohen Kreuzes mit unverschlüsselten Worten, die von ewiger Gültigkeit sein dürften. Der Blick von hier ist weit, wie schon erwähnt, der Himmel noch viel weiter.

Felsige Stufen zur Burgruine
Felsige Stufen zur Burgruine

Wieder über die Straße führt ein stiller Weg durch dichtes Grün direkt zum Hügel, auf dem die Greiffenberger Burg einst stand, im Maßstab 1:1 und gebaut aus rotem Backstein. An einer kleinen Schautafel führen grob behauene Felsstufen hinauf zu den verbliebenen Gemäuern. Auch hier sind die Wege freigemäht, was eine mühselige Angelegenheit sein dürfte. Der Grundriss aller Mauern ist noch sichtbar und gibt eine gute Vorstellung von Ausdehnung und Größe dieser quadratischen Festung. Am besten erhalten ist der runde Burgfried links hinten in der Ecke.

Schattig geht es weiter und langsam aus dem Ort, bis der letzte bellende Hund verklingt, die Grillen wieder zu hören sind und die Ruhe. Was diesen ganzen Tag begleitet, das ist nicht nur der Mohn. Es ist zudem der allgegenwärtige Duft von blühendem Holunder, der umgehend durstig macht auf etwas Kaltes oder Appetit auf Eierkuchen, gebraten mit Holunderblüten. Das bleibt dann als Idee für morgen. Dazu kommen noch die alle Wege begleitenden Rosen und die großen Büsche von Jasmin in den Dörfern.

Blick über das Sernitztal
Blick über das Sernitztal

Am kleinen Wasserfall eines Nebenbaches steht eine Bank, die mehr bietet als nur Ruhe für die Beine und die Chance auf was zu Beißen aus dem Rucksack. Durch die schattige Lage an einem kleinen Wiesenplatz und am rauschenden Wasser herrscht hier ein kleines kühles Klima, welches vergessen lässt, dass es draußen drückend ist und schwül. Der Blick fällt direkt auf den Kirchturm von Günterberg und wird eingerahmt von zwei kräftigen Stämmen am anderen Straßenrand. Es sitzt sich schön hier, ja sogar sehr schön. Länger als erwartet verweilen wir schon, als ein großer Mann auf einem kleinen roten Trecker naht, mit Hänger dran und polternd auf dem Kopfsteinpflaster, und mit kurzem Gruß und großer Zufriedenheit vorbeizieht wie ein Staatsgast auf der Protokollstrecke.

Pflasterstraße hinaus aus Greiffenberg
Pflasterstraße hinaus aus Greiffenberg

Ehe wir uns festsitzen, denn das könnte man hier gut, gehen wir weiter Richtung Günterberg Ausbau. Dort weiter direkt in die Felder und zum Sernitz-Bruch, wo lauthals solche Vögel trällern, die an ein Tropenhaus erinnern und die Töne dort. Als wir der Sernitz erstmals ins Auge blicken, weist sie uns sofort in die Schranken, obwohl kein Grund besteht. Die folgenden 500 Meter mitten durchs Bruch sind zwar noch sichtbar, doch die Vegetationsphase präsentiert sich hüfthoch. Ein halber Kilometer Storchengang würde sich rein muskulär noch Tage später in Erinnerung rufen, mal ganz abgesehen von der Gefahr auf erschreckte Schlangen oder anhängliche Holzböcke im hohen Grase.

Schattige Straße durchs die Sernitzniederung
Schattige Straße durchs die Sernitzniederung

Nicht zuletzt, da es kaum länger ist, machen wir einen Rückzieher und arbeiten uns wieder aus dem flachen Tal hinauf, derweil das Wetter weiter drückt. Die schattige Allee am kleinen Wasserfall lud ja vorhin schon ein, man hätte gleich drauf hören sollen. Jetzt ist es umso schöner, der Wind streicht in Fließrichtung der Sernitz zwischen den Bäumen hindurch, immer ist irgendwo das Gurgeln eines Baches zu hören und allein das erfrischt schon. Ein Reh im hohen Korn hält lange Blickkontakt mit uns und einem Fragezeichen überm Kopf, bis es schließlich mit diesen eleganten und hohen Reh-Sprüngen durch das hohe Korn davonfliegt.

Bruchhagen

Zwischen dem Tal der Sernitz und dem der etwas größeren Welse liegt Bruchhagen, ein kleines Dorf mit einer schönen alten Kirche und einem hübschen Park. Dort sorgt erneut ein Vater mit seinen Kindern für einen schönen Tag. Eins davon hat sich mit ihm auf einer Decke zusammengerollt. Das andere schaukelt grad, springt mutig ab im größten Schwung und bleibt erstmal lachend liegen in der Wiese.

Westbank am Kirchhof von Bruchhagen
Westbank am Kirchhof von Bruchhagen

Trotz seiner Lage zwischen den Tälern liegt Bruchhagen nicht auf der Höhe, was sich an der Pflasterstraße Richtung Welsow zeigt. Zunächst eingeschnitten steigt sie langsam auf zwischen den Feldern und läuft dann oben weiter als Allee von Obstbäumen, mit Blick ins Welsetal. Kurz vor der Eisenbahnunterführung lässt sich von der Brücke an einem schönen Grundstück ein Blick auf das verwunschene Flüsslein und seinen urwüchsigen Bruchwald werfen, der kurz den Spreewald ins Gedächtnis ruft.

Mit freiem Blick über hügelige Felder begleitet der Weg dieses mückenträchtige Naturparadies in sicherer Entfernung, nur einige Bremsen wagen sich weit genug in die Trockenheit der staubigen Ackerrandlage. Obwohl einige schlammige Schlüchte zwischen den Reihen der jugendlichen Maispflänzchen zeigen, dass auch hier Gewitter tobten in der vergangenen Woche und eimerweise Wasser abwarfen. Jetzt liegt der Weg in der prallen Sonne und nur die hohen Holunderbüsche spenden etwas Schatten. Rechts feiert wieder der Mohn, durch die roten Teppiche ziehen sich violette Streifen, wahrscheinlich irgendwelche Gräser in der Blüte.

Straße hinaus aus Bruchhagen
Straße hinaus aus Bruchhagen

Nach ein paar Minuten Bundesstraße, einer Welsebrücke und einem halben Dutzend schneller Autos hält der sehnlich erwartete Wald mit Namen Tiergarten eine schöne Überraschung parat. Wir stehen vor dem Eingang zu einem Lenné-Park, dem von Görlsdorf. Hatten vorhin noch irgendwas gewitzelt mit Lenné, der ja eigentlich allgegenwärtig ist im Lande Brandenburg und lange nicht mehr vorkam. Zuletzt in Blumberg hinter Ahrensfelde, irgendwann im Winter. Und jetzt grüßt der Meister fröhlich aus dem Waldschatten, der nun gleich noch viel schattiger ist und schöner obendrein. Direkt am Eingangsportal steht das Parkwächterhaus, ein verspieltes Forsthaus-Schlösschen mit rotem Fachwerk und spitzem Türmchen. Im Park selbst gibt es viele alte Bäume, meistenteils Laub, doch auch eine stattliche Reihe hochgewachsener Lebensbäume und hier und da ätherisch duftende Riesenfichten.

Junge Saat am Hang der Müllerberge
Junge Saat am Hang der Müllerberge

Im offeneren Parkteil, nördlich vom Gestüt, wurde erst vor Kurzem ein schöner Pavillon gezimmert, ansehnlich, durchdacht und absolut fachgerecht ausgeführt. Man spürt förmlich noch das Vergnügen der Handwerker beim Erschaffen dieses Baus aus kräftigen Holzbalken und scheinbar eigens gebrannten Ziegelsteinen, hört sie bei der Arbeit pfeifen. Drum herum fließt die Welse, und unterm Dach ist wieder so ein Platz sich festzusitzen. Die Gewitter, die eben noch drohten mit respektablem Bass, hatten wohl doch keine Lust.

Hier beginnt der Teil des Lenné-Parks, der mehr nach Park und weniger nach Wald aussieht, mit einigen sehr alten Buchen, Linden und Platanen. Dazwischen schiebt träge die Welse ihre Kurven, hier als liebenswertes Parkaccessoire. Ein einladender Rastplatz steht direkt über dem bewaldeten Ufer und ein einzelner Sonnenstrahl trifft durchs dichte Laub genau auf diesen Platz. Der freie Blick nach links fällt auf eine Koppel, auf der sich ausschließlich weiße Pferde aufhalten. Den Abschluss des Parks bilden die Reste des Schlosses, die sehr knapp ausfallen und hier allenfalls noch für eine bildliche Vorstellung des Hobbykellers ausreichen, nicht aber für einen Aufenthalt des Forschergenies Alexander von Humboldt vor sechs Generationen oder sieben.

Nochmal die Müllerberge
Nochmal die Müllerberge

Görlsdorf

Auch Görlsdorf ist ein schönes Dorf. In der Mitte befindet sich ein großer Wiesenplatz, der für Sportereignisse gleichermaßen taugen dürfte wie fürs Sommerfest oder das Osterfeuer. Kurz davor sitzt ein Alter auf seinem unfrisierten Aufsitzmäher und erwidert lässig unseren Gruß, so als säße er auf seinem Truck. Direkt vor der Kirche weist ein Schild zum Welseabsturz – das macht neugierig. Unten an der Brücke stürzt sich die Welse über ein Geflecht aus Ästen bestimmt einen halben Meter tiefer – also entweder liegt der gemeinte Absturz noch woanders oder die Namenswahl wurde nach ein paar Bierchen und mit gewisser Heiterkeit getroffen.

Das wäre jetzt schön – was Kaltes zu trinken. Aufgeheitert sind wir ja schon durch den Absturz. Und in der Tat – ein paar Meter weiter, schräg gegenüber vom Dorfplatz und dem winzigen Feldsteinhaus, das einmal das Gefängnis war, sitzen im Windfang einer Gaststätte ein paar Jungs, von denen einer gerade verarztet wird. Ist beim Spiel umgeknickt und kann jetzt keinen Schritt mehr tun ohne Unterstützung. Vor den Jungs stehen kalte Getränke, und die Wirtin sieht uns an, dass wir genau das auch gern hätten und sorgt dafür. Schön. Genau der richtige Zeitpunkt.

Wohltuender Schatten im Görlsdorfer Lenné-Park
Wohltuender Schatten im Görlsdorfer Lenné-Park

Hinter der Bahn geht es wieder in den Wald, wieder in den Schatten. Mit viel Auf und Ab schwingt sich die kleine Asphaltstraße vorbei an Lichtungen und Feuchtflächen, doch meistenteils sind die Bäume hoch und sorgen für wohltuendes Klima und würzigen Duft. Autos und Fahrräder halten sich hier von der Zahl die Wage, schließlich verläuft der Fernradweg Berlin-Usedom auf diesem Stück.

Peetzig

Die letzte große Abfahrt führt zum Großen Peetzigsee und damit an den Rand von Peetzig. Am Ende des Waldes liegt am klaren See ein kleiner Strand mit großer Liegewiese, und hier ist jetzt schönste Sommerferienstimmung. Im kalten Wasser des frühen Sommers sind bekanntlich die Kinder die Mutigsten, und so sind es auch hier vor allem die Kürzesten, die am tiefsten untertauchen. Von der Stimmung her hat man das Gefühl, das irgendwo auch ein Eiswagen stehen müsste, doch das tut er nicht. Dafür meldet sich nun das Gewitter wieder, von oben bei den Feldern.

Neuer Pavillon an der Welse, im Lennépark
Neuer Pavillon an der Welse, im Lennépark

Eine Allee führt zum Bahnhof von Greiffenberg. Auch sie ist wieder schattig, was angenehm ist für die Augen. Die größte Hitze ist vorbei, die Sonne auf dem Abwärtsweg und etwas frischer Wind ist aufgekommen. Ein paar Tropfen schaffens bis zum Boden, doch die sind so winzig, dass man nicht weiß, ob es vielleicht doch nur die Blattläuse auf den Linden sind, die ihren Zuckersaft abwerfen. Mehr kommt dann auch nicht, ganz gleich, was es nun war.

Die Welse im Park, Görlsdorf
Die Welse im Park, Görlsdorf

Die Straße läuft sich angenehm, doch lockt ein wenig später der Wiesenweg nach rechts, zunächst vorbei an einigen Häusern. Macht seinem Namen alle Ehre, vor allem, als der Schotter endet und es tief ins Grüne geht. Links sticht die Kirchturmspitze aus dem Wald und will Glauben machen, ganz Greiffenberg läge auf einem Hügel. Der Weg verläuft am Rand des Feuchtgebiets, das durchzogen ist von großgewachsenem Holunder. Die Luft scheint heiß zu dampfen und kein Windeshauch hat eine Chance hier. Etwas entfernt im Süden erstreckt sich ein Hang mit vereinzelt stehenden Bäumen und Büschen, ähnlich einer von diesen Wacholderheiden, die als Landschaft immer irgendwie humorvoll wirken.

An der Badestelle in Peetzig
An der Badestelle in Peetzig

Hier sind sie nun, die Mücken, nicht viele, doch dafür gierig. Also nicht stehenbleiben und lieber etwas schneller laufen. Vorn an der Straße ist er wieder da, der Wind, und auch ein Bürgersteig, was schön ist angesichts der Straße. Noch einmal sehen wir Vater und Sohn, diesmal mit einem Gefährt die Straße überquerend, das nicht schnell ist, jedoch ehrfurchtgebietend wirkt. Vor diesen Heuwender, den man für gewöhnlich hinter einen Trecker spannt, wurde so ein kleines Zugmaschinchen gehängt, das nur aus einem Benzin-Motor, zwei knuffigen Rädern und einem riesengroßen Fahrradlenker besteht. Und einer Kupplung für anzuhängendes Zubehör. Der Heuwender ist ziemlich breit, das Zugtier umso schmaler, so dass der Vater das Teil mit langem Arm von der Seite her am Gas hält, langsam und wieder einmal äußerst lässig. Der Junge steht mit seinem kleinen Rad am Straßenrand, staunt nach vorne und tut nach hinten völlig unbeeindruckt. Eine Frau am anderen Straßenrand fragt uns, ob wir eines ihrer Schafe kaufen wollen. Drei Minuten später stehen wir am Marktplatz, sind am Ziel. Ohne Schaf.

Weg entlang der Sernitzwiesen südlich von Greiffenberg
Weg entlang der Sernitzwiesen südlich von Greiffenberg

Eine Gaststätte gibt es im nächsten Ort, genauer gesagt, ein Gartenlokal. Auch dort treffen wir auf Vater und Sohn, wobei Vaddern drinnen bei den Männern sitzt und im Raucherzimmer Fußball guckt, der Junge draußen um den kleinen Fischteich schleicht. Immer wieder verschwindet er kurz drinnen, kommt wieder raus und hält uns auf dem Laufenden. Ist auf Du und Du mit dem Geschehen hier im Teich, den Fischen, den großen und den kleinen Wasserläufern. Rund um das Dorf ist abendlicher Sommerfrieden. Der späte Wind streicht durch die Ähren, der Mohn macht Schluss für heute und die Bäume der Alleen werfen extralange Schatten.

Anfahrt ÖPNV (von Berlin): ab Berlin-Gesundbrunnen über Angermünde oder Wilmersdorf werktags 1,25-1,5 Std., am Wochenende 1,25-3 Std. (eher unpraktikabel)

Anfahrt Pkw (von Berlin): ca. 1-1,25 Std. (über Autobahn)

Länge der Tour: ca. 15,5 km (Abkürzungen möglich)

Download der Wegpunkte

Links:

Blumberger Mühle

Seite zu Greiffenberg mit Informationen zum Ort

Schulsternwarte Greiffenberg

Lennépark Görlsdorf

Fernradweg Berlin-Usedom

Einkehr: Imbiss Zum Kirschbaum, Greiffenberg (an der Bahnunterführung Richtung Peetzig);
Gartenlokal Rexin, Wilmersdorf (ein Dorf westlich von Greiffenberg, freundlich, gute Küche);
diverse Einkehrmöglichkeiten in Angermünde

Grobskizziert – Döberitz: Wegevielfalt und Ginsterpracht in der Döberitzer Heide

Es gibt Landschaften, deren jetzige Einzigartigkeit auf einer eigenartigen Kausalität beruht. Wo vor mehr oder weniger vielen Jahren oder Jahrzehnten die Motoren extrem schwerer Kettenfahrzeuge dröhnten und den Boden vibrieren ließen, so dass es auch für Nichtindianer noch im zivilen Gelände wahrzunehmen war, konnte schon zu diesen Zeiten die Natur einen Grundstein für das legen, was in Zeiten des Stillstands und der Stille wachsen würde. Dort, wo Maschinerie, Munition und die steuernden Hände und Köpfe dazwischen auf bestmögliches Zusammenspiel geprüft und strategisches Handeln in einen konsequenzarmen Probelauf geschickt werden konnte, gibt es heute die sichersten Refugien für zahlreiche Tiere und Pflanzen – eben weil hier eine wirklich gute Motivation besteht, ausgeschriebene Wege nicht zu verlassen, so wie es Schilder alle paar hundert Meter einfordern.

Steg über den Schwanengraben
Steg über den Schwanengraben

So hinterließen die Wirren und Unklarheiten in der Nachwendezeit sowie der mehr oder weniger geordnete Abzug ehemals allierter Truppen bis Mitte der neunziger Jahre zahlreiche, teils enorm weitläufige Flächen, die plötzlich ungenutzt und regelrecht herrenlos waren und auf die sich kein Mensch herauftrauen konnte, dem sein Leben lieb und der noch ganz bei Trost war. Demzufolge konnte die Natur hier zu annähernd hundert Prozent ihr Ding machen, was sie auch tat. Eines der schönsten Sinnbilder dafür kam vor einiger Zeit in einer Reportage vor. Da brütete eine bedrohte Vogelart, die es sonst in Deutschland kaum noch gibt, in einem schwer zugänglichen Platz unter der drehbaren Kanonenhaube eines verrostenden Panzers. Kaum erreichbar für Tiere, die ein paar Nahrungskettenglieder höher stehen. Dicker Panzerstahl, sicherer Schatten und darunter pelzköpfige Küken, die frohgemut und kaum hörbar tschilpen, egal wer da draußen auch herumschleicht oder -schwebt.

Uferweg am Schwanengraben
Uferweg am Schwanengraben

Viele dieser Gebiete sind heute Heideflächen und liegen weiter entfernt von Berlin, wie z. B. das ausgedehnte Areal nördlich von Jüterbog mit dem Keilberg und seiner grenzenlosen Aussicht, der vom Wasser der Havel umspielte Annenwalder Brand westlich von Templin oder die Reicherskreuzer Heide östlich von Lieberose, die im spätesten Spätsommer mit einem unvergleichbaren Teppich aus blühendem Heidekraut bedeckt ist – nur der Heideblüte wegen muss also niemand den weiten Weg nach hinter Lüneburg antreten.

Wellenreicher Hauptweg in der Döberitzer Heide
Wellenreicher Hauptweg in der Döberitzer Heide

Näher an Berlin liegt da die recht kleine Schönower Heide um die Ecke von Bernau und nicht zuletzt auch die Döberitzer Heide kurz hinter der Stadtgrenze bei Spandau. Diese erstreckt sich unmittelbar gegenüber des Olympischen Dorfes, wo ja im Wettbewerb um die Nutzung mittlerweile auch die Natur schneller vorankommt als der Mensch, der sich in Anbetracht des historischen Schwergewichts und der erschlagenden Dimension des Ganzen mit Entscheidungen schwer tut. Was zu verstehen ist.

Aus dem Staub gemacht
Aus dem Staube

Die Döberitzer Heide

Glaubt man leicht verfügbaren Quellen, gab es erste militärische Nutzungen dieser Heide schon vor 300 Jahren. Zu dieser Zeit muss es von Berlin bis zur Havel und weiter nach Döberitz noch eine kleine Tagesreise oder ein forscher Halbtagesritt gewesen sein, wenn man das damalige Wegenetz bedenkt.

Als Truppenübungsplatz groß aufgebaut und fortan regelmäßig benutzt wurde die Heide unter dem Kaiser. Das klärt auch die Frage, warum die Heerstraße von Westend bis zum Berliner Ortsausgangsschild Heerstraße heißt – auf fast 11 Kilometern Länge und über knapp 700 Hausnummern. Gut doppelt so lang reichten ihre verlängerten Geraden vom Berliner Stadtschloss bis zur Döberitzer Heide. Wenn man darauf achtet, fällt ins Auge, dass sie fast auf ganzer Länge in einzigartiger Weise als breite und repräsentative Straße verläuft. Daran hat sich auch durch 28 Jahre Ost- und Westberlin nichts geändert.

Blumiger Grasweg am Hasenheider Berg
Blumiger Grasweg auf dem Weg zum Hasenheider Berg

Während der Olympischen Spiele 1936 musste die Heide für militärische Wettkämpfe herhalten. Gleich gegenüber wurde das erwähnte Olympische Dorf errichtet, das über die Heerstraße perfekt an die Hauptstadt und auch an andere relevante Sportstätten wie das Olympiastadion angebunden war.

Die regelmäßige militärische Nutzung der Döberitzer Heide ging über hundert Jahre, bis 1991 dann Schluss war – und fortan Ruhe im Karton. Nur in Richtung Groß Glienicke gibt es noch ein Eckchen, wo die Bundeswehr bisweilen übt – jedoch ohne scharfe Munition.

Obelisk an der weiten Freifläche
Obelisk an der weiten Freifläche

Was von dieser Periode noch sichtbar ist, verleibt sich die Natur langsam und stetig ein. Am ehesten sichtbar sind noch alte Bunkeranlagen und Panzergräben, die mehr und mehr von Gras, Nadeln und Baumbewuchs überformt werden. Ansonsten bestimmt üppige, vielfältige Natur das Bild.

Döberitz

Es war schon herauszulesen – Döberitz liegt kurz hinter der Stadtgrenze und ist schnell erreicht, ob nun auf breitem Asphalt oder auf schmalem Stahl. Das heutige Döberitz liegt zwischen den alten märkischen Dörfern Dallgow und Rohrbeck, verfügt jedoch selbst über keinen Dorfkern. Das ursprüngliche Döberitz lag weiter südlich war selbst so ein Dorf, bis es Ende des 19. Jahrhunderts schließlich das Pech hatte, inmitten eines preußischen Truppenübungsplatzes zu liegen. Das Dorf durfte zunächst noch stehenbleiben, doch die Geschichte war letztendlich nicht gnädig. Ende der 1950er Jahre zog die Sowjetarmee in die Döberitzer Heide ein. In diesem Rahmen wurden alle damaligen Bewohner enteignet und Döberitz dem Erdboden gleichgemacht, samt seiner Kirche. Die einstige Kolonie Neu Döberitz ist heute das eigentliche Döberitz und vor allem ein Ort des Wohnens, und über dem Grundriss des alten Dorfes mitten in der Heide staksen heute in Abgeschiedenheit große Pflanzenfresser umher, auf dem wohlwollend verordneten Weg in die Selbständigkeit.

Rastplatz und Aussichtsturm beim Obelisken
Rastplatz und Aussichtsturm beim Obelisken

Kurz nach der jüngsten Jahrtausendwende gab es in der Döberitzer Heide noch kein ausgeschildertes Wegenetz, weder für Reiter noch für Radfahrer oder Spaziergänger. Es ließ sich auf gut Glück durch das vorhandene Wegenetz streifen in der Hoffnung, nicht irgendwo auf ein unüberwindbares Hindernis wie einen Zaun oder ein dorniges Gebüsch zu treffen. Das hatte den speziellen Charme, den solche Entdeckerstreifzüge eben haben, und ging in unserem Fall auch ohne großes Verlaufen und zähe Rückwege ab. Mittlerweile ist hier alles sehr geordnet, was aber überhaupt nicht groß auffällt. Trotz des dichten Wegenetzes und der vielen Gatterzäune ist man durchaus der Meinung, sich durch so etwas wie eine stadtnahe Wildnis zu bewegen.

Waldrand entlang der weiten Freifläche
Waldrand hin zur weiten Freifläche

Irritierend sind dabei nur die Flugzeuge, die die Landepiste in Tegel anvisieren, und das zu gewissen Zeiten im Vier-Minuten-Takt. Egal ob Düsentriebwerke oder Propeller – laut sind sie alle in ihrem Landeanflug. Wenn dann aber die Schwarmzeit überstanden ist, erscheint die Stille im Inneren der Heide umso zauberhafter und beglückender.

Schafherde im Konzentrat mit Ziegen-Ammen am Rand
Schafherde im Konzentrat mit Ziegen-Amme am Rand
Unterwegs in der Heide

Der innere Bereich der Heide, die heute „Sielmann Naturlandschaft Döberitzer Heide“ heißt, besteht aus einer sogenannten Wildniskernzone, die von einem mehrfachen Zaun umgeben ist und ausgewilderten Tieren ein weitgehend unbeeinflusstes Entfalten gewährleisten soll. Aktuell gewöhnen sich dort, wie weiter oben erwähnt, schon einige Dutzend großer Pflanzenfresser wie Wisente, Przewalski-Pferde und Rothirsche an das unbehelligte Leben. Rund um diesen ausgedehnten Bereich verläuft der große Rundweg, der ziemlich lang ist (länger als der Weg zwischen Döberitz und dem Berliner Schloss) und bei all seinen möglichen Abstechern und Optionen mit dem Fahrrad am meisten Spaß machen dürfte – ein schöner und erlebnisreicher Tag kann hier problemlos gefüllt werden. Nur sollte die Bereifung nicht zu schmal sein.

Rastbank im Ginster
Rastbank im Ginster

Möchte man diese Landschaft zu Fuß entdecken, bieten sich kleine Runden an, die Fahrland und Kartzow oder Kartzow und Priort mit dem inneren Wegenetz im Bereich des Ferbitzer Bruchs kombinieren, dem feuchten Kontrast zur meistenteils staubtrockenen Döberitzer Heide. Wer jedoch eben diese landschaftlich vielfältige Heide im kleinräumigen Konzentrat erleben will, dem empfehle ich den Bereich nördlich der Wildniskernzone, der zudem mit den Öffentlichen hervorragend zu erreichen ist. Hier lässt sich die Tour alle paar Minuten verlängern, verkürzen oder komplett umkrempeln. Die Ausschilderung hilft beim Variieren.

Sandiger Weg entlang des Wildniskernzone
Sandiger Weg bei der Hasenheide

Es gibt mehrere Möglichkeiten, direkt in die Heide einzusteigen, sei es nun vom Einkaufszentrum Havelpark oder am Südrand von Döberitz bei der Unterführung der Bundesstraße. Da es dann jedoch stundenlang ohne jegliche Häuser, Kirchturmspitzen und Dorfplätze durch die Natur geht, ist ein wenig Ortslage als Kontrast und Abwechslung sehr zu empfehlen. Diese Kombination bietet sich am besten mit dem Bahnhof Dallgow-Döberitz als Ausgangspunkt.

Kesse Lupine am Gitterventil
Kesse Lupine am Gatterventil

Von dort führt ein zauberhafter und schattiger Pfad entlang des länglichen Schwanengrabens, immer dicht am Wasser und an vielen Stellen regelrecht verwunschen. Nach ein paar Minuten Gewerbegebiet und Straßenlärm übernimmt bald wieder der Waldschatten und mit ihm die Natur samt ihren Düften und Tönen – die Bundesstraße ist kaum noch zu hören, und die Flugzeuge ignoriert man so gut wie möglich. Bald steht der erste Übersichtsplan am Weg und der Einstieg in die Heide bevor. Nach ein paar hundert Meter breiten Weges wird es schon bald kuschliger und es kann entschieden werden, welchen Schildern man folgen möchte.

Schöner Waldrandweg am Grunde
Schöner Waldrandweg am Giebelfenn

Die Wege des ausgeschilderten Netzes sind allesamt einladend. Mal verlaufen sie schnurgerade zwischen Waldrand und offener Weite oder kurvig einer sanften Talflanke folgend, mal direkt durch den blumenreichen Trockenrasen oder breit und staubig über Dünenbuckel voll Erika und Kiefern. Oft auch schattig und kühl durch jungen Laubwald oder entlang dichter Eichenreihen. Zur nächsten Wegekreuzung ist es nie sehr weit, und so stellt sich beim planlosem Umherstreifen an jeder von ihnen aufs Neue die schwierige Frage, welchem der einladenden Abzweige man folgen möchte.

Weg in den Wald
Weg in den Wald bei Sperlingshof

Die Vielseitigkeit der Döberitzer Heide zeigt sich auch darin, dass die Landschaften etwa alle Viertelstunde wechseln. Sei es nun der Wechsel zwischen Waldgebieten und offenem Grasland, zwischen konstruierter Wegesystematik und solchen Wegen, die der Beschaffenheit des Reliefs folgen oder zwischen kleinräumigen Abschnitten und der großen Weite rund um den liebesbedürftigen Obelisken. Von hier aus reicht der Blick weit ins Land und lässt im Gedanken durchaus den Vergleich zur Lüneburger Heide aufblitzen. Zwischen Rastplatz und Obelisk verläuft eine winzige und allerliebste Wegschleife auf trockenen Gräsern, die von Optik und Duft her auch auf einer norddeutschen Insel liegen könnte und im niedrigen und warmen Abendlicht besonders schön sein muss.

Große Ginsterweite südlich der Bundesstraße
Große Ginsterweite südlich der Bundesstraße, Nordheide

Die Vegetation ist üppig, vielfältig und reich an Baumbewuchs – Heidekrautflächen sind in dieser Heide jedoch die Ausnahme. Dafür blüht im späten Mai an vielen Stellen großflächig der Ginster, wie wir es bisher nur selten gesehen haben. Ein guter Ausgleich für lila Blütenmeere im September.

Worauf wir noch getroffen sind, das waren eine muntere Schar von Pfadfinderinnen und ein großes Halbrund von hochbeinigen Bienenstöcken mit einem eindrucksvollen Klangteppich aus hunderttausenden Flügelschlägen. Ferner eine im Schatten vereinigte Schafherde mit zwei freundlichen Ammen-Ziegen, die verwaisten Lämmchen zur Verfügung standen. Wer die oben erwähnten größeren Tiere sehen möchte, kann sein Glück südlich vom Natur-Erlebniszentrum versuchen. Zwischen Wolfsberg und Wüste kann man mit etwas Glück ein behuftes Bein, ein beschweiftes Heck oder sogar einen bemähnten Kopf zwischen den Bäumen entdecken. Weniger rar machen sich kleinere Leute wie eben die Wildbienen, Grashüpfer und Schmetterlinge, die im gesamten Gelände für einen charmanten Buschfunk sorgen.

Parkstreifen
Parkstreifen in der westlichen Siedlung Döberitz

Für den Rückweg zum Bahnhof gegen Ende der Tour spricht nichts dagegen, wieder den Uferweg am Schwanengraben zu nehmen. Wer bei seinen Streifzügen weiter westlich bei der Zufahrt nach Rohrbeck gelandet ist, kommt durch ein Wohngebiet und einen hübschen Parkstreifen ebenfalls zurück zum Bahnhof. Dort bieten sich für den großen und kleinen Hunger mittlerweile vier Möglichkeiten zur Einkehr an. Mit etwas Heidestaub im Scheitel.

 

 

 

 

Anfahrt ÖPNV (von Berlin): mit der Regionalbahn bis Dallgow-Döberitz (ca. 45 Min.), wahlweise weiter mit dem Bus zum Havelpark

Anfahrt Pkw (von Berlin): auf der B 5 Richtung Nauen (ca. 45 Min.)

Länge der Tour: wie unten zu sehen 13,5 Kilometer; darüber hinaus beliebig variierbar; Empfehlung: der Rastplatz am Obelisken sollte dabei sein

 

Download der Wegpunkte

 

Links:

Historische Karte der Döberitzer Heide (1936), altes Dorf Döberitz im Zentrum

Sielmann-Naturlandschaft Döberitzer Heide

Einkehr: mehrere Möglichkeiten am Bhf. Dallgow-Döberitz

Stadtrandtour Erkner – Seewind, Gipfelglück und die erwachte Lagune

An die See oder in die Berge? Diese Frage, die Jahr für Jahr unzählige Familien im Rahmen der Urlaubsplanung beschäftigt, kann auch für einen Tagesurlaub im Berliner S-Bahn-Bereich gestellt werden. Eine der möglichen Antworten darauf ist: warum nicht beides – und dazu noch ein Lagunendorf, eine alte Fischersiedlung sowie ein Fährhafen mit Verkauf von frischem Fisch. Schließlich zum Ausklang eines der schönsten Ausflugsziele im Umland von Berlin und dann noch die Fahrt mit einer mittelhistorischen Bahn. Der Einsatz dafür ist nicht allzu hoch, hoch hingegen ist die Anzahl potentieller Anwärter für eine Pause.

Der Dämeritzsee in Erkner
Der Dämeritzsee in Erkner

Schon die Fahrt gleicht einer Transformation vom bewegten Puls des Stadtalltags mit all seinen stets präsenten Fragen von Unerledigtem im Hinterkopf hin zum ruhigen Atemzug eines morgendlichen Waldmoments. Etwa ab Ostkreuz setzt sich dieser Prozess in Gang und wird erstmals bekräftigt durch die etwas längere Station zwischen Karlshorst und Wuhlheide, einem Bahnhof mitten im gleichnamigen Wald. Auch der Name Hirschgarten spricht für sich. Der kleine Bahnhof wird umkurvt von den mündungsnahen Kapriolen des romantischen Mühlenfließes, das zauberhaft und stark verspielt weit aus dem Märkischen nördlich von Altlandsberg her geflossen kommt.

Nach dem Durchfahren schöner Vororte, eigentlich schon kleine Städte mit eigenem Charakter, folgen zwei lange Stationen durch tiefen Wald, dessen Bäume allesamt noch in die Berliner Statistik einfließen. Wenn sich Fenster öffnen lassen, sollte das getan werden. Danach ist im Idealfall der Ruhepuls erreicht und tiefes Einatmen möglich. Wenn der Zug in Erkner zum Stehen kommt, befindet man sich bereits seit einer Minute auf brandenburgischer Schiene.

Mondäner Kanalblick in Neu-Venedig
Mondäner Kanalblick in Neu-Venedig

Erkner

Der Bahnhof hatte bis vor einiger Zeit noch den rustikalen Charme eines Kleinstadt-Bahnhofs, wovon sein stattliches Portal weiterhin kündet. Vor Kurzem wurde er modernisiert, was besonders auch den Umsteigevorgängen in die Regionalbahn entgegenkommt. Erkner ist eine Stadt inmitten von Wasser und durch dieses – wenigstens theoretisch – verbunden mit Strausberg, Buckow und Wriezen respektive der Oder, darüber hinaus mit allem, was an Spree und Dahme liegt. Schon eine Unterführung und einen Kreisverkehr später beginnt diese Wasserwelt mit dem Dämeritzsee, der mit einem glasklaren Gemisch aus Löcknitz- und Spreewasser gefüllt ist. Der See ist bewegt, die Wellen dazu geeignet, die zahlreichen Paddelboote freundlich umherzuschubsen oder Stehpaddler in Verlegenheit zu bringen. Prompt wird klargestellt, dass es sich hier auch um eine Wasserstraße handelt, als ein langer Frachtkahn von Ost nach West vorbeizieht und die Frage offenlässt, woher er kommen könnte. Etwa von Rüdersdorf, vom Kalk?

Ein stiller Uferweg führt vorbei am Hafen und der Rettungsstation, der mancher sein zweites Leben verdankt – dafür an dieser Stelle großen Respekt und besonderen Dank. Gleich bei den Sportplätzen liegt der Badeplatz mit großer Wiese, und nach ein paar Metern Straße beginnt an einer ehemaligen Industriebrache ein schattiger Weg durch den ufernahen Laubwald. Kleine Pfade führen hinab ans Ufer, wo manchmal eine Bank steht. Am anderen Ufer liegt in aller Breite Erkner mit der markanten Spitze des Hotels, das aus der Ferne aussieht wie eine von Kinderhand ausgedachte und mit Zunge im Mundwinkel konzentriert gemalte Raketenstartbasis.

Gemütlicher Kanal in Neu-Venedig
Gemütlicher Kanal in Neu-Venedig

Hessenwinkel

In Hessenwinkel gibt es nicht nur schöne Villen mit Seeblick, sondern auch einige Uferstellen, deren Rastbänke schon wieder sirenisch singend locken. Die unterhalb eines Waldhügels gelegene Siedlung gibt mit dem Hubertussee und den Spreearmen schon einen Vorgeschmack auf das benachbarte Lagunendorf. Neu-Venedig wird ganz standesgemäß mit dem Rialtoring eröffnet. Wie im Spreewald sind die Kanäle mit Spreewasser gefüllt, wie im italienischen Venedig jedoch von Menschenhand angelegt – im Spreewald soll das ja der Leibhaftige besorgt haben.

Neu-Venedig

Das Wassernetz ist hier so dicht, dass so gut wie jedes Grundstück etwas Wasserkante hat, und da das Wetter sonnig ist und warm die Luft, schippern alle möglichen Sorten von Booten und Bötchen hin und her und kreuz und quer, was sich besonders gut vom nächsten Rastbank-Kandidaten am Ende des Lagunenwegs beobachten ließe. Wenn dort nicht gerade jemand mit dem Trennschleifer Wegplatten halbieren würde. Unter jeden schattigen Uferbaum hat sich ein Paddelboot geklemmt, um für einen Augenblick der kräftigen Mai-Sonne zu entrinnen. Motorbootkapitäne zeigen ihre kugelrunden braungebrannten Bugpartien, Teenies fläzen wie C-Promis auf dem kleinen Vorderdeck und eine ganze Familie hat sich unter dem Schutz eines Sonnenschirmes in ein winziges Schlauchboot gerollt und genießt bei niedriger Drehzahl ihren schönsten Ort auf Erden. Da das neu-venezianische Wassernetz etwa quadratisch ist, sieht man sich wie im Leben auch hier meist zweimal.

Altes Fischerdorf Rahnsdorf
Altes Fischerdorf Rahnsdorf

Rahnsdorf

Am Ende einer Kleingartenanlage liegt an einem kleinen Stichhafen eine schöne Gartenkneipe, und kurz darauf besteht die Option auf einen in vielen Hinsichten lohnenden Abstecher. Das alte Fischerdorf Rahnsdorf verbindet den Charakter eines klassischen Angerdorfs mit der sackgassigen Eigenschaft eines Rundlings, was dem umgebenden Wasser zu verdanken ist. Doch ganz stimmt das nicht mit der Sackgasse, zumindest für Fußgänger und Radfahrer, denn in der warmen Jahreszeit wird Berlins kleinste Fähre über die Müggelspree gerudert, die nach oben offen ist und auch ein paar Fahrräder pro Tour mitnehmen kann.

Am Fährhafen, Rahnsdorf
Am Fährhafen, Dorf Rahnsdorf

Die Fähre zählt zur Flotte der BVG und wird in ihrem Bestand immer wieder bedroht, doch aktuell rudert der freundliche und seebärige Fährmann wieder. Dabei muss er bei jeder Passage auf eine Lücke lauern, denn der Bootsverkehr auf dem Fluss ist dicht und nicht jeder Freizeitkapitän beherrscht sein Gefährt oder das Regelwerk des gesunden Menschenverstandes bis ins Letzte. Ab und zu kreuzt auch würdevoll ein alter Dampfer mit viel Messing und glänzendem Bootslack auf den Planken. Es gibt hier also viel zu gucken, und das lässt sich ganz wunderbar verbinden mit einem Besuch des gemütlichen Biergartens rund um den Fisch-Stand. Manchmal hockt sich auch ein zurückhaltender Herr in den Hintergrund und setzt sein Schifferklavier in Gang. Dann könnte man für einen Augenblick glauben, man wäre wirklich irgendwo an der Küste.

Blick vom Biergarten an der Fähre, Dorf Rahnsdorf
Blick vom Biergarten an der Fähre, Dorf Rahnsdorf

Wilhelmshagen

Wenn es irgendwann gelungen ist sich loszureißen, steht nun ein Landschaftswechsel bevor. Mit der dörflichen und flachen Welt des Spreewassers im Rücken ist bald die einzige verkehrsreiche Straße dieser Tour zu überqueren, die Köpenick mit Erkner verbindet, mit fast demselben Namen auf immerhin elf Kilometern. Hier fährt auch ein Bus, der die S-Bahnhöfe Rahnsdorf, Wilhelmshagen und Erkner auf seiner Strecke hat.

Gleich danach steht der erste Anstieg bevor. Der bald folgende Abstieg auf einem wurzligen Pfad wirft einen direkt in eine kleine Heidelandschaft mit blumenreichen Trockenrasen aus, deren Trampelpfade gern als Abkürzung genutzt werden. An ihrem Rand beginnt der Zustieg zu den Püttbergen, die im Winter ein beliebtes und nicht zu unterschätzendes Rodelrevier sind. Direkt vom Ende der Straße geht es hinauf zum dünensandigen Kammweg, und kurz vor dem höchsten Punkt sieht man doch wahrhaftig die Kirche sehr präsent im Tal stehen, umgeben vom dichten Blätterdach der baumreichen Gärten von Wilhelmshagen.

Kleine Heide am Fuß der Püttberge, Wilhelmshagen
Kleine Heide am Fuß der Püttberge, Wilhelmshagen

Der Abstieg vom wurzligen Dünenkamm kann direkt erfolgen oder auch gemäßigt, und nach dieser Gebirgsüberquerung kommt es gerade recht, dass an der Westflanke des Höhenzuges die Püttbaude liegt, und das schon eine ganze Weile. Neben dem gemütlichen langen Gastraum liegt eine Stufe höher doch tatsächlich ein quadratisches Separee, das so aussieht wie das Innere einer Baude irgendwo im Mittelgebirge. Wenn da nicht alle paar Minuten die S-Bahn zu hören wäre oder einer der Regionalzüge.

Auf dem Kamm kurz vor dem Gipfel, Püttberge
Auf dem Kamm kurz vor dem Gipfel, Püttberge

Schon ein paar Minuten später am grünen Bahnhofsvorplatz von Wilhelmshagen wartet die nächste Pausenverlockung. Wer vielleicht in der Püttbaude eingekehrt ist und noch entsprechend träge jetzt, kann gleich hier am Bahnhofskiosk Café Zweiblum noch den Kaffee nachholen, schöne Plätze gibt es sowohl draußen als auch drinnen. So lässt sich in schöner Trägheit den Bussen beim Kommen und Gehen zuschauen. Gegebenenfalls die Tour schon hier beenden und einfach in die S-Bahn steigen. Nichts spricht dagegen.

Blick von der Gipfelbank auf die Kirche von Wilhelmshagen
Blick von der Gipfelbank auf die Kirche von Wilhelmshagen

Wir haben noch Lust auf mehr und raffen uns dann auf, nach einiger Zeit. Hinter der Bahnhofsunterführung beginnt der weite Wald des Wilhelmshagen-Woltersdorfer Dünenzuges, zu dem auch die Püttberge gehören, und verrät damit die nähere Zukunft und das schöne Ziel des Tages. Durchaus wohltuend ist der Waldschatten, denn der Tag hat sich langsam hochgeheizt. Hinter dem Wald liegt die Bahnhofssiedlung mit ihrem markanten Straßenoval, die von einem schönen Spazierweg gequert wird. Jenseits der Siedlung führt ein kleiner Pfad ein Stück direkt entlang des Ufers, das zum Flakensee gehört. Voraus und gegenüber liegen Sportboothäfen, darüber hoch im Wald der Kranichsberge lugt der Aussichtsturm heraus. Hier und dort ankert ein Boot, das ähnlich träge wirkt wie wir vor einer halben Stunde.

Café Zweiblum am S-Bahnhof Wilhelmshagen
Café Zweiblum am S-Bahnhof Wilhelmshagen

Nach etwas Straße führt ein unscheinbares Trepplein hinab zu einem Weg zwischen den Gärten, voraus blüht in letzter Euphorie ein Apfelbaum. Nach schönen Blicken auf den Bauernsee liegt voraus der Kalksee, der seinen Namen nicht nur so aus Spaß und Zierde trägt, sondern tatsächlich bis zu den fossilienreichen Kalkbrüchen von Rüdersdorf reicht. Was wieder an den Äppelkahn vom Beginn der Tour erinnert und die Frage, wo er herkam.

Spazierweg quer durch die Bahnhofsiedlung Erkner
Spazierweg quer durch die Bahnhofsiedlung Erkner

Woltersdorf

Die letzte Passage entlang des Kanalufers ist ähnlich schön wie das an ihrem Abschluss stehende, wirklich zauberhafte Ensemble rund um die Woltersdorfer Schleuse. Fast wähnt man sich in einem Kurort, und das nicht nur auf den ersten Blick. Die Seebucht vor der Schleuse mit der Uferpromenade und der Servier-Terrasse liegt direkt vor dem steilen Waldhang, und etwas südlich gibt es am Flakensee eine hübsche Strandpromenade. Ein guter Ort hier für Verliebte und welche kurz davor, auch wenn die echte Liebesquelle im Hang vor Jahren schon versiegte. Dank beherzter Woltersdorfer und zahlreicher Spenden kann man sich dort dennoch laben.

Die letzte Pause lockt, und das mit Nachdruck, in Gestalt des Cafés Knappe. Ein herrliches Café der alten Schule, würdig dieses Ortes, gemütlich und an schönsten Tagen rechtschaffen überfüllt. Direkt davor fährt die Straßenbahnlinie 87 ab, die zu den meisten Zeiten alle zwanzig Minuten durch Woltersdorf und dann durch den Wald zum S-Bahnhof Rahnsdorf fährt. Als Besonderheit tut sie dies mit historischen Wagen, den sogenannten Gothawagen, die mittlerweile um die 50 Jahre alt sein dürften und verschiedenste kernige Geräusche erzeugen, die bei vielen Berlinern Kindheit und Jugend oder das ganze Leben mitgeprägt haben.

Historische Straßenbahnwagen vor der Woltersdorfer Schleuse
Historische Straßenbahnwagen vor der Woltersdorfer Schleuse

An besonderen Tagen werden auch ein paar Wagen aus der Halle geholt, die etwa doppelt so alt sind. Zwei von ihnen sind bereits seit 1913 mit der Strecke vertraut, dem Eröffnungsjahr dieser kurzen Straßenbahnlinie, und werden dem Anschein nach sehr liebevoll instandgehalten.

Oft sind sie nicht, diese besonderen Tage, und damit ist es umso erhebender, das heute erleben zu können. Man muss keinerlei Affinität zu Schienenfahrzeugen mitbringen, um so zu empfinden, denn allein das ausgestrahlte Zeitkolorit dieser Wagen und die resultierenden Phantasiebilder im Kopfkino verursachen eine kleine innere Euphorie. Weich glänzenden Bootslack, Messing und kräftige warme Farben gab es ja bereits vorhin, am Fährhafen. Doch jetzt kommt als weitere Dimension noch das von jedwedem Kunststoff freie Rumpeln, Klingen und Rattern hinzu und direkt vom Menschen das Bimmeln der Glocke und das durchdringende Ausrufen der Stationen mit unangestrengtem Bahnerbariton.

Rangieren der ältesten Wagen der Flotte
Rangieren der ältesten Wagen der Flotte

Durch den ganzen Ort schiebt sich die Bahn das teils starke Gefälle hinauf und passiert schließlich das fröhliche Fest, dem die heutigen Sonderfahrten zu verdanken sind. Entlang der Strecke lauern Wissende mit korpulenten Objektiven und lichten das Gespann in der Summe geschätzte 685 Mal ab.

Relativ direkt ist dann der Wechsel auf den Abschnitt, der direkt durch den duftenden Wald verläuft. Die Führerstände sind offen und die Wagen dementsprechend luftdurchströmt. Alles grinst versonnen, und wären noch mechanische Auslöser in Gebrauch, wäre wohl jede zweite Sekunde ein entsprechendes Klicken zu vernehmen, ebenfalls metallisch. So wie dort draußen also auch hier drinnen.

Gemütlicher Innenraum der alten Straßenbahn, Woltersdorf
Gemütlicher Innenraum der alten Straßenbahn, Woltersdorf

Eine ältere Dame sitzt gleich gegenüber, schwärmt mit knappen Worten von diesem Wagen, leicht ergriffen, und gleich erfahren wir warum. Sie kennt diese Bahn noch aus ihrer Kindheit, hat als Mädchen schon in diesem Waggon gesessen. Mitten auf der Waldstrecke erinnert sie sich, an den Schaffner gewandt, dass hier ab den 1950er Jahren ein Kontrollpunkt bestand und die Kontrollen seitens der Kontrollorgane oftmals stark in die Länge gezogen wurden. Berlin stand damals unter dem Viermächtestatus und grenzte an die sowjetische Besatzungszone, die nun seit ein paar Jahren DDR hieß. Vom Kabuff der Grenzkontrolleure ist nichts mehr zu ahnen, und auch abgesehen davon fällt es schwer, sich etwas derartiges aus heutigem Blickwinkel vorzustellen – es wirkt schlichtweg nur absurd.

Umso schöner, als fröhlich plapperndes Volk am S-Bahnhof Rahnsdorf mit einem lachenden und einem weinenden Auge die Bahn verlässt, noch letzte Bilder knipst im warmen Licht der Abendsonne und jeder eine Erinnerung fürs Leben im Langzeitgedächtnis abheften kann. Es bleibt vielleicht nicht die einzige an diesem bunten Tag am Stadtrand.

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Anfahrt ÖPNV (von Berlin): Anreise mit der S-Bahn oder Regionalbahn bis Erkner; Rückfahrt mit der Woltersdorfer Straßenbahn nach Rahnsdorf, dann weiter mit der S-Bahn

Anfahrt Pkw (von Berlin): durch die Stadt über Köpenick und Rahnsdorf nach Erkner; wahlweise über den Berliner Ring, Abfahrt Erkner

Länge der Tour: ca. 18 km, Abkürzungen und Varianten per ÖPNV sehr gut und an vielen Stellen möglich; Option: wer im Dorf Rahnsdorf mit der Fähre übersetzt, kann am Ufer des Großen Müggelsees in ca. 11 km zum S-Bhf. Friedrichshagen laufen oder schon unterwegs in den Bus steigen

 

Download der Wegpunkte

 

Links:

Verschiedenes über Neu-Venedig (u. a. Geschichte)

Fähre Rahnsdorf-Müggelheim

Informationen über die Püttberge

Artikel zur Püttbaude

Woltersdorfer Straßenbahn

 

Einkehr:
Alt-Rahnsdorf, Fisch-Imbiss mit Biergarten an der Fähre
Püttbaude, Wilhelmshagen
Café Zweiblum, am S-Bhf. Wilhelmshagen (auch breit gefächertes herzhaftes Angebot)(s. u.)
Gasthaus Klabautermann (mit schönem Blick auf den See), Woltersdorf
Café Knappe, an der Woltersdorfer Schleuse

 

AKTUELLE INFORMATION 2017:

Wegen raumgreifender Bahnbauarbeiten ist das gesamte Bahnhofsensemble in Wilhelmshagen eine Baustelle, das Café Zweiblum gibt es leider nicht mehr. Eine vergleichbare Alternative in der Nähe fehlt bislang.