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Eberswalde: Mauerfährten, Treppenhöhen und das Holz im Sinne

Der Winter hat so vor sich hingedümpelt, als wüsste er nicht recht wohin mit sich. Hier mal so was wie Kälte ausprobiert, da etwas schnellen und launischen Wind, doch alles wenig motiviert. Bei so viel Unentschlossenheit hat die Natur dann eine Entscheidung getroffen und auf Vorfrühlingsmodus umgeschaltet – im Wissen, dass es sicherlich nochmal kurz kalt wird. In den Vorgärten und auch mitten im Wald tummeln sich bunt, doch bienenlos all die üblichen Verdächtigen wie Schneeglöckchen, Krokusse und sogar vereinzelte Märzenbecher. Die gelb leuchtenden Winterlinge hingegen sind schon wieder Schnee von gestern und haben sich nur zu einer knappen Saison um den Wechsel vom Januar zum Februar bitten lassen.

Schillertreppe über Eberswalde

Während nur Kenner wissen werden, ob da noch die Wintermeise oder schon die des Frühlings zu hören ist, setzt die allererste Lerche hoch überm Feld einen mehr als eindeutigen Akzent. Muss alles nichts heißen, doch selbst wenn der Winter sich endlich zu einer kurzen oder längeren Vorstellung entschließen will, sollte er nunmehr auf keine Art von rotem Teppich hoffen. Das goldene Abendlicht über schneelosen Landschaften jedenfalls weckt an den schönsten der Tage den innigen Wunsch, die Zeit für eine Weile anzuhalten.

Der Großteil dieses Februars jedoch gibt sich durchwachsen, graubetont und luftbewegt. Wer also nicht zu sehr von den Elementen herumgescheucht werden möchte, sucht sich für längere Aufenthalte im Freien am besten hochgewachsenen Wald oder ein eingeschnittenes Tal und packt dazu noch ein Stück sehenswerter Siedlung.

Kurz vor dem Schwärzetal

Eberswalde

Eberswalde wird bei gaumenfreudigen Leuten mit gewissen regionalen Kenntnissen die geschmacklich kontrastierenden Bilder von Würstchen und Spritzkuchen aufploppen lassen. Ob dieser nun tatsächlich in Eberswalde das Licht der Konditorenwelt erblickte, sei dahingestellt. Sicher ist jedoch, dass man hier im Ort fast schon zwei Jahrhunderte Erfahrung mit diesem speziellen Fall der kleinen Sünde hat.

Hinterlässt so ein aufgekreppter Rundling in den meisten Fällen fettige Finger sowie ein schweres Gefühl im Magen, gelingt es den hiesigen Ölgebadeten, äußerlich staubtrocken und dennoch saftig, formschön und geschmacklich charaktervoll zu sein. Zudem stellt der durchschnittliche Magen nach dem Genuss auch keine schwerwiegenden Quittungen aus. Hinterher spricht also nichts gegen ein oder zwei Eberswalder Würstchen – zum Neutralisieren.

Zahme Wildnis im Schwärzetal

Wer die Stadt nur von einer Stippvisite, vom Besuch des Zoos oder Forstbotanischen Gartens oder einfach vom langgezogenen Durchfahren kennt, dem werden dennoch die markanten Oberleitungen im Gedächtnis geblieben sein, in denen aus heutiger Sichtweise jüngere Vergangenheit und nahe Zukunft zum herzlichen Handschlag ausholen. Die beiden O-Bus-Linien ziehen sich durch den größten Teil des weitläufigen Stadtgebiets. Das schlichte und geniale Prinzip ist bis heute faszinierend.

Tor zum Forstbotanischen Garten

Wer hingegen schon öfter hier war und meint, Eberswalde halbwegs zu kennen, für den ist meist dennoch einiges übrig, das sich entdecken lässt. Denn die kleine Stadt am Finowkanal ist, abgesehen von ihrer einladenden Umgebung, vielseitig und dabei naturräumlich noch schöner gelegen, als man auf den ersten Blick schon zu erkennen glaubte. Um das zu überprüfen, stehen neben dem knapp einstündigen Stadtrundgang zwei Stadtrundwege bereit, die bestens ausgeschildert sind und wahlweise zwei bis drei Stunden oder das Doppelte davon füllen.

Alpenexkurs im Forstbotanischen Garten

Während die Langversion beherzt ins Umland ausschwärmt, beschränkt sich die kurze auf das Gebiet zwischen Marktplatz und Zoo. Und lässt dabei keine Wünsche offen – die Route wurde mit Ortskenntnis und wegebauerischem Geschick konzipiert und trägt ihr Herz am rechten Fleck. Trotz der überschaubaren Länge liegen viel Natur, verschiedenste Landschaften sowie viel Sehenswertes am Weg. Die Tour hier zeigt nur geringfügige Abweichungen vom Kleinen Stadtrundweg, welche der Neugier auf möglichst viele Gesichtszüge der Stadt geschuldet sind.

Am schönsten beginnen lässt es sich am Markt oder der benachbarten Stadtschleuse, sodass sich vom Bahnhof eine Fahrt mit dem Oberleitungs-Bus geradezu anbietet. An anderer Stelle wurde schon ausgiebig vom Zauber des beschaulichen Finow-Kanals berichtet, der sich direkt an der Schleuse überqueren lässt – wenn man zu Fuß unterwegs ist. Wer von dort nicht auf dem kürzesten Weg zum Marktplatz streben möchte, kann optional der Mauerstraße folgen und sich ein wenig durch die Gassen treiben lassen, die es hier in schöner Ausprägung gibt.

Winterabends am Finowkanal

Passend diesen gab es einmal eine Stadtmauer, die jedoch vor fast genau zweihundert Jahren abgetragen wurde – auf Anweisung der Stadtverwaltung. Ob es einen Zusammenhang mit dem Beginn der Spritzkuchen-Epoche gibt, wäre noch herauszufinden. Hier und dort meint man das alte Gemäuer wahrhaftig zu spüren, von dem sich mit etwas Instinkt und gutem Willen ein paar übersehene Meter finden lassen. Um deren Wohlbefinden kümmert sich derzeit vor allem ein immergrünes Beeren-Gebüsch, das auch und gerade in der kalten Jahreszeit vor den Launen des Wetters schützt und zudem den winterharten Vögeln eine Notnahrung bereithält.

Gassen in der Innenstadt, Eberswalde

Die leicht gekrümmten Gassen sind ansehnlich und leicht verspielt gepflastert. Begleitet werden Sie von klassisch geformten Laternen und verschiedenartigen Häusern und geben damit dem Stadtspazeur ein schönes Bild ab. Das gilt auch für den Marktplatz, der von einigen altehrwürdigen Fassaden ebenso eingerahmt wird wie von dem modernen Ensemble des Paul-Wunderlich-Hauses, das mit seinem Hof fast ein kleines eigenes Viertel aufspannt. Auf dem großen Marktplatz lassen sich bestens Märkte aller Art und Färbung abhalten, was besonders auch für die jüngst vergangene Weihnachtszeit gilt. Auf der Ecke zur Kirche hin bietet sich eine der besten Gelegenheiten für eine zünftige Spritzkuchen-Verkostung.

Kirchvorplatz in Eberswalde

Mit behütendem Auge über den Markt liegt hinter einem verspielten Wiesenhang die Kirche, umgeben von historischen Fassaden, und am Ende der Kirchstraße lässt sich das erwähnte Stückchen Mauer aufspüren. Gleich daneben steht an einem kleinen Platz einer von diesen gelungenen Wegweisern, der nun mit dem Begriff Drachenkopf die Neugier weckt – und Assoziationen zu ähnlich klingenden Namen in verschiedenen Mittelgebirgsregionen.

Stadtmauer Eberswalde

Diese werden noch verstärkt durch die weit hinten erahnbare Goethetreppe, die in imposanten Abteilungen eine ganze Reihe märkischer Höhenmeter überwindet und mit ihren breiten Aussichtsbänken auf halber Höhe an ein zurückhaltendes Kurviertel denken lässt, wie man es vielleicht von Bad Freienwalde kennt. Prägend für diesen Eindruck ist ganz oben auch die eindrucksvolle Villa mit ihren Spitztürmen und Terrassengängen, die Kraft ihrer Patina auch irgendwo im Böhmischen oder als Dracula-Schloss in den Karpaten stehen könnte.

Goethetreppe Eberswalde

Drachenkopf

Ist ihre Höhe erklommen, lohnen die paar Schritte links hinauf zur Aussichtsplattform. Alles zusammen lässt durchaus einen Gedanken an den nördlichen Harzrand aufblitzen, vor dem sich weit das Vorland ausstreckt. Gleich zu Füßen liegen die Goethestraße und die Innenstadt mit dem markanten Kirchturm, weiter hinten lassen sich jenseits der Kanäle die Wälder rund um Chorin erahnen, welche die diesige Sicht des heutigen Tages im Ungewissen lässt. Unbeeindruckt davon wirft auf dem großzügigen Rondell oberhalb der Treppe ein schwer berechenbarer Drache seinen Kopf in den Nacken und stößt mit halb geschlossenen Augen einen lautlosen, urtümlichen Schrei aus.

Drachenkopf Eberswalde

Angesichts der Anhöhe, der voller Geschichten steckenden Villa und des bis zum Hals versunkenen Ungetüms ist zu vermuten, dass sich um den Namen Drachenkopf manche erzählenswerte Schnurre rankt. Gewiss hingegen ist, dass sich in den zahlreichen Gebäuden hier oben alles um Menschen im letzten oder allerletzten Lebensabschnitt dreht. Dementsprechend hoffnungsfroh liegt gleich gegenüber die Kita mit dem schönen altmodischen Namen Sputnik – sicherlich gibt es zwischen beiden regen Austausch, fußend auf bewährten Erfahrungen.

Im Stadtwald

Ein Schleichweg lässt hindurch zur Hardenbergstraße, die so kurz ausfällt, dass der Namenspate sicherlich eine ausgeprägte aristokratische Schippe ziehen würde, wenn er noch am Leben wäre. Gleich an ihrem Ende steigt ein kleiner steiler Pfad noch etwas höher und leitet nun den waldreichen Abschnitt entlang Eberswaldes hoher Kante ein, umspielt von krummen Pfaden und ein paar abgelatschten Stufen.

Ein paar Schritte später lässt sich vom oberen Rand der Schillertreppe noch ein zweiter Blick auf die Stadt werfen. Fast am selben Ort hat sich zwischen die ganzen Zeitgenossen des 18. Jahrhunderts ein Herr Luther verirrt, der einer alten Eiche seinen Namen leiht. Gemeinsam mit der mondänen Schillertreppe und dem noch recht jungen Wunderkreis, einem gepflasterten Labyrinth nach alten Vorlagen, gestaltet diese eine schöne und besondere Parkanlage.

Am Waldcampus, Eberswalde

Gleich gegenüber taucht der Stadtrundweg nun in lichten Laubwald ein, dessen Boden sich in sanften Wellen gebärdet. Vom hiesigen Schulwald fällt vor allem ein Barfuß- und Geschicklichkeitspfad ins Auge, jetzt in der Jahreszeit, wo fast alles hier nur ein bis zwei Farbtönen entstammt. Angenehm ergänzend begleitet ein goldbrauner Laubteppich die Schritte bis zum dritten Aussichtspunkt, der einen eigenen Bergnamen bekommen hat. Dutzende Pfade durchziehen den offenen Wald und versuchen vom Wege abzulenken, doch die Markierung ist verlässlich.

Auf dem Stadtrundweg

Waldcampus

Ein kurzes Verlassen führt uns zur Ministadt rund um den gemütlichen Campus des Instituts für Waldökosysteme, und auch hier treffen sich Altes und Modernes in gelungener Weise, selbstredend stark holzbetont. Dass Eberswalde nicht nur durch seinen Forstbotanischen Garten mit dem Thema Wald zu verknüpfen ist, wird spätestens an diesem Ort klar. In der campuseigenen Kita wird gerade fleißig gebastelt, aus der Mensaküche tönt das Klirren von Geschirr und erweckt den Magen zu einem leichten Knurren. Da kommt die wohnliche Bushaltestelle gerade recht für eine Pause.

Waldweg am Versuchsgarten

Die Gebäude rund um die Haltestelle lassen an die geniale Sendereihe Geheimnisvolle Orte denken. Davor stehen einige sehr spezielle Nadelbäume, an deren Ästen winzige Zapfen hängen. Auf der Ecke steht als wuchtige Skulptur und von armesdicken Edelstahlrohren gestützt der aufgestellte Fuß eines Baumes, der zu olle Hardenbergs Zeiten schon zwei Personen zum Umfassen des Stammes gebraucht hätte.

Wie als Kommentierung des Themas führt der nächste Wegabschnitt nun durch verschiedenste Arten von Forst, zunächst vorbei an betagten Douglasien, dann an kleinen Fichtenwäldchen, jenseits der Landstraße auch an einem Versuchsgarten mit verschiedenen Beeten. Der Waldboden ist gut getränkt von den letzten Tagen.

Im Schwärzetal

Schwärzetal

Noch einmal recken sich einige alte Douglasien, bevor der Weg nun unvermittelt hinabsteigt ins idyllische Tal der Schwärze. Die hat keine zwei Kilometer flussaufwärts das Nonnenfließ unter den Arm genommen und bahnt sich nun bogenreich ihren Lauf durch den breiten, morastigen Talgrund. Die breiten Uferflächen sind vom Wild zerlatscht wie ein mittelalterlicher Marktplatz oder die Wiesen von Wacken nach verregneten Festivaltagen.

Lehmhütte im Schwärzetal

Pittoresk-rumplige Stege locken über das glasklare Wasser ans andere Ufer, und auch der Kleine Stadtrundweg hat dort die Herthaquelle ins Visier genommen und umrundet nachfolgend das Gelände des beliebten Zoos. Doch wir sind angefüttert durch das naturnahe Antlitz des Schwärzetals und bleiben dem Bach treu. Vieles liegt quer und zeugt von windigen Tagen sowie dem Prinzip des Liegenlassens. Aus querliegendem Waldkram scheint auch die kleine Informationshütte gebaut. Die besteht zum Großteil aus Lehm, und es ist gut zu erkennen, wie er verbaut wurde.

Zainhammer Mühle

Zainhammer Mühle

Immer uriger wird es, zugleich geht der Bach in die Breite, nimmt sich seinen Platz. Voraus gibt sich ein Buchfink erfolgreich als Laubblatt am Zweig aus, stellt die mitgeführten Brillen infrage und macht also seinem Namen alle Ehre. Währenddessen kommt der Bach nun ins Mäandern, bevor er sich im Zainhammer See so richtig breit machen darf und dort zur besten Ententreffe avanciert. Der kurze Abstecher zur Zainhammer Mühle lohnt nicht nur wegen des Seeblickes und des kleinen Wassersturzes, sondern auch der schönen Rastbank wegen, die es sich zwischen den leuchtend blauen Türen bequem gemacht hat und das gerne weitergibt.

Spazierweg am Forstbotanischen Garten

Noch immer begleitet der Weg im Groben den Bachlauf, obwohl das Wasser die meiste Zeit nicht zu sehen ist. Nach einem kurzen Stück ruhiger Straße beginnt links ein großzügiger Fuß- und Radweg, der rege benutzt wird. Das geht auch nachts, denn Laternen begleiten seine gerade Linie. Bald leuchtet links als knallig roter Farbakzent das Tor zum Forstbotanischen Garten. Dessen Gelände ist leicht hügelig und eigentlich einen eigenen Tagesausflug wert, und so drehen wir nur einen kurzen Schlenker, finden uns kurz in den Alpen wieder und gewinnen einen ersten Eindruck, der selbst im diesigen Grau eine Verlockung hinterlässt. Weiter unten bahnt sich die Schwärze ruhig ihren Weg.

Im Forstbotanischen Garten

Wieder versuchen einige Pfade, vom rechten Wege abzulenken, doch wir folgen dem breiten Knirschweg, bis bei der Oberförsterei und dem Waldsolarheim ein letztes Mal die Waldthematik aufgerufen wird. Hier übernimmt nun die Brunnenstraße, die mit edlen Villen und riesigen Gärten wiederum an die Kurthematik anknüpft. Beides vereinend und noch das Thema Stadtgrün hinzufügend taucht die gerade Linie des Weges in den zauberhaften Park am Weidendamm ein, der länglich den Wassern der Schwärze folgt und diese in spielerischer Weise aufgreift.

Park am Weidendamm

Der Park ist gut genutzt von alten Altersklassen und wirkt doch an keiner Stelle überfüllt. Es kann gespielt, gekneippt oder geklettert werden, wahlweise auch ganz klassisch spaziert oder nur so auf der Bank gesessen. Und natürlich – auch hier gibt es respektable alte Bäume, die am Ufer des Teiches sogar so eine Art stehende Tanzperformance für die Ewigkeit aufführen.

Schnelle am Weidendamm, Eberswalde

Die zentraler gelegene Ententreffe liegt direkt vor den Schnellen an der Brücke beim Weidendamm, und damit das Tagesthema nicht vergessen liegt, liegen am anderen Ufer die Alte und Neue Forstakademie. Wer die urbanen Enten gründlich studieren möchte, kann das übrigens gut vom kleinen Bistro aus tun.

Stadtpromenade am Finowkanal

Ein paar Schlenker schaffen die erste, kurze Berührung mit nennenswertem Verkehr, bevor die letzten Schritte nun dem schönen Finow-Kanal gewidmet sind. Zu beiden Seiten laden Treidelwege zum genießerischen Schlurfen ein, am Ufer gibt es Bänke und breite Stegterrassen, um sich vom Schlurfen zu erholen. Bevor man schließlich wieder richtig in der bewegten Welt mit ihren hastigen Leuten, Ampeln und Fahrzeugen auftaucht, weckt die breite Strandpromenade am anderen Ufer nun erstmals Vorfreude auf ganz andere Jahreszeiten – solche mit kurzen Ärmeln, kurzen Schatten und eisgefüllten Waffeln.










Anfahrt ÖPNV (von Berlin): ab Berlin-Ostkreuz Regionalbahn nach Eberswalde, dann Bus ins Zentrum (ca. 1-1,25 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): Landstraße über Bernau und Biesenthal; Landstraße über Ahrensfelde und Tiefensee; Autobahn (jeweils ca. 1-1,25 Std.)

Länge der Tour: 11 km (Abkürzungen sehr gut möglich)

Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Tourismus Eberswalde

Artikel über Eberswalde

Broschüre mit Stadtrundwegen (S. 28)

Paul-Wunderlich-Haus am Markt

Wunderkreis an der Schillertreppe

Waldcampus Eberswalde

Zainhammer Mühle

Forstbotanischer Garten Eberswalde

Einkehr: Café Gustav am Markt
Zum Weidendamm, Eberswalde
zahlreiche gastronomische Angebote im Ortsgebiet

Kunsterspring: Leuchtende Moose, Hubertus am Grill und das enge Tor ins Erdreich

Zweitausendzwanzig – das hat wahrhaftig Klang, und als 2020 hat es auch noch ein schönes Gesicht von Ebenmaß und Ausgewogenheit, wie es im laufenden Jahrhundert bisher selten war. Ohne großen Paukenschlag hat das Jahr von 2019 den großen Schlüsselbund übernommen und erstmal einfach weitergemacht, ohne sich kapriziös zu inszenieren. Dafür werden mit Sicherheit und auch ausreichend andere Kanäle sorgen.

Die Kunster nahe der Blockhütte

Wer sich nun die Entspanntheit genehmigt, bereits jetzt von den Zwanziger Jahren zu reden, lässt in vielen Köpfen Bilder und Stimmungen aufgehen, die ja jüngst selbst bei Leuten gezündet wurden, die mit dem Thema noch nie in Berührung kamen. Zu verdanken ist das einer aufwändig produzierten Fernsehserie aus der erfahrenen Babelsberger Schmiede, zu deren dritter Staffel im vergangenen Mai die letzte Klappe fiel und die noch in diesem Monat anlaufen wird – zunächst exklusiv im Bezahlfernsehen.

Steg über die junge Kunster

Davon abgesehen sieht das Jahr also erstmal recht unaufgeregt aus, was auch für den Winter gilt, der eher mit nassen Lappen um sich schlägt als mit prall gefüllten Federkissen. Immerhin gab es ein paar Frostnächte, doch ansonsten hat man stellenweise eher das Gefühl von Vorfrühling. Auch die Vögel lassen manchen Meisenknödel kalt lächelnd und unbewegt links hängen, ist doch noch oder schon einiges Gewürme und Gekrabbel unterwegs. Erste Schneeglöckchen bieten zaghaft ihre blassgrünen Laubstängel zur Kenntnisnahme an.

Nach zumeist nassen Januar-Tagen bringt sich nun die Sonne wieder ins Spiel, erstmal hier und da, dann einen halben und bald schon einen ganzen Tag, dabei stets im Spiel mit Wolken von vielerlei Gestalt. Das blasse und zugleich klare Licht des Januars ist stets ein ganz besonderes, da es ohne große Konkurrenz knalliger Farben und Effekte ganz für sich wirken kann und die meisten Menschen direkt ins kälte- und dunkelheitsgeplagte Herz trifft. Gut genießen kann man das in großer, himmeloffener Weite, doch genießerischer noch lässt es sich im Wald auskosten, wo jede Wolke, jeder Stamm und jede Windbewegung für kleine Extra-Vorstellungen sorgen, in kurzer Taktfrequenz.

Moosweg im Walde

Im Januar, wenn vielerorts Saure-Gurken-Zeit ist, die Gasthäuser Urlaub haben und viele Leute lieber lauschig warme Thermen oder andere Wohlfühl-Rahmen aufsuchen, ist die beste Zeit, um publikumsstarke Touristenziele aufzusuchen und sie vielleicht mit nur wenigen teilen zu müssen. Eins davon, eher regional beliebt und sonst nicht allzu sehr bekannt, ist Kunsterspring, wo sich eine elegante Kombination findet.

Möchte man mit den Kindern einen schönen Tag im Freien verbringen, mit Tieren, Wasser und Spielplatz und einem gut aushandelbaren Anteil an Spaziergang, dann lässt sich das in Kunsterspring gut umsetzen. Der genannte Anteil wiederum ist in Verbindung mit der benachbarten Gaststätte Eichkater nahezu perfekt geeignet, wenn man einen geschätzten Menschen mit eher abweichenden Interessen für das Draußensein unterm Brandenburger Himmel begeistern möchte. Vielleicht die Patentocher oder auch die Patentante, vielleicht den sofageübten Lebenspartner oder die jüngste Bekanntschaft, der man zeigen möchte, wo man glücklich ist, wo man sich kennt.

Blick über den Tornowsee

Der kleine Tierpark mitten im Wald hat viel Seele, ist wunderschön gelegen und eigentlich für sich allein schon völlig ausreichend als Ziel für einen Ausflug. Angenehme Ergänzungen sind die erwähnte Gaststätte, doch auch die Fischerei schräg gegenüber. Hier gibt es kostenlos den Duft von Räucherofen, für etwas Geld auch Fisch für später oder Fischbrötchen für gleich. Reinbeißen lässt sich gleich auf der Terrasse mit Blick auf die Kunster, die an dieser Stelle einen länglichen Waldweiher aufspannt. Bis vor gut hundert Jahren stand in Kunsterspring noch eine Mühle, die zuvor hundert Jahre allerlei Dienste verrichtet hatte. Heute gibt es hier eine Waldarbeitsschule mit zahlreichen hübschen Gebäuden. Der zuständige Bus verkehrt leider nur an den Schultagen.

Die kurze Passage entlang des wohlgelaunten kleinen Baches zählt zum schönsten, was sich in dieser Kategorie innerhalb der Grenzen Brandenburgs finden lässt. Nicht weit von hier gibt es nördlich der Boltenmühle noch den Binenbach, wo das Vergnügen vom Relief her noch ausgeprägter, dafür jedoch nur halb so lang ist. Auch die Gegend um Biesenthal spielt in dieser Liga mit, natürlich das unvergleichliche Schlaubetal oder die Märkische Schweiz.

Lebensbäume am Uferweg, Tornowsee

Doch die Kunster hat neben der Verspieltheit ihres Laufes und des umgebenden Reliefs, der Waldvielfalt und dem schilfbreiten Tal im Unterlauf noch eine weitere Besonderheit, die in dieser Ausprägung wirklich selten anzutreffen ist: sie wird begleitet von einer großen Zahl von Quellen. Und diese Quellen sind von Anfang an sehr freigiebig – nicht, dass den ausgedehnten und vermatschten Quelltöpfen hier und da ein Tröpfchen entsickert und sich die Rinnsale dann irgendwann zu etwas erkennbar Fließendem vereinigen, hier legt bereits nach wenigen Fließmetern ein Bächlein los, dessen Vorwärtsdrang zu sehen und zu hören ist und dessen Wasser sich an vielen Stellen gleich eine Stufe tiefer stürzt, bevor es der Kunster zuströmt.

Im unteren Kunstertal

Wer diese Passage nicht zu ersten Mal geht, das schon einmal gesehen und erlebt hat, wird ein paar Jahre später wieder von Neuem ins Staunen geraten, so zauberhaft und mannigfaltig ist dieser Bachlauf. Als besonderen Luxus gibt es schöne Waldwege auf beiden Seiten des Tales, so dass niemand denselben Weg zurückgehen muss. Auf halber Strecke steht eine für die Ewigkeit gebaute offene Blockhütte bereit, die Lee-Seiten zu allen vier Himmelsrichtungen anbietet. Übers Wasser führt an dieser Stelle ein uriger und tiefliegender Steg, dem man es sogar verzeihen würde, wenn er nicht benutzbar wäre. Wenn er alleine als Augenschmaus in der romantischen Kulisse fungieren sollte.

Am Kunsterweiher hinter der Fischerei Kunsterspring

Kunsterspring

Manchmal ist auch im Januar noch Jagdsaison, und so sind im Wald die letzten Kilometer vor dem Tierpark gesäumt von endlosen Wäscheleinen, auf denen alle zwei Meter ein helles Tuch hängt. Schilder und Personal in Neonfarben weisen darauf hin, dass sich die Tour problematisch gestalten könnte, denn die zweite Hälfte der Runde soll mitten hindurch gehen durch das Jagdgebiet. Naja, das sind Probleme von später und dann vor Ort zu lösen.

Klares und Diffuses

Im Tierpark ist schon gut Betrieb, der Parkplatz halb gefüllt und überall sieht man gestiefelte, bunte Kinder tollen. Zwei Esel schicken einen vokalen Gruß an die Sonne, die Wölfe hingegen halten sich bedeckt und die häuslichen Enten auf der Kunster werden langsam wach. Hier im Wald ist es etwas kühler als draußen, die Baumstämme sind dunkel vom jüngst durchgezogenen Regen, der Waldboden gut getränkt und die Moospolster fast schon knallig grün. Die Dame vom Tierpark huscht kurz rüber zur Fischerei und holt sich was für die Pause, und wir hängen uns gleich dran. Mit einem frischen Fischbrötchen am Wickel den ersten Blick über die flach dahinplätschernde Kunster schicken und dabei den Duft des Räucherholzes inhalieren, das ist doch ein passabler Tagesbeginn.

Steg zur Blockhütte

Ein Typ von Holzfällerformat ist grade mit einem halbsohohen Mädchen im rosa Anorak in der kleinen Ofenkammer zugange, die Öfen werden bestückt und im nächsten Schritt demonstriert, wie die großen Hartholz-Kloben für den Nachschub in ofentaugliche Größe gebracht werden, mittels einer blinkenden Axt und hinterm Haus. Dann wieder zurück, fachmännisch nachgelegt und eine wichtige Lektion beendet. Die Lütte fragt viel nach, ist interessiert.

Rasthütte am Bach

Ein kleines hölzernes Portal lädt ein ins Tal der Kunster, das mit seinen herrlichen Waldpfaden sofort in die Vollen geht. Der würzige Duft wird fast den ganzen Tag begleiten, auch wenn die Art des Waldes häufig wechselt. Der Wegverlauf über wurzlige Nadelpfade und breitere Wege spart auch die dritte Dimension nicht aus und sammelt eine Reihe Höhenmeter. Die Entlohnung folgt sofort, denn der Taleinschnitt prägt sich mehr und mehr aus und gestattet immer wieder schöne Einblicke in den gewundenen Miniatur-Canon. Alle paar Minuten wird ein neuer Quelltopf passiert und beantwortet nach und nach die Frage, wie die Kunster nach so wenig Fließlänge schon so breit sein kann.

Lauf der Kunster

Gegen Ende des breiten Wassers zeigt sich schon der Charakter eines Urwaldes, wo alles, was gestürzt oder gestrauchelt ist, eben genau so liegen bleibt. Verschiedenste Stadien von Vermorschung sorgen für gleichermaßen archaische und morbide Gemälde im Großformat, zu groß für jede Wohnzimmerwand. Das Licht wird über den kahlen Wipfeln aufgefächert und streut diffus bis zum Wasserspiegel. Knackscharfe Spiegelbilder gestrauchelter Krummstämme schweben zwischen diffusen Grünstufenübergängen. Bald übernimmt Bruchwald. Auf dem vergehenden Stamm einer gefallenen Erle fußt ein meterhohes Fichtenbäumchen, das schnurgerade gen Himmel wächst. Kurz darauf führt der erwähnte Steg ans andere Ufer und empfiehlt mit Nachdruck eine Rast zwischen den Blockstämmen.

Die große Fichte kurz vor der Orchideenwiese

Im Wald selbst dominieren verschiedenste Erdtöne, zwischen denen das vor Kraft strotzende Moosgrün fast wie eine geisternde Art von Lichtquelle erscheint. An einzelnen Stämmen ist es, Gamaschen gleich, bis auf Meterhöhe hochgestiegen und lässt nun keinen Zweifel mehr daran, dass die Schritte hier durch einen Wald der Märchenwesen gelenkt werden. Dies bestätigt wenig später eine unerwartet auftauchende und weite Lichtung, wo sichwohl zum Abend nicht nur Hase und Fuchs gute Nacht sagen, sondern einen Augenblick später auch die Feen ihre zarten Tänze zeigen. Eine enorme Fichte kurz vor dieser bodenklammen Lichtung muss jede von ihnen kennen. Ganz real wird hier die Zauberwelt in der farbenprächtigsten Jahreszeit und selbst bei Tageslicht, wenn auf diesen Feuchtwiesen neben unzähligen verschiedenen Blüten auch solche von Orchideen zu sehen sind.

Die Kunster im lichten Bruchwald

Schon kurz nach der Lichtung wird die Natur im Tal immer uriger, die laubbedeckten Flanken zeigen sich mutiger und wagen steilere Gefälle. Der Bach versinkt mehr und mehr in seiner Furche, die gewunden ist wie eine spazierende Schlange. Nun steigt die Zahl der Quellen spürbar an, von denen jede zum Stehenbleiben drängt, auch zum Lauschen. Bei der nächsten Brücke ist die bekannteste von ihnen erreicht, die mit einer wahren Besonderheit aufwarten kann.

Der eingeschnittene Bach

Wer das Ufer wechselt und von den Rastbänken ein paar Schritte hinabgeht, findet auf Bodenhöhe eine Art Kochstelle, in der munter ein kaltes Süppchen brodelt und zu der man sich umgehend bücken möchte. Wie auf mittelgroßer Flamme ist hier schon seit Ewigkeiten ein Eintopf in der Zubereitung, dessen Basis feinster Sand darstellt, der in vielfachen Strudeln verwirbelt wird. Mit zum Rezept gehören auch vollgesogene Kiefernzapfen, Stöckchen und Laub aller Blattgrößen sowie faseriges Holzgulasch. Immerwährend strömt quellfrisches Wasser nach.

Nebenquelle am Rande

Wer nun schon in die Hocke oder sogar auf die Knie gegangen ist, könnte neugierig sein, einmal den Zeigefinger in einem der Strudel zu versenken. Doch das sei mit Vorsicht zu genießen, auch wenn keinerlei Verbrühungsgefahr besteht. Wer also seinen Finger hier ehrfürchtig versenkt, wird mit einem kaum spürbaren Pulsieren in einer anderen Welt begrüßt. Wer es hingegen zu weit treibt und mehr als die halbe Hand eintaucht, muss einen kurzen Ruck und infolge einen nassen Arm bis zum Ellenbogen befürchten, wenn die da unten gerade auf Krawall gebürstet sind.

Steg zur bekanntesten Quelle

Ein ebenbürtiges kleines Wunder dieser unauffälligen Stelle zeigt sich dem Geduldigen, der langsam fokussiert, behutsam scharf stellt und sich dann noch etwas tiefer beugt. Zwischen all den kleinen bis kleinsten Waldzutaten huscht es hier und da, auch dort, wo keiner der Strudel hinreicht. Kleine krumme Teilchen, vielleicht Samen oder Nadeln? Je länger man den Blick hält, desto mehr nimmt das Hin und Her zu – vergleichbar mit dem wolkenklaren Sternenhimmel, der immer voller noch von Lichtpunkten wird, je länger man hinaufstiert. Irgendwann sind Beine zu erkennen, eine Zielgerichtetheit und die Struktur der Körper.

Bachflohkrebse sind bekannt dafür, dass man sie selten antrifft und wenn, dann nur an äußerst reinen Quellen. Da es nach weiteren Sekunden des Beobachtens fast schon aussieht wie auf dem Alex um die Mittagszeit, muss das Wasser hier von allerbester Qualität sein. Es fällt schwer, sich von diesem Anblick loszureißen, auch wenn man keine Flöhe mag. Und kann gut sein, dass man auf den Metern hinauf zu den Bänken noch den Rest eines versonnenen Grinsens im Gesicht trägt.

Am brodelnden Sande

Es spricht nichts dagegen, an dieser Stelle umzukehren und am anderen Ufer den Rückweg anzutreten, vielleicht mit einer weiteren Pause dort im Blockhaus. Wen es hingegen nicht stört, dass der Höhepunkt dieser Tour bereits am Anfang verpulvert wurde, und wer noch neugierig geblieben ist auf andere Waldlandschaften, vielleicht auch einen See, kann hier noch beliebig viel Weg anhängen, um eine schöne Stunde oder drei verlängern. Mit der Unklarheit um den Stand des Jagdgeschehens im Nacken ist die Vielfalt der möglichen Varianten recht beruhigend. Dennoch ist zu sagen, dass ein Teil der ab hier begangenen Wege etwas Entdeckergeist und gewisse Grundlagen an Beinmuskulatur verlangt sowie ein winziges Maß an Leidensfähigkeit.

Gerader Weg durch den Wald, gezähmt

Der Ursprung der Kunster scheint in einem grasigen Bruchwald zu liegen, dessen Stämme recht hoch gewachsen sind. Gleich dahinter quert ein breiter Waldweg, und kurioserweise findet im Wiesengrund jenseits dieses Weges ein anderer Bachlauf seinen Ursprung, der die Linie der Straße zur Wasserscheide adelt – wenn auch mit ganz kleiner Hausnummer, denn beide Wässer finden schon im nahen Ruppiner See wieder zueinander. Doch immerhin.

Gerader Weg durch den Wald, von der Kette gelassen

Das folgende Stück Weges sieht auf der Karte aus wie ein langer, schnurgerader Forstweg von gleicher Gestalt, hat in der Tat jedoch weit mehr zu bieten. Nachdem der Forstweg als solcher gemeinsam mit einem Radweg links abbiegt, will die gerade Linie erstmal wiedergefunden werden. Da nach wie vor der gesamte Waldboden von einem bronzefarbenem Laubteppich bedeckt ist, gibt es viel Interpretationsspielraum. Links und rechts der gedachten Linie ruhen auf unterschiedlichen Höhenniveaus große Weiherpfützen, unverbunden miteinander und durchaus eindrücklich.

Bei Fledermaus ums Eck

Der gesamte Waldboden ist leicht bewegt, selten mal eine gerade Stelle. Die Spur des Weges ist bald wieder da, doch schlägt sie tiefe Wellen, die zum Teil mit Wasser gefüllt sind. Dieser in allen Dimensionen ausgefahrene Weg, der im späteren Verlauf an eine Weiherkette denken lässt, würde wohl selbst einen Unimog an seine Grenzen bringen, nicht zuletzt wegen zahlreicher querliegender Bäume. Laufen lässt sich mal direkt in den Mulden, mal am Rand, verbunden mit etwas Steigen und Bücken. Manchmal jedoch kommt man kaum umhin, ein langsames Irgendwohineingleiten in Kauf zu nehmen, falls es schlecht läuft. Heute ohne Gummistiefel so eine Sache. Doch die Optik ist grandios, die Pfützen werden immer ausladender, und wenn man wieder einmal hier lang müsste, würde man dieses Wegestück nicht aussparen.

Kleiner Waldweiher

Als dann die Optionen gänzlich schwinden, entdecken wir einen rechts nebenher laufenden grasigen Försterweg, der gerade recht kommt. Nach diesem rettenden Schlenker erreichen wir das Ende dieses Weges der ganz eigenen Kategorie und haben nun wieder einen völlig normalen und ebenen Waldweg unter den Sohlen. Der Wald ist lichter, der Laubteppich unverändert, und am Ende eines Schutzzaunes steht lötkolbenschwarz auf Holz der Hinweis, dass hier Fledermaus wohnt.

Waldweiher

Unvermittelt, wie vorhin die Lichtung im Tal der Kunster, erscheint voraus ein verschwiegener Waldweiher, auf dem Sonne und Wolken gerade etwas mit dem Licht tuschen. Einige Äste ragen aus dem Wasser und am Gegenufer huscht etwas nicht allzu Kleines. Direkt dahinter steht zwischen einigen Fahrzeugen, nicht minder überraschend, der Bernd am Grill, auf dem sich kerzengerade lange Bratwürste der Parallelschaltung durch den Grillrost ergeben haben.

Waldweg vor zum Ruheforst

In der Hoffnung, vielleicht den aktuellsten Stand des Jagdgeschehens zu erfahren, fragen wir ihn kurz, doch mit dieser Jagd da drüben, jenseits der Landstraße, hat er gar nichts zu tun. Doch vergebens ist der eher bröckelnde Schnack dann doch nicht, denn er rät davon ab, noch weiter nach Süden zu gehen, da dort gerade eine andere Jagd läuft. Die wird wohl auch bald vorbei sein, wenn ich mir so den Garzustand des Grillguts betrachte, und alle werden sich wohl sehr auf diesen Tagesordnungspunkt freuen, wahrscheinlich schon seit dem fahlen Morgengrauen.

Sohlenschmeichelnder Moosweg auf dem Weg nach Stendenitz

Das heißt für uns, dass der Extrabogen um den nächsten Waldweiher heute besser ausfällt, denn wir sind zwar durch die neongelbe Rucksackhülle gut vom fliehenden Wild zu unterscheiden, doch dieses Risiko ist zu hoch – irgendwie blöde laufen kann es immer. Zudem führt ein bequemer und schöner Waldweg per Luftlinie vor zur Straße, wo nun der schönste Ausgleich kommt – gerade eben werden die letzten Warnschilder abgebaut, die lange Wäscheleine im Wald liegt schon am Boden. Die Jagd ist hier vorbei und der Weg kann fast wie gedacht fortgesetzt werden.

Pflasterstraße entlang des Rottstielfließes

Kurz zuvor kommt zaghaft ein schneeweißes Hochbeinauto abgebogen und hält am Parkplatz. Ehrfürchtig und ebenso zaghaft findet ein edler und vielleicht maßgefertigter Schuh mit zahlreichen Stanzlöchern den Waldboden, ihm folgt ein schlanker Mann im eleganten Mantel. Mit einer orangenen Rose in der Hand und Stille im Blick. Noch ehe wir uns fragen können, warum man so zur Jagd geht, erkennen wir rechts im Wald ein eigenartiges System von Wegen und verschiedenfarbige Plaketten an den Bäumen – es ist ein Ruheforst. Womit alles erklärt ist.

Ruheforst

Jenseits der Straße weisen Schilder nach Stendenitz und zum Zeltplatz. Ein paar Autos kommen von dort, zum Teil vielleicht Jäger im Feierabend, zum Teil Zeltplatz-Urlauber auf dem Weg nach Neuruppin. Bei der dritten Möglichkeit biegen wir ab und lassen den Verkehr hinter uns. Der war zwar kaum der Rede wert, doch waren wir zuvor so tief im Wald, dass es jetzt auch wieder schön ist. Ein bisschen rumpelig zeigt sich der Wald auch hier wieder, einiges Zweigholz liegt quer und später haben riesige Reifen den Weg gemustert, mit Profilrillen, in deren Gegenabdruck der ganze Schuh verschwinden kann. Zwischendurch liegt am Eck ein Fichtenwäldchen, in das wir kurz reinkrauchen und das gedämpfte Licht genießen, wie es so nur Fichtenwald kann.

Sumpfzypressen am Ufer des Tornowseees

Nach dem Kampf mit dem Profil und dem Queren eines breiten Weges aus knöcheltiefem Schlamm – Winterzeit ist Waldaufräumzeit – folgt bald ein anmutiger Weg, breit gepflastert mit saftig grünem und hochflorigem Moos. Das schmeichelt den Sinnen und verhilft zugleich den verschlammten Schuhen zu einer Vorwäsche, solange die graue Substanz noch nicht ausgehärtet ist.

Campingplatz Stendenitz

An den Ausläufern eines Lehrpfades, der hier gerade in eine Betonpfütze gebannte Tierspuren präsentiert, kommen wir zum Rand des Zeltplatzes und damit zur Straße, die auf gutem altem Pflaster den Weg nach Rottstiel antritt. Während links der bronzene Hang sanft ansteigt, ist auf der anderen Seite weiter unten das Rottstielfließ zu entdecken, das von dampfertauglicher Breite ist. Das erklärt sich, denn so passen hier auch kleinere Dampfer durch, mit denen man von Neuruppin bis zum nördlichsten schiffbaren Punkt dieses Seensystems an der schöne Boltenmühle schippern kann.

Blick über den Tornowsee

Der verbliebene Tee möchte getrunken sein, die zweite Pause ist ohnehin schon lange fällig, und so finden wir in einem Baumstamm am Wegesrand ein schönes Sitzmöbel, sogar mit ausgewachsenem Spechtloch als Tassenhalter. Währenddessen rammeln ein paar Jungs mit ihren knatteroptimierten Enduros vorbei, die bei Mutti in der Küche vermutlich gerade im Weg standen und zum Spielen geschickt wurden. Da Mutti vermutlich sehr deutlich geworden war, treffen wir sie und sie uns noch öfter.

Weg zwischen Tornowsee und Bachtal

Försterei Rottstiel

Mit kurzem Blick auf die Häuser von Rottstiel schwenken wir links auf den Uferweg ein, der nach und nach einen schönen Blick auf den Tornowsee freigibt. Dabei steigt der Weg leicht an, so dass von einer natürlichen Aussichtsplattform ein offener Blick über den See inklusive Halbinsel und Taille möglich ist. Am Rand wachsen verschiedenste Bäume, darunter auch eine stattliche Anzahl von Sumpfzypressen. Eine überdachte Rastbank dient einer fröhlichen Schar von Kindern und Erwachsenen als Ort für eine ausgedehnte Pause – was gibt es Schöneres, als bis dicht in die Dämmerung draußen zu spielen und trotzdem nach ein paar Minuten wieder in den behaglichen vier Wänden zu sein. An der nächsten kleinen Aussichtsstelle kommen uns zwei ältere Damen entgegen, zwischen denen in beide Richtungen ein reger Strom von Worten fließt.

An der Brücke über die Kunster

Jeder See hat seinen Haubentaucher, egal zu welcher Jahreszeit, doch der vom Tornowsee muss wohl gerade in der anderen Hälfte sein, nördlich der Taille. Nach einem flachen Quelltopf entfernt sich der Weg vom See, die Moppet-Jungs semmeln noch einmal vorbei und drehen hoch, und als die Stille dieses Tages wieder da ist, haben wir den abschließenden Part der Rahmenhandlung erreicht. Der Unterlauf der Kunster fließt durch ein breites, eher offenes Tal mit reichlich Schilf, doch die Zahl der Quellen ist hier nicht minder groß als vorhin im Wald. Von der Brücke über den Bach kann der Blick wieder ausschwärmen, diesmal über ein breites Nassland voller Schilf und abgestorbener Stämme. Der Biber ist förmlich zu spüren, hier und dort auch Bauwerke zu finden.

Randpfad am Unteren Kunstertal

Nach einem Stück Straße zweigt nach links ein breiter Weg ab, der bald auf Pfadbreite einläuft und dicht entlang des Schilfgürtels verläuft. Eine Handvoll morscher Brücklein helfen über quellfrische Zuflüsse, die direkt der Kunster zustreben. Hinten über dem offenen Tal wirft sich schon langsam der Himmel in Schale, mit blassrosa Wangen und gewisser kühler Distanziertheit. Ein breites Halbrund aus Bänken verweist auf den Wanderweg, der hier einmal offiziell war. Ein paar Schritte später öffnet sich die einzige Wiese, die das Schilfland unterbricht.

Kurz vor Kunsterspring

Voraus ist schon das erste Licht von den Tierpark-Häusern zu erkennen und gaukelt einem vor, gleich dazusein. Das war auch einmal so, doch mittlerweile ist das Gelände der Waldarbeitsschule komplett umzäunt, nicht mehr durchgehbar, und so ist zuletzt ein weiter Haken durch den Wald erforderlich, der auf den finalen Metern dann noch richtig schnuckelig wird. Vorher jedoch liegt noch eine Art Waldpark, mit Lehrpfad-Tafeln, schöne Wegen und einem anständigen Biberdamm.

Als wir nach einigem Gestrüppkontakt die Straße erreichen, setzt die Dämmerung ein. Der Tierpark hat gerade noch offen, ein paar späte Kinder dürfen auch hier noch spielen und die Enten sind mittlerweile rege am Schnattern, in bester Wochenendlaune. Am Eingang zum Eichkater locken schöne Schilder mit Kapitänstellern und anderen schönen Wörtern, doch leider ist hier Januarpause.

Neuruppin

Einkehr Hinter der Siechenhauskapelle, Neuruppin

In Neuruppin haben wir Glück. Zwischen Neuem Markt und der eindrucksvollen Klosterkirche liegt die Siechengasse, frei von Verkehr, und hinter der Siechenhauskapelle wartet nun Heilung für den rechtschaffend knurrenden Magen. Zwischen ganz alten Neuruppiner Balken warten Gemütlichkeit und wirklich gutes Essen, und beim winzigen Verdauungsründchen vor zur Uferpromenade schaffen klirrende Hafen-Maste und anschlagende Wellen ganz zuletzt noch einen kleinen Hauch von Winter.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin): von Berlin-Gesundbrunnen per Regionalbahn nach Neuruppin, dort weiter mit dem Bus (nur Mo-Fr)(ca. 1,75-2,5 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): über Autobahn nach Neuruppin, dann weiter über Land ODER B96 bis Löwenberg, dort auf die B167 nach Neuruppin und weiter über Land (ca. 1,5 Std.)

Länge der Tour: 17,5 km (Abkürzungen gut möglich: nur Oberes Kunstertal: bis Forststraße/WP5 und am anderen Ufer zurück insg. ca. 4 km; ca. 6-7 km der großen Runde abkürzen: von WP6 nach WP17 (exkl. ausgefahrene Passage) bzw. zwischen WP7 und WP17 (inkl. ausgefahrene Passage))


Download der Wegpunkte (WP)
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Forellenzucht und Laden Kunsterspring

Tierpark Kunsterspring

Wanderung entlang der Kunster

Touristische Karte des Kunstertals

Tornowsee bei Rottstiel

Einkehr: Eichkater, am Tierpark Kunsterspring
Waldschenke Stendenitz, am Campingplatz Stendenitz
Kiosk am Campingplatz bei der Försterei Rottstiel