Seit Ende Januar schon laufen Erlebniswochen, wie es im Marketing heißen würde – ein richtiger Winter liegt über dem Land, mit viel weißem Schnee und ohne böse Extreme, mal abgesehen von den üblichen Gewöhnungsproblemen für alle Verkehrsteilnehmer und moderne Fahrzeuge mit viel sensibler Elektronik.
Pünktlich zum Vorabend der Winterferien begann mit bedächtig herabsinkenden Flocken dieses prächtige Schauspiel und verteilte behutsam Balsam auf den wunden Seelen der meisten Leute. Wieder sah man Familien bei gemeinsamen, fast komplett analogen Aktivitäten wie Schneemannbau, Schlittenfahren oder schlichtweg gemeinsamer Winterspazier. Die unschuldige Schönheit und auch die Seltenheit lang währenden, reinweißen Schnees ist Anreiz genug für solche stille Übereinkunft der Altersgruppen, gemeinsame Freude unter freiem Himmel eine Zeitlang aller Peinlichkeit beraubt.
Endlich können auch die richtig dicken Wintersachen aus selten besuchten Schranktiefen geborgen werden, und so sehen viele Leute aus wie Schlafsäcke mit Beinen oder Inuit auf dem Weg zum Walfang und geben dieser ganz eigenen Art des Laufstegs einen letzten Schliff, bei dem ein schlankes Erscheinungsbild keinerlei Rolle spielt. Selbst der kindlich-liebenswerte Fäustling, sonst in den Innenstadtlagen eher belächelt, wird selbstbewusst an alle Größen von Händen gesteckt und darf gern auch besonders bunt sein.
Noch immer sollen die eigenen vier Wände nur aus gutem Grund und mit Gesichtsmaske im Gepäck verlassen werden, in der Entfernung zum Wohnort gibt es hingegen keine Einschränkung mehr. Wer also die Menschenleere beim Bewegen unter freiem Himmel sucht, tut das in besonders einsamer Gegend und kann gut damit leben, dass es nicht ganz so spektakulär zugeht.
Wer hingegen endlich wieder ein klassisches Touristenziel vom Kaliber Spreewald, Rheinsberg oder Stechlinsee besuchen möchte, sollte etwas Entlegenes mit eher verschachtelter Anreise wählen bzw. etwas, das in der Peripherie eines der großen Klassiker liegt und ähnlich viel zu bieten hat.
Im Spreewald könnte das der weitläufige Unterspreewald sein oder die Region zwischen Burg und Vetschau, bei Rheinsberg das zauberhafte Lindow oder vielleicht die seenreiche Gegend um Zechliner Hütte. Beim Stechlin ist es eigentlich recht einfach, denn auf dem Weg dorthin kommt man in den meisten Fällen durch das Dörfchen Menz, dessen Ortsbild ähnlich reizvoll ist wie das von Neuglobsow. Auch hat der fjordartig gewundene Roofensee einige Uferpassagen zu bieten, von denen der Stechlin nur träumen kann, und wenn er noch so schön und einzigartig und besungen ist.
Menz
Das Dorf liegt auf einem flachen Buckel zwischen dem Ostende des Roofensees und einem hinreißend schönen Talgrund, den ein Bachlauf prägte. In der Mitte plätschert dessen Wasser in Richtung Havel, die unweit des Ziegeleiparks Mildenberg erreicht wird. Vom anderen Dorfrand schon zu sehen und in wenigen Minuten erreicht ist die großzügig angelegte Badestelle am See. Das glasklare Wasser kann mit dem des Stechlin gut mithalten, auch wenn der Roofensee lange nicht so tief ist wie sein berühmter Nachbar.
Wenn man jedoch seine schmale Linie bedenkt und sich die Fortsetzung der steilen Uferhänge unter Wasser vorstellt, ergibt sich eine beachtliche Tiefe, welche wohl die allerwenigsten Wald- und Wiesentaucher entspannt erreichen dürften. Rechts des Strandes erhebt sich durchaus wahrnehmbar der bewaldete Hausberg mit einem überwachsenen Ringwall und bietet unterhalb seiner Flanke die Option, zum und vom Strand nicht denselben Weg nehmen zu müssen.
Um den offenen Dorfplatz, von dem man bereits die Kirche sehen kann, reihen sich allerhand schöne Häuser, oft mit Fachwerk. Darunter ist auch das Naturparkhaus Stechlin. Hier wird allerlei Zeitvertreib angeboten, sei es zum Aufwärmen, nach der Tour oder als Schlechtwetteroption. In normalen Zeiten gibt es auch Gastronomie im Menz, und so ist die weite Anreise an und für sich schon lohnend, selbst wenn man das Ortsgebiet nicht nennenswert verlassen möchte.
Themenrundweg „Von Moor zu Moor“
Ein sehr einnehmender Teil des Naturparkhauses, der nicht im staketumzäunten Areal liegt, ist der bezaubernde Rundweg „Von Moor zu Moor“, der im Prinzip den klassischen Rundweg um den Roofensee kunstvoll und mit gutem Gespür für das rechte Maß aufbohrt. Zwar ist absolut nichts einzuwenden gegen den beliebten ufernahen Zweistünder um den See, er zählt mit seinen steilen Waldflanken und dem verspielten und teils sehr schmalen Pfad am südlichen Ufer ganz klar zu den besonderen Seerunden in Brandenburg.
Doch wenn ein Thema – in diesem Fall das Moor – so liebevoll umgesetzt wird und sich tatsächlich an mehr als zwei Ecken der Tour wiederfindet, dann macht das wirklich Spaß und belohnt für manches Geschnaufe beim häufigen Rauf und Runter zwischen den Stationen. Charmant ist neben dem gelungenen Logo übrigens auch die Wegweisung mit dem roten Dreieck, das in immer wieder neuen Varianten erscheint.
Manchmal führt es auch in eine kleine Sackgasse, wo eine weitere Station oder ein schöner Rastplatz warten. Doch aus kleinen Verlaufereien erwachsen ja oft die schönsten Entdeckungen, und der Weg zurück ist niemals länger als zwei Minuten. Am Ende der Tour weiß man dann, wie die Wegweisung zu handhaben ist – um es bis zum nächsten Mal wieder zu vergessen.
Bei dieser Tour gibt es also zwischen den Wegen und Pfaden aller Größenordnungen, die teils von skandinavischem Gepräge sind, gut verteilt immer wieder Bruchwälder oder –wiesen und natürlich eine ganze Reihe kleiner bis kleinster Moore, die jeweils mit einem Stück Plankensteg und robuster interaktiver Informationsmechanik bedacht wurden. Und so ein Stückchen Bretterweg zwischendurch ist immer ansprechend. Keines der Moore gleicht dem anderen, sei es nun von der Erscheinungsform oder der umgebenden Topographie.
Bei der Umsetzung der einzelnen Stationen hatten Zimmerleute und Metallbauer, Naturkenner und Touristiker Spaß und in diesem Zusammenhang wohl auch ein angemessenes Budget zur Verfügung, so dass alles Verbaute nicht nur visuell und haptisch ansprechend, sondern auch von großer Haltbarkeit ist. Erfolgreich wird neugierig gemacht, und wer was wissen will, muss zumindest die Hände aus den Taschen nehmen und etwas in Bewegung setzen, um eine Antwort zu erhalten.
Wer Lust auf ein Stündchen mehr hat und der Besuchermenge an Wochenendtagen etwas ausweichen möchte, kann vorher noch einen Bogen nach Westen schlagen, sich durch den Wald zum erwähnten Talgrund treiben lassen und dann an dessen südlichem Rand zurück nach Menz spazieren. Beim Erreichen des ersten Hauses fällt dann die leicht erhöhte Lage des Dorfes auf. Ganz im Osten des Bogens ist übrigens etwas Interpretationsbereitschaft gefragt, denn einige der Wege sind ein wenig zugefallen.
Zur Wahl stünde für Familien übrigens auch ein knapp einstündiges Minimalprogramm mit Bergumrundung, -besteigung und –überquerung sowie anschließendem Strandbesuch, das auch für kurze Beine gut passen sollte. Auf dem Gipfel des Wallberges gibt es eine Rasthütte, an der Badestelle flaches Einstiegswasser und unterwegs viel zu entdecken.
Wem auch das noch zu aufreibend klingt, der geht vom Friedensplatz in Richtung Wallberg, überquert die Seestraße und setzt sich achtzig Meter später links auf die Bank, von der sich all das schön aus naher Ferne betrachten lässt. Und lauscht dort ganz in Ruhe dem, was die Jahreszeit gerade so zu bieten hat.
Anfahrt ÖPNV (von Berlin): von Berlin-Gesundbrunnen über Gransee nach Menz (ca. 1,5-1,75 Std.)
Anfahrt Pkw (von Berlin): über Land (verschiedene Varianten)(ca. 1,5-1,75 Std.)
Länge der Tour: ca. 18 km (blau, Abkürzungen vielfach möglich; zur Vermeidung verwachsener Wege von Wegpunkt 7 direkt zu 12);
Berg-Strand-Tour für kurze Beine (grün, ca. 2 km)
Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)
Links:
Naturparkhaus Stechlin in Menz
Faltblatt „Von Moor zu Moor“ (PDF)
Einkehr:
Künstlerhof Roofensee (Berliner Str., schräg ggbr. der Kirche)
© 2021, Wegesammler. All rights reserved.
Wie immer, verlockend geschrieben!