Die Welt vor der Türe gewinnt von Tag zu Tag an Farbenkraft, was man in diesem Jahr so besonders gar nicht erwarten konnte. Nach den spätwinterlichen Farbspielen der Frühblüher am blassen Boden und den jüngst nachgefolgten Blüten der zeitigsten Büsche und Obstbäume etwas höher kommt nun auch das gute alte Laub ins Spiel und füllt zartgrünes Volumen in alles, was so wächst. Die Menge der Blättchen bringt mit sich den mildwürzigen Duft der erwachten Natur, der durch gelegentliche Regengüsse noch an Aroma gewinnt.
Nach einer kurzen Frühlingsvorschau Ende Februar und einem durchwachsenen März hat sich der April nun entschlossen, Kante zu zeigen und jedem Sprichwort gerecht zu werden, das ihn betrifft. Teilweise reicht ein einziger Tag, um dreieinhalb der vier landläufigen Jahreszeiten kurz anzuspielen, sich besonders aber den Zwischentönen hinzugeben.
So schnell kann man gar nicht die Winter-, Übergangs- und Frühjahrsklamotten hin und her schieben, um letztlich doch meist das falsche Textil zum Ist-Wetter anzuhaben. Normalerweise ist das die Zeit, in der man sich nach infektfrei überstandenem Winter doch noch eine saftige Erkältung einfängt, weil irgendeine Körperpartie nicht ausreichend bedeckt war. Doch das Phänomen dieser Zeit setzt sich fort, und so bleibt es meist bei einem einzigen Tag mit dichter Nase.
Noch immer befinden sich die lieben Gewohnheiten im Klammergriff der Notwendigkeiten, und so ist Phantasie und etwas mehr Organisation als üblich gefragt, wenn man die Stunden des Tageslichtes auf dem Lande verbringen möchte. Im Hinblick auf den Kaffee davor oder die Essenluke unterwegs gehört dazu auf jeden Fall Besteck im Rucksack, vielleicht auch ein Geschirrhandtuch, das als Tischdecke und Putztuch dienen kann und dann am besten noch so ein Pappteil, das zwei Kaffeebechern Halt gibt. Und lieber eine Flasche Wasser mehr im Rucksack.
Wer unterwegs nicht nur die gute Luft, die Natur und besondere Landschaftsformen genießen möchte, sondern auch die Abgeschiedenheit sucht, findet in jedem Landkreis entlegene Gegenden. Doch selbst in direkter Nachbarschaft zu gängigen Ausflugszielen gibt es schöne Wege, auf denen man kaum jemanden trifft.
Biesenthal
Nur eine Station hinter dem C-Bereich des Berliner Bahnnetzes liegt Biesenthal, das sich seit vielen Jahren Naturparkstadt nennen darf. Der zugehörige Naturpark heißt Barnim und reicht südlich bis nach Berlin hinein, im Norden bildet der pittoreske Finowkanal die ungefähre Grenze. Der Naturpark ist voller schöner Landschaften, und eine wahre Ballung findet sich rund um Biesenthal, wo durch die Zuarbeit zahlreicher Bachläufe auch das Flüsschen Finow in Schwung kommt.
Wer an der großen Eiche auf dem Markplatz unweit der Kirche losgeht und einen besonderen Tag in unterhaltsamer Landschaft verbringen will, kann eigentlich nichts falsch machen, ganz gleich, welche Richtung eingeschlagen wird. Das Wegenetz ist dicht. Schon das Stadtgebiet bietet einige Abwechslung, was unter anderem dem markanten Bachtal des Sydowfließes sowie der einzigartigen Villenallee zum Bahnhof zu verdanken ist.
Als Minimalvariante für bewegte Beine gibt es ein paar Minuten von der Kirche zwei stattliche Burghügel mit verspielten Stiegen und Pfaden und einem herrlichen Spielplatz zu Füßen, der schön zusammenfasst, was die Texttafeln erzählen. Dazu kommen noch eine richtige kleine Burgruine und ein besteigbarer Turm mit weitem Blick, sodass sich allein hier ein gutes Stück guter Zeit mit Groß oder Klein verbringen lässt. Hinterher könnte man nochmal durch den Bruchwald zur Wehrmühle und zurück trödeln oder – um ein paar Minuten aufgebohrt – die ganze feuchte Senke umrunden.
In passender Entfernung für eine tagesfüllende Tour liegen Ausflugsziele wie die Siedlung Lobetal mit ihrer Freilichtkirche, der hinreißende Hellsee mit seinem teils wilden Uferwald oder das Backofendorf Danewitz. Auch das breite und verspielte Finowtal oder der Große Wukensee mit dem schönen Strandbad dürften regelmäßigen Ausschwärmern bekannt sein.
Der besondere Schatz sind jedoch jeweils die Wege dorthin, die naturnah durch wasserreiche Landschaft führen und somit oft glasklare Bächlein und ihre Ufer berühren, teils in hochromantischen Talgründen. Mühlen gibt es, verfallen oder wiederhergerichtet, ferner ausgedehnte Bruchwälder und sogar eine Erhebung mit dem schönen Namen Schweinebuchtenberge.
Ein hübsches Ründchen, auf dem man nur wenige Augenpaare treffen wird, verbindet allerlei Sehenswertes im Stadtgebiet mit einer guten Mischung aus Wald, Feld und Wiesengrund. Die landschaftliche und generelle Abwechslung ist trotz der Kürze hoch. Darunter finden sich ein winziges Scheunenviertel am Friedhof mit herrlichen Treppenwegen am Wiesenhang, der grunderneuerte Park am Denkmals-Hügel und ein Stück der schnurgeraden Allee zum Bahnhof.
Hinterm Stadtrand führen dann alte Kirsch- und Lindenalleen in den Wald, der sich nach und nach hügeliger zeigt. Idyllisch wird es schließlich im breiten Talgrund der kleinen Finow, die zwischen Waldinseln und Schilfflächen hindurchfließt, später unterhalb dramatischer Steilwände, und sich eher im Hintergrund hält. Vom nach und nach erblühenden Gebäudeensemble der Wehrmühle führt der letzte Kilometer durch eine verträumte Wasserwelt zu den erwähnten Burghügeln, die Kirche ist bereits vorher zu sehen.
Einen verkraftbaren Nachteil hat ein jeder Besuch von Biesenthal: ganz gleich, welchen Weg man gegangen ist, wird es immer einen anderen geben, den man bald wieder gehen will. Und also Sehnsucht hat, bald wiederkommen muss. Ein starker Trost dabei ist, dass man nicht viel falsch machen kann.
Anfahrt ÖPNV (von Berlin): mit Regionalbahn/S-Bahn nach Bernau und weiter mit dem Bus nach Biesenthal Markt (ca. 1-1,25 Std.); mit Regionalbahn nach Biesenthal (0,5 Std.), dann zu Fuß Richtung Ortsmitte
Anfahrt Pkw (von Berlin): wahlweise Autobahn oder Landstraße (ca. 0,75 Std.)
Länge der Tour: ca. 11 km (Abkürzungen gut möglich)
Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)
Links:
Einkehr: Café zum Schlossberg (unweit der Kirche)
Gasthof Zur alten Eiche (unweit der Kirche)
sowie div. andere Möglichkeiten
© 2021, Wegesammler. All rights reserved.