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Brandenburg: Havelinseln, alte Gemäuer und die Spur der Mopse

Die Stadt Brandenburg liegt ein wenig abgeschlagen im Westen des gleichnamigen Landes, und so kommt es vor, dass selbst Leute, die sich in den Landschaften Brandenburgs gut auskennen und in Regelmäßigkeit dorthin ausschwärmen, nur vereinzelte Bilder der alten Stadt an der Havel aufrufen können. Vielleicht den Dom oder die Jahrtausendbrücke, einen der vielen Marktplätze oder einen schattigen Uferweg. Viele haben schon häufig Potsdam, Cottbus oder Frankfurt besucht, sind tief vertraut mit den Landschaften von Barnim und Prignitz, der des Flämings oder dem Land zwischen Oder und Spree.

Die Brandenburger Jahrtausendbrücke und der Turm auf dem Marienberg

Ob das daran liegt, dass Brandenburg schon näher am altmärkischen Genthin liegt als an Potsdam oder an längst überholten Gedächtnis-Szenen mit bröckelndem Putz und kleinstädtischer Tristesse zwischen Bahnhof und Innenstadt, ist ungewiss. Tatsache ist, dass es in keiner Weise übertrieben ist, sich einen kompletten Tag für das erste Vertrautmachen zu genehmigen, um sich bei späteren Besuchen gezielt einzelnen Details zu widmen. Danach wird man ein Stück seines Herzens an diese Stadt verloren haben und sich fragen, warum man nicht schon längst und auch viel öfter hier war.

Blick vom Marienberg zum Haveltal und den südlichen Wäldern

Eine überaus geschätzte Kollegin hat ihre ersten Lebensjahrzehnte in der Stadt Brandenburg verbracht, weiß also bestens, wie geschunden und abgewirtschaftet es zum Teil zwischen den Havelarmen und drumherum aussah. Nach der politischen Wende passierte erst einmal nicht viel, doch in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten ist so viel angepackt worden, dass man nach dem Stadt-Spaziergang der Meinung ist, die erste Renovierungs-Runde sei nun abgeschlossen, was Verkehrswege, Häuser und öffentliche Flächen betrifft und noch so vieles andere. Allen Verantwortlichen und Beteiligten sei an dieser Stelle symbolisch ein faustsprengender Blumenstrauß überreicht, ehrfürchtig und mit herzlichem Dank.

Jedes Mal, wenn die erwähnte Kollegin ihre Stadt besucht, staunt sie aufs Neue und ist regelrecht erfüllt von der gelungenen und langlebigen Form der Anerkennung gegenüber dieser geschichtsträchtigen Stadt, über neues und wiedererwachtes Leben an vertrauten Orten, die stillstanden oder verfielen. Ihre anschaulichen Schilderungen bewirken, dass ich sie während der Tour immer mal wieder vorbeihuschen sehe, trödelnd zu Fuß mit dem Schulranzen auf dem Rücken, einen Kopf größer und ein paar Lenze später mit der Umhängetasche auf dem Rad, eine Haarsträhne aus der Stirn pustend, oder schnell und behende auf der Havel, in einem muskelbetriebenen Boot mit schmalem Rumpf.

Der Domstreng zwischen Mühlendamm und Dom

Auffällig im Stadtgebiet ist, dass allem, was in neuer Schönheit erstrahlt, ausreichend Pflege zukommt, nichts ungeliebt erscheint. Alles ist gepflegt, doch nichts geschniegelt, sodass es stets einladend und gemütlich bleibt – auch das eine Form der Achtung gegenüber dem Geschaffenen. In der Folge rangiert die Stadt ohne Zweifel auf Augenhöhe mit Namen wie Potsdam und Templin, Rheinsberg oder Lübbenau. Zu vergleichen ist sie mit keinem dieser Plätze, denn charakterlich steht sie ganz für sich alleine.

Wie auch Potsdam wird Brandenburg auf besonders schöne Weise vom Wasser der Havel bestimmt, und obwohl streng genommen nur ein Haupt- und ein Nebenarm die Inseln von Neustadt und Dom schaffen, gewinnt man den Eindruck eines verflochtenen Wassernetzes mit zahlreichen Nebenkanälen und Hafenbuchten. Dementsprechend vergeht keine Viertelstunde bis zum nächsten Blick aufs Wasser und auf das zugehörige Treiben, das gemäß der Jahreszeit geschäftig oder übersichtlich ist. Setzt man sich im Sommer auf eine der vielen Bänke am Ufer, wird ein unterhaltsames Hin und Her der Größenordnungen geboten, angefangen vom tragbaren Paddelboot bis hin zum großen Dampfer Sirius, der irgendwie immer unterwegs ist zwischen Mühlendamm und den großen Seeflächen gen Westen. Dazwischen gibt es kleine Motorboote, die von da nach dort wollen, und mitteldicke Motorjachten, bei denen es eher ums Gesehenwerden geht, sowie eine ganze Zahl von solchen, die am ehesten einem überdachten Floß mit Außenborder ähneln.

Fußgängerbrücke auf die Neustadt-Insel mit Pauli-Kirche

Was alle Wege hier begleitet, sind zum einen ausreichend Bänke, jeweils mit Blick auf irgendetwas Schönes oder Beruhigendes. Ferner ist die Stadt durchzogen von Schilderbäumchen, die über Wegrichtungen und Sehenswertes informieren. Als drittes lässt sich an vielen Stellen der Altstadt sowie auf den Inseln der Erfolg eines Auswilderungsprojektes antreffen, wobei nicht bekannt ist, ob der NABU, eine staatliche Behörde oder die Stadt selbst dafür verantwortlich zeichnen. Zahlreiche Sichtungen in stabiler Zahl bürgen für den nachhaltigen Erfolg der Maßnahme. Wer die Stadt aufmerksam durchstreift, kann mit guter Erfolgsaussicht auf ein Exemplar des Waldmopses treffen. Die Tiere gelten als Einzelgänger, auf kleine Gruppen oder gar Rudel sollte man also nicht hoffen. Da sich die kleinen Reviere in Rufweite befinden, stehen nach einer Erstbegegnung die Chancen gut auf eine weitere Sichtung.

Steinstraße und Steintorturm in der Neustadt

Brandenburg an der Havel

Nach der erste Sichtung eines Waldmopses kann durchaus der photographische Jagdinstinkt erwachen, und so verleiht es einem ausgedehnten Spaziergang durch Brandenburg zusätzliche Würze, die Augen nicht nur über Türme und Fassaden, Straßenfluchten und Flussszenen schweifen zu lassen, sondern auch die direkte Bodennähe mit einzubeziehen. Wer mit einem wenig linearen Streckenverlauf leben kann, kommt am Ende vielleicht auf mehr als ein Dutzend Sichtungen. Zu diesem Wegverlauf verhalf mir die genannte Kollegin. Sie sandte mir zwei GPS-Tracks zu, die für leuchtende Augen sorgten. Wegen Entscheidungsproblemen wurden beide durcheinandergewürfelt und zu einer Tour ohne nennenswerte Doppelungen entworren. Sicherlich wird niemand dieser Knäuellinie folgen, dennoch empfehle ich genau das – nicht nur des guten Dutzends wegen.

Urlaubsimpression am Historischen Hafen

Neustadt-Insel

Noch vor wenigen Jahren war der Brandenburger Hauptbahnhof ein wenig einladender Ort, jetzt macht es Spaß hier auszusteigen. Zwischen Frankfurt/Oder und Brandenburg verkehrt jede halbe Stunde ein Zug, und so ist es eine kurze und auch kurzweilige Anreise hierher, die auch besondere Flussschwestern wie Potsdam und Werder streift. Vom Bahnhof kommend führt bereits nach ein paar Minuten ein Steg über den südlichen Wasserarm auf die Neustadt-Insel, die man zunächst gut und gerne für die Altstadt halten kann. Entlang des Wassers gibt es auf beiden Seiten einladende Spazierwege mit alten Bäumen, doch wir folgen zielstrebig und doppelt aufmerksam dem verknäulten Track auf dem GPS-Empfänger. Und haben schon am St.-Pauli-Kloster die erste Waldmops-Sichtung. Da noch ohne Kenntnis vom Auswilderungs-Projekt, betrachten wir das Tier behutsam und mit kindlicher Freude.

Die sonntäglich verträumte Hauptstraße

Die Steinstraße, mit ihren vielen Geschäften so etwas wie der Puls der Neustadt, endet am Molkenmarkt. Kurz darauf beginnt am markanten Mühlentorturm ein verträumter Uferweg. Zwischen einem stillen Binnenhafen und der Jahrtausendbrücke spaziert man wie durch einen weitläufigen Park, vorbei an einem schlafenden Schankgarten und dem historischen Hafen der Stadt. Gegenüber liegen Kleingärten, deren Lage einem Lottogewinn vergleichbar ist. Auf dem breiten Weg bringen Familienväter ihren Kindern das Skaten bei, während an kleinen Kiesstränden Kajaks und ähnliche Kaliber ins Wasser gelassen werden. Bei den Havelmetern zwischen Brücke und Hafen öffnen sich Stadtansichten, die zur Verzückung führen und hoffentlich ausreichend oft gemalt wurden. Freunden einer jeden Technik muss es hier in den Händen kribbeln, nach Pinsel oder Stift zu greifen. Die Stimmung dieses Sommertages tut ihr Übriges.

Historischer Hafen an der ehemaligen Werft

Nicht nur, dass nirgends Papierkörbe überquellen oder irgendwas rumliegt, was nicht dazu gedacht ist, sind trotz der extremen Hitzeperiode der letzten Wochen alle Parks und Grünanlagen in bestem Zustand, es ist wirklich ein Genuss für die Wahrnehmungskanäle. An der Böschung zwischen Jahrtausendbrücke und Ufer wogen bunte Meere von Gräsern und Blumen, und oben bietet sich dann dieser fast schon klassische Blick auf die Hauptstraße. Übers Wasser spannt sie ihren sanften Bogen vorbei an den gekachelten Brückenhäuschen, und in Richtung Markt erlaubt sich die Straße samt Mittelspurgleisen charmante Abweichungen von der geraden Linie. Zwischen bunten Altbaufassaden stehen die allgegenwärtigen Straßenlaternen mit bunten Blumenampeln, dazwischen räkelt sich die glatt gepflasterte Straße, frei von Autos und lose bevölkert von Radfahrern. Die Ansicht scheint fast etwas irreal – als würden Dreharbeiten für einen historischen Film anstehen.

Hauptstraße ohne Kühlergrille und Auspüffe

Dominsel

An der Katharinenkirche führt die Hammerstraße links zum Wasser zurück. Im Rückblick ergibt sich ein faszinierender Blick auf die Flucht der Gasse, über der sich das gewaltige Dach der Kirche aufspannt. Am Stichkanal führt eine rote Holzbrücke übers Wasser und rückt voraus unauffällig den Dom ins Bild, auf dessen Insel man sich jetzt befindet. Links bevölkern Kleingärten die Westspitze der Insel, und wer an dieser Stelle bereits Hunger verspürt, sollte den Abstecher in die Sackgasse wagen. Allein die verspielten und bunten Gärten sind den Weg wert. Ganz am Ende warten eine große Essenluke und ein schöner Platz am Wasser.

An der Näthewinde

Wer an den Kleingärten vorbei geht, steht nach einigen Haken und historischen Gebäuden unvermittelt im Vorhof des Doms St. Peter und Paul. Jetzt gerade wird ein Konzert vorbereitet, zwischen Dom-Café und Domflanke stehen mehr Schirme als sonst und sogar ein paar Buden. In den Dom selbst kann man deswegen nur noch eine halbe Stunde. Für einen ersten Eindruck sollte das reichen, so dass wir das Kirchenschiff, die Gewölbe und zahlreichen Nebenräume und –gänge ehrfürchtig, doch nicht unnötig langsam durchschleichen. Selbst in diesem dicken Gemäuer hat die laufende Hitzeperiode nichts mehr übriggelassen von der kalten Kirchenluft, es ist fast schon warm.

In den Gewölben des Doms

Auf einer weiteren Fußgängerbrücke verlassen wir die Dominsel und schlagen einen kleinen Bogen hin zum Mühlendamm, vorbei an einer eindrucksvollen Reihe meterdicker Sumpfzypressen, die wir zunächst für unglaubliche Exemplare von Lebensbäumen hielten. Was neben dem stilvoll renovierten Backstein-Gemäuer der Mühle noch an deren eigentliche Tätigkeit erinnert, ist ein Rest von sichtbarem Havelgefälle, dem artgerecht etwas Schnellenoptik verpasst wurde.

Mühlendamm am Ende des Domstrengs

Kurz darauf stehen wir zum dritten Mal am kleinen Binnenhafen beim Mühlentorturm und staunen nun an dessen Ostseite, wie unmittelbar sich hier die wilde Weite der kurvigen Havel und ihres ausgedehnten Ufersumpflandes öffnet und dabei grenzenlos erscheint. Mitten in der Bucht steht am Endes eines Steges ein Pavillon im Havelwasser, von dem aus die märkische Landschaft fast greifbar nahe liegt.

Blick vom Mühlendamm auf die Dominsel

Nach ein paar Haken weg vom Wasser verläuft der Weg nun erstmals entlang eines der Stadtmauer-Reste. Wo keine Mauer mehr steht, wird ihr Verlauf durch eine Doppelreihe Backsteine im Boden zitiert, was mehr zur Anschaulichkeit verhilft als vermutet. Nach ein paar Metern Stadtnormalität treffen wir bei St. Pauli erneut auf den Waldmops vom Anfang und nach dem stillen Bogen der Neustädtischen Heidestraße auf den zweiten der Stadttürme, der mit einem gewölbeartigen Durchgang zum Uferweg lockt. Doch wir streben in den Schatten des Parkstreifens gegenüber, vorbei am Russenfriedhof und dann weiter entlang alter Baumriesen. Nach zwei versunkenen Wasserarmen beginnt eine Wohnstraße, an deren Ende der nächste Uferstreifen einen baumschattigen Spazierweg anbietet. Links befindet sich der wuchtige Gebäudekomplex von Schwimmbad und Turnhalle, der wohl in absehbarer Zeit einer neuen Wohnanlage weichen soll.

Leute im Plauer Torturm

Über die Luckenberger Brücke wechseln wir ans gegenüberliegende Ufer und staunen erneut über diese entspannte Atmosphäre auf dem Wasser und an dessen Rändern. Hinterm Slawendorf beginnt der schmale Humboldthain mit seinen alten Bäumen, und vorn an der Straße markiert der runde und derzeit storchenlose Plauer Torturm den Beginn des Aufstieges auf die markanteste Höhe der Stadt, zugleich auch die einzige und damit quasi den Hausberg. Der Fuß des Turmes verdient unbedingte Aufmerksamkeit, denn hier wird eine wohlgefällige kleine Tiergeschichte erzählt, die jeder etwas anders lesen wird – gekrönt von sieben ganz besonderen Gesichtsausdrücken, die den Kopf im Nacken einfordern.

Terrassen am Marienberg

Marienberg

Der Anstieg zum Marienberg beginnt mit ein paar netten Stufen, wechselt jedoch kurz darauf zu einer knackigen Steigung, die wahlweise direkt links vorbei oder gestuft durch die gediegenen Parkanlagen genommen werden kann. Der Fuß des Aussichtsturmes markiert noch nicht den höchsten Punkt der Erhebung, doch sind es von hier nur noch ein paar Stufen zu den baumschattigen Biergartenterrassen. Das erscheint heute erfrischender und geeigneter als das Besteigen der Friedenswarte. Die Rundumsicht vom jung gebliebenen Siebziger-Jahre-Turm bleibt als schöner Anreiz fürs nächste Mal.

Von den Terrassen liegt einem die Stadt mit dem Haveltal zu Füßen und der Blick reicht weit bis hin zu vermeintlichen Höhenzügen im Südsüdwesten. Oberhalb der Restaurants ist der gesamte Gipfel seit drei Jahren dicht mit Weinstöcken bepflanzt, die in der kurzen Zeit richtiggehend erwachsen geworden sind. Rundherum zweigen Wege und Pfade ab und jeder von ihnen macht neugierig, doch auch das muss warten. Zu tun hat diese Wegevielfalt und auch die heutige Gestalt des Marienberges mit der Bundesgartenschau, die vor einigen Jahren das Wagnis einging, sich großräumig entlang der Havel zu zerteilen. Einer der Standorte war neben Rathenow und Stölln auch Brandenburg, und hier am Berg sind die Spuren noch am gegenwärtigsten.

Der Fuß der Friedenswarte auf dem Marienberg

Das Plateau des knapp vierzig Meter über der Stadt liegenden Gipfels erreicht man wahlweise über eine Wendel oder eine direkte Treppe. Einen indirekten Strich durch die Rechnung macht uns das gute Weinjahr. Die Reben hängen mit prallen Trauben, und aus diesem Grund ist der gesamte Weinberg abgezäunt, um Diebstahl vorzubeugen. Gibt es wirklich Leute, die massenweise Trauben von einem winzigen Weinberg mopsen?

Gärten am Marienberg

Begnügen wir uns also mit der breiten Aussicht am Fuß des Turms, die wenig von der Stadt zeigt, dafür umso mehr von den weiten Wäldern in der nahen Ferne. Das müssen die sein, die sich rund um die weiten Havelseen vor den Toren der Stadt erstrecken und das sumpfreiche und zugeknöpfte Naturschutzgebiet des Gränert verstecken, das zugleich abweisend und anziehend ist und daher weitgehend unbekannt.

Wildnis am Plauer Torturm

Altstadt

Nach dem Abstieg grinsen wir noch einmal über die Tiere am Plauer Torturm, die im veränderten Licht jetzt schon etwas anders gucken. Hier beginnt jetzt der Weg durch die Altstadt, deren kompakte Form auf der Karte gut das eigentliche Städtchen erkennen lässt und zeigt, wie übersichtlich die Wiege der Mark einmal war. Der Humboldthain schafft erneut die angenehme Verbindung zwischen Turm und Havel, wo man sofort wieder von der Uferstimmung eingefangen wird, an der auch die Wasserluft und der verlässliche Wind ihren Anteil haben. Kurz hinter der Jahrtausendbrücke führt ein Durchgang ins Gässchen mit dem schönen Namen Kommunikation, das alsbald zu einem weiteren dieser herrlichen Uferwege wird, an dem sich die vertrauten Elemente versammeln – klassische Straßenlaternen, Bänke und große Schattenbäume. Gegenüber ist weitgehend verblasst das zweite Buga-Areal zu sehen, das am historischen Hafen und dem Werftgebäude, und ein paar Schritte weiter am Ende des Weges ist gegenüber die Essenluke von vorhin zu sehen.

Ufer an der Jahrtausendbrücke

Ein überschaubares Netz aus verschwiegenen Gässchen und kleinen Straßen mit Geschäften durchzieht den alten Stadtkern, und führt uns zunächst zur Kirche St. Gotthard, einem weiteren dieser zahlreichen Gotteshäuser mit ihren großen Dachflächen. Die Tür steht offen und lockt herein. Etwas kühler ist es hier als im Dom, doch die Hitze steckt auch schon tief in den dicken Mauern. Eine Ausstellung widmet sich aktuell der Reformation, noch im Gefolge des ausgehenden Lutherjahres. Verschiedene Farben machen neugierig, durch Türen zu gehen, ebenso eine sonore Erzählstimme, die von der Konserve kommt, aber nicht so klingt. Selbst der Turmaufgang steht offen, doch sollten sich breitschultrige oder durchtrainierte Personen mit dem Blick die Stufen hinauf begnügen, denn für solche besteht klare Verkeilungsgefahr in der extraschmalen Wendel. Wer es geschafft hat, darf ein Stockwerk höher durch eine Scharte auf den Vorplatz gucken, wo hin und wieder ein Waldmops seinen Schatten jagt.

Rathaus mit großen Männern

Ein paar Ecken später steht das Rathaus, und mit diesem in Zusammenhang der allererste Roland, an den ich mich erinnern kann – abgesehen von meinem Vater. Seither komme ich durcheinander mit Rolanden und Rathäusern, denn als Kind ging ich davon aus, dass es nur einen Roland vor einem Rathaus gibt und bin daher immer wieder irritiert, wenn ich in Berlin am Märkischen Museum vorbeikomme oder sonstwo im Land an einem unerwarteten oder vergessenen Roland. Der einzig gültige wird für mich immer der hier bleiben, und vor dem stehen wir jetzt.

Brückenhäuser an der Jahrtausendbrücke

Der steinerne Ritter mit dem Schwert ist seit einiger Zeit in bester Gesellschaft. Schräg gegenüber sitzt ein weiterer Herr auf einer Bank, der im ganzen Land bekannt ist und die meisten Menschen hier für ihr Leben geprägt hat. Obwohl er seit einigen Jahren nicht mehr lebt, wird er wohl eben deshalb niemals sterben. Wenn Brandenburg als Wiege der Mark bekannt ist, ist es ebenso bekannt für den hier geborenen Humoristen Loriot. Auch wenn er nur ein paar Jahre seiner Kindheit in der Havelstadt verbrachte, ist er ihr immer verbunden geblieben. Im Gegenzug hat die Stadt ein paar liebenswerte Spuren gelegt, die sicherlich nach seinem Geschmack geraten sind.

Johanniskirche mit Durchblick

So gibt es also rund um den Brunnen vor dem alten Rathaus immer eine kleine, ungewöhnliche Versammlung aus großen Leuten, kleinen Tieren und einer Handvoll Touristen, welche einzelne davon oder alle abzubilden versuchen. Damit nehmen sie eine Garantie für ein stets wiederholbares Schmunzeln mit nach Hause, ganz gleich wo das ist und unabhängig davon, wie das Bild geraten ist.

Am Stadtkanal

Was irgendwie zum Besuch von Brandenburg dazugehört, ist das Überqueren der Havel auf der einzigartigen Jahrtausendbrücke, die schon mehrfach am Wege lag. Jetzt endlich ist es soweit. Nach unzähligen Schleifen und Kringeln, die scheinbar das Vermeiden des direkten Weges als oberstes Gebot hatten, queren wir den Fluss und schreiten vorbei an den lichten Brückenhäuschen mit ihren Cafés, denen sich einfach nicht widerstehen lässt. Vor der letzten Viertelstunde Weges, der ab hier meist Ufern folgt und daher kaum noch Haken schlagen wird, sitzen wir im warmen Licht der nur widerborstig sinkenden Sonne auf den großen Stufen hin zum Fluss, genießen den leichten Windzug mit dem Duft der Havel und wissen nun sicher, dass wir umgeben sind von kleinen Geweihen.

 

 

 

 

 

 

 

Anfahrt ÖPNV (von Berlin): mit der Regionalbahn (halbstündlich, ca. 1 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): über Autobahn oder Landstraße B 1 (ca. 1,5-2 Std.)

Länge der Tour: ca. 16 km, Abkürzungen sehr gut möglich

 

Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

 

Links:

Reiseführer der Stadt

Internetpräsenz der Stadt

 

Einkehr: zahlreiche Möglichkeiten im Stadtgebiet