Berliner Spaziergang: Nördliche Dörfer, zirpende Gemälde und ein Botanischer Volkspark

Lange hat es gedauert in diesem Jahr und diesem Frühling, doch mit der zweiten Maihälfte ist die Zeit der nächtlichen Bodenfröste und morgendlichen Gedanken an Handschuhe nun endlich vom Tisch. Selbst Abergläubische und Skeptiker werden ihre Winter- und Übergangsjacken ohne große Bedenken in den dunklen Tiefen irgendeines Schrankes archiviert haben, wenigstens für ein knappes halbes Jahr. Aufatmen ist angesagt, direktes Sonnenlicht für Schultern und Knie sowie dichtes Laub auf allen Bäumen, selbst den gerne zaudernden Eichen und Platanen.

Bahnhofsvorplatz in Hermsdorf

Wie von den letzten Jahren gewohnt gibt es auch gleich die ersten Hochsommer-Tage, zunächst noch vereinzelt. Das freut vor allem einige hunderttausend zusätzliche Berlin-Besucher, die ein mehrtägiger Kirchentag, ein eintägiger Herrentag sowie ein mehrstündiges Fußball-Spiel in die Stadt gespült haben. Sie alle konnten Mütze und Schal zuhause lassen. Kurioserweise ist die erhöhte Bevölkerungsdichte jenseits der Innenstadt kaum spürbar, da viele Berliner das lange Wochenende irgendwo anders verbringen. Ganze Straßenzüge freier Parkplätze gähnen selbst in den dahingehend angespannten Stadtvierteln, auch nach halb acht noch. Das ist ungewöhnlich.

Rund um Berlin schnappt sich der spielfreudige Wind alle tausend Düfte des Wonne- und Blütenmonats Mai, verdichtet sie in unberechenbaren Wirbeln zu immer neuen Mischungen und reibt sie allen unter die Nase, die draußen unterwegs sind. Wer an so etwas seine Freude hat, muss die Stadt nicht unbedingt verlassen, denn nicht nur, doch gerade in seinen Randlagen bietet Berlin viel Grün in schmaler und breiter Form, dabei immer in großer Vielfalt. Dass man dabei auf ein paar der 20 Grünen Hauptwege trifft, ist nicht verwunderlich.

Berlin ist vor etwas weniger als 800 Jahren aus zwei Städten entstanden, die aus heutiger Sicht nicht größer als ein Dorf waren. Cölln lag südlich der Spree rund um die Petrikirche, Berlin nördlich des Flusses rund um die Nicolai-Kirche, die heute das älteste Gebäude der Stadt ist. Über die Jahrhunderte wuchs die Stadt und schloss Dorf für Dorf mit ein ins Stadtgebiet. Bis heute dauert das an. Bei vielen von ihnen ist der alte Kern sichtbar geblieben, meist mit Kirche in der Mitte. Gute Beispiele dafür sind Wittenau oder Kaulsdorf, Mariendorf oder Marzahn.

Am Tegeler Fließ zwischen Hermsdorf und Waidmannslust

Wer eine grüne Stadtrandtour machen möchte, braucht eigentlich nur ein paar Dörfer auszusuchen, die halbwegs in einer Reihe liegen, und diese über die passenden Grünzüge zu verbinden. Im wasserreichen Süden ist dabei auf das Vorhandensein von Brücken oder Fähren zu achten. In den meisten Fällen wird sich dann ein schöner und abwechslungsreicher Tag ergeben, der sich alle halbe Stunde per Bus oder Bahn beenden lässt, falls Kondition oder Wetter das nahelegen.

S-Bahn-Linie S1

Die S-Bahn-Linie nach Frohnau weist schon mit poesievollen Namen wie Schönholz, Wilhelmsruh oder Waidmannslust darauf hin, dass nun die Natur mehr und mehr übernimmt, die Hinterhöfe der Altbauten werden von den Gärten der Häuser und Villen abgelöst. Wer noch eine Station weiter in Hermsdorf die Bahn verlässt und auf einen der drei schönen Bahnhofsvorplätze tritt, ist vom Empfinden her ebenso fern von Berlin, wie das in Wilhelmshagen oder Rahnsdorf im Südosten der Stadt der Fall ist.

Wege am Packereigraben

Hermsdorf

Was zwischen den Bahnhofsplätzen liegt, lässt eine erste Pause als alternativlos erscheinen. Überall laden Geschäfte, Cafés und Biergärten zum Verweilen ein. Nicht unbedingt, weil es bereits nötig wäre, sondern weil es einfach viel zu schön ist, um fokussiert und plangemäß loszugehen. Ein gemütlicher Kiez ist das hier, der am südlichen Ende einen halbrunden Platz mit kleinem Markt und einem ganz besonderen Café Achteck bereithält, das quasi in Blumen gebettet ist. Das berlintypische grüne Klo-Häuschen ist umgeben von bunten Beeten und sieht von außen aus wie überall in der Stadt. Im Innern wurden jedoch die Zahl der Achtel nicht nur gerecht für Weiblein und Männlein halbiert, sondern weiterhin unterteilt in alle benötigten Bereiche, die einen adäquaten Rückzug sowie eine gewisse Gleichzeitigkeit gestatten. Wer es nutzt, empfindet ein wenig Noblesse, wenn er bedenkt, um was für ein Bauwerk es sich handelt.

Rückblick am Klötzgraben

Große Bäume an den Straßen sorgen für Schatten. Das ist willkommen an diesem Tag, der als erster im Jahr die 30°C-Marke knacken soll und sich schon jetzt alle Mühe gibt. Im Oval der Brandtstraße gibt es einige besondere Villen zu bestaunen, bevor gleich dahinter die erste konzentrierte Dosis Stadtnatur ihren wirkungsvollen Auftritt feiert. Ein kleiner Weg biegt ab auf den schattigen Bohlenweg entlang des Tegeler Fließes. Die wenigen Meter entlang des still gurgelnden Baches haben eine solche Ausstrahlung, dass man sofort in Versuchung kommt, dem geplanten Weg untreu zu werden und dem stillen Fließ weiter zu folgen, bis zum Stadthafen in Tegel und der Uferpromenade am Tegeler See. Eine Überlegung ist das auf jeden Fall wert, nicht nur des schönen Zieles wegen.

Weg über die Felder zum Zabel-Krüger-damm

Nach dem Losreißen vom schattigen Bachtal folgt etwas Geplänkel auf Straßen, deren Namen alle irgendwie mit der Jagd zu tun haben. Das passt durchaus, denn nördlich des Fließtales beginnt der große Tegeler Forst, der gemeinsam mit seinen Nachbarwäldern in einer Liga mit dem Grunewald spielt oder den weiten Waldgebieten im Bezirk Treptow.

Waidmannslust

Beim S-Bahnhof Waidmannslust gibt es eine kleine Unterführung, und hinter dem sachlichen Oraniendamm beginnt mit dem ersten Grünzug des Tages der Auftakt zu den weiter oben erwähnten Landschaften. Ab hier kann man nun fast lückenlos über Wiesen und Felder, entlang von Wasserläufen oder im Baumschatten bis nach Rosenthal gelangen. Teilweise sind der Weg und seine Stimmungen so romantisch und von ländlicher Idylle, dass einem Gemälde in den Sinn kommen – wild gemischt von Renaissance bis Impressionismus.

Hermsdorfer See

Der behutsam fließende Packereigraben beginnt zurückhaltend und mit einem großen Kletterschritt ans linke Ufer, da eine benachbarte Brücke abhanden kam. Die meisten Wege entlang des kleinen Wasserlaufes sind schattig, doch zweimal öffnet sich das Tal zu breiten Wiesen, die derzeit blütengelb gesprenkelt sind. Dass rundherum hohe Plattenbauten stehen, fällt nur selten auf, denn der Blick nach oben endet am dichten Laub. Erst beim Rückblick über die Wiese sieht man die grauen Türme, die in der dichten Nachbarschaft zum Idyll einen ganz besonderen Kontrast bilden, immer wieder.

Birkenallee am Tegeler Fließ

Vor dem Zusammenfluss von Packereigraben und Klötzgraben läuft am anderen Ufer gerade ein jugendliches Fußball-Spiel, und es scheint um was zu gehen, so laut wie angefeuert wird. Kurz merkt man wieder, dass man in der Stadt ist. Doch zwei Minuten später öffnet sich die nächste bunte Wiese, der Weg hindurch als hochgewachsene Allee. Am Ende quaken Frösche und auch Enten, die zwischen den Ufern von Insel und Teich hin- und herpendeln, ganz klar ohne Eile.

Die weiten Feuchtwiesen des Tegeler Fließes im ehemaligen Grenzgebiet

Die erste Kleingartensiedlung liegt am Weg, und am Ende des Tages wird der Gedanke leichterfallen, dass es gut 70.000 solcher Gärtchen geben soll auf dem Berliner Stadtgebiet. Hinter dem Zabel-Krüger-Damm, der Tegel fast als Luftlinie mit dem Dorf Lübars verbindet, beginnt völlig unerwartet ein bestelltes Feld. Mitten hindurch quert ein dörflicher Pfad eine Senke zum nächsten Wohnviertel. Am Getreiderand leuchten die ersten Mohnblumen, in kräftigem Blau auch schon ein paar Kornblumen. Der fast verblühte Raps steckt voller Bienen, und senkt man seinen Kopf zwischen die Halme, summiert sich das Gesumme eindrucksvoll.

Geschwungener Weg nach Lübars

Ein kleiner Fußweg verlässt die Siedlung und taucht ein in einen schattigen Waldstreifen mit hohen Bäumen. Von rechts sind eindeutige Strandgeräusche zu hören, laut und fröhlich. Freude über die gute Synchronisierung des freien Tages mit dem ersten heißen Tag. Die vergnügten Töne gehören zum Freibad Lübars, dessen Strand am Ziegeleisee liegt. Im weiten Bogen führt der Weg zwischen ihm und dem Hermsdorfer See vorbei. Der ist eine Verbreiterung des Tegeler Fließes, das nun den Weg ein Stück begleitet. Länger als vorhin, doch dafür unsichtbar, da es seine gefälligen Mäander durch üppige Feuchtwiesen schickt, tief versunken durch all die Gräser fließt. Doch wie vorhin führt auch hier ein zauberhaftes Wegstück über breite Planken, und spätestens bei der bequemen Aussichtsplattform schlägt sie zu, die große Idylle und Naturversonnenheit. Das Land Brandenburg ist von hier wirklich nur einen Steinwurf entfernt, und das Tegeler Fließ tut alles dafür, dies zweifelsfrei zu lassen. Zu Zeiten des Mauerbaus brachte das breite und unwegige Auland die Planer der Grenzanlagen in echte Verlegenheit und zwang sie dazu, ein Stück deutschen demokratischen Republik-Bodens hinter der Grenzbefestigung zu lassen. Das sorgte mit Sicherheit für Schmerz und Schmach bei den zuständigen Organen.

Blick von Lübars Richtung Märkisches Viertel

Am Ende des Bohlenweges öffnet sich die weite Wiesenlandschaft. Im pittoresken Bogen führt der Weg auf das alte Dorf Lübars zu, das erhaben oberhalb eines weit auslaufenden Hanges liegt und das dörflichste Dorf von Berlin sein dürfte. Rückblickend sind noch einmal die Wohntürme zu sehen, voraus das Kontrastprogramm mit Pferdekoppeln, Treckern und Scheunen. Überall wiehert, schnaubt oder trabt es. Damit das auch so bleibt, sind ständig Trecker unterwegs, die weiß eingewickelte Strohpäckchen herankarren.

Lübars

Eine gute Gelegenheit für eine gemütliche und freundliche Alt-Berliner Rast sitzt gleich am Anger, noch vor der Kirche und schon seit langem. Wahlweise vorn auf der Terrasse mit Blick aufs Dorfgeschehen und die aktuellen Busabfahrten, drinnen im gediegenen Gastraum oder hinten im süßen Biergarten gibt es im Dorfkrug jede Form von Stärkung. Gleich gegenüber steht leicht erhöht das Kirchlein mitten auf dem Anger, wie sich das gehört. Rundherum ein schönes Dorfbild für ein warmes Herz und an der Ecke kurz vorm Ausgang aus dem Dorf dann noch ein Kräutergarten mit allerlei Kleinvieh. Am Beginn der klassischen Allee nach Blankenfelde verlockt erneut ein schöner Weg zur Untreue, wie vorhin schon der Barnimer Dörferweg, die Nr. 13 von den Grünen Hauptwegen.

Dorfstraße in Lübars

Nach einem Stück Allee quert rechts wieder ein uriger Weg durchs bestellte Feld, der diesmal über eine Anhöhe. Ganz oben steht ein Reh, mit dem Wind im Rücken, daher steht es dort sehr lange. Guckt durchdringend in unsere Richtung wie Reinhard Mey vom Plattencover, bevor es uns dann wittert und umgehend verschwunden ist vom Erdboden. Mittlerweile hat man sich nun daran gewöhnt, dass es auch auf Berliner Stadtgebiet so aussehen kann wie hier. Ein Quäntchen Staunen ist dennoch übrig.

Feldweg zur Lübarser Höhe

Freizeitpark Lübars

Nach einem kurzen Treffen mit dem baumlosen Feldspatzenweg führen Wege hinein in den Schatten eines Parks. Hier spazieren nun Damen mit Hunden, Mädchen mit Ponys und Jungs mit funkgesteuerten Modellflugzeugen, die seltsame Töne erzeugen. Wie Hornissen auf LSD. Im weiten Bogen schraubt sich ein breiter Weg hinauf zur Lübarser Höhe. Auf deren Hälfte liegt eine Aussichtsplattform mit Feuerplatz für Holzscheite jeder Größe. Der freie Blick reicht von hier in alle Richtungen, die mit Westen zu tun haben. Eine und auch zwei Etagen tiefer verlaufen gern genutzte Spazierwege. Die agilen Modellflugzeuge sind von hier aus betrachtet genauso groß wie die Flieger etwas weiter links, die eben noch in Tegel auf der Startbahn rollten.

Blick aus halber Höhe vom Freizeitpark Lübars

Die eigentliche Lübarser Höhe müsste mal zum Friseur. Wer sich in südlicher Ausrichtung und auf Zehenspitzen auf die breite Mauer des Plateaus stellt, erntet ein passables Breitbild in Richtung Innenstadt, aus dem markant der Fernsehturm sticht. Viel mehr als das ist ohne Leiter nicht zu holen, doch immerhin. Beim Abstieg gibt sich die Höhe ganz Berg und schlägt in Serpentinen eine Handvoll Haken durch den bewaldeten Hang, bevor ganz unten ein breiter Weg entlang des Fasaneriegrabens quert. Vorbei an einem vergessenen Frosch-Teich und durch niedrigen, doch besonders schattigen Wald steht man plötzlich vor einem Bahnübergang mit einem Gleis, das keineswegs nach Abstellgleis aussieht. In der Tat trügt der Schein nicht, denn hin und wieder dampft hier tatsächlich ein Zug entlang. In schönster Nostalgie wird dann die Zeit der schnaufenden Heidekrautbahnen wachgerufen. Die Züge fahren an solchen Tagen vom nahe gelegenen Wilhelmsruh bis nach Basdorf im Barnim, wo beim Heidekrautmuseum die Lokschuppen fürs kleine Schwarze warten.

Südliches Sichtfenster von vom Gipfelplateau

Gleich dahinter erinnert der querende Mauer-Radweg kurz daran, dass hier einmal ein Todesstreifen verlief. Angesichts der grünen Üppigkeit ringsum fällt es besonders schwer, sich den vier Meter hohen Betonwall vorzustellen, der hier einmal die Gegend zerschnitt. Ein davon völlig unbeeindruckter Trampelpfad nimmt über die Wiese den kürzesten Weg zur Friedhofsmauer. Dahinter kann das Studium der Berliner-Lauben-Vielfalt weitergehen. Das darf ganz exklusiv von oben herab erfolgen, denn ein Damm bildet die Grenze zwischen Gartenland und üppiger Wiesenweite, die bis zur klassischen Dorfansicht von Blankenfelde reicht.

Altes Gleis der Heidekrautbahn

Von diesem ausgeprägten Damm, der auch schwer nach ehemaliger Bahntrasse aussieht, bietet sich nun eine Sicht auf den Berliner Ortsteil Blankenfelde, dem man wirklich nur schwer abnehmen möchte, dass er noch innerhalb der Stadtgrenze liegt. Die weiten und saftigen Moorwiesen reichen ohne größere Sichthindernisse bis zum Dorf und geben ein urmärkisches Bild ab. Mitten durch die Moor-Wiesen, für deren tiefreichendes Wassermanagement der Zingergraben verantwortlich ist, ziehen sich Wege. Mit großer Geste fordern Sie dazu auf, den schützenden Dammschatten aufzugeben und sich in die Geräuschkulisse zirpender Grillen und raschelnder Halme zu begeben. Die Bäume sind noch niedrig, doch im Wind rauschen können Sie schon wie die ausgewachsenen Weiden auf dem Damm.

Zuweg zur Zingergrabenniederung

Botanischer Volkspark Blankenfelde

Ein unscheinbarer Trampelpfad verlässt den breiten Hauptweg und endet kurz darauf an einer Treppe. Unten quert einer der Gräben, die mit dem Zingerteich zu tun haben. Das Tor gleich dahinter ist der Nordeingang zum Botanischen Volkspark Blankenfelde, einem relativ unbekannten Volkspark. Überall schlendern, sitzen und fläzen entspannte Menschen, die picknicken, spielen, entdecken oder einfach nur genießen. Junge und alte Alleen begleiten die Hauptwege. Am einen Ende des Großen Zingerteiches rasten Gänse mit ihrem unendlich weichen Nachwuchs, am anderen Ende haben zwei Familien mit ihren Kindern einen schönen Tag im Grünen, über Gras und unter Laub. Auf großen, flachen Steinen können Leute aller Beinlängen eine Furt über den träge fließenden Zulauf zum Teich queren. Thematische Wälder gibt es zu entdecken und eine geologische Wand, die zunächst unscheinbar wirkt. Lässt man sich jedoch etwas ein und stellt sich vor, was hier an Zeiten und Orten präsentiert wird, alles komfortabel vereint auf wenigen Metern, kann man schon ins Staunen kommen.

Junge Allee in der Zingergrabenniederung

Wo letztlich die Wege aller Park-Besucher zusammenlaufen, liegt ein schönes Gewächshaus in Form einer riesigen Hantel. Zwischen Palmen und anderen gewichtigen oder stachligen Gewächsen wird hier von einer freundlichen interkulturellen Besatzung kredenzt, was fast jeden mit einem Lächeln den Kassenbereich verlassen lässt. Trotz der bretternden Sonne ist es im Gewächshaus erstaunlich angenehm, zu verdanken schlicht einer ausgeklügelten Durchlüftung. Schöner ist es heute dennoch im weitläufigen Kaffeegarten, wo verbunden durch eine sanfte Brise Menschen sämtlicher Altersgruppen sitzen, liegen oder lümmeln, wahlweise in der Sonne oder im Schatten der großen Bäume. Weiter hinten passt eine große Familienrunde mit vielen Kindern gerade so auf eine riesige Decke und spielt mit Affengeduld und großer Begeisterung irgendein zentral platziertes Spiel.

Im Botanischen Volkspark Blankenfelde

Wem das Genannte nicht reicht als Grund für einen Ausflug hierher, der kann sich auch einem kulinarischen Wildpflanzenspaziergang anschließen, einen tieferen Blick in die Imkerei werfen oder einen Zeichenkurs unter freiem Himmel besuchen. Oder im südöstlichen Bereich des Volksparkes den Leuten beim Stadtgärtnern auf großen kreisrunden Beeten zuschauen, wo alles herangezogen wird, was gut schmeckt und auf dem Teller einen schmalen Fuß macht.

Am Haupteingang kann man sein Scherflein zur Nutzung dieser vielfältigen Anlage beitragen, zur Zeit ein Euro pro Person. Der Automat nimmt jedoch keine Münzen an, die größer sind als dieser Preis, also am besten schon bei Wechselgeldern im Tagesverlauf auf genügend kleines Kleingeld achten. Das Durchschreiten des großen Portals ist ein guter Zeitpunkt, den Tag zu beenden, denn direkt hier befindet sich die Bushaltestelle des 107er Busses, der alle 10-20 Minuten fährt und bald schon auf die Straßenbahn trifft, die zum Kupfergraben ins Herz des alten Berlin rattert.

Pflanzenhaus im Botanischen Volkspark

Wer noch immer keine müden Beine hat und Lust, ein ganz spezielles Berliner Ufer kennenzulernen, biegt zweimal rechts ab und landet kurz darauf an einem haushohen Hochufer. Der Nordgraben, ein naher Verwandter der Panke und noch keine hundert Jahre alt, plätschert zwischen Kräuterweg, Gebirgskräuterweg und Feldkräuterweg so erstaunlich tief dahin, dass sein gekräuseltes Wasser nur dann sichtbar wird, wenn man sich auf die Zehen stellt. Direkte Blicke gestatten einige Brücken, die auf hohen Stelzen den tief eingefurchten Graben queren.

Nutzgärten im Botanischen Volkspark

Rosenthal

Nach den breit gefächerten Eindrücken des Tages ist diese schnurgerade und schattige Passage entlang der Kleingärten eher meditativ und somit gut geeignet, schon mal nach und nach die geistigen Aktivitäten soweit herunterzufahren, dass es gerade noch zum Anheben eines gläsernen oder irdenen Trinkgefäßes reicht, verbunden mit einem zufriedenen Dreinblicken. Ein paar Abbiegungen und eine Kirche später ist das passende Ausflugslokal erreicht, welches gemeinsam mit der Haltestelle der Straßenbahn und einer alten Berliner Wasserpumpe mit ausgeprägter Zugschwäche das Herz von Rosenthal bildet.

Das ruckelige Tempo der Straßenbahn und die vielen Kurven auf der Strecke ermöglichen ein behutsames Wiedereintauchen in die inneren Schichten der Stadt. An einigen Stationen locken im warmen Abendlicht noch schöne Optionen für Unersättliche, bevor dann S- und U-Bahn-Zeichen unumstößlich mit der Wirklichkeit verbinden. Was jetzt durchaus willkommen ist.

 

 

 

 

 

 

Anfahrt ÖPNV (von Berlin): mit der S1 Richtung Frohnau bis Hermsdorf

Anfahrt Pkw (von Berlin): nicht sinnvoll

Länge der Tour: ca. 17,5 km (beliebig verkürzbar)

 

Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

 

Einkehr: diverse Möglichkeiten in Hermsdorf am Bahnhof
Dorfkrug in Lübars
Café Mint im Botanischen Volkspark Blankenfelde
Gasthaus Dittmann in Rosenthal

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