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Zwei Türme, ein Gürtel und die ganz große Runde

Am Sonntag nach Frühlingsanfang wird Berlin um eine Idee reicher sein, wobei die Zahlenfolge 2-4-3 nicht nur im Datum eine Rolle spielt.

Dafür wurde in den letzten Jahren mancher Tag mit der Suche nach einem schönen Weg zugebracht, der mit regelmäßigen Blicken auf den Fernsehturm aus verschiedensten Himmelsrichtungen aufwarten kann und dabei manche Endstation der S-Bahn mitnimmt.

Hauptkriterien für die Wegfindung waren Abwechslung, Schönheit und eine gewisse Nähe zur Berliner Außenkante, quasi dem Gürtel der Stadt.

Eine bebilderte Beschreibung zwischen Buchdeckeln ist beim BeBra Verlag bereits in Arbeit.

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Stellt schon mal Schuhe und Fernglas bereit!






Berliner Spaziergang – Westkreuz: Die Riesenschlange, ein Weinbrunnen und etwas bittersüße Westalgie

Der Sommer lässt Berlin und das Umland in seiner Hitze schmoren, schon über Wochen. Wer die Wärme liebt, genießt die Sommerglut mit breitem Grinsen. Alle anderen helfen sich mit Schattensuche und Ventilator, nassen Handtüchern und anderen Hilfsmitteln durch die Phasen oberhalb der Dreissig. Viele jedoch berührt es nicht groß, denn die Urlaubszeit läuft und anstatt der Stammbevölkerung, welche die Wärme anderer Länder erleben will, sieht man vor allem in den inneren Ortslagen Besucher, die von allen Kontinenten den Weg hierher gesucht haben.

Rennfahrer-Denkmal an der Auffahrt zur AVUS

Bunt geht es zu und fröhlich aufgeregt, vielfältig ist dabei das Gewirr der Sprachen. Vielfältig ist auch die Codierung der Reisegruppenküken, die von der leitenden Glucke anhand quietschgelber Schirmmützen, kleiner Fähnchen oder auch elektronisch über Bande dabei ertappt werden können, wenn sie sich zu weit vom zuständigen Erklärbär entfernen – per Smartphone-Applikation resp. Standortermittlung.

Gleichzeitig ist es leer in großen Teilen der Stadt und doch voll, denn in alter Sommertradition werden alle schon länger anstehenden Baumaßnahmen für Straße und Schiene parallel abgehandelt, in diesen Monaten, wo es weniger die berufstätige Bevölkerung trifft, sondern eher die ungestressten Touristen – für die das ja mittlerweile zum erwarteten Berlin-Feeling gehören dürfte und vielleicht sogar in den Reiseführern gepriesen wird.

Kleine Tanke am Rasthof Avus

Doch das Schöne ist ja beim gut verästelten Berliner Verkehrsnetz, dass es in den allermeisten Fällen eine gangbare Alternative gibt, um von einem schönen Ort zum anderen zu kommen. Die Sache mit dem günstigen Ticket für allen Regionalverkehr im Lande hat sich mittlerweile ganz gut eingepegelt, so dass die medienwirksamen Bilder aus den Anfangswochen fast vergessen sind.

Rasthaus Schmargendorf

Wer gerne zu Fuß durch Stadt und Land streift, nach ausgetüfteltem Plan oder einfach im losen Treibenlassen als Flaneur, tut derzeit gut daran, dies hübsch und sommerlich gekleidet und im Schlurf zu tun, dabei den Schatten zu suchen und längere Anstiege zu meiden. Denn nicht rauszugehen ist keine Option, insbesondere in den schönen freien Tagen, wo der Geist schon mal unbeschwert ins Flattern kommen kann. Weites Grün ist gut und großes Wasser, denn dort ist es tatsächlich und auch vom Gefühl her immer etwas besser auszuhalten. Beides lässt sich bekanntermaßen in jeder dritten Ecke Brandenburgs finden, doch auch die Stadt Berlin ist in dieser Hinsicht gut ausgestattet.

Schmargendorf, Hinter der Breiten Straße

Nicht wundern übrigens: auf dem vergleichsweise kurzen Spaziergang durch die sommerheiße Stadt gab es links und rechts der Schritte, nicht zuletzt auch bei den ausgedehnten Pausen so viel zu sehen und zu hören, zu entdecken und zu beobachten, dass die Details hier und dort die Überhand gewonnen haben.

Westflanke der Schlange

S-Bahnhof Westkreuz

Ein wunderbar absurder Ort, um einen Spaziergang zu beginnen, ist der S-Bhf. Westkreuz, den vermutlich die meisten Leute zum Umsteigen nutzen. Auch wenn der Bahnhof umschmiegt wird von urigen Berliner Kleingärten, gibt es zum Verlassen nur die Option hin zu einem komplexen Knoten aus Autobahnbrücken, ICC-Ausläufern und Straßentunnels. Insofern staunt man kurz über die Zubringer-Radwege, die hier eingeflochten wurden. Ein ähnlich komplexes, auch zu Fuß durchquerbares Stück autogerechte Stadt auf so wenig Fläche dürfte in Berlin nur selten zu finden sein.

Bahnhof Westkreuz, oberer Bahnsteig

Nach viel Beton und ein paar Kurven sieht man an der Ampelkreuzung zum Messedamm neben dem Funkturm und dem Rundbau der Messehallen den Einstieg zur AVUS, erkennbar an der über achtzig Jahre alten Skulptur mit den im Fahrtwind geduckten Motorradfahrern. Bei jedem Auffahren auf die AVUS fragte man sich hier, ob jemals irgendwann ein Fußgänger oder Radfahrer diese Ampel nutzt und wenn ja, warum. In der Tat geht es hier nach einiger Zeit zum Halensee und dann auch bald zum Kudamm, das wären schon zwei gute Gründe.

Stadtautobahnwirren unter dem ICC

Ein drittes, für Fußgänger eher abwegiges Ziel, was sich in zwei Minuten und dank eines Treppchens erreichen lässt, ist die Tankstelle am Rasthof Avus, die aus einer ähnlichen Zeit wie die Motorradfahrer stammen dürfte und irgendwie an Heinz Rühmann denken lässt. So groß der Rasthof mit seinem Platz für unzählige Reisebusse und Laster, so winzig und nahezu rührend ist die kleine Tankstelle ganz am nördlichen Rand mit ihren zwei Zapfsäulen und einem eleganten Tankwart alter Schule mit beiläufigem Berliner Humor. Wundern würde es einen nicht, wenn er beim Vorfahren hinausgeeilt käme, die gewünschte Spritsorte erfragen und den Tankstutzen platzieren würde.

Funkturm und Messegelände und etwas ICC

Auch wenn das hier wirklich kein Ort für Fußgänger ist, gibt es für uns am Außentisch zwei schöne Plätzchen, kühlen Wiesenduft und einen bis zuletzt heißen Kaffee. Ein gerne essender Mann mit einer Schale voller Weintrauben ist plötzlich da, steckt sich eine an und futtert zwischendurch die erste Traube leer. Vom Parkplatz her kommt zwischen den Bussen heraus ein zweiter auf dem Fahrrad, mit einem großen Apfel auf dem Gepäckträger und einem Stoffbeutel am Lenker. Es wirkt wie das Ritual zweier pensionierter Fernbusfahrer, die sich hier stets zum selben Zeitpunkt treffen und ihren Plausch halten. Der Apfel bleibt unberührt. Aus dem Beutel wird eine Flasche Selters gefischt, die Fluppe jedoch nur angedeutet angesteckt, da isser wohl drüber hinweg.

Rennfahrer-Denkmal an der Auffahrt zur AVUS

Es ist vom Straßennetz kommend nicht selbsterklärend, wie man mit dem Auto genau hierher gelangt, und beim ersten Mal durchaus etwas verstörend. Dennoch rollt kurz darauf ein altersgerechter Porsche mit vier Türen und Duisburger Kennzeichen an und kommt zwischen den zwei Säulen sportlich zum Stehen, technische Hilfen verhindern ein untermalendes Quietschen der Reifen. Durchaus lässig und fast filmreif synchron steigen vier elegante junge Araber aus, die aussehen, als kämen sie frisch von einem der unzähligen Barbershops.

Fußgängerrast an der kleinen Tankstelle

Vom Busfahrer mit dem Apfel werden sie mit einem herzlich berlinerten Salemma Leikum begrüßt, dann wird ein bisschen hin- und hergeflachst, dass der Sauna-Club mit dem Damenpersonal aber auf der anderen Seite des Autobahngewirrs liegt. Und dass es zu Fuß nur ein paar Minuten wären, jedoch von hier aus nur mit Auto geht, was wiederum ein komplexer Vorgang wäre. Da ein ausreichender Altersunterschied zwischen den beiden und den vieren besteht, bleibt alles friedlich und die Gesichter freundlich. Und die Jungs reiten in der klimatisierten Fahrgastzelle und ohne Tankvorgang bald wieder vom Hof.

Rasthof Avus mit dem unvollständigen Peace-Zeichen

Eichkamp

Noch stecken wir mitten drin im ewig rauschenden Straßenknäuel. Also kurz vor zum Rasthof Avus, der ganz oben auf seiner Rotunde das unvollständige Peace-Zeichen führt, wie man es auch vom Europa-Center kennt. Dank zweier Durchschlüpfe für Fußgänger lässt sich die alte Nordkurve queren, und nach ein paar geschlagenen Haken und etwas Messegelände ist der S-Bhf. Messe Süd mit seiner verspietten Backstein-Fassade erreicht.

S-Bahnhof Messe-Süd/Eichkamp

Hier erfolgt nun der Wechsel von Asphalt, Lärm und Abgasen ins erste Wohnviertel am Weg, die verschlafene Siedlung Eichkamp, welche dem Bahnhof bis zur Jahrtausendwende ihren Namen gab. Der Zikadenweg ist von schönen Siedlungshäusern gesäumt. In einem der Gärten steht hinten eine riesige Rotbuche, vom zugehörigen Bewohner erfahren wir, dass sie wohl nicht viel älter als hundert Jahre ist.

Kultur- und Nachbarschaftstreff Haus Eichkamp

Grunewald

Vorbei am Haus Eichkamp, einem kulturellen Nachbarschafts-Treffpunkt für alle Altersgruppen, geht es vom Maikäferpfad bald weiter durch einen etwas tieferliegenden Grünstreifen. Obwohl der Wald vor Trockenheit knackt, ist das Klima sofort angenehmer. Rechts erstrecken sich ausgedehnte Sportanlagen, insgesamt fast so groß wie das Messegelände. Der anschließende weite Wald gehört dann schon zum nördlichen Grunewald, der sich zwischen der Havel im Westen und einer Seenkette im Osten bald zehn Kilometer bis nach Nikolassee erstreckt, ohne von irgendetwas unterbrochen zu werden.

Im allernördlichsten Grunewald

Das Netz der Wege hier ist dicht. Auf jedem größeren Weg, der quert, pilgern Leute von links nach rechts. Mal sind es Radfahrer, dann drei Grazien in leicht wehenden Sommerkleidern, die den Boden beim Gehen scheinbar nicht berühren, dann wieder eine Familie mit Bollerwagen, die unter allerhand Gekicher nicht vom Fleck kommen, weil es im Wald so viel zu entdecken gibt. Die ausschließliche Richtung erklärt sich zur gerade noch vormittäglichen Tageszeit mit dem Teufelssee, dessen Areal mehrdimensional Freizeitfreuden für alle Altersgruppen bedient. Vom S-Bahnhof Grunewald sind es gerade mal zwei Kilometer, eine Dimension, die sich mit den meisten Konstellationen von Menschen verträgt.

Schattige Sitze vor der Bezirksgärtnerei

Vor der Bezirksgärtnerei bietet sich eine Pause auf ein paar verstreuten Findlingen an. Wenig später lockt von einem breiten Tor das Waldmuseum zum Abstecher ins organisierte Grüne. Ein versonnenes Mädchen fegt erstes Raschellaub zusammen und weist uns den Weg zum Waldschulgarten hinterm Haus.

Waldschule hinterm Waldmuseum

S-Bahnhof Grunewald

Vom Parkplatz am Pappelplatz quert mit zahllosen Abzweigen ein winziger Pfad hinüber zum breiten Weg, der zum S-Bahnhof führt. Eine Erfrischung wäre durchaus schön, doch die erste und die dritte Wirtschaft haben zu, die dazwischen ruft Preise auf, welche sich eher für andere eignen.

Teufelssee-Zubringer

Am Ende des langen Tunnels, der Autobahn und Bahngleise unterquert, liegt der gemütliche und sehr unterhaltsame Bahnhofsvorplatz mit dem hübschen Bahnhofsportal. Die Plätze beim Bäcker sind alle recht sonnig. Beim Herumsuchen fällt der Blick auf die gegenüberliegende Bahnhofskneipe, wo es schattige Plätze gibt, durch die obendrein der Wind geht. Und natürlich auch kühlere Getränke als beim Bäcker. Vielleicht ja auch gleich ein Mittagessen, was auf den nächsten Kilometern umgehend wieder verheizt werden kann.

S-Bahnhof Grunewald, zwischen Avus und Bahndamm

Von der hohen Warte der Barhocker haben wir beste Sicht auf den Bahnhof samt der regelmäßig einlaufenden Doppeldecker-Busse, denn tatsächlich fühlt es sich ein kleines bisschen an wie am Hafen. Ein Bus läuft ein, Fahrgäste gehen von Bord, ein paar Meter weiter steigen neue ein, und in der Minute des Auslaufens biegt schon der nächste große Gelbe um die Ecke.

Fußgängertunnel S-Bahnhof Grunewald

Als Äquivalent zu den Privatjachten fährt eine bejahrte Dame im teuren Cabrio vor, stilecht mit wehendem Kopftuch, lässt sich unter dem beiläufigen Brabbeln des Sechszylinders im Schritttempo kurz bewundern und springt als kleine Alibihandlung wenigstens zum Bäcker rein. Ein Lieferwagen parkt selten dämlich und verstopft die Hafendurchfahrt, doch bevor noch Ärger unausweichlich wird, kann der Busfahrer die Stirn entrunzeln und die enge Kehre ist wieder frei.

Beim Bäcker haben sich vier ältere Rennrad-Herren in bunten Kunstpellen eingefunden, drei von ihnen käsebleich, einer tiefschwarz, und es ist nicht klar, ob sie gerade erst losgefahren sind oder schon achtzig Kilometer auf der Uhr haben. Ganz egal, beim Bäcker ist erstmal eine Pause fällig, die ausgiebig mit Fachsimpeln und dem Ausformulieren der guten Vorsätze gefüllt wird. Bald sind es schon fünf, kurz darauf sechs. Der Zuwachs geschah unbemerkt, dafür wird nun aufwändig und umständlich ein Nachbartisch herangerückt für bessere Gemeinschaft.

Portal S-Bahnhof Grunewald

Auf der sonnigen Bank vor unserem Lokal, dann bald am schattigen Tisch neben dem zweier gleichaltriger Herren sitzt eine Dame kurz vorm besten Alter, die dem Anschein nach gerade Harald Juhnkes Definition von Glück erfüllt: keine Termine und leicht einen sitzen. Nimmt mit dem Cocktail-Glas in der Hand das Gespräch auf und hält es mit stetem Bröckeln am Laufen, macht auch kaum Hehl daraus, dass einer Anbandelei nichts im Wege stünde. Die Herren füttern den Dialog nur zurückhaltend, scheinen die Situation aber nicht befremdlich zu finden.

Einen begrenzenden Termin hat die Dame dann wohl doch, da sie demnächst ihren Dienst antreten und den Bus nehmen muss, der .53 ausläuft. Auch unsere Kellnerin hat schon schon gut einen sitzen, und als wir es schließlich geschafft haben zu zahlen und einiges nach .um weiterziehen, sitzen sowohl die Dame mit den Herren als auch die schrillbunte Speichenrunde noch fest auf ihren Stühlen.

Hasensprung zwischen den Seen

Königs- und Dianasee

Eine Ecke weiter gibt es hier noch einen hinreißenden Laden für die täglichen Dinge, eine klitzekleine Edeka-Filiale. Der Gedanke erscheint nicht abwegig, dass der Filialbetreiber ein Drittel der Kundschaft mit Namen ansprechen kann. Nun beginnt das Villenviertel rund ums Doppel aus Königs- und Dianasee, wo an manchem dieser riesigen Gebäude tatsächlich nur ein Name auf dem Klingelschild steht. Einige tragen hübsche Namen wie Villa Noelle oder Landhaus Bernhard, ein Chalet Ingo sucht man vergebens. Dazwischen eingestreut finden sich ein paar Botschaften.

Blick auf den Königssee vom Aussichtsplateau

Unerwartet quert der hübsche Spazierweg namens Hasensprung das tiefe Tal am schmalen Seenverbinder, schattig und angemessen mondän. Die Brücke wird von zwei steinerne Hasen bewacht. Im angrenzenden Park gibt es vom kleinen Aussichtsplateau einen schönen Blick ins satte Grün der Gärten. Im gediegenen Tempo zieht der Badekappenkopf einer Dame diagonal über den See.

Hubertussee

Nur ein paar Minuten nach den Hasen wird der nächste See von einer großpfotigen Löwendame mit Menschenhaupt eingeläutet, mit der man besser keinen Ärger hat. Unten am Hubertussee begleitet ein uriger Spazierweg mit knorrigem Geländer die in sich versunkene, idyllische Wasserrinne, auf der es sogar eine kleine Insel gibt. Treppen locken hier und da zurück auf die Höhe. Gar nichts sieht gerade nach mitten in Berlin aus.

Unten am Hubertussee

Roseneck

Doch einen Grünstreifen und ein paar böhmische Straßenecken weiter landen wir auf einmal mitten im städtischen Dorftrubel, der nun nach Westberlin im besten Sinne aussieht und eine kleine Serie von Kiezen eröffnet, an deren kurzem Lauf drei Filialen von Butter-Lindner liegen werden. Mittlerweile gibt es zwar auch einzwei davon in zentral gelegenen Ost-Bezirken oder Potsdam, doch es ist auch heute noch so eine liebenswerte Westberliner Bastion des gehobenen Genusses und der gehobenen Braue – ein bisschen wie KaDeWe in Wohnzimmerformat.

Der Kiez rund ums Roseneck eröffnet den Reigen, und unsere Tortensuchaugen führen uns zielsicher zum hiesigen Wiener Caffeehaus. Bei allen mondänen Grundfesten ist auch hier der Personalmangel spürbar und es braucht jeweils etwas Wartegeduld für Bestellung, Servierung und Rechnungslegung. Wenn man das weiß, ist es so gesehen unproblematisch, als dass man hier herrlich Menschen gucken kann – was natürlich auch für die anderen gilt.

Nicht zuletzt bestätigt das die Wochenendzeitung durch die Information, dass auch das Rolls-Cabrio von Berlins dienstältestem Playboy regelmäßig vor dem Caffeehaus parkte. Der Lebemann mit dem schönen Künstlernamen Eden, der für Westberlin so ein Begriff war wie Pelz-Lösche oder Bolle bzw. Ruhnke und auch Juhnke, hat sich just in diesen Tagen in die nächste Sphäre begeben. Man kann von ihm halten, was man will, doch etwas Vergleichbares hatte die Stadt nicht noch einmal zu bieten – und das von der Nachkriegszeit bis in heutige Tage.

Rathaus Schmargendorf

An den Nebentischen sitzen also allerhand Paradiesvögel der betuchten Sphären, seien es nun bis zum Anschlag aufgebrezelte Barbies jenseits der Siebzig oder in Würde gealterte schwule Pärchen im allumfassenden Sonntagsstaat, was Haarpracht, Brillengestell und Einbalsamierung angeht, funkelndes Geschmeide und getragenen Dialogton nicht zu vergessen. Tätowierung scheint hier hingegen noch verpönt. Die vornehmlich weibliche Kundschaft, die im benachbarten Bioladen ein- und ausgeht, sieht so formvollendet aus, als hätte sie sich extra für den Einkauf in Filz, Naturseide und Linnen geworfen.

An den Nachbartischen gibt es aber auch die lieben alten Mütterchen, bei denen der Besuch wohl schon seit Bestehen der Conditorei zum regelmäßigen Ritual zählt und trotz knapper Rente nicht geopfert wird. Dann sitzen da auch Leute wie du und ich oder die türkische Großfamilie, deren Kinder sich zu Tode langweilen und trotzdem kein digitales Endgerät zu Hilfe holen dürfen, um die stehende Zeit zu überleben. Die Mischung ist herrlich und authentisch. Ein Kolumnist bräuchte sich hier wochenlang nicht vom Fleck zu bewegen für seine Geschichten, und auch ein heutiger Zille hätte reichlich Stoff.

Schmargendorf

Die Torte hat ihren Preis, schmeckt verdammt gut und ist so nicht an jeder Ecke zu bekommen. Wien ist zu Recht namensgebend. Hier am Roseneck beginnt nun ein kleiner Reigen grundverschiedener Kieze, die jeweils nicht mehr als eine Viertelstunde voneinander liegen. Ein paar Ecken weiter zieht ein märchenhaft verspieltes Backsteingebäude den Blick gen Himmel und lässt Kopf und Augen längere Zeit kreisen.

Berkaer Straße in Schmargendorf

Nie habe ich mir merken oder hätte sagen können, wo Schmargendorf liegt, welchem Bezirk oder welcher Himmelsrichtung es zuzuordnen ist, doch jetzt ist es auf ewige Zeit verankert, dank diesem backsteinernen Feuerwerk aus Türmen, Türmchen und Erkern, aus Stufengiebeln, Zacken und Vorsprüngen, Fensterformen, Fialen und Fassadenspielerein. Das stand bei seinem Bau vor hundertzwanzig Jahren noch auf freiem Acker, und wer sich fragt, wie zum Teufel man für ein Kleinstadt-Rathaus so viel Geld ausgeben konnte, findet die Antwort am ehesten in der Immobilienbranche.

Breite Straße

Gleich dahinter beginnt eine bunte Ladenstraße, in der auch Butter-Lindner und Thoben nicht fehlen. Hinter der nächsten Kreuzung liegt dann als Schmargendorfer Kiez Teil 2 die Flachbauzeile entlang der Breiten Straße, die berlinweit eine Rarität darstellt. Etwas Ähnliches gibt es auch noch in der Brunnenstraße im Wedding. Dass hier vormals gemütliche Altbauten standen, lässt sich noch auf der gegenüberliegenden Seite sehen, wo von den Schmargendorfer Höfen, die für ihr Kleingewerbe bekannt waren, noch ein paar in Funktion sind.

Hinter der Breiten Straße in Schmargendorf

Dennoch hat die Fußgängern vorbehaltene Zeile einen besonderen Charme, ist sie doch auch ein offener Hinterhof und gerade in sonnigen Zeiten mit einigem Grün und Schatten ein schöner Zufluchtsort. Mit dem Duft gemahlenen Kaffees in der Nase und einem frisch gekauften Handfeger unterm Arm kann man sich weiter hinten ein schönes Buch kaufen, sich damit ins Café setzen und die ersten Seiten überfliegen. Und dann doch wieder an den Leuten hängen bleiben oder den unterschiedlichsten Satzfetzen von den Nebentischen, welche eine empfängliche Phantasie mit plastischen Bildern versorgen. Ein Dorfkirchlein gibt es hier übrigens auch, ein paar Meter weiter und betont versteckt.

Schmargendorfer Dorfkirche

Schlange

Nach dem Wechsel in den Bezirk Tempelhof-Schöneberg, der nun eher dem Süden als dem Westen zuzuordnen ist, geht es vorbei am einladenden Fritz-Cornelsen-Spazierweg zu einem weiteren Phänomen, einer weiteren Einzigartigkeit in dieser Stadt, die aus heutiger Sicht ebenso aus der Zeit gefallen scheint wie ein bekennender Vollblut-Playboy. Den Gedanken, die innerstädtische Autobahn zu überdachen und damit drei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, gab es schon in den Siebzigern, zu den Zeiten, als die autogerechte Stadt als Idealbild galt.

Spielplatz an der Schlange

Zusammen mit der Wohnungsknappheit in der ummauerten Zwei-Millionen-Stadt waren das ausreichende Argumente, das umstrittene Projekt „Autobahnüberbauung Schlangenbader Straße“ in die Tat umzusetzen, in dessen Rahmen die laute Schnellstraße nicht nur einfach gedeckelt, sondern mit einem gigantischen Wohnhaus abgedeckt wurde. Keine vierzig Jahre nach Bauende übrigens wurde der imposante Komplex vor ein paar Jahren unter Denkmalschutz gestellt.

Fußgängerdurchgang unter der Stadtautobahn

Die sechshundert Meter lange Schlange wird nach Westen hin von Kleingärten und einem schönen Parkstreifen begleitet, der großzügige Spielplätze sowie Raum und Anregung für allerhand Freizeitgestaltung bietet. Ganz am Ende gibt es einen leicht abgefahrenen Durchgang, bei dessen eher eiligem Durchschreiten man von der Autobahn nicht mehr als das dumpfe und scheinbar ferne Abrollgeräusch der Reifen hört und nicht recht weiß, ob es unter oder über einem stattfindet. Etwas davon wird wohl als Rauschen oder als Schwingung in jeder der Wohnungen ankommen, ganz gleich ob sie nahe der Fahrbahn liegen oder ganz oben im Vierzehnten. Nach hundert Metern landet man dank eines blauen Portals mit verglasten Ovalen wieder im Freien, was irgendwie ganz schön ist.

Autobahnüberbauung Schlange

Die betonbetonte Substanz des Ganzen ist über die Zeiten freilich etwas abgerockt, das Monstrum mit seinen linear eingesetzten Farbakzenten strahlt kompromisslos die ausgehenden Siebziger aus, und doch entwickelt dieses mit Abstand größte Reptil der Stadt einen absurden Charme, glaubt man den angestammten Bewohnern gerne, dass es sich dort gut wohnt. Auch östlich liegen grüne Höfe mit Spielplätzen, und so fällt an keiner Stelle, an der man das Haus verlassen kann, der Blick auf ein Auto, tritt man überall dort erst einmal ins Grüne, was ein wenig kurios ist. Einzige Ausnahme auf insgesamt tausend Meter Fassadenlänge ist der Parkplatz am Geschäft für die täglichen Dinge, wo sich auch eine kleine Ladenzeile anschließt.

Rüdesheimer Platz

Der nächste Kiez ist dank der anfangs promenadenhaften Eberbacher Straße keine acht Minuten entfernt und doch so grundlegend anders. Auch wenn im wirklichen Leben der Kurort Schlangenbad im Rheingau liegt, auch hier in Berlin die Schlangenbader Straße dem Namen nach zum Rheingau-Viertel zählt, dürfte sich in dichter Nachbarschaft selten ein so großer Gegensatz finden lassen, wie er zum Rüdesheimer Platz besteht. Die ansehnlichen Fassaden der platzumgebenden Häuser kommen aus einem Guss und tragen einen Hauch von englischem Landhausstil.

Tropfen aus dem Rheingauer Weinbrunnen

Fast kurmondän kommt der Rüdesheimer Platz daher mit den alten Bäumen und seinem tiefergelegten Parkbecken voll gepflegter Rabatten, dem imposanten Brunnen und der großzügigen Empore, die in Nachbarschaft von Mutter Mosel und Vater Rhein über all dem thront. Auf eben diesem Plateau findet sich ein liebenswertes Phänomen, das einmalig ist in Berlin und das es bitte noch lange geben soll.

Rheingauer Weinbrunnen

Seit über fünfzig Jahren plätschert jedes Jahr in den großzügig definierten Sommermonaten den Rheingauer Weinbrunnen, einem kleinen Ausschank, wo Winzer aus dem Rheingauer Weinanbaugebieten ihre Tropfen anbieten. Die Preise am Stand sind moderat, das Personal freundlich und die Stimmung wunderbar entspannt. Obwohl es reichlich Tische gibt, finden sich oft keine freien Plätze. Doch bis man seinen Schoppenstiel zwischen den Fingern hält, ergibt sich meist ganz von selbst ein Plätzchen, sei es stehend am Fass oder etwas später dann sitzend an einem der vielen Tische.

Rüdesheimer Platz

Wer zu den vielfältigen Weinen der verschiedenen Winzer etwas Herzhaftes naschen möchte, erhält am Stand kleine Tüten mit Nüssen, Chips oder ähnlichem. Wer hingegen mehr als Appetit oder sogar Hunger hat und nichts Mitgebrachtes im Beutel, kann sich in den umliegenden Läden, Pizzerien oder beim Bäcker etwas besorgen, von dem sich richtig abbeißen lässt – denn das ist hier ausdrücklich erlaubt und erwünscht. Und wer dann seinen duftenden Wein und einen schönen Platz hat und beides keinesfalls verlassen möchte, wartet einfach ein paar Minuten, denn fahrende Händler mit ausladenden Taschen oder Körben ziehen regelmäßig ihre Kreise zwischen den Gaumenstreichelnden hindurch.

An den Tischen wird palavert, gefeiert und gealbert, sei es weinselig, verliebt oder in großer Familienrunde. Kinder rennen umher, springen Seil oder zeichnen Spielfelder in den flachen Staub, Geschäftsleute in Räuberzivil bringen beschwingte Videotelefonate hinter sich und fühlen sich kurz als digitale Nomaden. Ein hinreißendes Kränzchen alter Damen trifft sich zum regelmäßigen Termin, keine keift, keine fährt der anderen über den Mund und keine ist die, die alles weiß und immer Recht hat.

Jede einzelne Dame führt eine altertümliche Tasche mit krudem Muster und großem Schlund mit sich und fördert Unmengen herzhafter Köstlichkeiten zu Tage, sicherlich jede das, was sie am besten kann, und gewiss das Meiste davon zum Niederknien. Der lange Biergartentisch ist gefordert und wird in den nächsten neunzig Minuten sicherlich mit einer Unmenge fröhlicher Dezibel beschossen.

Im U-Bahnhof Rüdesheimer Platz

Seit einiger Zeit ist dieses Vergnügen vornehmlich bei Tageslicht zu erleben, denn vor ein paar Jahren musste die Schließzeit von halb zwölf auf halb zehn vorverlegt werden. Zum Weingenuss passt natürlich bestens etwas Dämmerung, und wenn die bunten Lampen-Ketten angehen, gewinnt die Atmosphäre noch erheblich. Wer also bis Ende August abwartet und sich vor Ort dann nicht auf einen guten Platz versteift, kann noch ein gutes Stündchen dieses Zaubers abfassen. Und sich ganz einfach in einen langen Moment mittelfernen Urlaubs träumen.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
S-Bahn Ringbahnhof Westkreuz

Anfahrt Pkw (von Berlin): nicht sinnvoll

Länge der Tour: ca. 12,5 km (Abkürzungen per ÖPNV vielfach möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Berliner Spaziergang – Kreuz-/Schöneberg: Bienenkraut, stilles Blau und der Knick im Kanal

Der Sommer feiert sich selbst im ganzen Land und hat durch den steten Wechsel von Sonnenkraft und Wolkenbruch eine Farbenfreude und Üppigkeit wie schon lange nicht mehr. Die Vielfalt aller erblühten Pflanzen lässt kaum einen Farbton ungenutzt und der Duft aus reifem Korn und blühenden Linden wird von einer steten Brise durch Gärten und Landschaften getragen, wo er seinen jeweils letzten Schliff erhält. Es ist ein Sommer der Düfte, so viel ist klar.

Engelbecken

Freie Tage, lange Wochenenden oder ganze Urlaubswochen lassen sich in den meisten Gesichtern ablesen, die wunderbare Entspannung in so vielen Dingen ist nahezu greifbar, ein geschmeidiger Seelenbalsam nach dem ganzen Bangen und Zweifeln, was die Ferienzeit betrifft. In den Städten sind die Parks gut gefüllt, die Stimmung friedlich und ohne große Fragezeichen. Die momentanen Möglichkeiten werden ergriffen, umarmt und gewürdigt, zugleich noch besonders und schon wieder normal empfunden.

Streetart an der Bülowstraße

In der größten Stadt an der Spree sind nun wieder Hartplasterollen auf Gehwegpflaster zu hören, dazu ein paar mehr Sprachen von außerhalb und die auch öfter. Touristen von da und dort ertasten zaghaft die besuchte Stadt, die noch nicht ganz auf voller Fahrt läuft. Und scheinen auf eigene Faust ganz eigene Reize zu entdecken, die eher nicht in Damusstehin-Empfehl-Büchern stehen, sondern der ganz eigenen Neugier entspringen, vielleicht befeuert von Freundestipps über drei Ecken.

Im Park am Gleisdreieck

Für Leute von hier ist dieser Sommer eine ganz besondere Möglichkeit, ihr Städtchen selbst unter Lupe und Latsch zu nehmen – nicht so beklemmend stillgelegt wie noch vor wenigen Monaten, doch auch noch nicht so hackentretend überfüllt, wie es beliebten Touristenzielen eben beschieden ist. Alle Botanik ist saftig, grün und voll Volumen, die Tierwelt dem Anschein nach präsenter als gewöhnlich.

Am Urbanhafen

Wer die vielen grünen Korridore nutzt, kann so auch stundenlang flanieren, ohne klimatisch in Bedrängnis zu geraten. Ein kühler Ayran, die beste Wahl für heiße Tage, oder ein zapffrisches Blondes mit oder ohne Geschmack oder Umdrehungen ergibt sich in regelmäßigen Abständen, die Dichte der Gelegenheiten nimmt freilich in Richtung Speckgürtel nach und nach ab, der Literpreis im Gegenzuge eher zu.

Bunter Mittelstreifen auf dem Tauentzien

Ostbahnhof

Der Vorplatz hinter dem Ostbahnhof war zu besten Lebzeiten des Kaufhauses erfüllt von einem beschaulichen Markttreiben mit Klamotten, Kartoffeln und Krimskrams. Das ist über die Jahre eingelaufen zu einer kurzen Zeile von Nahrungshändlern, die ein Quäntchen Vertrauensvorschuss voraussetzen. Eine schöne Zusammenfassung des jetzigen Vorplatzes bietet das Schild des orangenen Containers „Bei Joe/Pizza Picos, Deutsche Küche/Pizza Pasta Cocktails“, das bei voller Außenbestuhlung und offenem Schirm durchaus einladt. Die Quoten-Grünpflanze und der beigestellte Touri-Zocke-Geldautomat machen das Service-Pack komplett – mehr bracht man erstmal nicht, wenn man nach langer Zugfahrt aus dem Bahnhof gefunden hat.

Kirchblick von den Bikini-Terrassen

Das Kaufhaus, das dem Ostbahnhof in der Vergangenheit zu einigem Gewusel verhalf, war während der letzten gut zehn Jahre der DDR das modernste und größte aller Centrum-Warenhäuser, geriet aber zuletzt durch die jüngeren Kaufgewohnheiten ins Hintertreffen, wurde von Jahr zu Jahr stiller und letztlich stillgelegt. Nach dem chassiserhaltenden Umbau trägt der große Quader jetzt neben viel Fassadenglas einen Namen, der dem Zeitgeist genügen soll. Diesem und den genannten Kaufgewohnheiten entspricht auch der aktuelle Hauptmieter, der auf seine Art auch wieder ein Kaufhaus ist.

Neu verputztes Centrum-Warenhaus am Ostbahnhof

Luisenstädtischer Kanal

Von der Schillingbrücke fallen in beide Richtungen spannende Flussblicke, nach Osten zur schönen Oberbaumbrücke und dem Treptower Park, in die andere Richtung hin zum Fernsehturm und der Wiege Berlins. Jenseits der Spree lässt sich schon bald unter die Straßenebene abtauchen, wie das in Berlin nur an wenigen Stellen so reizvoll möglich ist. Vor langer Zeit teilte sich der Luisenstädtische Kanal mit der Spree und dem Landwehrkanal das Wasser und stellte zwischen beiden eine Kanalverbindung von markanter Form dar. Das ist nicht ohne Grund so, denn hier hatte wieder einmal der Landschaftsarchitekt und Stadtplaner Lenné seine fähigen Finger im Spiel. Er wollte nicht nur eine pragmatische Abkürzung, sondern im selben Streich ein Stück städtisches Schmückwerk, das einem neuen Stadtviertel seine eigene Note verleiht. Der Plan ging auf und brachte für längere Transportschiffe die Herausforderung mit, auf dem kleinen Engelbecken im Winkel von neunzig Grad abzubiegen.

Die Spree am Ostbahnhof

Einiges später kamen nach drei entstellenden Jahrzehnten als Schuttdepot und Todesstreifen Arbeiten in Gang, die dem Kanalverlauf bereits sechs Jahre nach dem Mauerfall große Teile seiner einstigen Anmut zurückgaben, wenn auch ohne Wasserweg. Weitere folgten mit den Jahren, und mittlerweile kann man vom Urbanhafen bis kurz vor der Spree spazieren und wird dabei nur von einer größeren Straße unterbrochen.

Der Luisenstädtische Kanal auf dem Trockenen

Nur wenige Stufen sind es jeweils von der Straße hinab zum Grund des Engelbeckens, das gern synonym für den sperrigen, wenn auch schönen Kanalnamen verwendet wird, doch diese Stufen entführen in eine andere Welt. Würde man nicht ab und an den Kopf heben, ließe sich glatt vergessen, dass mitten durchs dicht besiedelte Kreuzberg spaziert wird. Blickfangend ist im ersten Teil die Thomaskirche mit ihrer großen Zylinderkuppel, später dann die Michaelkirche mit ihrer markanten Fassade, in deren Schiff unter freiem Himmel das Pfarrhaus und eine größere Wiese zu finden sind.

Engelbecken mit bewirtschafteter Terrasse

Engelbecken

Am Platz vor der Kirche liegt nahezu quadratisch das eigentliche Engelbecken, die einzige Stelle des Kanals, auf der Schwäne und Enten schwimmen können, ohne Staub aufzuwirbeln. Dafür haben sie reichlich Platz, denn eine Umrundung beansprucht mindestens fünf Minuten, immerhin. Wer die Vogelwelt oder auch die anderen Gäste ausführlich studieren möchte, kann sich auf ein kaltes oder heißes Getränk ins Café setzen.

Falls man nun gar nicht so weit gekommen oder nach dem Umrunden des Engelbeckens wieder auf dem Bethaniendamm gelandet ist, muss der Kurs nicht korrigiert werden, denn schon bald lockt ein kleiner Einschlupf in den Nachbarschaftsgarten Ton-Steine-Gärten. Dieser bietet nicht nur den beteiligten Gründaumen Seelenfrieden und innere Rast, sondern auch durchreisenden Besuchern vielfältige Eindrücke sowie verschiedensten Sechsbeinern Speis und Trank.

Nachbarschaftsgarten hinter dem Haus Bethanien

Der bunte Nutz- und Bauerngarten ist nicht groß, doch eine ganze Reihe krautiger Pfade führt hindurch und erweckt den Wunsch, nicht einen von ihnen zu verpassen. Köstlich duftet es von überall, würzig vermischt sich mit duftig und streng mit aromatisch. In den Blütenständen verschiedenster Gestalt tummeln sich weit mehr als die drei Schmetterlingsbildnisse, die man eben so kennt, oftmals teilen sich Summende, Schwebende und Flatternde oder auch Käfernde dieselbe Stängelei. Bei Leuten, die gern kochen, werden sofort einige Ideen für morgen durch den Kopf geistern.

Großnasige mit Niederdruck am Mariannenplatz

Mariannenplatz

Vor dem Haus Bethanien mit seiner hellen, detailverliebten Fassade erstreckt sich breit der Mariannenplatz, auf dem sich über viele Jahre manch chemisch erzeugte Träne ihren Weg gebahnt hat, bevorzugt um Anfang Mai herum. Heute liegt auch hier der Sommer mit seinem Frieden über dem Tag, wird sich gesonnt oder mit den Kindern Ball gespielt. Von weiter hinten ist ein gedämpftes Problemgespräch zu vernehmen, das trotz seiner Leisheit plakativ wirkt und einer Spontanperformance gleicht. Würde durchaus passen. Immer wieder besuchenswert sind auch die wackeren Feuerwehrleute am Brunnen mit ihren dicken Sattelnasen. Der Wasserdruck reicht heute nur bei einer der beiden Spritzen für einen schönen ballistischen Bogen.

An der Adalbertstraße beginnt nun einer der Teile von Kreuzberg, der Türkei-Liebhaber vielleicht ein bisschen in Urlaubsstimmung versetzen kann. Zwischen unzähligen Kneipen, Bars und Restaurants mit bunten Namen und einfallsreichen Fassaden gibt es immer wieder orientalische Impressionen, die dem laufenden Publikum und den Sprachfetzen, den Düften der Gemüsemärkte und Imbisse sowie der Stimmung insgesamt geschuldet sind. Es ist noch immer so besonders hier, wie es das kurz nach der Wende oder überhaupt schon immer war.

Am Kottbusser Tor

Kottbusser Tor

Gegenüber des Dönerladens mit der schärfsten Soße überhaupt liegt fast übersehbar ein kleiner Hof mit Wasserspielplatz, der gleichberechtigt auch das Friedrichshain-Kreuzberg-Museum beherbergt. Eine winzige Oase im lauten Gewühl des Verkehrs rund ums Kottbusser Tor, dessen Kreisverkehr auf ewig eine gewisse Unsicherheit beim Abbiegen mitbringt, egal ob man nun auf dem Rad oder im Auto unterwegs ist.

Wer direkt zwischen Unterführung und Kreisverkehr Hunger bekommt, muss sich nicht wundern bei all den Düften. Schwierig dürfte jedoch die Entscheidung fallen, denn hier lagern dicht an dicht zahlreiche Imbisse mit unentrinnbaren Argumenten für Nase und Auge, die schon beim bloßen Schauen direkt an die Zunge durchstellen. Der Gemüsestand mit den weitläufigen Auslagen tut sein Übriges.

Wenig Verkehr in der Admiralstraße

Jenseits der Skalitzer mit ihren Verkehrswirbeln gibt es zur Admiralstraße eine weitere Haus-Unterführung, hinter der es nun wieder herkömmlicher aussieht, auch die Welt der Düfte betreffend. Hinter einer hohen Sanduhr mit in Blech geschlagenen Charakteren drumherum und der Architektur jüngerer Jahrzehnte ist schon die Admiralbrücke zu sehen, auf der zu dieser frühen Mittagsstunde noch kein Mensch sitzt. Beim Späti fragen wir nach einem kalten Ayran, bekommen stattdessen einen Döner angeboten und zuletzt den Wunsch mit auf den Weg, die Sonne zu genießen.

Breiter Blick auf das Urban-Hafenbecken

Urbanhafen

Rund um den Urbanhafen wird auf der Hafenmauer sitzend oder auf den Uferwiesen fläzend neben der Sonne gleich der ganze Tag genossen, verquatscht oder einfach nur vertan, und wie immer steht hier am weiten Hafenbecken eine große Schar von Schwänen, die sich teils versammeln, teils unters Volk mischen. Schatten gibt es genau so viel wie Sonnenplätze, Angebot und Nachfrage passen aufeinander. Nur selten quatscht jemand lauter als nötig in sein Endgerät, ebenso selten wird auf seinen Weg bestanden, wenn ein Ausweichen nötig ist. Keine verbiestert rammelnden Stromräder, allenfalls genießerische Zügigkeit aus der eigenen Wade. Die Kreuzberger Entspanntheit fühlt sich echt an im Vergleich zu einzelnen anderen Kiezen, wo die Selbstpräsentation bereits in Fleisch und Blut übergegangen ist und den eigentlichen Menschen überlagert. Es ist durchweg angenehm.

Hafenkiosk mit Räumlichkeiten

Schwierig wird es nun, am Hafenkiosk des fest vertäuten schwarzen Zweimasters vorbeizukommen. Wir verschwenden keine Kraft mit Gegenwehr und finden einen der vielen schönsten Plätze mit Wasserblick. An den Nebentischen wird auf besonders schattigen oder besonders sonnigen Plätzen gelesen, palavert oder mit loser Hand skizziert. Auch zeigen junge Leute ihren Eltern aus der ferneren Provinz die schönsten Seiten ihrer neuen Heimat, Kreuzberg is gar nicht mehr so, küssen Großmütter feucht die Wangen ihrer zu langsam weggedrehten Enkel und wissen ihren Kindern guten Rat für dies und das. Dennoch finden die niedersächselnden Besucher wortreich, dass es doch nirgends so schön ist wie in Hannover.

Blick von Bord des vertäuten Zweimasters

Mehrfach wird am Ausschank das bestellt, was die Dame da zwei vor mir hatte, das sah so köstlich und erfrischend aus oder auch so frisch und knackig. Gemeint waren unter anderem der Eismilchkaffee oder die herrlich-farbenfreudige Salatschale aus Blättern, Körnern und Bohnen. Unter Deck werkeln elegante Thresenmänner, an der frischen Luft darf jeder Platz gewählt werden. Auch der, wo Kate-Winslet einst auf der Titanic stand. Drum herum und zwischendrin fliegen die stillen Schwalben ihre gewagten Manöver, etwas vor der Uferkante quäkt der Blesshuhn-Nachwuchs seine vorwurfsvolle Laute.

Hinter der Baerwaldbrücke teilt sich die Straße und lässt einem breiten Mittelstreifen Raum. Gleich zu Beginn darf eine kunterbunte Wiesenfläche in die Höhe krauten, nicht viel größer als zwei Klassenzimmer. Vom Pfad zwischen den beiden Pforten können halbwegs Geduldige auch hier eine große Vielfalt an Bienen und dergleichen entdecken und nehmen als Andenken vielleicht einen echten Mückenstich oder einen Brennesselbiss mit. Mehr und mehr gibt es solche Flächen kleiner Wildnis in der Stadt, bei denen es weniger auf Größe als auf gleichmäßige Verteilung ankommt. Angenommen werden sie gut, wie klar zu sehen ist.

Gern besuchter Insekten-Garten

Hinter der Kindervilla Waldemar mit ihren schattigen Spielflächen liegt einer der schönsten Biergärten am Kanal, der leider vor Kurzem abbrannte und erst wieder aufgebaut werden muss. Schräg gegenüber der Heilig-Kreuz-Kirche, die nicht nur als Gotteshaus dient, liegen drei Friedhöfe, die tagsüber einen ruhigen Durchgang zum Mehringdamm gestatten, zu anderen Zeiten ist die südlich verlaufende Baruther Straße eine gute Alternative. Wer die Augen ein bisschen aufsperrt und mit der Berliner Historie grundlegend vertraut ist, kann auf den Grabsteinen einige Namen entdecken, die direkt und nachwirkend mit der Stadt zu tun haben. Anmutige Grazien klappern auf Omas altem Rad über den Friedhof, gerade schnell genug, damit das offene Haar links und rechts des versonnenen Blickes schon etwas weht.

Mehringdamm

Nach dem Verlassen des Friedhofs auf dem lärmigen Mehringdamm ist gegenüber die Kastellburg der Dragoner-Kaserne kaum zu übersehen, die ein wenig nach Lego aussieht und heute das Finanzamt beherbergt. Dahinter liegt das Dragoner-Areal, um das seit längerem hart verhandelt wird – mit Erfolg, zumindest teilweise, denn Sozialwohnungen wurde hier dem Vernehmen nach der Vorzug gegenüber Luxusappartements gegeben, so sagt es ein gewichtiger Vertrag.

Park am Gleisdreieck Nahe Möckernkiez

Am ersten regulären Wohnhaus steht gewunden eine Schlange, so lang, wie sie noch vor zwei Monaten an den Teststellen zu sehen waren, als wieder ging, was lange Zeit nicht ging. Als ein positiver Test mehr Mehrwert brachte als nur im Baumarkt die dringend benötigten Schrauben zu erwerben oder das Teflonband zum Abdichten des lecken Rohrs. Hier geht es konkret um einen Gemüsedöner, der entweder richtig gut ist oder in einem dieser Bücher steht, die jetzt so langsam wieder an Gewicht gewinnen.

Wer das wohl im letzten knappen Jahr im Blick behalten hat, wo man unbedingt gewesen sein muss oder wo unbedingt hineinzubeißen ist? Wer Trends beobachtet hat, wo gar keine Leute waren? Oder einfach erfinderisch genug war und tatsachentolerant? An der gleich benachbarten Currywurst-Legende jedenfalls wartet kein Mensch, ebenso beim gewöhnlich gut besuchten Döner Ecke Yorckstraße.

Historische Ladenstraße des Technik-Museums am Gleisdreieck

Hinterm Rathaus Kreuzberg, das genauso aussieht, wie man es sich vorstellt und so ganz anders als das zinnenbewehrte Finanzamt um die Ecke, geht die Yorckstraße in ihre erste Biege. Zu Fuß kann man problemlos geradeaus auf der Hornstraße weitergehen, deren begrünter Mittelstreifen Schatten, Spielplätze und gelangweilte Bildschirmrumwischer auf Bänken bietet. Deren fließende Sitzhaltungen zeigen an, dass die berockte Großmutter ganz weit weg ist und ihnen daher nichts husten kann.

Wie ein Entree liegen mit einem Mal die extrabreiten Stufen zum Park am Gleisdreieck da. Oben gibt es einen herrlichen Niederflur-Kletterwald voller Stangen, zwischen diesem und dem Imbiss schon wieder eine kleine wilde Insel für Insekten, voll hüfthohen Krautes. Allein im Stangenwald ließe sich mit Kindern gut ein halber Schultag füllen, ein paar Meter weiter liegt dann entlang der Wiesenterrasse noch einen Streifen voller Entdeckungspotential. Anstatt Spielgeräten gibt es hier etwas Relief und liegende Stämme, verschiedene Untergründe und Wasser, Platz für Platsch und Mansch und dazwischen allerlei Pflanzen und Getier.

Im Park am Gleisdreieck

Möckernkiez

Direkt benachbart ist der relativ neue Möckernkiez, der in der Planung sicherlich gut gemeint war, aber so gar nicht nach seinem gemütlichen Namen aussieht. Insgesamt wirkt er blutleer und hat ein paar schöne Chancen verschenkt, was insbesondere in der charaktervollen Nachbarschaft zum Gleisdreieck-Park auffällt. Davon abgesehen dürfte eine Wohnung hier trotzdem ein Treffer sein.

Zum Park am Gleisdreieck muss nichts gesagt werden – in allem Neuentstandenen in Berlin findet sich hier ein einzigartiger Ort, der mitten in der Stadt so weitläufig sein darf, so viele Gesichter trägt und herrliche Blickachsen öffnet. Hier kann man sich herrlich verlieren oder einen schönen Platz finden und diesen für Stunden nicht verlassen.

Umschlossen von seinem Areal ist das Technikmuseum, von dem eigentlich immer irgendetwas heraussschaut. Zwischen Festplatz und Landwehrkanal spannt sich schnurgerade die sogenannte Historische Ladenstraße. In zwei Zeilen von Lagerhäusern mit langen Vordächern parken in dieser nahen Außenstelle des Museums unzählige verschiedene Geräte zum Bewegen von Menschen und Waren.

Im Schankgarten Eule

Die Straße endet vor dem Kanal am emporragenden Rotorblatt eines Windrades, sicherlich nicht dem derzeit größten und dennoch sehr eindrucksvoll. Eine Fahrradbrücke führt über den Landwehrkanal zum Parkteil am Anhalter Bahnhof, das dortige Tempodrom mit seinen Dachzacken war vorhin schon gut zu erkennen. Doch heute bleiben wir südlich des Kanals und spazieren auf der Luckenwalder Straße zum seltsam verloren gelegenen Eingang zum Kreuzungsbahnhof Gleisdreieck, an dem die meisten ja eher umsteigen.

Gleisdreieck

Verloren ist hier heute gar nichts, denn unzählige Rucksackler aus aller Welt bzw. in alle Welt stranden hier für eine knappe Stunde oder mehr. Der Grund ist eine der Teststationen, wo man kurzfristig das große Besteck der Testerei, sprich einen PCR-Test, machen kann, der Verbleib gestattet, verordnet oder eben Weiterreise möglich macht.

Weg zum Bülowbogen

Unter der U-Bahn-Trasse führt ein Durchschlupf zurück ins Parkgelände mit seinen verschiedenen Spielflächen für Kurz und Lang. Zwei Hochbahntrassen in Reihe liegen voraus, so dass fast zu jeder Minute ein schnell kriechender gelber Zug zu sehen ist, der mit dem unteren oder oberen Gleisdreieck-Bahnsteig zu tun hat. Dass die U-Bahn hier so gar nichts mit U zu tun hat, stört da überhaupt nicht. Die nördliche Hochtrasse klemmt eng zwischen neuen Häusern des teuren Segments und lässt damit einige Fragen offen.

Neben den rollenfreundlichen Asphaltbändern gibt es immer wieder offenen Schotter und Sand, aber auch große Holzterrassen und weite Wiesen, so dass hier gut vergnüglicher Sport getrieben werden kann, zugleich aber auch verschiedenste Kleinstbiotope im Spiel sind. Im Kontrast zu den offenen Flächen steht der herrlich schattige Waldspielplatz an der Kleingartenkolonie, die in ihrem Noch-Immer-Bestehen in dieser Lage selbst ein kleines Wunder ist und an ein gallisches Dorf denken lässt. Oder einfach Glück gehabt hat.

Amerikanische Kirche im Bülowbogen

In einem Dschungel aus üppig bewachsenen Pflanzenkübeln und mannigfaltig verbauten Holz-Paletten, vertischten Kabelrollen und aus Holzresten generierter Bestuhlung kann man sich im Café Eule einem wohltemperierten Päuschen hingeben, mit Sicht auf die Parzellen. Ganz am Rand des gepflasterten Areals steht ein Kiosk, wo es eine bunte Mischung aus allem gibt, was Kehle und Gaumen zur Sommerzeit erfreut. Zu empfehlen an heißen Tagen sei besonders die eiskalte, frisch gepresste Zitrone, auch die Optik des Kuchens hält, was sie verspricht.

In der Bülowstraße

Bülowbogen

Den südlichen Rand der Schrebergärten markiert die Hochbahntrasse, unter der man zum Bülowbogen durchkommt. Auch hier gibt es wieder eine großzügige Bienenweide, entlang der Rampe zum kleinen Skaterpark. Der Bülowbogen, den manche noch mit dem Namen Pfitzmann verbinden werden, umschmiegt die Amerikanische Kirche auf dem Dennewitzplatz. Auch hier steht eine Schlange an, ähnlich lang wie die vorhin, doch mit höherem Altersdurchschnitt. Und hat nichts zu tun mit Reiseführern für Berlin, denn hier gibt gerade eine der zahlreichen Tafeln aus, was übrig blieb.

Streetart in der Bülowstraße

In der Alvenslebenstraße stoßen wir überraschend auf die Kirchbachspitze, einen lehmbraunen Kletterfelsen des DAV mit Gipfelstange, derzeit gesperrt. Ihr alpin-reales Gegenstück ist in der Texelgruppe in Südtirol zu finden und liegt gut dreitausend Meter höher. Was ja jetzt auch nicht so viel ist. Gleich gegenüber des Gipfels geht es los mit der großflächigen Straßenkunst, welche die nächste Viertelstunde begleitet. Der Detailreichtum ist groß, die Fassade kommt dem zum Teil sogar dreidimensional entgegen.

Weitere Streetart ein paar Schritte weiter

Galerie Bülowstraße

Die Steinmetzstraße wurde als Promenade gestaltet, ist weitgehend verkehrsfrei. An der Ecke stehen zweimal zwei Brunnen, die allesamt baugleich sind und irgendwie zwischen Siebzigern und Achtzigern aussehen. Der linke Bürgersteig der Bülowstraße duftet dann nach Rasierwasser und Haarpflegeprodukten. Alle Herren auf dem Bürgersteig sehen so aus, gehen so aufrecht und duften, als ob sie frisch vom Coiffeur oder Barbeur kämen. Keinesfalls einfach nur vom Friseur oder Haarschneidermeister. Elegant, glänzend und mit dem letzten Schliff thront jedes Haupt über seinem Brustkorb, Maskulinesse und Revierehre schwingen mit in jedem Schritt und seiner Richtung.

An der Ecke Potsdamer Straße geht es dann in die Vollen mit der Fassadenkunst, die es in Größen von Miniposter bis traufhöhenhoch gibt. In zich Stilen, eins von der größeren Sorte wird gerade frisch hochgezeichnet. Der Ehrenkodex wurde an keiner Stelle verletzt, alles ist intakt. Bildgeschichten werden erzählt von einer ganzen Wand voller Einzelheiten oder nur einem einzigen Gesicht, einem markanten Blick, einer Körperhaltung. Manches kommt ohne Farbe aus, anderes feiert die Buntheit, wieder anderes deren Nuanciertheit.

Begegnungsstraße Maaßenstraße am Nollendorfplatz

Noch vor dem Nollendorfplatz drehen wir ab, um den Schatten der kurzen Nollendorfstraße zu genießen. Ungewöhnlich – hier steht eine kurze Reihe hoher Laubbäume wie nach Konzept in einer ebenfalls verkehrsfreien, gepflasterten Straße zwischen eleganten alten Hausfassaden. Eine besondere Straße, selbst für Berlin mit seiner stadtweiten verspielten Vielfalt in diesen Dingen.

Regenbogenkiez

Rechts fällt der Blick auf den U-Bahnhof Nollendorfplatz, hinter dem die U-Bahn in Richtung Westen wieder die Unterwelt abtaucht. Was nachts die Beleuchtung seiner Kuppel in alle Richtungen mitteilt, lässt sich auch beim taghellen Hindurchflanieren wahrnehmen, in der entspannten Verspieltheit des Straßenlebens, in den Fassaden der Bars und den Themen vieler Geschäfte. Die Gegend zwischen vier schönen Berliner Plätzen gilt als weltweit erster Regenbogenkiez, der schon in den Goldenen Zwanzigern des letzten Jahrhunderts für sein Nachtleben und seine Buntheit bekannt war und das bis heute lebendige Bild dieser lebensdurstigen Zeit mitgeprägt haben dürfte.

Viktoria-Luise-Platz

Nachdem hier mit vielen gelassenen Haaren das Dritte Reich überstanden war, erwachte der Kiez aufs Neue und ließ sich auch von den verstaubten Jahrzehnten der jungen Bundesrepublik nicht unterkriegen, in der Abweichungen vom gewohnten Hetero-Rollenbild strafrechtlich verfolgt wurden. Zuletzt war das in der Ausnahme-Fernsehserie Kudamm 56/59/62 anschaulich zu sehen. Der betreffende Paragraph übrigens verschwand tatsächlich erst Mitte der 1990er Jahre aus den Gesetzbüchern.

Abgesehen vom lebhaften Treiben auf den Trottoirs und den allgegenwärtigen Regenbogenfarben geht es hier wieder besonders friedlich und entspannt zu, wozu auch eine noch junge Idee beiträgt. Die Maaßenstraße wurde zwischen Nollendorf- und Winterfeldtplatz zu einer Begegnungsstraße umgestaltet, und das keinesfalls halbherzig wie an anderen Stellen in der Stadt. Eine Hälfte der Fahrbahn bietet nun reichlich Platz für Bänke, Pflanzkübel und Bistro-Tische, hat stark einladenden Charakter und wird von allen Altersgruppen gern angenommen.

Kurz vor dem Regen am südlichen Wittenbergplatz

Einzelne hochgezüchtete und hingebungsvoll polierte Karossen drehen auch hier ihre Runden wie um den Marktplatz einer Provinzstadt, doch auf Interesse oder gehobene Blicke können die Lenker kaum hoffen, auch wenn der lässig heraushängende Arm noch so ansehnlich ist. Hier ist alles andere interessanter, seien es gewagte Hüte, extrahohe Sohlen oder die Haltungsbestnote auf dem Elektroroller, dessen Trittbrett jedes Paar Sohlen in einen unvorteilhaften Dialog zwingt – eigentlich. Oder einfach nur die Omi, die schon immer hier wohnt und nicht einfach rausgeht, wenn sie rausgeht, sondern sich schon etwas in Schale wirft. Jegliche Spielart von Bohnenkaffee in den Cafés ist besonders wohlgeraten, eventueller Schaum überdauert locker eine Viertelstunde, ohne seine Fassung zu verlieren.

Lebensalterbrunnen auf dem Wittenbergplatz

In der Motzstraße gibt es zwei normale Fahrspuren für Autos, trotzdem wirkt sie fast genauso gemütlich wie die Maaßenstraße und könnte so auch im sympathischen Erlangen, Potsdam oder auch dem herrlichen Viertel südlich des Sendlinger Tors in München liegen. In der Farbenmischzentrale, die thematisch kaum besser platziert sein könnte, kann man internationale Tapeten bekommen. Von all dem abgesehen steuert die Motzstraße auf den ovalen Viktoria-Luise-Platz zu, dessen Fontäne schon zeitig zu sehen ist. Rund um den Brunnen sitzen Leute auf den Bänken, viele mit einem Eis auf der Faust, für das jetzt der richtige Moment ist, endlich.

Viktoria-Luise-Platz

Auf dem steinernen Bankenrund haben sich zwei Damen niedergelassen, die gedämpft über Literatur palavern. Ein junger Vater fängt immer wieder sein wieselflinkes Erstgeborenes ein, während das Zweitgeborene seiner Mutter auf den Leib gebunden schläft und noch nicht älter als zwei Nächte sein kann. Ein Mädchen in kunstvollem Komplettschwarz hat sich gekonnt auf die glatte Steinfläche gegossen, ist verschmolzen mit der Musik aus den Ohrstöpseln und müsste eigentlich hier und jetzt gemalt werden.

Klassischer Blick auf dem aufgemoppelten Tauentzien

Währenddessen wird es langsam ernst mit dem Gewitter, das sich schon länger ankündigt. Eine Zwischendämmerung dimmt das Licht, Staub und Blätter werden auf Augenhöhe gewirbelt und von allen Seiten scheint es still zu raunen. Der Schlenderschritt weicht einem entschlosseneren, der rasch zum Wittenbergplatz führt, welcher ganz im Zeichen der Außengastronomie steht. Das Wetter hält sich noch kurz zurück und lässt einen langen Moment zum ausführlichen Beschauen des Lebensalterbrunnens.

Tauziehnstraße

Den Tauentzien sind wir ewig nicht lang, und das lohnt sich jetzt, denn nach langen stiefmütterlichen Jahren ist der Mittelstreifen mit seinen symbolträchtigen Blickachsen richtig schön geworden, fast ein bisschen prächtig. Die Neugier uns zieht weiter Richtung Kirchdoppel, denn vom Breitscheidplatz mit seinem verspielten Weltkugelbrunnen ist Live-Musik zu hören, als liefe heut die Féte de la Musique.

Breitscheidplatz mit Turmbauten

Was hier zu hören ist, bietet jedoch anstatt räumlicher Verteilung zeitliche Langstrecke. Über volle drei Monate findet nach einer stark eingedampften Straßenmusiksaison der Kultursommer 2021 statt, der eine Handvoll verschiedener Formate unter einem Dach vereint. Musiker, Kulturgruppen und Theater können sich hier einem breiteren und vor allem leibhaftigen Publikum zeigen und prüfen, ob der Funke überspringt. Alle, die hängenbleiben, saugen es sichtlich auf, direkt vor einer Bühne zu stehen, die doch so ganz anders ist und so viel mehr als ein gleichgroßes Projektorbild vom hochauflösenden Livestream. Der Regen stört niemanden, zumal die Bühnen überdacht sind und somit weder Klampfen, Künstler noch Kostüme großartig nass werden können.

Wer übrigens vor dem Gang zum ruppigen Mikrokosmus des Bahnhofs Zoo noch kurz einen Emporenplatz über der Bühnenlandschaft haben möchte, steigt ein paar Stufen aufs Oberdeck des Bikini-Hauses und kann dort entweder Affen mit roten Hintern, Einkäufern unter Glas oder eben der Musik auf dem Platz seine Aufmerksamkeit schenken.

Auf den Bikini-Terrassen

Und wer nach einiger Zeit vielleicht genug gehört hat und neben Ruhe für die Ohren auch gleichzeitig Ruhe für die Augen wahrnehmen möchte, sollte nicht am achteckigen Schiff der Neuen Kirche vorbeigehen, die mittlerweile seit fünfzig Jahren hier steht. Nach dem Platznehmen im Innenraum beginnt der Blick langsam zu schweifen, der Kopf folgt mit kreisenden Bewegungen. Der Puls wird ruhig und betont bald jeden seiner Schläge. Um wieder aufzustehen, bedarf es einiger innerer Überredung. Diese blaue Puderdose, sie ist ein besonderer Ort.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
mit der S-Bahn nach Ostbahnhof

Anfahrt Pkw (von Berlin): nicht sinnvoll

Länge der Tour: ca. 14 km (beliebig erweiterbar, per ÖPNV beliebig abkürzbar)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Einkehr: große Vielfalt von Angeboten direkt am Weg

Stadtrandtour Wannsee – Blattgoldrausch, Inselkapellen und ein Raum für Sehnsucht

Wenn dieses verquaste Jahr irgendetwas besonders gut kann, dann ist es Herbst. Für gute Laune reicht das nicht bei jedem, dennoch zieht es viele Menschen ins Freie, mehr als sonst üblich. Und in der Tat geht es besonders golden zu, sei es nun auf dem Lande oder mitten in der Stadt oder auch dazwischen. Novemberwetter gab es diesmal eher im Oktober, und das reichliche Gold im November lässt einen Tauschhandel vermuten, der vielleicht taktisch ausgeklügelter ist als man meinen sollte. Denn es gilt, die allgemeine Trübnesse etwas aufzuhellen.

Goldener Teppich am Griebnitzsee

Trüb ist dieser November also weniger vom Wetter her, vielmehr ist er trüb für alle Häuser, bei denen eine Bühne oder eine Küche im Zentrum steht. Die Türen müssen zu bleiben und Optionen zur Vermeidung des völligen Stillstands verlangen nicht nur Phantasie, sondern auch noch irgendetwas in der Hinterhand. Und am besten etwas Platz unter freiem Himmel. Wer also noch entsprechende Reserven hat, etwas aus dem Ärmel zu zaubern oder aus dem Boden zu stampfen, kann meistenteils auf dankbare Gesichter und etwas weiter geöffnete Portemonnaies hoffen. Passend dazu hat die zentrale Tourismusstelle des Landes Brandenburg eine Webseite auf die Beine gestellt, wo sich herausfinden lässt, wer zum Beispiel Essen zum Mitnehmen anbietet.

Ungewöhnlicher Potsdam-Blick vom Berliner Gipfel

Ganz unabhängig von all dem macht das Tageslicht sein Ding und bietet der Natur damit eine verlässliche Größe. Grün wird zu bunt, herabgefallen dann zu leuchtend. Farbakzente liefert nur der Zufall hier und da. Es duftet nach Eicheln, nach Pappellaub und Pilzen, nach werdender und währender Erde. Pilzsammler kamen überraschend, weil später als gewohnt auf ihre Kosten und konnten schließlich noch gut gefüllte Körbe durchs Unterholz schleppen. Etwas höher im Wald wird es immer stiller, obwohl zwischen dem Gekrächze der schwarzen Einsilbigen nach wie vor dieses niedliche Finkengezwitscher zu vernehmen ist, manchmal auch schon ein paar frühe Wintermeisen.

Versammelte Sehnsuchten

Wannsee

Rund um Potsdam lassen sich, das ist nichts Neues, herrliche und besondere Tage verbringen. Viel Wasser und lebhafte Uferverläufe gibt es hier, Hügelländer voller Wald und dazwischen unzählige Accessoires für Historienfilme, so dicht gesät wie selten irgendwo im Lande. Noch dazu sind diese großen und kleineren Bauwerke meist in herrschaftliche Parkanlagen gefasst, die jeweils für sich schon als Tagesziel taugen.

Abendliche Wannsee-Ausfahrt

Wem nun selbst Potsdam zu weit weg ist, der findet all das bereits auf einer großen Insel, noch auf Berliner Stadtgebiet. Der Inselwerdung wurde einst von Menschenhand etwas nachgeholfen, nichtsdestotrotz gibt es nur eine Handvoll Brücken, auf denen sich die Insel Wannsee trockenen Fußes verlassen lässt.

Pergola-Gang an der Bismarckstraße in Wannsee

Der Uferweg vom Wannseer Hafen vorbei an der Pfaueninsel zur Glienicker Brücke ist quasi ein Klassiker, nicht zuletzt deswegen, weil sich die Tour an mehreren Stellen per Bus verkürzen lässt. Falls der Bus gerade weg ist, geht man einfach ins jeweilige Wirtshaus und lässt dort vielleicht gleich noch den nächsten Bus fahren.

Auch recht bekannt ist das bezaubernde Wege-Pendant am Südufer. Auch wenn hier die Ausflugsziele nicht Schlag auf Schlag folgen, sorgen die verspielte Uferlinie und der Verlauf dicht am Ufer für gutgehend Betrieb, nicht nur an sonnigen Tagen. Neonbunte Laufschuhe wollen amortisiert sein, Hunde ausgeleert oder Gedanken freigelassen. Will man nun die Insel einen ganzen Tag durchstreifen und trotzdem nicht zu viele Menschen treffen, ist auch das möglich – dank einem dichten Wege- und Pfadenetz.

Taille vom Kleinen Wannsee zum Pohlesee

Bhf. Wannsee

Vom Bahnhof ist es nur ein Katzensprung zum Gasthaus und Biergarten Loretta mit einem der schönsten Blicke auf den Wannsee. Auf der anderen Seite der Königsstraße kommt man durch einen kleinen Park zur Bismarckstraße, ein paar Minuten später schon zum ersten Kulturbeitrag am Weg: in einem kleinen Stückchen Grün oberhalb des Kleinen Wannsees steht das Kleistgrab mit seinem korpulenten Stein. Hier liegt der Dramatiker neben seiner Freundin Henriette Vogel, mutmaßlich an der Stelle, wo sich beide gemeinsam und wohlüberlegt von dieser Welt verabschiedeten.

Uferweg am Griebnitz-Kanal

Entlang der kleinen Pflasterstraße gibt es teure Anwesen, auch schöne und geschmackvolle, jeweils entsprechend die Gärten. Manche sind zugeknöpft, andere wirken historisch wertvoll und einige sind regelrecht verspielt. Im Gedächtnis bleibt ein langer Pergola-Gang aus rotem Gebälk, auf dem sich ein dichtes Dach aus Glyzinien räkelt. Hier und da blitzt unten die Wasserfläche durch.

Blick auf die Marina am Pohlesee und Turm auf dem Schäferberg

Unvermittelt endet die Straße am Wald und lässt die Auswahl zwischen zwei Wegen. Wer Muße hat oder ans Wasser will, geht rechts und kommt durch leuchtendgelben Laubwald bald zur Seentaille, wo der Kleine Wannsee zum Pohlesee wird. Neben vielen kleinen Stränden gibt es schöne Blicke hinüber zur Marina, edlen Bootshaus-Ensembles oder den Türmen auf dem Schäferberg. Die Topographie des Uferwaldes erinnert durchaus an namhafte Seekaliber wie den Wutzsee bei Lindow oder das schöne Geschwisterpaar von Liepnitz- und Hellsee.

Am Stölpchensee

Vor der Brücke zum Stölpchensee wird der Weg zum Kanal hin schmaler, dahinter steigt er etwas höher übers Ufer und gibt den Blick frei auf einen markanten Kirchturm. Der sieht irgendwie nach Schinkel oder Schülerschaft aus, der fehlende Turmspitz lässt sich von vier kleinen Eckzacken vertreten. Der Wald wird jünger und dichter, der Laubteppich zunehmend lückenlos. Bald darauf wiederholt sich am Ende des Sees die Geschichte mit dem Kanal und der Brücke, und jetzt endlich wechseln wir hinüber auf die Insel, die den restlichen Tag superb gestalten wird.

Am Ufer des Griebnitzsees

Hubertusbrücke

Drüben liegt unterhalb der Brücke ein herrlicher Biergarten, darin sehr einladend die hölzerne Hubertusbaude. Dass hier keinerlei Bewegung ist, liegt nicht an der Virenproblematik – die Anlage ist seit einigen Jahren geschlossen und sucht einen neuen Besitzer. Der sich hoffentlich finden wird, für diesen schönen Ort direkt am Griebnitzkanal.

Selten gesehenes Panorama über Potsdam

Am Ufer des gleichnamigen Sees kommt die Sonne heraus und adelt das Goldbraun, das Wege und Hänge bedeckt. So lückenlos ist der waldweite Teppich, dass der kleine Pfad kaum zu erkennen ist, der den Aufstieg auf den Moritzberg einläutet. Rutschig ist das Laub, sodass die ersten steilen Meter nicht nur auf den Füßen zurückgelegt werden. Schließlich greifen die Sohlen wieder, der Gang bleibt aufrecht. Das passt gut, denn wir renken uns die Blicke aus nach den fünfzig Kranichen, die direkt über uns sein müssen und doch nicht zu sehen sind.

Rennsteig-Impression auf der Deponie Wannsee

Moritzberg

Nach etwas Wegewirrwarr und einigen querenden Joggern und Mountainbikern geht der Aufstieg erneut zur Sache, nun breit und knirschend. Auf dem Gipfel suchen wir vergebens nach einem Pausenplätzchen oder einer Aussicht irgendwohin, finden jedoch anhängliches Dornengestrüpp und verworrene Wildpfade. Etwas unterhalb dann schließlich ein Holzschild, das einen Moritzberg benennt. Nur ein paar Schritte weiter kann das Auge über die entlaubten Zweige weit in die Landschaft schauen, nach Südwesten hin zu den Hochhäusern der Potsdamer Waldstadt und dem fernen Turm auf dem Ravensberg dahinter. Direkt nach Süden reicht der Blick weit ins Brandenburgische.

An der Waldmüllerstraße, Klein Glienicke

Abseits des Weges hören wir etwas rechts vergnügtes Geschnatter, ein Pfad führt dort hin und beides zusammen macht neugierig. Zwei Damen kommen uns entgegen und geben kichernd einen Aussichtsplatz der Sonderklasse frei, insofern, dass Potsdam von dort betrachtet aussieht, als läge es irgendwo ins Thüringische Bergland einschmiegt. Das Stadtpanorama reicht vom Rand der Waldstadt und dem Telegraphenberg bis zur markanten Kuppel der Nikolai-Kirche, davor St. Smafo resp. Heilig Geist. Und noch weiter bis zur vergleichsweise nahen Sternwarte Babelsberg.

In Klein Glienicke

Der seltene Blickwinkel macht klar, dass die Stadt nicht nur von der Havel durchzogen ist, sondern auch von zahlreichen Höhenzügen umgeben. Die sind zwar insgesamt nicht allzu hoch, doch eben einiges höher als die Wasserflächen und zumeist bewaldet. Alles zusammen ergibt diesen Eindruck, der noch den ganzen Tag nachhallt.

Beim Schloss Klein Glienicke

Der Thüringer Gedanke wird vom bald folgenden Kammweg weitergesponnen, der prompt ein wenig an den Rennsteig denken lässt. Ein steiler Abstieg bringt wieder die Sohlen auf dem glatten Laub ins Rutschen, bis am idyllischen und gut bevölkerten Uferweg am Griebnitzsee die Bergepisode ihr Ende findet. Dennoch ist der letzte Höhenmeter noch lange nicht gesammelt … Unten am Ufer sitzt in sich versunken ein Angler, oben im Hang turnt ein Junge zwischen den liegenden Stämmen herum. Müde sein werden sie am Abend beide.

Oft gesehene Brücke zwischen den Ländern Brandenburg und Berlin

Klein Glienicke

Schon die ersten Häuser von Klein Glienicke strahlen Mondänes aus, prompt fühlt man sich ganz woanders. So ganz falsch ist das nicht, denn der nächste Kilometer wird im Land Brandenburg verbracht. Passend dazu fachsimpeln gerade zwei Herren in aufwändiger Garderobe um ein weißes Mercedes-Cabrio aus den Fünfzigern herum. Der Motor läuft, schnurrt sonor und entlässt hinten nostalgisch aromatische Abgase. Es wird eingestiegen, fünfzig Meter gefahren, wieder ausgestiegen und erneut um das Auto herumgelaufen. Das wiederholt sich noch einmal, bis schließlich die passende Kulisse der geräumigen Waldmüllerstraße erreicht ist, die auch geeignetes Publikum bereithält fürs Verlassen der Szenerie.

Im Volkspark Klein-Glienicke

Neben der Straße liegt still ein kleiner Wasserlauf, begleitet von einem winzigen Graspfad, von dem sich schön die besonderen Holzhäuser am anderen Ufer bestaunen lassen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite wird eine kleine Hoffnung wahr: das Eiscafé hat eine Luke offen, draußen einen kleinen Grillstand eingerichtet, und wir können uns was Kleines zu naschen rausholen. Außer den Schlangestehenden bleiben alle Gäste auf dem zugehörigen Gelände stets leicht in Bewegung, damit nicht der Verdacht des Aufhaltens entsteht. Drumherum ist ordentlich Betrieb, kein Wunder, denn hier ist die Hauptschnittstelle zum Park Babelsberg, zudem kreuzen sich hier zahlreiche Rad- und Wanderwege.

Vollblütige Live-Musik in Abstandszeiten, Gasthaus Moorlake

Nur ein paar Minuten sind es zum Schlosspark Klein Glienicke, der nun wieder in Berlin liegt oder doch so absolut nach Potsdam aussieht. Auf dem Weg dorthin liegen ein süßes Kirchlein und der Friedhof in einer eigenartigen Nische des Grenzverlaufes, die sicherlich genau damit zu tun hat. Das direkt benachbarte Jagdschloss ist seinerseits von einem Ausleger der Berliner Grenzlinie umschlungen.

Höhenweg unweit der Moorlake

Der weitläufige Park ist zur Straße hin abgesperrt, was sich in der Trockenheit der letzten Sommer begründet und dem Bestreben, dass keinem Parkbesucher etwas zu Großes auf den Kopf fällt. Die Absperrungen setzen sich in Richtung Moorlake noch fort. Stellenweise bleibt Interpretations-Spielraum offen, welcher Weg zu benutzen ist und welcher nicht. Und zuletzt gibt es ja auch noch den gesunden Menschenverstand.

Blick von der Terrasse am Blockhaus Nikolskoe

Das ist insgesamt wenig tragisch, denn reizvoll sind beide Varianten. Der Hochuferweg sammelt dabei unter alten Laubbäumen so einige Höhenmeter und verwöhnt mit überraschenden Aussichtsfenstern auf die Glienicker Brücke, die Heilandskirche am anderen Ufer oder das markante Bauwerk auf der Pfaueninsel, zwischendurch öffnen sich immer wieder die weiten Wasserflächen der Havel. Begleitet wird der Weg von dicken Holzgeländern, die an Hochuferwege auf Rügen oder Usedom denken lassen, welche sich ähnlich auf und ab gebärden. Unten der Uferweg hingegen gibt sich ruhig und gleichmäßig, und der Besucherverkehr hält sich gerade auch in Grenzen, so dass man keinen Ausweich-Slalom laufen muss.

Blockhaus Nikolskoe

Moorlake

Die Bucht der Moorlake wird in einem langen Rechtsbogen erreicht, und so gleicht es zunächst eher einer Erscheinung, wird erst nach Minutenfrist deutlich und schließlich zur Gewissheit, dass vom Herzen der Bucht Musik erklingt, direkt vom Instrument. Das ist in diesem Jahr auf seine Weise besonderes schön und leitet eine ausgedehnte Viertelstunde ein, die so anmutig wird, dass man gern die Zeit anhalten würde. Auch hier wurden ein paar Ladentische rausgestellt und man bekommt Süßes zum Kaffee oder Herzhaftes zum Sattwerden.

Kirche am Blockhaus Nikolskoe

Die zwei virtuosen Musiker spielen sich beiläufig und ohne Theatralik die Seele aus dem Leib und laden die Luft mit Emotionen auf, was die Kombi aus Fidel, Quetschkommode und herzergreifenden Zigeunerweisen ja sehr gut drauf hat. Zwischendurch gibt es ein paar sauber servierte Gassenhauer der ernsten Musik, die jeder wiedererkennt. Alles in allem sorgt dafür, dass jeder gern was von Gewicht in die Mütze fallen lässt und am Abend das verdiente Feierabendbier kein nennenswertes Loch in die Kasse reißen wird. Ein perfekter Platz, gute Wahl der Instrumente und ein Vorgang, von dem alle Beteiligten am Ende viel mit nach Hause nehmen dürfen.

Fähre zur Pfaueninsel

Blockhaus Nikolskoe

Kurz hinter Moorlake darf nun ganz legal der Höhenweg erklommen werden. Lange Stufen führen hinauf in den Küstenwald und spinnen im Reich der Goldnuancen den Ostsee-Faden fort. Nach der nächsten Abbiegung wähnt man sich dann auf einmal einiges südlicher, oberhalb des Elbtals da irgendwo bei Dresden, und am Ende der nächsten Treppe ist man wieder völlig woanders, eher so direkt im Baltikum. Das tiefschwarze Blockhaus Nikolskoe bietet zwar keine russische Küche an, doch die Optik und die benachbarte Kirche mit ihrer kleinen Zwiebel entführen kurz in den fremden Kulturkreis. Den großen Havel-Blick und Gelegenheit zur Rast bieten beide.

Essenausgabe am Gasthaus Pfaueninsel

Fähranleger Pfaueninsel

Ein sanfter Abstieg endet kurz vor dem Fähranleger zur Pfaueninsel. Auch hier stehen zwei kleine Stände vor dem Gasthaus, auf der Karte neben dem Imbissangebot auch Waffeln. Eine frischgebackene Waffel an der Fähre – allein das ist schon ein kleiner Urlaub. Etwas Wartezeit haben wir dabei, denn das grazile Waffeleisen ziert sich ein bisschen. Der Duft von Bratwurst und Kaffee, Glühwein und Waffeln tröstet ein bisschen über die Adventsmärkte hinweg, die es in diesem Jahr vielleicht nicht geben wird.

Spiegelschnitt vor der Pfaueninsel

Zum Kommen und Gehen der Fährpassagiere gesellen sich noch palavernde Enten, ein paar Ruderer und die erste Ankündigung der tiefstehenden Sonne, die bereits jetzt für nordische Lichtstimmungen auf dem Wasser sorgt. Wasserfläche und Insel, Paddler und Bootshäuser – in der Tat landen die Gedanken kurz in Skandinavien und wir müssen uns ein weiteres Mal bewusst machen, dass sich dieser ganze Tag in Berlin abspielt, bis auf den erwähnten Kilometer.

Versammelte Sehnsuchten

Vom Uferweg wirft sich nun die Insel in Positur, im edlen Abendlicht. Eine zügige Dame paddelt ihr pfeilschmales Kajak so ruhig, dass der Wasserspiegel kaum gestört wird. Weit oben am Himmel strebt eine Gänse-Eins gen Süden, vielleicht zum nassen Land bei Blankensee oder auch zu den Nuthe-Wiesen. Kurz darauf wechseln wir wieder auf den hohen Pfad und können zugleich einer stehenden Wolke von schwerem Duftwasser ausweichen, die schon seit Minuten den ganzen Weg ausfüllt, auf voller Breite.

Sehnsuchts-Beratungsstelle zwischen Birkenstämmen

Nur per Zufall nehmen wir rechts im Wald eine Rasthütte wahr, die nicht direkt einladend aussieht. Doch es lohnt sich, befindet sich doch hier die einzige Sehnsuchtsberatungsstelle weit und breit. Wir nehmen einen kurzfristigen Termin wahr, müssen uns dann jedoch beschränken, da das Licht allmählich knapp wird und noch eine halbe Stunde Wald vorausliegt.

Blick auf das glimmende Strandbad Wannsee

Das Licht wird in der Tat schnell knapp, schon sind an den anderen Ufern die Lichter deutlich heller als alles andere. Doch der Spiegel der Havel verdoppelt das vorhandene Dämmerlicht und schenkt uns damit die verlorenen Minuten zurück. An einer breiten Strandstelle sehen wir gegenüber das Strandbad Wannsee mit seinem endlosen Strand rot erglühen und nehmen erst jetzt wahr, dass der Tag mit dem schönsten Abendrot ausklingt, das der November zu bieten hat. Nach der nächsten Kurve dreht der Weg nach Süden, und nun sehen wir über der Böschung den ganzen Wald in fahlem Rot. Viele Leute sind noch mit uns und sehen zu, dass sie die nächste Straßenlaterne erreichen.

Flensburger Löwe über dem Wannsee

Flensburger Löwe

Wer uns dort empfängt, ist der wohl größte Löwe von Berlin. Der steht auf einer Aussichtsterrasse am Ende der Uferpromenade, von der sich die ganze Uferlinie des Wannsees bis hin zum hell erleuchteten Hafen sehen lässt. Um ihn herum herrscht fröhliches Treiben, nicht zuletzt dank der warm erleuchteten Imbiss-Bude mit ihrem breit gefächerten Angebot. Noch einmal kleiner Budenzaubertrost. Es braucht ja gar nicht viel dafür.

Abend am Hafen Wannsee

Auf dem laternenbeleuchteten Weg vorbei am Haus der Wannsee-Konferenz, der Liebermann-Villa und zahlreichen Boots-Clubs werden jetzt mit einem Mal die Beine bleischwer, kurz vor dem Ziel. Es war so viel in diesem Tag, so viel Neues entlang der bekannten Wege, so viel Besonderes und Schönes.

Als wir endlich den Hafen erreichen, entfernt sich gerade ein kleiner Dampfer, hell erleuchtet, wie eine Traumvision in diesen Zeiten. Zu leise denken wir, um echt zu sein und drehen uns nochmal um, nach dem Erklimmen der allerletzten Treppe. Das stille Licht ist fern, doch noch zu sehen.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
mit der S-Bahn oder Regionalbahn zum S-Bhf. Wannsee (0,5-0,75 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): nicht praktikabel (falls doch: B 1 nach Wannsee (0,75-1,25 Std.))

Länge der Tour: ca. 20 km, Abkürzungen vielfach möglich (auch per ÖPNV)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Insel Wannsee

Ehemalige Deponie Wannsee 

Einkehr (Auswahl): Hubertusbaude, am Stölpchenweg/Hubertusbrücke
Wartmanns Eiscafé, Klein Glienicke
Forsthaus Moorlake, Moorlakeweg
Blockhaus Nikolskoe, Nikolskoer Weg
Wirtshaus Zur Pfaueninsel, Pfaueninselchausee
Imbiss am Flensburger Löwen, Tiefhornweg
Bolles Bootshaus, Tiefhornweg

Berliner Spaziergang – Spandau: Stille Wasser, Dosenfisch de luxe und die gelochte Riesengurke

Nach einem komplett sonnigen April, der in diesem Jahr ohne hochsommerliche Schmelztemperaturen auskam, brachten die letzten Tage des Monats den erhofften Regen, der viele Gewächse einen ersten Durst stillen ließ, erdigen Duft aus dem Boden lockte und für eine selten gesehene Explosion des Blattgrüns in Stadt und Land sorgte.

Mit einem Mal gibt es unter jedem Baum den dichten Schatten, der vermutlich in Kürze gern in Anspruch genommen wird. Die Blütenpracht der zweiten Aprilhälfte hatten die teils dicken Regentropfen von den Zweigen gespült und am Boden zu lichten Teppichen verströmt, die in Weiß, Rosa oder fast schon Violett ganze Bürgersteigpassagen bekleideten.

In der Spandauer Altstadt

Knapp zwei Meter darüber ist mittlerweile der Anblick halbverdeckter Gesichter zur Normalität geworden, wobei die Vielfalt der Masken so breit gefächert ist, dass sie manch modischer Geist vielleicht aus individualistischen Gründen lieber anlegt, als er eigentlich zugeben möchte. Gleichzeitig dürfen nun auch ohne triftigen Grund Füße vor die Wohnungstür gesetzt werden, wenn sie weiterhin einen Ausfallschritt Abstand zu anderen Füßen halten. Endlich also geht es von triftig nun den ersten kleinen Schritt in Richtung Triff Dich. All das ergänzt sich recht gut und könnte den Weg dafür ebnen, dass Ausflüge ins Umland und auch innerhalb von Städten wieder ohne ausschweifende Logistik möglich sind.

Besonders verlockend sind in diesem Monat des Entstehens, Wachsens und Sprießens die Düfte der erwachten Natur, die täglich breiter werdende Farbpalette und auch die Ablösung und Ergänzung der frühblühenden Vögel durch die beredten Plaudereien der Schwalben oder den meist fernen Ton des Kuckucks, den selbst Leute erkennen, die möglichst nicht mit dem Erkennen von Vogelstimmen in Verbindung gebracht werden wollen. Dank der vielen Sonnenstunden des Aprils liegt über weiten Trockenwiesen auch schon der Klangteppich zahlloser Grillen, und dazwischen lässt sich mit etwas Glück eine genial getarnte Eidechse beim Sonnenbad erwischen.

Schattige Wege im Spekte-Grünzug

Nachdem in den letzten Monaten ein überschaubarer Radius nur selten verlassen werden konnte, steht nun im Monat der vielen gesetzlichen Feiertage der Sinn nach etwas Ausflugs-Erlebnis, nach dem Gefühl besonderer Tage. Oder einem dieser immer wieder überraschenden Stadtspaziergänge innerhalb der Berliner Stadtgrenzen, wo man eigentlich das Meiste schon zu kennen glaubt. Denkste.

Knorriger Steg über die Kuhlake

Allerhand angekündigter Regen und kühle Temperaturen dieser Tage sowie breite Wege helfen an vielen Stellen und Grünanlagen dabei, auch einen ganzen Draußentag lang durch dicht bewohnte Gegenden zu schlurfen und doch kaum dem Gegenverkehr ausweichen zu müssen, um den rechten Abstand zu gewährleisten. Bevorzugt empfehlen sich stadtrandnahe Lagen mit Großsiedlungen, wie sie zum Beispiel in Marzahn, Rudow oder auch Spandau zu finden sind. Da sich in Spandau auch noch ein breites Flussgeschehen und das betuliche Bild einer westdeutschen Kleinstadt hinzugesellen, führt der Weg heute ans jenseitige Ufer der Havel, hin zu alten Gemäuern, einer Wasserstadt und einem imposanten Kletterfelsen. Und natürlich absolut vielfältiger Natur.

Stolzer Herr im Wildgehege

Spandau

Spandau trägt das komfortable Merkmal, sowohl ober- als auch unterirdisch erreichbar zu sein. Der endlose S- und Fernbahnhof ist ohne Zweifel eindrucksvoll, zudem Sekunden vorher die breite Havel überquert wird. Doch es gibt nur einen Ausgang, der mit etwas Pech am anderen Ende des genutzten Zuges liegt, und der Vorplatz ist laut und quirlig. Die nahe Spandauer Altstadt liegt im Kontrast dazu gemütlich auf einer Insel, in deren Norden die große Kirche und der älteste Teil der Stadt mit einem Rest der Mauer stehen. Genau dazwischen liegt der Ausgang des U-Bahnhofs, nach dessen Verlassen man sofort eine Altstadtgasse unter den Sohlen hat und schon bald den Kirchturm sieht, der schon im ausgehenden Mittelalter über dem Markt wachte.

Doch nicht nur diese Lage bietet einen guten Grund, Spandau in gelben Zügen zu erreichen. Allein die Fahrt auf der U-Bahn-Linie 7 ist durch ihre bunten und verspielten, phantasievollen und teils prächtigen Bahnhöfe ein Ausflugsgrund sowie eine gute Option zum Beispiel für einen drückend heißen Sommertag im kühlen Untergrund – Tageskarte kaufen, dann einmal bis Endstation, dann bis zur nächsten Endstation und wieder zurück nach dort, woher man kam. Unterwegs lässt sich beliebig oft aussteigen, einen Bahnhof komplett und im Detail beschauen oder in der Oberwelt kurz was Kaltes zischen und dann wieder abtauchen. Nach dem beliebig verlängerbaren Reise-Erlebnis der Sonderklasse ist es dann auch schön, das Kunstlicht des urbanen Orkus gegen das des heißen, hellen Sommers einzutauschen.

An der Nikolai-Kirche, Spandau

Altstadt Spandau

So gesehen ist also die Anreise eine leichte Entscheidung. Der U-Bahnhof Altstadt Spandau liegt tiefer als andere, da die Bahn kurz zuvor die Havel unterqueren muss. Es sind also ein paar Stufen mehr, die vom schön illuminierten Bahnsteig mit seinen wuchtigen und zugleich fein gezeichneten Säulen nach oben führen. Verlässt man den Bahnhof in Fahrtrichtung, fällt der erste Blick unter freiem Himmel direkt auf den Turm der Nikolaikirche, die mit ihren gut 600 Jahren nur gut 100 Jahre jünger ist als die älteste Kirche Berlins – die übrigens denselben Namen trägt.

Die Spandauer, das wurde an anderer Stelle schon erwähnt, legen einigen Wert darauf, nicht als Stadtteilberliner gesehen zu werden, sondern eben als Spandauer. Und in der Tat gibt es keinen vergleichbaren Kiez in der weitläufigen Stadt, der so am Rand liegt und zugleich so ein eigenständiges Stadtbild zeigt, wie es vergleichbar eher mit schönen Vororten wie Strausberg oder Bernau ist. Auch die Lage jenseits der Havel trägt noch dazu bei, und natürlich auch die ovale Form samt der Insellage zwischen breitem Fluss und dem Stadtgraben, über dem auch die erwähnten Überreste der Stadtmauer stehen.

Stadtgraben um die Spandauer Altstadt

Von der Kirche zum Markt sind es nur ein paar Schritte. Ein Großteil der Geschäfte hat nur halb oder gar nicht geöffnet, alle anderen können unter Einhaltung der Hygiene-Regeln betreten werden. Das ist erst seit wenigen Tagen möglich und wird dementsprechend gern angenommen. Auf dem gemütlichen Marktplatz sind die kleinen Bäume schon dicht belaubt, alle Sitzgelegenheiten werden benutzt und Pappbecher erleben eine Zeit, in der sie nochmal richtig sinnvoll sein dürfen. In der Fußgängerzone reichen Ansteh-Schlangen von vier Leuten bis weit auf die Zonenmitte, sodass auch hier ein wenig Slalom angesagt ist, damit sich niemand zu nahe kommt. Doch es funktioniert gut, viele Lächeln wechseln ihre Besitzer und selbst beim belebten Markttreiben vor dem riesigen Rathaus ordnet es sich ganz passabel.

Von hier führt eine kuriose Unterführung auf die andere Seite des breiten und stark befahrenen Altstadt-Rings, der irgendwie auch gut zum Bild der westdeutschen Kleinstadt passt. Hier gab es wohl einmal Laufbänder hinab zum U-Bahn-Eingang, von denen noch die Gummi-Handläufe zeugen. Der Untergrund ist mittlerweile asphaltiert und man bewegt sich mit eigener Kraft. Auf der anderen Seite, im linken Augenwinkel nimmt man gerade so den langen Fernbahnhof wahr, landet man sofort in einem lichten Park mit alten, großkronigen Bäumen, der den Beginn eines vielfältigen Grüngürtel bildet, direkt hier am lauten Bahnhofseck.

Grünzug mit Aussichtsberg in Spandau

Bis zur Stadtgrenze lässt sich nun weitgehend unberührt vom Verkehr spazieren, vorbei an Wiesen und Senken, Seen und Laken und so manchem herrlichen Spielplatz. Nördlich des länglichen Wegesystems erheben sich Hochhäuser, links halten Einfamilienhäuser und Kleingärten die Giebelhöhe eher flach. Besonders schön für diese Zeit jetzt ist, dass meistenteils Wege für Leute mit Rad oder Fuß parallel laufen, weit seltener ausgewichen werden muss.

Plankenweg vor der Zeppelinstraße

Hinter einem halbrunden Areal mit bunt bepflanzten Nutzgärten öffnet sich ein weiter Wiesenpark, über den ein kleiner Hügel wacht. Der ist immerhin so hoch, dass der Hauptaufstieg über eine Treppe in acht Schwüngen zum Gipfelplateau führt, auf dem sich ein Rund von großzügigen Bänken für Blicke in alle sechs Himmelrichtungen anbietet. Die Sicht ist weit, in Richtung der erwähnten Nikolai-Kirchen bzw. des Funk- oder Fernsehturms jedoch durch dichtes Wipfellaub maskiert. Auch im Norden zwischen den Hochhäusern ist alles grün und zu Füßen des Hügels viel Platz für alle möglichen Freizeitsachen.

Auf einer der Bänke sitzt eine Frau, die sofort aufspringt, als Sie uns sieht, und zu erzählen anfängt. „Ah, dit sehick glei – ihr seid Geokescher, haaick sofort jesehen, ditt kennick schon, haaick erkannt wejen den Jerät da, Ihr macht Geokesching, haaick glei jeseen.“ Sie geht dabei langsam auf uns zu, und obwohl Sie einen Mundschutz trägt, weichen wir zurück, so höflich wie eben möglich, wegen einsfuffzich. „Wusstich sofort!“ Es ist eben schon ins Blut übergegangen, und das ist zwar auf den ersten Blick erschreckend, doch beim zweiten Hindenken eigentlich eine gute Sache, dass es quasi automatisch läuft, zur Gewohnheit gewachsen ist. Da es ja nun noch eine Weile gebraucht werden wird, als eins von drei Basis-Werkzeugen.

Spekte-Grünzug, Spandau

Auch wenn wir längeren Wortwechsel vermeiden wollen, lassen wir die Dame nicht gänzlich im Unklaren und erzählen, dass es so ähnlich ist, doch wir eher allgemein schöne Orte suchen und nicht kleine Schatzdöslein mit Zetteln. Sie ist’s zufrieden und wollte ohnehin gerade gehen – und ist auch schon auf dem Weg nach unten. So allein auf dem Gipfel sehen wir jetzt, dass es neben dem gediegenen Stufenaufstieg auch noch einen buschumsäumten Downhill-Sandweg sowie einen breiten Rodelhang für weiße Tage gibt.

Spekte-Grünzug mit dem Kletterfelsen

Unten ist kurz eine Verneigung vor dem Buschwerk angesagt, dann stehen wir wieder auf den Angeboten des Wegesystems. Ein kleiner Waldstreifen, in dessen Bäumen es nur so summt von Bienen und Vergleichbaren, geht über in einen einstigen Feuchtwald, der jetzt trocken liegt und dessen frisch begrünte junge Weiden eine Optik von Bambuswald erzeugen. Mittenhindurch führt ein breiter Bohlensteg, hinter dem die etwas breitere Zeppelinstraße quert. Die ist jetzt bis Falkensee bzw. für die nächste Stunde der letzte direkte Kontakt mit dem Verkehrsgeschehen.

Der Kletterfelsen über dem Spektesee

Spekte-Grünzug

Dahinter beginnt nun der sogenannte Spekte-Grünzug, der etwas südlicher mit dem Bullengraben noch ein Geschwisterchen in unmittelbarer Nähe hat. Ab hier ist die kleine Senke wahrzunehmen, die zwischen dem asphaltierten Radweg auf der einen und dem gepflasterten Fußweg hier liegt. Hinter einem kleinen Teich und der benachbarten üppigen Wiese mit groß angelegten Biotop-Hecken tritt voraus eine charakteristische Gestalt ins Bild. Deren Proportionen entsprechen nicht unbedingt gängigen Schönheitsmaßen, ziehen einen jedoch sofort in ihren Bann. Erst muss noch die Trasse einer alten Kleinbahnlinie überquert werden, die als Bötzowbahn bekannt war und Spandau mit dem havelländischen Umland verband.

Wer den Wuhletalwächter unweit des Ahrensfelder Berges kennt, hat sicherlich auch schon von diesem sandsteinhaften Gebilde gehört oder sogar obendrauf gestanden. Das westliche Pendant des Kletterfelsens steht zwar nicht ganz so spektakulär in der weiten Landschaft, ist dafür aber noch ein paar Köpfe größe und bietet ebenfalls Routen verschiedener Schwierigkeitsgrade sowie unten einen Boulder-Bereich.

Dunkle Wolken über der Spekte-Lake

Die skulpturhafte Gestalt mit ihrem durchsteigbaren Lichtauge, in die sich bereitwillig verschiedenste Motive interpretieren lassen, bietet soghafte Fotomotive vom Spekte-Grünzug aus, auch vom benachbarten Hügel oder vom Seestrand. Der Auslöser kommt nicht zur Ruhe, Begleiter müssen geduldig sein. Aus direkter Nähe weicht jedoch der Charme, da der Felsen des Deutschen Alpenvereins vorsorglich mit einem sachlichen Zaun umgeben wurde. Einen eigenen kleinen Ausflug wert ist der Anblick dieses Kletterfelsens definitiv, zumal direkte nebenan ein Badesee mit einem Kiosk lockt, der irgendwann wieder öffnen wird.

Der Große Spektesee, in dessen Schilfgürtel sich die Wasservögel wohl fühlen, lässt sich in einer knappen halben Stunde komplett umrunden. Am Westrand des Sees beginnt ein Graben, der aktuell trocken liegt und von einem schönen Brücklein überspannt wird. Dahinter setzt sich das bewährte Zwei-Wege-System fort, teils schnurgerade wie ein münsterländischer Bahntrassen-Radweg, dann wieder kurvig. Ein weiterer Weg  begleitet gegenüber das Ufer. Üppig grün sind all diese Wege, links und rechts die Bäume und unten die Wiese, und das wahrscheinlich erst seit ein paar Tagen.

Gemütliche Brücke über die Spekte-Lake

Als wirksamer Farbkontrast türmt sich voraus ein blauschwarzer Himmel auf und kündigt nun konkret an, was als Prognose verheißen war. Manchmal weiß man, dass nicht bald zu handeln ist, sondern jetzt, also zücken und entsichern wir schon mal die Schirme. Auf der breiten Holzbrücke über die Taille der Spekte-Lake kommt dann die nasse Wand angerauscht und wir spannen auf und sehen zu, dass wir ans andere Ufer kommen. Dabei bietet sich die Brücke so schön als Ort zum Verweilen an, mit kleinen Stränden, schönen Ausblicken und Geländern, breit wie Rastbänke. Heute jedoch nicht.

Staaken

Drüben liegt ein aufgeräumtes Wohngebiet im Norden von Staaken, einem dieser Berliner Ortsteile, die ich irgendwie niemals werde zuordnen können und wahrscheinlich bereits morgen wieder vergessen habe. Auf dem Finkenkruger Weg treffen wir auf erste Erinnerungen an die Mauer, kurz darauf auf den Berliner Mauer-Radweg, dessen Schöpfer Michael Cramer in diesem Jahr erstmals nicht seine beliebten und unterhaltsamen Mauer-Streifzüge anbieten kann – nach zwanzig Jahren Tradition. Am Ende des Weges ist die Grenze zu Brandenburg erreicht, das jetzt für ein knappes Stündchen unter die Sohlen genommen wird. Apropos Mauer-Radweg – auch die Zwanzig Grünen Hauptwege von Berlin spielen heute wieder eine große Rolle, drei von ihnen begleiten mit verspielten Zahlen diesen Tag.

Baracken-Fundamente und Mahnmal des KZ-Außenlagers

Hinter der Landesgrenze geht es am Ende einer Birkenreihe mit Seeblick noch einen Schritt weiter zurück in der Geschichte – hier befand sich in der NS-Zeit ein Außenlager des bei Oranienburg gelegenen KZ Sachsenhausen. Auch wenn die Vorstellungskraft an ihre Grenzen gerät, selbst wenn man die lose verstreuten Tafeln aufmerksam liest – die freigelegten Fundamente, über die ganz langsam das Moos wächst, auch die sichtbaren Baracken jagen eine Reihe von Schauern über den Rücken und durchs Mark, und der stürzende Regen hat das Licht des Tages dazu etwas runtergedreht. Ein schlichtes Mahnmal erinnert an die Opfer.

Falkensee

Mit dem Verlassen des Geländes reißt der Himmel auf, letzte dicke Tropfen fallen noch triumphierend in den freigelegten Nacken, und erleichert findet man sich nach wenigen Schritten in der friedlichen Welt von Fußgängerampeln, Kaufhallenschlangen und Jugendlichen, die den Lenker ihres Fahrrades hochreißen, so wie man das selbst als Bengel getan hat. Was auch immer der Grund oder die Zielstellung war, sicherlich dieselbe damals wie heute.

Weg von Falkensee nach Falkenhöhe

Die Wohnsiedlung um die Berliner Straße ist ganz gelungen. Ein Grünstreifen führt vom großen Rundhaus mitten hindurch, und jeder hat zumindest ein bisschen Gartenfläche. Direkt hinter den letzten Häusern beginnt die Natur mit wilden Wiesen und Wald, durch den man nach Falkenhöh gelangt. Aus dem Wald duftet es sagenhaft und würzig nach dem kräftigen Regen, und jeder Atemzug animiert zum besonderen Genießen.

Waldweg bei Falkenhöh

Falkenhöh

Auch in Falkenhöh wird gediegen gewohnt, jedoch mit großen Gärten und vielen schönen Häusern. Martin Luther drängelt sich per Straßenname kurz ins Bild und wird dabei umgeben von einigen seiner Tisch- und Zeitgenossen. Nach dem Eintauchen in den Wald lädt jenseits des schattigen Mauer-Radweges der Nadelboden eines Waldweges ein, der bald von einem Stacheldrahtzaun begleitet wird und dennoch gemütlich wirkt. Noch schöner wird es natürlich, als er den Zaun verlässt und seine Spur weiter durch den Mischwald zieht.

Versteckte Zärtlichkeiten in der Kantine

Kurz ist rechts das Krankenhausgelände zu sehen. In entgegengesetzter Richtung stehen gegenüber des Waldrandes Pferde und später auch übergroße Rindviecher, die zu später Mittagsstunde gerade in einen großen Haufen Heu vertieft sind und es trotz regen Futterns und Wiederkäuens schaffen, mit dem Nachbarkopf in Hautkontakt zu bleiben, Schnauze an Wange oder Stirn an Ohr. Der Vorgang sieht ungemein weich aus, obwohl vier massive Hörner beteiligt sind.

Lichtung im Wald mit jungen Kastanien

Dahinter winden sich Pfade durch den Forst, in dem unvermittelt der Spiegel eines umzäunter Seerosen-Weihers mit kleinen Inseln und rechteckigem Grundriss aufleuchtet. Falls ein Weiher einen Grundriss haben kann. Hinter dem nächsten großen Weg erstreckt sich eine große Trockenrasen-Lichtung, in der es bereits jetzt tüchtig, schillernd und farbenprächtig summt, obwohl bislang kaum etwas blüht – das ist dann eher Sache des Sommers. Am Nordrand der Lichtung wächst eine blutjunge Kastanienallee heran, die man spätestens in zehn Jahren mal wieder besuchen sollte.

Im Spandauer Forst

Gegen schön gerade Wege mit angenehmer Breite weiß sich aller Planung trotzend ein Waldweg durchzusetzen, der diagonal mitten hindurch läuft, von besonders zartem Grün umhüllt ist und stets aufs Neue von sich überzeugt. An der nächsten größenen Kreuzung bietet sich dann eine Sitzgelegenheit zur Pause an, und während wir hier sitzen, passieren mit Hund, Rad oder nur sich selbst mehr Leute, als wir in den letzten drei Stunden getroffen haben –tief im Wald, hier in der Großstadt. Ist wohl der Direktzubringer vom Spandauer Siedlungsrand zum sagenumwobenen Eiskeller.

Siesta in Wildgehege Zwo, Sektion Muffelwild

Wasserzug Kreuzgraben/Kuhlake

Danach bringt uns der Diagonalweg umgehend wieder in die Einsamkeit, wird bald von einem kleinen Pfad abgelöst, der das noch zu verfeinern weiß. Umso mehr staunen wir, als am nächsten großen Weg auf einmal vergleichsweise viele Menschen unterwegs sind und aufs Neue ein Zaun mitten im Wald steht – hunderte Meter lang. Sieht aus wie ein Wildgehege, und ist in der Tat eins, in dem sich jedoch nicht eine einzige Schnauze oder ein behuftes Bein entdecken lässt, auch kein Geweih oder Gehörne.

Wildgehege No. 1, Abteilung Rehwild

Noch im Suchen führen die Schritte über einen idyllischen Wasserzug, auf dem sich verschiedenste Enten tummeln und der schwer danach aussieht, als müssten sich hier auch Schildkröten wohlfühlen. Der Blick auf die Karte eröffnet, dass sich ausgedehnt ein regelrechtes Wassersystem durch den Wald zieht, das unter anderem mit der Kuhlake und dem Kreuzgraben zu tun hat. Verschiedene Seen haben eigene Namen, andere nicht, und Inselchen gibt es auch so einige, was allen beteiligten Kleintieren und Vögeln bestens gefällt.

Kuhlake zwischen den Wildgehegen

Die folgenden paar Hundert Meter sind so zauberhaft, dass sich die große Zahl der Menschen und Familien klar nachvollziehen lässt. Natürlich belassene, weit ausholende Uferkanten, kleine knorrige Stege übers Wasser, zudem ein mehr als zwei Meter hoher Aussichtsturm, von dem sich nun auch die ersten Tiere entdecken lassen. Insgesamt gibt es drei Wildtiergehege, die jeweils ziemlich sortenrein Rehtieren, Muffeltieren und Schwarzkitteltieren vorbehalten sind.

Wildgehege Spandauer Forst

Kein Nerv für Zaungäste in Wildgehege No. 3, Abteilung Kittelwild

Die Fraktion der Rehe hat am meisten Platz, kann sich daher auch am besten verstecken und war aus diesem Grund beim ersten Versuch nicht zu finden. Die mit den Krummhörnern am Schädel haben sogar alpin anmutende Klettergipfel aus aufgetürmten Findlingen, wo sie überzeugend den Steinbock mimen könnten. Die meisten ziehen es zur Stunde allerdings vor, ein breit ausgelatschtes Buffet von feinstem goldenem Stroh als Ruhelager zum Dösen zu nutzen und nur ab und zu ein halbes Maul voll vom Polstermaterial zu verschmausen. Der einzige aktive Hornbock mimt dafür den Poser und stelzt mit gereckter Brust und hinten vorne als höher durch das lichte Unterholz, um zu zeigen, wie das eigentlich aussehen sollte.

Schöne Anlage des Johannesstifts

Auch bei den Rehen ist eher Mittagsruhe angesagt, man steht so bei den Hütten und plaudert im Stillen. Doch auch hier gibt es den einen, weder jugendlich noch Senior, der aufrecht zwischen diversen Hindernissen hindurchstolziert und dabei den charakteristischen Gang eines Elches zitiert. Allein bei den Wildschweinen schert es keinen der Bewohner, wer da gerade guckt und was er wohl denken könnte, denn hier gibt es wirklich Wichtigeres. Der Blick mit gespitztem Auge lässt gut getarnt im Stroh am Stall drei Frischlinge erkennen, welche die ganze Aufmerksamkeit der Alten fordern und dem Anschein nach pausenlos gestreiften Unfug ersinnen. Die Alten sind enorm gut gebaut und der Zaun kurz vor der Nase sehr beruhigend.

Evangelisches Johannesstift

Südliche Kuhlake im frischen Mai-Schatten

Vorn die Straße nach Schönwalde ist kaum befahren, ein kleiner Weg führt nebenher. Vor dem Bahnübergang ist links ein Gebäude-Ensemble mit breiter Mittelallee zu sehen, das einen näheren Blick wert ist. Die Anlage des Evangelischen Johannesstifts rund um die Stiftskirche erinnert ein bisschen an das ehemalige Wihelm-Griesinger-Krankenhaus in Berlin-Biesdorf, unweit des Bahnhofs Wuhletal, auf dem S- und U-Bahn sich die Bahnsteige teilen. Auch dort gibt es gewisse Symmetrien, eine Kirche sowie reichlich schöne Umgebung. Hier die Kuhlake, dort die Wuhle – und damit schon ein zweiter Bezug zum Wuhletal.

Vom Radweg rechts der Schönwalder Allee locken verschiedene Wege und Pfade wieder in den Wald. Das wird mit der Fortsetzung der Kuhlake belohnt, die hier nicht minder idyllisch im Laubwald ruht.

Die breite Havel an der Havelschanze

Hakenfelde

Nach etwas Straßen-Zick-Zack gibt es dann hinter einer markanten Siedlungs-Anlage mit schnieken Wappen recht unvermittelt großes Verkehrsgeschehen und direkt danach den ersten Kontakt zur Havel. Das Becken des Nordhafens reicht fast einen halben Kilometer hinein bis zur Straße, die Spandau und Hennigsdorf verbindet. Der Straßenname Havelschanze kündigt schon den großen Ausblick an, der ganz an ihrem Ende wartet. Breit ist der Fluss hier, und der Blick fällt hinterm Sportboothafen auf die relativ neue Wasserstadt in Halbinsellage, doch auch auf die echte Insel Eiswerder, die durch drei elegante Bögen in Stahlfachwerk mit dem Spandauer Festland verbunden ist.

Uferweg Richtung Altstadt Spandau

Eine alte Kastanie mit kugelrunder Krone hält ihre Arme bis fast zu den Balkonen der ersten Häuserreihe, dahinter wird der Blick freigegeben auf einen breiten Uferweg. Links liegen urige Hausboote, deren Aufbauten vermutlich nur mit Hammer, Nagel und Zunge im Mundwinkel errichtet wurden, rechts wächst gerade der Gegenentwurf in die Höhe – alte Industriegebäude mit Wasserblick, die aufgehübscht und höchstbietend veräußert werden. Hinten auf dem bewegten Wasser streben zwei Wildgänse gen Flussmitte, zwischen sich vier extrasüße Küken, die kaum über die Wellen des windigen Tages schauen können.

Stahlfachwerkbögen zum Eiswerder

Hinter der Brücke über den Eiswerder lässt sich mit etwas Wohlwollen eine Kopenhagener Impression empfinden, zumal gegenüber die Zitadelle einen ihrer vier Festungszacken weit in die Havel hält. An der nächsten Ecke lockt dann ein Mittagsangebot, dem wir nicht widerstehen können. Obwohl anhand äußerer Faktoren nicht abschätzbar ist, was einen letztlich erwartet. Ein Fisch-Restaurant bietet Fischtüten in drei Ausfertigungen an – die höchste Ausstattung bietet Fisch&Chips und klingt irgendwie verdammt gut. Nehmen wir, bereuen es nicht und bestellen gleich noch eine Portion nach.

Havelschleuse Spandau

Dargereicht wird die spätestens nach acht Hapsen fingerfettige Tüte mit frischem paniertem Fisch und kaum verbesserbaren Pommes frittes in einer ausgedienten Konservendose. Das hält die Tüte in Form, die Finger fettfrei und verleiht obendrein dem Ganzen ein bodenständiges, ansprechendes Design. Passend dazu klagen die Möven über der Uferkante, ergänzend faucht von der Havel ein frischer Seewind hinüber, und so ist die längst fällige Energiezufuhr in Großformat schon wenige Minuten nach dem Weitergehen konkret als willkommene Wärme nutzbar. An einem Tag, der so wechselhaft ist wie eine ganze Aprilwoche.

Uferpark nördlich der Altstadt Spandau

Bad Spandau a. d. Havel

Ein kleiner Weg schwenkt links zurück zum Ufer, dessen Grünstreifen sich hier wie ein Kurpark präsentiert – mit Pergolen, Symmetrien und Wasserbecken, ausgeformten Senken samt wohlplatzierten Findlingen und einladenden Bänken. Bad Spandau an der Havel – klingt gar nicht mal verkehrt. Berühmt für seine Bullenkur, die angewandte Spektegrafie und nicht zuletzt die Eiswerder Massagen.

Verbliebene Stadtmauer von Spandau

Hinter einem passend mondänen Tor auf Höhe der Brauerei bietet sich nun, wieder einmal unerwartet, ein Bildausschnitt dar, der mit den Elementen Historische Stadtmauer, Wassergraben und Kirchturmspitze das Gefühl nahelegt, wirklich ganz woanders zu sein, nicht kurz vor dem nächsten U-Bahnhof mit Direktverbindung nach Berlin-Mitte. Da die Anreise nicht weit war und die Einkehr im kalten Havelwind kurz ausfiel, ist der Tag noch jung – nichts weist darauf hin, dass man jetzt die Beine mal stillhalten sollte, kein tiefer Sonnenstand, keine Abendamsel und keine Leute, die entspannt im Biergarten sitzen.

Schwanennest am Fuß der Stadtmauer

Doch unterhalb der Stadtmauer liegt im Schilfgürtel schwer ein Schwanennest, in dem sich der Brüter vom Dienst in sich selbst zurückgezogen hat, den roten Schnabel im barocken Weiß vergraben. Das schließlich gibt den fehlenden Impuls und umgehend schwere Beine und müde Augen. Die Bahnhöfe der U 7 müssen auf der Rückfahrt wohl ohne unsere Aufmerksamkeit auskommen.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin): von Berlin-Alexanderplatz mit U-, S- oder Regionalbahn (0,5-0,75 Std)

Anfahrt Pkw (von Berlin): div. Möglichkeiten (ca. 0,5-1 Std.)

Länge der Tour: 18,5 km (beliebig abkürzbar, auch per ÖPNV)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Informationen zum Spekte-Grünzug

Altstadt Spandau

Kletterturm Spandau

Geschichtspark Falkensee

Wildgehege an der Kuhlake

Evangelisches Johannesstift

Mauerstreifzüge mit Michael Cramer (für 2020 abgesagt)

Einkehr: div. Möglichkeiten am Weg oder unweit davon

Berliner Spaziergang: Männer mit Nasen, dösende Kröten und ein halbes Dutzend Strände

Es ist praller Sommer in Brandenburg, und in der Folge beschränken sich die tropischen Nächte nicht mehr nur auf das Berliner Stadtgebiet, sondern sind bis weit ins Umland ausgeschwärmt, bis zu den Außengrenzen des Landes. Hatte man sich in den letzten Jahren an Nachttemperaturen von 20°C gewöhnt und mit verschiedensten Mitteln und Maßnahmen irgendwie arrangiert, zeigt das Thermometer weit nach Sonnenuntergang Temperaturen von dreißig Grad an, auf halbem Weg zum Sonnenaufgang dann immerhin noch fünfundzwanzig.

Im Wilhelm-von-Siemens-Park

Aus den Baumärkten werden im Minutentakt Sonnenschirme und Ventilatoren, Planschbecken und Klimaanlagen getragen, währenddessen Insektenschutzmittel bleiern in den Regalen der Drogerien lagern. Denn Mücken sind bislang Mangelware, und wenn es eine bis zur Quelle schafft, dann ist sie so schmächtig, dass man es nicht übers Herz bringt sie plattzumachen. Ähnlich ist es mit den Wespen – die paar, die sich einfinden, sind lütt und irgendwie verwirrt, so dass sie immer wieder eine heiße Tasse Milchkaffee ansteuern, obwohl direkt daneben saftiger Pflaumenkuchen steht.

Da fast alle sich über die letzten Jahre an Dreißiger-Temperaturen gewöhnt haben, versteckt sich niemand mehr, es wird nur alles etwas langsamer gemacht und die Schattenseite gewählt, wenn eine Wahl besteht. Möglichkeiten zur Erfrischung gibt es reichlich sowohl in der Stadt als auch auf dem Land, und da viele Leute weit weg im Urlaub sind, in warmen Ländern, verteilt es sich ganz gut an den Stränden der städtischen Gewässer und auch der märkischen Seen. Richtig böse voll ist es kulturgegeben dort, wo ein großer Parkplatz in allernächster Nähe ist. Wer solche Stellen vermeidet, wird sicherlich keine Badebucht für sich allein haben, muss aber keinen unfreiwilligen Hautkontakt befürchten.

Pfad an den Fließwiesen Ruhleben

Betrachtet man Badewasser für diesen Tag nicht als Priorität, sondern sucht einfach schöne Stellen mit Schatten, finden sich dazu auch im weitläufigen Stadtgebiet von Berlin fast endlose Möglichkeiten – je öfter man die Stadt durchstreift, desto klarer wird, wie reich an Grün sie wirklich ist und dass es nicht nur die großen Flächen an Havel, Spree und Dahme sind, die hier die Masse ausmachen. Auch im Kleinen sind nahezu alle Stadtteile von Wasserläufen, Grünzügen und Parks durchzogen, die es möglich machen, auf grünen Wegen mit viel Schatten und wenig Autolärm durch Berlin zu spazieren. Stets präsent ist bei solchen Tagen der Flugverkehr, je nach Windrichtung stärker oder schwächer, doch das gehört ja irgendwie dazu.

Bedient man sich dieser Grünflächen nach dem Baukastenprinzip , um kürzere oder längere Touren zu erhalten, stößt man manchmal auf Unerwartetes, Überraschendes oder Faszinierendes. Das macht beim Reiz solcher Wege einen Löwenanteil aus, hallt oftmals lange im Gedächtnis nach oder zieht Recherchen nach sich, der puren Neugier geschuldet. So ist ein Friedhof nicht immer einfach nur ein Friedhof, gleiches gilt für winzige Park-Karrees oder Wege durch Kleingartenanlagen.

Treppen hinab im Parkfriedhof Heerstraße

Fließwiesen Ruhleben

Zwischen den U-Bahn-Stationen Ruhleben und Neu-Westend finden sich gleich drei solcher besonderen Orte, die schon einzeln die lange Anreise mit der U1 wert wären, ein jeder für sich. Schon am U-Bahnhof Ruhleben, im letzten Jahrhundert der Pilgerort für Ikea-Jünger in Berlin, verlockt der gediegene Wiesengrund zum Murellenteich mit zahlreichen schattigen Wegen. Wer widersteht, kann nach wenigen Minuten in den Pfad zu den Fließwiesen Ruhleben abbiegen, die einen aus dröger Gewerbelandschaft stufenlos abtauchen lassen in ein liebliches Arrangement tiefster Natur. Ein knorriger Pfad begleitet den sumpfigen Rand dieses Refugiums. Direkt am Weg gibt es eine wirklich schöne Bank, die abseits kalter Jahreszeiten nur als Scherz gemeint sein kann. Bei normalen Wetterbedingungen sollte es nicht möglich sein, hier länger als dreißig Sekunden entspannt zu rasten angesichts hunderter gieriger Saugrüssel, die hochfrequent heranschwirren. Allein in diesem knochentrockenen Sommer gibt es selbst hier keine einzige Mücke.

Wege im Parkfriedhof

Ein kleiner Höhenweg führt alsbald durch den schmalen Waldstreifen, der längs der grimmigen Doppel-Zäune des Olympia-Geländes verläuft und den Wald erst am nächsten U-Bahnhof verlässt. Der Schatten endet am Vorplatz des imposanten Stadions, auf dem fast immer Fahrschüler mit hochgezogenen Schultern unterwegs sind, sei es im Auto oder hoch oben auf dem Sitz eines Busses oder Lastwagen. Selbst für anspruchsvolle Übungen mit Anhänger rückwärts ist hier ausreichend Platz. In der Mitte des großen Parkplatzes fast schon schützenswert die stets bogenreichen Radierungen von heranwachsenden Fahrzeuglenkern, die gern zugleich Gaspedal und Handbremse benutzen.

Parkfriedhof Heerstraße

Da er eben am Weg lag und kaum einen Umweg darstellt, wurde beim heutigen Weg ein Friedhof einbezogen. Friedhöfe bringen immer die Unwägbarkeit der Ein- und Ausgänge mit sich, die vorhanden oder nicht vorhanden sein können, offen, geschlossen oder dauerhaft geschlossen. Doch das Risiko ist es meistens wert, denn die meisten von ihnen sind zum einen besuchenswert und zum anderen nicht allzu groß, so dass der Haupteingang stets als Verlassens-Option bleibt.

Offener Lehrgarten am Brixplatz

Dieser Parkfriedhof lässt uns nun die Kinnlade herunterklappen, nicht nur einmal. Ungewöhnlich vom Aufbau, geht er immer weiter in die Tiefe und birgt am tiefsten Grunde sogar einen passablen See mit gepfeffertem Namen, dessen Silben sich saftig-derbe artikulieren lassen: Sausuhlensee. Überall gibt es Bänke, von denen der Blick auf etwas fällt, das dem Auge schmeichelt. Alte Bäume verschiedenster Art wurzeln hier, so dicht, dass der Eindruck von lichtem Wald entsteht. Die Treppe, die hinterm Hauptgebäude entspringt, zelebriert den Abstieg in mehreren Phasen. Je tiefer man eintaucht in diesen Friedhof, desto klarer wird, wie dicht und verworren das Netz von Haupt- und Nebenwegen nebst Pfaden ist.

Steinwand unterm Pavillon, Brixplatz

Ein halber Tag ließe sich hier in angenehmem Klima verbringen, und man könnte sich auf jeder fünften Bank niederlassen und das Auge schweifen lassen, bis einen die Neugier schließlich weiterzieht. Aufsummiert müssen es viele Kilometer sein, die kreuz und quer durch die Etagen des eindrucksvollen Kessels geflochten sind. Dabei gibt es klare Linien mit Rondellen und konzentrischen Kreisen, dann solche, die am Hang den Höhenlinien folgen und sogar einige wenige, die ganz konventionell rechteckig sind. Zum Friedhof existieren ein detaillierter Plan sowie eine eigene Broschüre, und letzteres scheint beim Verlassen dieser besonderen Anlage keineswegs so exzentrisch wie beim Betreten.

Weiher am Grund des Brixplatzes

Wer nicht schon per Zufall an großen Namen verschiedener deutscher Schaffenskraft hängenblieb, wird spätestens beim ersten beiläufigen Durchblättern der Broschüre stocken, dann automatisch stehenbleiben und mit gebanntem Blick neugierig weiterblättern. Letztlich dann verstehen, wozu so ein Plan noch taugen kann. Es stehen hier unter anderem die Grabsteine dreier Herren, die vereint sind durch feinen Humor, markante Nasen und einen würzigen Gebrauch ihrer Muttersprache. Neben Vicco von Bülow alias Loriot und Joachim Ringelnatz ist das auch der großartige Curt Goetz. Letztere beide waren etwa gleichalt, und der dreißig Jahre jüngere Loriot hat sicherlich von beiden etwas humoristisch treffsichere Muttermilch abbekommen. Wer mit Curt Goetz erstmal nichts anfangen kann, dem seien dessen Filme aus den 1950er Jahren ans Herz gelegt, in denen er jeweils an der Seite seiner herrlichen, klugen Frau spielt. Vor einigen Jahren wurden diese Raritäten restauriert und sind nun auf Scheibe erhältlich.

Im Ruhwaldpark

Darüber hinaus finden sich auf dem Friedhof, der etwas irritierend Friedhof Heerstraße heißt, noch mehr oder weniger vertraute Namen weiter Schauspieler und Schriftsteller, zahlreicher anderer Kunstschaffender, Wissenschaftler und Sportler, eine lange Reihe von Damen und Herren, die im Laufe der letzten hundert Jahre hier beigesetzt wurden. Da passt es gut, dass der tiefe Kessel dieser Parklandschaft einer Arena gleicht, die sich ja gleichermaßen gut eignet für Darstellung und Unterhaltung, Lehre oder Ertüchtigung.

Treppen und Brücken am Ruhwaldpark

Brixplatz

Nur ein paar Minuten weiter liegt in einem ganz normalen Wohnviertel ein Platz, der um einiges kleiner ist als der Parkfriedhof, von der Topographie her jedoch ähnlich eindrucksvoll. Zuvor sind auf der Olympischen Brücke die Bahngleise zu überqueren, und noch vor der Brücke befindet sich ein Imbiss, an dem man nicht einfach vorbeigehen sollte. Zwei freundliche und gestandene Berliner Damen bieten hier Spezialitäten dieser Gastronomie-Sparte an, die sich vor Currywurst-Prominenz wie Konnopke oder Curry 36 keinesfalls verstecken müssen. Dementsprechend voll ist es, und trotzdem wandert in kürzester Zeit die Bestellung über den Tresen, mitsamt ordentlicher Bäcker-Schrippe. Obendrein lassen sich den Damen noch ein paar Informationen zum Friedhof und dem besonderen Relief der Gegend hier entlocken.

Höhenweg längs der Schrebergärten

Ebendieses präsentiert sich am Brixplatz auf der winzigen Größe eines Straßenblockes oder, um der sportlich geprägten Umgebung gerecht zu werden, auf der Größe zweier Fußballfelder. Auch dieses Fleckchen kesselt sich in die Tiefe, so dass zwischen Straßenniveau und den Pfühlen am Grund zwölf Meter Höhenunterschied liegen. Drei der vier Ecken verfügen über eine besondere Gestaltung, wobei alle Altersklassen angesprochen werden. Unterhalb eines umrankten Pavillon mit gestuften Terrassen und Wasserbecken thront imposant eine steile Wand, die wie eine Schichtendarstellung der Erdzeitalter aussieht, in der Tat wohl die Rüdersdorfer Kalkfelsen zitieren soll. An der nördlichen Nachbarecke liegen flach zwei großzügige Tortenstücke Schul- und Lehrgarten, die frei zugänglich eine breite Vielfalt an Pflanzen zeigen. Wer sich auskennt mit Pflanzen, wird viele Bekannte wiederfinden, wer mit Botanik-Kram bisher wenig damit am Hut hat, wird das womöglich etwas aufweichen.

Am Jungfernheideteich

In der Ecke schräg gegenüber schließlich liegt ein schöner Spielplatz, und zwischen allem senkt sich ein verspielter Pfad auf Wasserniveau hinab, der von alten Kiefern begleitet wird und am tiefsten Punkt den Eindruck hinterlässt, man wäre irgendwo im märkischen Umland – die Häuserfassaden sind aus dem Blick verschwunden. An allen Rändern des Parks verläuft ein umlaufender Spazierweg, schön gestaltet, schattig und meist entlang einer Natursteinmauer.

Ruhwaldpark

Der sanfte Bogen der Meiningenallee leitet direkt über zum nächsten Park, der nun keine Senke hat, sondern etwas in die Höhe geht. Hinter den weiten Wiesen mit ihren breitkronigen Bäumen liegen vergessene Arkadenbögen mit ungewisser Zukunft und ein zugeknöpfter Hochsicherheits-Kindergarten. Der schönste Weg über die Höhe biegt hinter dem Spielplatz rechts ab und weckt kurze Gedanken an die zauberhaften Nebentäler in der Märkischen Schweiz. Unter zwei Brücken hindurch und vorbei an einem Pfuhl berührt man kurz die ebenfalls brandenburgisch aussehende Spreetalallee. In der Tat fließt keine zweihundert Meter entfernt der breite Fluss seiner Mündung entgegen, doch davon ist an dieser Stelle nichts zu ahnen. Die Aufmerksamkeit wird ein paar Schritte später ohnehin abgelenkt von einem der zauberhaftesten Wege, die sich in Berliner Kleingartenanlagen finden lassen. Rund um die Uhr frei zugänglich führen breite Stufen hinauf zu einem kleinen Höhenpfad, der zwischen urigen Gärtchen und blumigen Wiesen oberhalb der Bahntrasse verläuft, fast einen ganzen Kilometer lang.

Schildkröten beim Sonnenbad

Wilhelm-von-Siemens-Park und Jungernheide

Die folgende Viertelstunde entlang von Fürstenbrunner Weg und Rohrdamm ist nun trotz Spreeblick bis hin zum Fernsehturm laut und spröde. Um so schöner ist es, wenn kurz nach dem Queren der Nonnendammallee und dem Unterschreiten der alten Siemensbahn wieder die Stille übernimmt. Am Rande des Werksviertels am Schuckertsdamm beginnt unmittelbar der gediegene Wilhelm-von-Siemens-Park, der durchzogen ist von geraden Wegen und trotz seines Waldcharakters viel von einem Kurpark hat. Gegen Ende setzt sich seine Achse direkt in den Jungfernheideteich fort, und schon Minuten vorher ist die typische Geräuschkulisse sonniger Strandtage zu vernehmen. Im Strandbad Jungfernheide ist viel Betrieb – heute ist der perfekte Tag dafür. Auch die schattigen Alleen rund um den symmetrischen Teich sind belebt, hier wird hingebungsvoll promeniert und alle haben dabei den langsamen Gang eingelegt. Manche kommen vom Baden, manche schlendern eben dorthin oder wechseln zwischen West- und Oststrand.

Am Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal

Wer jetzt genug unterwegs war, kann sich noch ein bisschen durch die Jungfernheide treiben lassen und vielleicht dem Wasserturm einen Besuch abstatten oder auch dem Hochseilgarten. Von dort sind es nur ein paar Minuten bis zum nächsten U-Bahnhof, wahlweise Halemweg oder Jakob-Kaiser-Platz. Sind noch Energie und Lust vorhanden auf lange Uferwege und einen straffen Seewind, kann man über die Insel ans Nordufer wechseln und dort mit etwas Glück ein paar Schildkröten beim Sonnenbad in Zeitlupe beobachten.

Badestelle am Tegeler See

Hinterm Saatwinkler Damm eröffnet sich dann eine neue Welt, die bestimmt wird von einem breiten Schifffahrtskanal, auf dem man direkt zum Berliner Hauptbahnhof schippern könnte oder zur nahen Havel. Während rechts etwas tiefergelegt kleine bunte Gärten liegen, wird gegenüber bald ein Insel-Campingplatz sichtbar. Auch wenn die Insel keine im klassischen Sinne ist, hat es schon etwas Exklusives, dort zu campen – tief im Wald, hier in der Großstadt.

Uferweg am Tegeler See

Saatwinkel

Kurz bevor sich der Kanal im Wasser des kleinen Archipels zwischen breitem Havelstrom und Tegeler See auflöst, gibt es nun nach langer gastronomischer Dürre gleich eine ganze Handvoll von Angeboten, allesamt einladend und gemütlich. Das Wissen um eine ähnliche Anzahl vorgelagerter Inseln, die jede ihren eigenen Charakter tragen, spielt dieser Gemütlichkeit noch in die Karten.

Hinter den letzten Häusern von Saatwinkel beginnt ein entspannter Uferweg, der etwa eine Stunde füllt und hier und da unterbrochen wird von kleinen Sportboothäfen und größeren Badestellen, die in diesen heißen Wochen meist dicht bevölkert sind. Doch es gibt auch kleine Buchten, die gerade groß genug sind für eine Handvoll Sonnenanbeter und dennoch dasselbe Seepanorama bieten.

Promenade in Tegel

Eine angemessene Abrundung der Tour ist die Tegeler Uferpromenade mit ihrer herrlichen Platanen-Allee. Gerade heute ist es etwas kramig und lärmig hier, da ein deutsch-polnisches Hafenfest vom Wochenende aufgeräumt und weggefegt wird. Doch die entspannte Hafenatmosphäre dieses schönen Stücks Berlin lässt sich davon nicht beeindrucken, der quengelig quäkende und kaum irgendetwas bewirkende Laubbläser wird von den Promenierenden, Plaudernden und Pausierenden nur milde belächelt. Um dann ein weiteres Stück Torte, eine Kaffeespezialität oder noch ein obergäriges Berliner Bier in grün oder rot zu bestellen – im kugeligsten aller Biergläser. Als größtes Problem bleibt dann nur, den überhängenden Strohhalm nicht an den Seewind zu verlieren.

 

 

 

 

 

 

 

 

Anfahrt ÖPNV (von Berlin): U-Bahn bis Endstation Ruhleben

Anfahrt Pkw (von Berlin): nicht sinnvoll

Länge der Tour: ca. 21 km (Abkürzungen sehr gut möglich)

 

Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

 

Links:

NSG Fließwiesen Ruhleben (PDF)

Friedhof Heerstraße

Brixplatz Westend

Beitrag zum Ruhwaldpark

Strandbad Jungfernheide

Volkspark Jungfernheide

Saatwinkel – zur Geschichte

Greenwichpromenade in Tegel

 

 

Einkehr:
Imbissbude an der Olympischen Brücke
div. Gastronomie am Steubenplatz, U Neu-Westend
Gaststätte Bolivar (KGA Ruhwaldpark, nahe Spandauer Damm)(600 m Zuweg)
Tunneleck (vor der Spreebrücke bzw. Rohrdammbrücke rechts runter, großes Schild vorhanden)(600 m Zuweg)
div. Gastronomie Nonnendammallee
im Strandbad Jungfernheide
div. Gastronomie in Saatwinkel
div. Gastronomie in Tegel

Berliner Spaziergang: Kleine Großstadtwelten zwischen Grunewald und Tiergarten

Es ist Sommer in Berlin und Ferienzeit. Den Sommer merkt man nicht so sehr, da er in diesem Jahr auf der groben Klaviatur spielt. So eine, die eher mit kräftigen Faustunterseiten gespielt wird wie bei einem Carillon, das in Kirchtürmen Dutzende Glocken erklingen lässt. Solche Klangerscheinungen kennt man aus dem Tiergarten, wo unweit der Spree eines der weltgrößten Carillons der Welt steht, ganz losgelöst von einer Kirche. Das jüngste der Stadt im Turm der Parochialkirche nistet denkbar zentral direkt über dem letzten Rest der Berliner Stadtmauer. Im letzten Jahr wurde es nach 72 Jahren Pause eingeweiht und weht nun regelmäßig faustgetriebene Glockenklänge über das innerste Herz Berlins. Das im Tiergarten wurde übrigens vor dreißig Jahren errichtet, um dem an der Stadtmauer zu gedenken.

Am S-Bahnhof Grunewald

Doch zurück zum Sommer. Neben zartem Himmelsblau und vereinzelten Tagen der sommerlichen Milde werden der Stadt Gewitter um die Ohren gehauen, die man in der Häufung lange nicht mehr hatte. Dazu gibt es immer wieder Starkregen, der nur Minuten dauert, doch im Handumdrehen die Kanalisation füllt. Alle paar Tage ziehen zudem vorgezogene Herbststürme durch die wechselwarmen Häuserfluchten und Parks der Stadt. Im Großen und Ganzen ist das Hinundher aus all dem akzeptabel, doch mehrere Sommertage in Folge sind ganz klar die Ausnahme.

Dass Ferien sind, merkt man zum einen an weit weniger Menschen auf den Straßen und Gehwegen, zum anderen an den unzähligen Baustellen, die jeglichen Varianten der urbanen Fortbewegung gewichtige Kiesel in den Weg rollen, breitbeinig und allgegenwärtig. Auf den hervorgerufenen Umwegen berühren sowohl Gleisreisende als auch Autofahrer Stellen der Stadt, die noch nie oder lange nicht mehr gestreift wurden. Wer das eigene Wohnviertel verlassen möchte, ist also mit aktuellen Informationen gut beraten. Hoch lebe das Internet in der Hosentasche!

Am Hundekehlesee, Grunewald

Eine sichere und ruckelfreie Verbindung ist derzeit die S-Bahn-Linie 7, die von der Innenstadt nach Potsdam fährt. Entlang der zugehörigen Bahnhöfe lässt sich viel entdecken, bevorzugt natürlich an einem der mildsommerlichen Tage. Zum Beispiel auf dem Weg vom Grunewald zum Tiergarten, vom größten Waldgebiet im Westen Berlins hin zum größten Park derselben Stadthälfte. Dazwischen liegen verschiedenste Welten, die übervoll sein dürften von erzählten und unerzählten Anekdoten.

Grunewald

Der entzückende Vorplatz am S-Bahnhof Grunewald hat mit seinem betulichen, doch steten Kommen und Gehen viel von der Atmosphäre eines kleinen Hafens, wenn auch hier Doppeldeckerbusse ein- und auslaufen anstelle von Fährschiffen. Im Rücken rauscht über ein halbes Dutzend Gleise und sechs AVUS-Spuren der eilige Verkehr, doch das wird automatisch ausgeblendet, wenn man hier ein schönes Plätzchen gefunden hat. Während sich ein Dreiergespann von erzählfreudigen Schwestern scheinbar nach Jahren erstmals wiedersieht, macht ein historischer Bus die Biege und lässt sich minutenlang bestaunen. In Richtung Grunewald schweben Damen mit sündhaft teuren Windspielen an der Leine, denen sie in ihren eigenen Proportionen nachzueifern suchen. Ein wichtiger Herr führt am Nebentisch ein wichtiges Telefonat, nicht zu laut, doch laut genug, damit der Vorgang wahrgenommen wird.

Uferweg am Hubertussee

Direkt vor dem Bahnhof erinnert ein kleiner, dreieckiger Platz mit jungen Birken, grobem Schotter und alten Bahnschwellen an das Gleis 17, gleich das erste, wenn man reinkommt. Hier nahm im Zweiten Weltkrieg die Deportation deutscher Juden nach Osteuropa ihren Anfang, weitere Züge fuhren von Moabit und dem Anhalter Bahnhof ab. Das Mahnmal drängt sich nicht auf, ist jedoch eindringlich und hallt lange nach.

Bedenkt man, wie weit sich der Grunewald bis hin zur Havel erstreckt, ist es erstaunlich, dass der Bahnhof so gar nicht im Wald liegt, sondern die noblen Wohnlagen des gleichnamigen Ortsteils unmittelbar am Vorplatz in die Vollen gehen.

Baumarkt-Fassade, S-Bhf. Halensee

Der Bahntrasse folgend taucht schon nach wenigen Metern ein Weg hinab in dichtes Ufergrün. Der Hundekehlesee mit seinem breiten Uferweg liegt am Rand des östlichen Grunewaldes und eröffnet die Seenkette, zu der auch die Krumme Lanke und der Schlachtensee gehören. Am Gegenufer thronen herrschaftliche Villen, distanziert und erfolgreich um Mondänität bemüht.

Die Lücke zum nächsten See wird vom Hundekehlefenn ausgefüllt, dessen Wasserlauf breit und kurschattig unter alten Laubbäumen dahintrödelt, verträumt und unentschlossen. Das Ufer lädt ein zu einem Päuschen, die Mücken nicht, also weiter. Aus der Senke führen lange Stufen hinauf ins Villenviertel, dessen Straßen einem unklaren Prinzip folgend nach Komponisten, Nichtkomponisten und auch Malern benannt sind.

Blick auf den S-Bahn-Ring bei Halensee

In den nächsten Viertelstunden lässt sich nun verschiedenste Architektur von Fachwerk bis Jugendstil oder freier Märchenlust bestaunen, oft umgeben von ausufernden Gärten mit historischen Pflanzenbeständen. Neben schönen alten Villen stehen teure neue Villen und unterstreichen, dass sich über Geschmack nicht streiten lässt. In einigen Fällen gehen Finanzkraft und Geschmack bester Dinge Hand in Hand und zeigen, dass auch das heute möglich ist. Zwischendurch kauert immer mal wieder so ein quaderförmiger Wohnbau, zweckdienlich und frei von jeglichem Zierrat oder Renommé, der vermutlich eine kriegsbedingte Lücke füllt. Das wirkt jedes Mal ein wenig kurios, insbesondere wenn direkt gegenüber ein Anwesen im Schlossformat ruht. Auf einem dreieckigen Platz bemüht sich die Grunewaldkirche um etwas Kiezbildung.

Lietzensee

Kurz darauf steigt noch vor der Bismarckbrücke ein Spazierweg hinab zum Hubertussee. Vom urigen Uferpfad bieten sich schöne Blicke über den schmalen See mit seinem Inselchen. Vom anderen Gegenufer führen erneut Stufen hinauf zu den Häusern, und auch hier setzt sich die kuriose Mischung aus Noblesse und Zweckbau fort. Da und dort weist eine Flagge auf die Botschaft eines fernen Staates hin.

Kurz hinterm Bismarckplatz geht der abrupteste Szenenwechsel dieser Tour über die Bühne. Mit dem bronzenen Reichskanzler im Rücken landet man von jetzt auf gleich in tosendem Straßen-Rauschen und überquert auf einem Fußgängersteg die niemals ruhende Stadtautobahn, fast in Wurfweite zum Funkturm. Befindet sich zwei Minuten später an dem Ende des Kudamms, zu dem es wohl nur die Tapfersten unter den Touristen schaffen. Denn von der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche bis zu den einbetonierten Cadillacs sind es endlose dreieinhalb Kilometer, denen zum Ende hin zudem die touristische Attraktivität ausgeht. Die Stirn des Kudamms ist hier zerfurcht und trocken, der Abschnitt kernig und eher für die Berliner aus dem Viertel hier.

Im Lietzenseepark

Halensee

Nach der wohl elegantesten Baumarkt-Front des Landes mit ihren schönen Spiegelspielen überquert man den S-Bahn-Ring am Bahnhof Halensee. Noch vor wenigen Jahren streckte sich dort unten ein alter Güterbahnhof mit vielen Verladehallen und Handelszweigen sowie dubiosen Winkeln und Rolltoren. Anstatt dessen gibt jetzt eine lange Aluminium-Fassade, die ihr Angesicht von Stunde zu Stunde wechselt und darüber hinaus den Augen kleine Rätsel stellt.

Am Ende der Brücke bekommt man gleich links gegenüber im Café Eisgrün Kaffeevariationen und Eis von allerbester Qualität und kann sich auf einem der vielen schönen Plätze dem frisch verdienten Müßiggang hingeben, Leute gucken und dabei genießen. Die seltener werdende Chance, auf echte alte Berliner zu treffen, mit verschiedensten Furchen aus dem 20. Jahrhundert im Gesicht, steht hier ganz gut.

Sophie-Charlotte-Platz

Vom Ende der Ringbahnstraße sind es im Spatzenmodus keine 400 Meter bis zum Lietzensee mit seinem Uferpark, doch dazwischen liegt als undurchdringlicher Großstadt-Dschungel das von Schienenstahl durchflochtene Westkreuz mit seinen zahllosen lebendigen und toten Gleisen. Gut dran ist, wer weiß, wo sich welches davon über- oder unterqueren lässt. Möglich ist das nur auf dem verschlungenen Weg, der durch stark fragmentierte Kleingartensiedlungen führt, doch gewöhnlichen Durchreisenden macht ein solides Tor einen Strich durch die Rechnung. Also außen herum, wobei sich die Holtzendorffstraße als kleiner Problemlöser erweist und in einem Ritt vier Schienenstränge unterquert. Wer am Ende der Rönnestraße Hunger verspürt und ein noch solideres, fast einschüchterndes Tor unverschlossen antrifft, kann den Schildern bis zum Vereinsheim folgen. Dort lässt sich zur Klangkulisse des direkt benachbarten S-Bahnhofs Westkreuz ein schönes Biergärtchen nutzen. Wieder heraus geht es auf demselben Weg, und nur auf diesem.

In der Schlossstraße kurz vor dem Schloss

Schräg gegenüber des Tores beginnt unvermittelt der zwiegeteilte Lietzenseepark mit seinen alten Bäumen, den südlichen Eingang feierlich inszeniert mit Pergolen und gestuften Bassins. Die Stimmung ist entspannt, reichlich Platz vorhanden, und es gibt gleichermaßen sonnige Uferstellen und schattige Bänke auf dem leicht erhabenen Weg im Hintergrund. Die ausladenden Baumkronen und das Ufer, Gärten mit weiteren Pergolen sowie aufeinander abgestimmte Freitreppen und Wasserbecken sorgen für die Anmutung eines Kurparkes, die sich auch durch den dominanten Plattenbau zwischen all den edlen Bürgerhäusern nicht stören lässt.

Nördlich der Kantstraße wird es dann voller und auch bunter. Das schöne Parkwächterhaus stand lange leer, jetzt ist es von neuem Leben erfüllt, ein Café hier schon in Betrieb. Gegenüber das Bootshaus lockt mit seiner idyllischen Terrasse, und am jenseitigen Ufer des lärmigen Kaiserdamms wartet als sympathischer Gegenentwurf schon die nächste Eis-Versuchung, der man an heißen Tagen ruhig nachgehen sollte.

Im Schlosspark Charlottenburg

Nach dem Streifen des Sophie-Charlotte-Platzes schlummert an einem kleinen Seitenschlenker der versteckte und geheimnisvoll wirkende Schusteruhspark, der neben seinem eigenartigen Namen über eine Vielzahl markanter Leuchter verfügt. Kurz darauf bietet die Schloßstraße die wohl schönste Option, sich der prächtigen Anlage von Schloss Charlottenburg zu nähern, vor dem diverse hohenzollersche Fritzen aufgesockelt und patiniert in den Tag stieren. Mindestens sechs voneinander unabhängige weiße Bräute aus mehreren Kulturkreisen schweben scheinbar ganglos und mit vollem Gefolge von hier nach dort, um die schönste Fotokulisse zu finden. Sie haben es gut getroffen mit diesem kühlen, doch sonnigen Tag, der umgeben ist von eher durchwachsenen.

Blickachse zum Schloss, Charlottenburg

Schlosspark Charlottenburg

Wer noch nie so richtig oder lange nicht mehr in diesem Schlosspark war, dem wird an vielen Stellen das Wort Sanssouci durch den Kopf geistern. Die verschiedenen Gärten ergeben eine schöne Gesamtstimmung, und das obligatorische Baugerüst können Fotografen mit Fontänen oder Bäumen passabel kaschieren. Jeder Parkbesucher wird wenigstens einmal vor der Fontäne im französischen Park stehen. Jenseits der Ufertreppe geht dieser fließend in den englischen Parkteil über, der reich ist an Brücklein und in dem man sich auf längere Zeit verlieren oder ein stilles Plätzchen finden kann. Charmant ist dabei der Umstand, dass all die Seen und Wasserläufe direkt von der Spree gespeist werden, die den Park begleitet und beinahe das Schloss berührt.

Spreeufer am Schlosspark, Charlottenburg

Jenseits der Schlossbrücke haben beide Ufer schöne Wege und präsentieren den Fluss im besten westberliner Kurvenreichtum. Wer sich direkt am Ufer in einen Liegestuhl hängen will, muss dafür nicht bis zum Hauptbahnhof, sondern kann es gleich unterhalb der Caprivibrücke tun. Hier beginnt der architektonisch eindrucksvolle Komplex des Heizkraftwerkes Charlottenburg, in dessen Historie die Firma Siemens eine große Rolle spielt. Vom unerwartet holzbeplankten Siemenssteg mit seinem aufwändigen Stahlfachwerk bieten sich daher interessante Perspektiven auf verschiedenste Fassaden.

Alt-Lietzow

Vorbei an Alt-Lietzow, dem sein Dorfcharakter abhanden gekommen ist, trifft man auf die Otto-Suhr-Allee, einen der fünf Strahlen des Großen Sterns. Gleich dahinter beginnt die Krumme Straße mit ein paar Impressionen, die einen für Sekunden in Zilles Zeit zurückversetzen, bevor die Deutsche Oper einen harten Schnitt in jüngere Jahrzehnte vollzieht. Der spröde Quader wirkt heute noch erstaunlich neuzeitlich – obwohl er bald sechzig Jahre auf dem Beton-Buckel hat.

Blick von der Caprivibrücke auf die Spree

Charlottenburg

Hinter der Bismarckstraße, einem weiteren der Strahlen, geht es nun hinein ins lebendige und in jeder Hinsicht gut durchmischte Charlottenburg. Zwischen Kant-, Pestalozzi- und Goethestraße locken unzählige Läden mit Schaufenstern, an denen man sich gerne festguckt, dazu gibt es eine vielfältige Kneipen- und Cafédichte, die es auf wenigen hundert Metern fast auf ein Dutzend Italiener bringt, ein jeder anders als der andere. Mittendrin liegt wuselig und bunt, vielfältig und rau die Wilmersdorfer Straße, einst ein Inbegriff für Einkaufsstraßen in Berlin. Aus heutiger Sicht wirkt die Fußgängerzone in der Stadt der hundert Einkaufspassagen wie ein rührendes Relikt, das genau so in jeder beliebigen Mittelstadt des Landes liegen könnte. Gut bummeln lässt es sich hier nach wie vor – mit dem gewaltigen Vorteil frischer Stadtluft beim Wechsel von einem Geschäft zum anderen.

Siemenssteg bei Alt-Lietzow

Savignyplatz

Auf dem Weg zum Savignyplatz werden einige Straßen gequert, auch diese benannt nach geistigen Multi-Talenten. Der zauberhafte Platz ist vielen Berlinern eher bekannt als Sawicknie-Platz oder bestensfalls Sawingnie-Platz und hat damit ein ähnliches Schicksal zu schultern wie zum Beispiel die Biezett-Straße in Weißensee oder die Schohdowiggi-Straße im Prenzlauer Berg. Das dürfte ihn jedoch kaum stören, denn mit einem Alter von über 150 Jahren, einer ganz besonderen Ausstrahlung zu allen Tageszeiten sowie dem Einmünden von sieben Straßen verfügt er wohl über ausreichend Gelassenheit in solchen Dingen. Zwei Knaben mit zwei widerborstigen Ziegenböcken streben hier seit langem aufeinander zu, umgeben von zahlreichen Sitzbänken und Pergolen. Besonders eindrucksvoll und sehr markant sind die vier stämmigen Platanen auf den Ecken des Platzes, die historischen Fotografien gemäß noch gar nicht so sehr alt sein können.

Die Wilmersdorfer Straße, Charlottenburg

Sein besonderes Flair verdankt der Platz maßgeblich auch der Passage an den S-Bahn-Bögen, die insbesondere zwischen den Dämmerungen ihren Charme verstrahlt. Leider sind einige der zahlreichen Bars der alten Schule vergleichsweise trivialen Geschäften und Standard-Cafés gewichen, doch der verbleibende Rest ist noch ausreichend. Gleich um die Ecke liegt in der Bleibtreustraße der Zillemarkt, eine zünftige Wirtschaft, die zwar nicht ganz billig ist, doch auch in eine eigene Welt entführt, eine ganz andere.

Eleganter Panther in der Pestalozzistraße

Zum Verlassen des achtstrahligen Platzes wählen wir mit der Kantstraße die breiteste von allen. Gleich an der nächsten Ecke residiert das Stilwerk, ein kaufhausartiger Verbund von Läden, die Waren fern der Stange anbieten, für Leute, die gern ihr Geld für Individuelles investieren. Ein Blick hinein lohnt sich auf jeden Fall, sei es zum Staunen, dem Einfangen von Anregungen für die eigene Kreativität oder für das unvernünftige Erfüllen eines unanständigen Wünschleins. Damit man vielleicht doch noch mal drüber schläft, sollte mitgeführtes Plastikgeld zum Tabu erhoben werden, mit großer innerer Stärke. Ein Selbsttest, der es in sich hat. Als kleiner Trost: „die guten Dinge“ gibt es jetzt woanders. Nur ein paar Ecken weiter …

Einer von zwei Ziegenböcken auf dem Savignyplatz, Charlottenburg

Bahnhof Zoo

Spätestens hinter dem Delphi-Kino und dem Theater des Westens hat einen dann der Einzugsbereich des Bahnhofs Zoo, mit allen seinen Klischees, seiner zugigen Ungemütlichkeit und den vielen herrlichen Erlebnissen, die fast jeder Berliner mit diesem Ort verbinden wird. Auf der Joachimsthaler wird so intensiv gebaut, dass selbst Fußgänger umgeleitet werden. Somit erfahren wir beim Gang durch den Yva-Bogen brühwarm, dass die Yorck-Gruppe bald ein neues Kino hier eröffnen wird, das Delphi Lux. Das ist eine erfreuliche Nachricht, wo doch mit dem Gloria-Palast gerade eins der großen alten Lichtspielhäuser abgerissen wurde, für ein weiteres graues Geschäftshaus. Als nette Referenz werden einige der Leuchter aus dem alten Gloria-Palast in einem der neuen Säle ihren Dienst verrichten, was den Beinamen des neuen Kinos direkt aufgreift.

Abendlicht im Schleusenkrug am Großen Tiergarten

Die wiederbelebten Zoo-Terrassen und der ewigwährende Ulrich-Markt, die hundert Bussteige und das frisch sanierte Löwentor befeuern noch die aufploppenden Erinnerungen. Davon abgesehen fällt spontan auf, dass die Beine lang schon müde sind, die Zunge trocken unterm Gaumen liegt und es höchste Zeit wird für eine letzte ausgedehnte Pause. Vom breiten Spazierweg zum Großen Tiergarten lassen sich auf Zehenspitzen noch ein paar Blicke erhaschen auf Huftiere und solche mit Flügeln, und dann ist der Schleusenkrug erreicht, der schon die Luft atmet von großem Park und Wasser.

Blick aus der S-Bahn am Hauptbahnhof

Hier ist es eigentlich immer voll, und immer lässt sich doch ein Plätzchen finden, denn das kleine, abgestufte Gelände ist bemerkenswert ergiebig. Gleich Tisch No. 2 ist frei, die Schlange am Zapfhahn gerade kurz, und der souveräne Bursche hinterm Ausschank zapft simultan zwei schäumende Weizenbiere, eins aus der Flasche und eins aus dem Hahn. Die sind nach gut 30 Sekunden ziemlich gleichzeitig fertig, und so sitzen wir schon bald mit dem besten Blick, der das Treiben am Ausschank, an den vorderen Tischen und auf dem dauerbelebten Bahndamm vereint. Im Wissen um den Katzensprung zum nächsten S-Bahnhof, der noch das historische Laternenmuseum mitnimmt, geht eigentlich nichts mehr zu verbessern. Die Sonne sieht das anders und schenkt spendabel Gold am Himmel aus.

 

 

 

 

Anfahrt ÖPNV (von Berlin): mit der S-Bahn zum Bahnhof Grunewald

Anfahrt Pkw (von Berlin): nicht sinnvoll

Länge der Tour: ca. 20 km (alle paar Minuten Kontakt zum ÖPNV, daher beliebig abkürzbar)

Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Mahnmal Gleis 17 am Bhf. Grunewald

Lietzensee und Park

Parkhaus am Lietzensee

Schusteruhspark

Schloss Charlottenburg

Siemenssteg

Rund um den Savignyplatz

Neues Yorck-Kino Delphi Lux

Gaslaternen-Freilichtmuseum

Einkehr: ab Halensee in regelmäßigen Abständen

Berliner Spaziergang: Nördliche Dörfer, zirpende Gemälde und ein Botanischer Volkspark

Lange hat es gedauert in diesem Jahr und diesem Frühling, doch mit der zweiten Maihälfte ist die Zeit der nächtlichen Bodenfröste und morgendlichen Gedanken an Handschuhe nun endlich vom Tisch. Selbst Abergläubische und Skeptiker werden ihre Winter- und Übergangsjacken ohne große Bedenken in den dunklen Tiefen irgendeines Schrankes archiviert haben, wenigstens für ein knappes halbes Jahr. Aufatmen ist angesagt, direktes Sonnenlicht für Schultern und Knie sowie dichtes Laub auf allen Bäumen, selbst den gerne zaudernden Eichen und Platanen.

Bahnhofsvorplatz in Hermsdorf

Wie von den letzten Jahren gewohnt gibt es auch gleich die ersten Hochsommer-Tage, zunächst noch vereinzelt. Das freut vor allem einige hunderttausend zusätzliche Berlin-Besucher, die ein mehrtägiger Kirchentag, ein eintägiger Herrentag sowie ein mehrstündiges Fußball-Spiel in die Stadt gespült haben. Sie alle konnten Mütze und Schal zuhause lassen. Kurioserweise ist die erhöhte Bevölkerungsdichte jenseits der Innenstadt kaum spürbar, da viele Berliner das lange Wochenende irgendwo anders verbringen. Ganze Straßenzüge freier Parkplätze gähnen selbst in den dahingehend angespannten Stadtvierteln, auch nach halb acht noch. Das ist ungewöhnlich.

Rund um Berlin schnappt sich der spielfreudige Wind alle tausend Düfte des Wonne- und Blütenmonats Mai, verdichtet sie in unberechenbaren Wirbeln zu immer neuen Mischungen und reibt sie allen unter die Nase, die draußen unterwegs sind. Wer an so etwas seine Freude hat, muss die Stadt nicht unbedingt verlassen, denn nicht nur, doch gerade in seinen Randlagen bietet Berlin viel Grün in schmaler und breiter Form, dabei immer in großer Vielfalt. Dass man dabei auf ein paar der 20 Grünen Hauptwege trifft, ist nicht verwunderlich.

Berlin ist vor etwas weniger als 800 Jahren aus zwei Städten entstanden, die aus heutiger Sicht nicht größer als ein Dorf waren. Cölln lag südlich der Spree rund um die Petrikirche, Berlin nördlich des Flusses rund um die Nicolai-Kirche, die heute das älteste Gebäude der Stadt ist. Über die Jahrhunderte wuchs die Stadt und schloss Dorf für Dorf mit ein ins Stadtgebiet. Bis heute dauert das an. Bei vielen von ihnen ist der alte Kern sichtbar geblieben, meist mit Kirche in der Mitte. Gute Beispiele dafür sind Wittenau oder Kaulsdorf, Mariendorf oder Marzahn.

Am Tegeler Fließ zwischen Hermsdorf und Waidmannslust

Wer eine grüne Stadtrandtour machen möchte, braucht eigentlich nur ein paar Dörfer auszusuchen, die halbwegs in einer Reihe liegen, und diese über die passenden Grünzüge zu verbinden. Im wasserreichen Süden ist dabei auf das Vorhandensein von Brücken oder Fähren zu achten. In den meisten Fällen wird sich dann ein schöner und abwechslungsreicher Tag ergeben, der sich alle halbe Stunde per Bus oder Bahn beenden lässt, falls Kondition oder Wetter das nahelegen.

S-Bahn-Linie S1

Die S-Bahn-Linie nach Frohnau weist schon mit poesievollen Namen wie Schönholz, Wilhelmsruh oder Waidmannslust darauf hin, dass nun die Natur mehr und mehr übernimmt, die Hinterhöfe der Altbauten werden von den Gärten der Häuser und Villen abgelöst. Wer noch eine Station weiter in Hermsdorf die Bahn verlässt und auf einen der drei schönen Bahnhofsvorplätze tritt, ist vom Empfinden her ebenso fern von Berlin, wie das in Wilhelmshagen oder Rahnsdorf im Südosten der Stadt der Fall ist.

Wege am Packereigraben

Hermsdorf

Was zwischen den Bahnhofsplätzen liegt, lässt eine erste Pause als alternativlos erscheinen. Überall laden Geschäfte, Cafés und Biergärten zum Verweilen ein. Nicht unbedingt, weil es bereits nötig wäre, sondern weil es einfach viel zu schön ist, um fokussiert und plangemäß loszugehen. Ein gemütlicher Kiez ist das hier, der am südlichen Ende einen halbrunden Platz mit kleinem Markt und einem ganz besonderen Café Achteck bereithält, das quasi in Blumen gebettet ist. Das berlintypische grüne Klo-Häuschen ist umgeben von bunten Beeten und sieht von außen aus wie überall in der Stadt. Im Innern wurden jedoch die Zahl der Achtel nicht nur gerecht für Weiblein und Männlein halbiert, sondern weiterhin unterteilt in alle benötigten Bereiche, die einen adäquaten Rückzug sowie eine gewisse Gleichzeitigkeit gestatten. Wer es nutzt, empfindet ein wenig Noblesse, wenn er bedenkt, um was für ein Bauwerk es sich handelt.

Rückblick am Klötzgraben

Große Bäume an den Straßen sorgen für Schatten. Das ist willkommen an diesem Tag, der als erster im Jahr die 30°C-Marke knacken soll und sich schon jetzt alle Mühe gibt. Im Oval der Brandtstraße gibt es einige besondere Villen zu bestaunen, bevor gleich dahinter die erste konzentrierte Dosis Stadtnatur ihren wirkungsvollen Auftritt feiert. Ein kleiner Weg biegt ab auf den schattigen Bohlenweg entlang des Tegeler Fließes. Die wenigen Meter entlang des still gurgelnden Baches haben eine solche Ausstrahlung, dass man sofort in Versuchung kommt, dem geplanten Weg untreu zu werden und dem stillen Fließ weiter zu folgen, bis zum Stadthafen in Tegel und der Uferpromenade am Tegeler See. Eine Überlegung ist das auf jeden Fall wert, nicht nur des schönen Zieles wegen.

Weg über die Felder zum Zabel-Krüger-damm

Nach dem Losreißen vom schattigen Bachtal folgt etwas Geplänkel auf Straßen, deren Namen alle irgendwie mit der Jagd zu tun haben. Das passt durchaus, denn nördlich des Fließtales beginnt der große Tegeler Forst, der gemeinsam mit seinen Nachbarwäldern in einer Liga mit dem Grunewald spielt oder den weiten Waldgebieten im Bezirk Treptow.

Waidmannslust

Beim S-Bahnhof Waidmannslust gibt es eine kleine Unterführung, und hinter dem sachlichen Oraniendamm beginnt mit dem ersten Grünzug des Tages der Auftakt zu den weiter oben erwähnten Landschaften. Ab hier kann man nun fast lückenlos über Wiesen und Felder, entlang von Wasserläufen oder im Baumschatten bis nach Rosenthal gelangen. Teilweise sind der Weg und seine Stimmungen so romantisch und von ländlicher Idylle, dass einem Gemälde in den Sinn kommen – wild gemischt von Renaissance bis Impressionismus.

Hermsdorfer See

Der behutsam fließende Packereigraben beginnt zurückhaltend und mit einem großen Kletterschritt ans linke Ufer, da eine benachbarte Brücke abhanden kam. Die meisten Wege entlang des kleinen Wasserlaufes sind schattig, doch zweimal öffnet sich das Tal zu breiten Wiesen, die derzeit blütengelb gesprenkelt sind. Dass rundherum hohe Plattenbauten stehen, fällt nur selten auf, denn der Blick nach oben endet am dichten Laub. Erst beim Rückblick über die Wiese sieht man die grauen Türme, die in der dichten Nachbarschaft zum Idyll einen ganz besonderen Kontrast bilden, immer wieder.

Birkenallee am Tegeler Fließ

Vor dem Zusammenfluss von Packereigraben und Klötzgraben läuft am anderen Ufer gerade ein jugendliches Fußball-Spiel, und es scheint um was zu gehen, so laut wie angefeuert wird. Kurz merkt man wieder, dass man in der Stadt ist. Doch zwei Minuten später öffnet sich die nächste bunte Wiese, der Weg hindurch als hochgewachsene Allee. Am Ende quaken Frösche und auch Enten, die zwischen den Ufern von Insel und Teich hin- und herpendeln, ganz klar ohne Eile.

Die weiten Feuchtwiesen des Tegeler Fließes im ehemaligen Grenzgebiet

Die erste Kleingartensiedlung liegt am Weg, und am Ende des Tages wird der Gedanke leichterfallen, dass es gut 70.000 solcher Gärtchen geben soll auf dem Berliner Stadtgebiet. Hinter dem Zabel-Krüger-Damm, der Tegel fast als Luftlinie mit dem Dorf Lübars verbindet, beginnt völlig unerwartet ein bestelltes Feld. Mitten hindurch quert ein dörflicher Pfad eine Senke zum nächsten Wohnviertel. Am Getreiderand leuchten die ersten Mohnblumen, in kräftigem Blau auch schon ein paar Kornblumen. Der fast verblühte Raps steckt voller Bienen, und senkt man seinen Kopf zwischen die Halme, summiert sich das Gesumme eindrucksvoll.

Geschwungener Weg nach Lübars

Ein kleiner Fußweg verlässt die Siedlung und taucht ein in einen schattigen Waldstreifen mit hohen Bäumen. Von rechts sind eindeutige Strandgeräusche zu hören, laut und fröhlich. Freude über die gute Synchronisierung des freien Tages mit dem ersten heißen Tag. Die vergnügten Töne gehören zum Freibad Lübars, dessen Strand am Ziegeleisee liegt. Im weiten Bogen führt der Weg zwischen ihm und dem Hermsdorfer See vorbei. Der ist eine Verbreiterung des Tegeler Fließes, das nun den Weg ein Stück begleitet. Länger als vorhin, doch dafür unsichtbar, da es seine gefälligen Mäander durch üppige Feuchtwiesen schickt, tief versunken durch all die Gräser fließt. Doch wie vorhin führt auch hier ein zauberhaftes Wegstück über breite Planken, und spätestens bei der bequemen Aussichtsplattform schlägt sie zu, die große Idylle und Naturversonnenheit. Das Land Brandenburg ist von hier wirklich nur einen Steinwurf entfernt, und das Tegeler Fließ tut alles dafür, dies zweifelsfrei zu lassen. Zu Zeiten des Mauerbaus brachte das breite und unwegige Auland die Planer der Grenzanlagen in echte Verlegenheit und zwang sie dazu, ein Stück deutschen demokratischen Republik-Bodens hinter der Grenzbefestigung zu lassen. Das sorgte mit Sicherheit für Schmerz und Schmach bei den zuständigen Organen.

Blick von Lübars Richtung Märkisches Viertel

Am Ende des Bohlenweges öffnet sich die weite Wiesenlandschaft. Im pittoresken Bogen führt der Weg auf das alte Dorf Lübars zu, das erhaben oberhalb eines weit auslaufenden Hanges liegt und das dörflichste Dorf von Berlin sein dürfte. Rückblickend sind noch einmal die Wohntürme zu sehen, voraus das Kontrastprogramm mit Pferdekoppeln, Treckern und Scheunen. Überall wiehert, schnaubt oder trabt es. Damit das auch so bleibt, sind ständig Trecker unterwegs, die weiß eingewickelte Strohpäckchen herankarren.

Lübars

Eine gute Gelegenheit für eine gemütliche und freundliche Alt-Berliner Rast sitzt gleich am Anger, noch vor der Kirche und schon seit langem. Wahlweise vorn auf der Terrasse mit Blick aufs Dorfgeschehen und die aktuellen Busabfahrten, drinnen im gediegenen Gastraum oder hinten im süßen Biergarten gibt es im Dorfkrug jede Form von Stärkung. Gleich gegenüber steht leicht erhöht das Kirchlein mitten auf dem Anger, wie sich das gehört. Rundherum ein schönes Dorfbild für ein warmes Herz und an der Ecke kurz vorm Ausgang aus dem Dorf dann noch ein Kräutergarten mit allerlei Kleinvieh. Am Beginn der klassischen Allee nach Blankenfelde verlockt erneut ein schöner Weg zur Untreue, wie vorhin schon der Barnimer Dörferweg, die Nr. 13 von den Grünen Hauptwegen.

Dorfstraße in Lübars

Nach einem Stück Allee quert rechts wieder ein uriger Weg durchs bestellte Feld, der diesmal über eine Anhöhe. Ganz oben steht ein Reh, mit dem Wind im Rücken, daher steht es dort sehr lange. Guckt durchdringend in unsere Richtung wie Reinhard Mey vom Plattencover, bevor es uns dann wittert und umgehend verschwunden ist vom Erdboden. Mittlerweile hat man sich nun daran gewöhnt, dass es auch auf Berliner Stadtgebiet so aussehen kann wie hier. Ein Quäntchen Staunen ist dennoch übrig.

Feldweg zur Lübarser Höhe

Freizeitpark Lübars

Nach einem kurzen Treffen mit dem baumlosen Feldspatzenweg führen Wege hinein in den Schatten eines Parks. Hier spazieren nun Damen mit Hunden, Mädchen mit Ponys und Jungs mit funkgesteuerten Modellflugzeugen, die seltsame Töne erzeugen. Wie Hornissen auf LSD. Im weiten Bogen schraubt sich ein breiter Weg hinauf zur Lübarser Höhe. Auf deren Hälfte liegt eine Aussichtsplattform mit Feuerplatz für Holzscheite jeder Größe. Der freie Blick reicht von hier in alle Richtungen, die mit Westen zu tun haben. Eine und auch zwei Etagen tiefer verlaufen gern genutzte Spazierwege. Die agilen Modellflugzeuge sind von hier aus betrachtet genauso groß wie die Flieger etwas weiter links, die eben noch in Tegel auf der Startbahn rollten.

Blick aus halber Höhe vom Freizeitpark Lübars

Die eigentliche Lübarser Höhe müsste mal zum Friseur. Wer sich in südlicher Ausrichtung und auf Zehenspitzen auf die breite Mauer des Plateaus stellt, erntet ein passables Breitbild in Richtung Innenstadt, aus dem markant der Fernsehturm sticht. Viel mehr als das ist ohne Leiter nicht zu holen, doch immerhin. Beim Abstieg gibt sich die Höhe ganz Berg und schlägt in Serpentinen eine Handvoll Haken durch den bewaldeten Hang, bevor ganz unten ein breiter Weg entlang des Fasaneriegrabens quert. Vorbei an einem vergessenen Frosch-Teich und durch niedrigen, doch besonders schattigen Wald steht man plötzlich vor einem Bahnübergang mit einem Gleis, das keineswegs nach Abstellgleis aussieht. In der Tat trügt der Schein nicht, denn hin und wieder dampft hier tatsächlich ein Zug entlang. In schönster Nostalgie wird dann die Zeit der schnaufenden Heidekrautbahnen wachgerufen. Die Züge fahren an solchen Tagen vom nahe gelegenen Wilhelmsruh bis nach Basdorf im Barnim, wo beim Heidekrautmuseum die Lokschuppen fürs kleine Schwarze warten.

Südliches Sichtfenster von vom Gipfelplateau

Gleich dahinter erinnert der querende Mauer-Radweg kurz daran, dass hier einmal ein Todesstreifen verlief. Angesichts der grünen Üppigkeit ringsum fällt es besonders schwer, sich den vier Meter hohen Betonwall vorzustellen, der hier einmal die Gegend zerschnitt. Ein davon völlig unbeeindruckter Trampelpfad nimmt über die Wiese den kürzesten Weg zur Friedhofsmauer. Dahinter kann das Studium der Berliner-Lauben-Vielfalt weitergehen. Das darf ganz exklusiv von oben herab erfolgen, denn ein Damm bildet die Grenze zwischen Gartenland und üppiger Wiesenweite, die bis zur klassischen Dorfansicht von Blankenfelde reicht.

Altes Gleis der Heidekrautbahn

Von diesem ausgeprägten Damm, der auch schwer nach ehemaliger Bahntrasse aussieht, bietet sich nun eine Sicht auf den Berliner Ortsteil Blankenfelde, dem man wirklich nur schwer abnehmen möchte, dass er noch innerhalb der Stadtgrenze liegt. Die weiten und saftigen Moorwiesen reichen ohne größere Sichthindernisse bis zum Dorf und geben ein urmärkisches Bild ab. Mitten durch die Moor-Wiesen, für deren tiefreichendes Wassermanagement der Zingergraben verantwortlich ist, ziehen sich Wege. Mit großer Geste fordern Sie dazu auf, den schützenden Dammschatten aufzugeben und sich in die Geräuschkulisse zirpender Grillen und raschelnder Halme zu begeben. Die Bäume sind noch niedrig, doch im Wind rauschen können Sie schon wie die ausgewachsenen Weiden auf dem Damm.

Zuweg zur Zingergrabenniederung

Botanischer Volkspark Blankenfelde

Ein unscheinbarer Trampelpfad verlässt den breiten Hauptweg und endet kurz darauf an einer Treppe. Unten quert einer der Gräben, die mit dem Zingerteich zu tun haben. Das Tor gleich dahinter ist der Nordeingang zum Botanischen Volkspark Blankenfelde, einem relativ unbekannten Volkspark. Überall schlendern, sitzen und fläzen entspannte Menschen, die picknicken, spielen, entdecken oder einfach nur genießen. Junge und alte Alleen begleiten die Hauptwege. Am einen Ende des Großen Zingerteiches rasten Gänse mit ihrem unendlich weichen Nachwuchs, am anderen Ende haben zwei Familien mit ihren Kindern einen schönen Tag im Grünen, über Gras und unter Laub. Auf großen, flachen Steinen können Leute aller Beinlängen eine Furt über den träge fließenden Zulauf zum Teich queren. Thematische Wälder gibt es zu entdecken und eine geologische Wand, die zunächst unscheinbar wirkt. Lässt man sich jedoch etwas ein und stellt sich vor, was hier an Zeiten und Orten präsentiert wird, alles komfortabel vereint auf wenigen Metern, kann man schon ins Staunen kommen.

Junge Allee in der Zingergrabenniederung

Wo letztlich die Wege aller Park-Besucher zusammenlaufen, liegt ein schönes Gewächshaus in Form einer riesigen Hantel. Zwischen Palmen und anderen gewichtigen oder stachligen Gewächsen wird hier von einer freundlichen interkulturellen Besatzung kredenzt, was fast jeden mit einem Lächeln den Kassenbereich verlassen lässt. Trotz der bretternden Sonne ist es im Gewächshaus erstaunlich angenehm, zu verdanken schlicht einer ausgeklügelten Durchlüftung. Schöner ist es heute dennoch im weitläufigen Kaffeegarten, wo verbunden durch eine sanfte Brise Menschen sämtlicher Altersgruppen sitzen, liegen oder lümmeln, wahlweise in der Sonne oder im Schatten der großen Bäume. Weiter hinten passt eine große Familienrunde mit vielen Kindern gerade so auf eine riesige Decke und spielt mit Affengeduld und großer Begeisterung irgendein zentral platziertes Spiel.

Im Botanischen Volkspark Blankenfelde

Wem das Genannte nicht reicht als Grund für einen Ausflug hierher, der kann sich auch einem kulinarischen Wildpflanzenspaziergang anschließen, einen tieferen Blick in die Imkerei werfen oder einen Zeichenkurs unter freiem Himmel besuchen. Oder im südöstlichen Bereich des Volksparkes den Leuten beim Stadtgärtnern auf großen kreisrunden Beeten zuschauen, wo alles herangezogen wird, was gut schmeckt und auf dem Teller einen schmalen Fuß macht.

Am Haupteingang kann man sein Scherflein zur Nutzung dieser vielfältigen Anlage beitragen, zur Zeit ein Euro pro Person. Der Automat nimmt jedoch keine Münzen an, die größer sind als dieser Preis, also am besten schon bei Wechselgeldern im Tagesverlauf auf genügend kleines Kleingeld achten. Das Durchschreiten des großen Portals ist ein guter Zeitpunkt, den Tag zu beenden, denn direkt hier befindet sich die Bushaltestelle des 107er Busses, der alle 10-20 Minuten fährt und bald schon auf die Straßenbahn trifft, die zum Kupfergraben ins Herz des alten Berlin rattert.

Pflanzenhaus im Botanischen Volkspark

Wer noch immer keine müden Beine hat und Lust, ein ganz spezielles Berliner Ufer kennenzulernen, biegt zweimal rechts ab und landet kurz darauf an einem haushohen Hochufer. Der Nordgraben, ein naher Verwandter der Panke und noch keine hundert Jahre alt, plätschert zwischen Kräuterweg, Gebirgskräuterweg und Feldkräuterweg so erstaunlich tief dahin, dass sein gekräuseltes Wasser nur dann sichtbar wird, wenn man sich auf die Zehen stellt. Direkte Blicke gestatten einige Brücken, die auf hohen Stelzen den tief eingefurchten Graben queren.

Nutzgärten im Botanischen Volkspark

Rosenthal

Nach den breit gefächerten Eindrücken des Tages ist diese schnurgerade und schattige Passage entlang der Kleingärten eher meditativ und somit gut geeignet, schon mal nach und nach die geistigen Aktivitäten soweit herunterzufahren, dass es gerade noch zum Anheben eines gläsernen oder irdenen Trinkgefäßes reicht, verbunden mit einem zufriedenen Dreinblicken. Ein paar Abbiegungen und eine Kirche später ist das passende Ausflugslokal erreicht, welches gemeinsam mit der Haltestelle der Straßenbahn und einer alten Berliner Wasserpumpe mit ausgeprägter Zugschwäche das Herz von Rosenthal bildet.

Das ruckelige Tempo der Straßenbahn und die vielen Kurven auf der Strecke ermöglichen ein behutsames Wiedereintauchen in die inneren Schichten der Stadt. An einigen Stationen locken im warmen Abendlicht noch schöne Optionen für Unersättliche, bevor dann S- und U-Bahn-Zeichen unumstößlich mit der Wirklichkeit verbinden. Was jetzt durchaus willkommen ist.

 

 

 

 

 

 

Anfahrt ÖPNV (von Berlin): mit der S1 Richtung Frohnau bis Hermsdorf

Anfahrt Pkw (von Berlin): nicht sinnvoll

Länge der Tour: ca. 17,5 km (beliebig verkürzbar)

 

Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

 

Einkehr: diverse Möglichkeiten in Hermsdorf am Bahnhof
Dorfkrug in Lübars
Café Mint im Botanischen Volkspark Blankenfelde
Gasthaus Dittmann in Rosenthal

Berliner Spaziergang – Havelufer West: Küstendörfer, tausend Segel und die verborgene Düne

Eine liebenswerte ältere Dame saß einmal auf der schwarzledernen Rückbank eines Berliner Taxis und erzählte mir auf der Fahrt vom Flughafen Tegel nach Spandau-Wilhelmstadt, dass die Havel eine gewichtige Wetterscheide ist. Keineswegs ohne Grund, denn während der Flughafen in schönstes Sonnenlicht getaucht war, braute sich am Fahrtziel Düsteres am Himmel zusammen. Die Plauderei während der Fahrt war rundum angenehm, das Erwähnte blieb bereitwillig hängen, wurde verinnerlicht und seitdem oft berücksichtigt. Was ebenfalls hängen blieb war die Information, dass Spandauer sich keinesfalls als Berliner sehen, sondern eben als Spandauer. Da sie häufig anderes Wetter als die größere Nachbarstadt am anderen Flussufer haben, ist das nachvollziehbar. Und in der Tat wirkt Spandau sehr wie eine eigenständige Kleinstadt, mehr als die meisten anderen Berliner Stadtteile.

Olympiastadion im Ruhemodus

Wenn in Berlin also lausiges Wetter angesagt ist und auch so stattfindet, lohnt es sich bei einer fünfzigprozentigen Chance durchaus herauszufinden, ob das Wetter jenseits der Havel wonnig ist oder eben noch viel lausiger. Am besten per S-Bahn oder Regionalbahn, denn gegebenenfalls kann man im schier endlosen Spandauer Bahnhof gleich wieder in den nächsten Zug Richtung Innenstadt steigen und dort aus dem lediglich lausigen Wetter das Beste machen. Eventuell vorher noch gut verzurrt in die Spandauer Altstadt spazieren und am Markt eine Institution in Sachen Konditor-Handwerk aufsuchen – damit die Fahrt nicht ganz umsonst war.

Da der April sich weiterhin äußerst selbstbewusst verhält und sein Naturell auslebt, obendrein noch mit Wärme geizt, schöpft man also alle Potentiale gern aus, dem aus dem Weg zu gehen. Verbinden lässt sich das mit einer womöglich vorhandenen Neugier auf eine lockende Wasserlandschaft, die bei jeder Querung der Havel auf der Heerstraße erneut angestoßen wird.

In der Murellenschlucht an der Waldbühne

Neu Westend

Die U-Bahn nach Ruhleben nimmt man im seltensten Fall bis zur Endstation. Das war anders, solange es in ganz Berlin nur eine Möbelhalle unter schwedischer Flagge gab, und sorgte damals sicherlich oft für die Fragestellung, wie groß etwas sein darf, damit es durch eine U-Bahn-Tür passt, und ab welcher Größe ein sperriger Karton eine eigene Fahrkarte benötigt.

Die vorletzte Station ist Olympia-Stadion und wird eher ruckweise beansprucht, dann jedoch sehr intensiv. Noch eine davor liegt der U-Bahnhof Neu-Westend direkt unter dem Steubenplatz. Scheinbar nicht allzu tief, denn in kellerlägigen stillen Örtchen am Platz fühlt es sich so an, als würde die U-Bahn auf Augenhöhe mit der Keramik verkehren. So zum Beispiel im herrlichen Wiener Caffeehaus, das ebenfalls als Westberliner Institution betrachtet werden kann und in gut zehn Jahren seinen Hundertsten feiert. Hinterm Torten-Tresen wieseln vier Damen geschäftig hin und her, die beständig nachwachsende Schlange jenseits der Vitrinen gibt ihnen Recht. Im Gastraum geht es beschaulicher zu, doch wer hierher kommt, hat ohnehin Zeit unterm Hosenboden. Ein perfekter Ort für gepflegte Damenkränzchen und akademischen Austausch unter ergrauten Schopfträgern, auch bestens geeignet für Einheimische, die Freunde zu Gast haben und ihnen zeigen wollen, wie das Berliner Leben in weniger globalen Zeiten ausgesehen haben könnte.

Wohnraumkontraste in Alt-Pichelsdorf

Olympia-Stadion

Nach gediegenen Gärten mit internen Höhenunterschieden beginnt hinter der Olympischen Brücke mit ihrem weiten Blick bis zum Heizkraftwerk Reuter West eine andere Welt und mit ihr ein anderes Kapitel in der Zeitleiste. Wie die Schlange das Kaninchen nimmt einen die großspurige Symmetrie des Olympiastadions in ihren festen Blick, bis man schließlich gebannt zwischen den beiden Säulen vor dem großen Tor steht. Der Weg dorthin führt über einen großen Parkplatz, auf dem die Jungs in menschenleeren Zeiten gern neu erfundene Runen in den Asphalt radieren – mit Vollgas und Handbremse als Schreibwerkzeug.

Wer neugierig ist auf das Stadion-Gelände, zahlt Eintritt und kann sich in den Bann der Details begeben, was lohnend sein dürfte, zeitfordernd und ein Schmaus für Freunde visueller Perspektivspiele. Ansonsten zeigt sich das gesamte Sportgelände ziemlich zugeknöpft. Wer also auf der Durchreise ist, muss große Bögen in Kauf nehmen, um das riesige Areal zu umrunden, welches auch noch das Maifeld und das restmondäne Reiterstadion einschließt.

Bootsstege an der Scharfen Lanke, Alt-Pichelsdorf

Das Pendant zu den beiden wuchtigen Säulen vom Osteingang ist zwischen Maifeld und Waldbühne der schnörkellose Glockenturm, wie das Korn zur Kimme eingebunden in die erwähnte Symmetrie. Nach dem Abschreiten und Sichten all dessen wirkt die benachbarte Waldbühne regelrecht winzig. Das passt gut als Überleitung zu einem unerwarteten Abstecher in die Murellenschlucht, der beachtlich tief hinab führt. War eben noch alles lärmig, grau und abweisend, taucht man hier in starkem Kontrast ein in das grüne, stille Reich, zwischen Hochhäusern, Bahntrasse und historischem Bombast. Ein tiefes, leises Tal, das die Natur einst schuf und dessen Name geheimnisvoll klingt. Eine lange Treppe führt die Talflanke hinab, die dicht bedeckt ist von saftigem Kraut mit kleinen weißen Blüten, bekannt als Berliner Bärlauch oder Wunder-Lauch. Mit beiden Namen passt es bestens an diesen Ort, zu erleben ist es auch im Treptower Park zwischen Baumschulenweg und der Insel der Jugend. Der intensive Knoblauchduft erfüllt die ganze Schlucht.

Mediterran anmutender Weg über der Haveldüne

Den Weg begleiten Spiegel mit rotweißen Rändern, wie man sie von schlecht einsehbaren Straßen-Ausfahrten kennt. Während noch Fragezeichen überm Kopf wachsen, ist bald schon eingravierter Text zu erkennen in einer der Spiegelflächen. Unaufdringlich, doch bald schon eindringlich und ohne senkrechten Zeigefinger tragen die Spiegel dazu bei, eines der unzähligen pestschwarzen Kapitel der NS-Zeit vor dem Vergessen zu bewahren. Sogenannte Denkzeichen sind die Spiegel für einen Schauplatz speziellen Unrechts. Das Lesen der spiegelnden Texte erfordert etwas Kopfgymnastik.

Die Murellenschlucht hätte mit Schanzenwald, Murellenberg und Fließwiesen noch viel zu bieten, doch heute lockt das Land jenseits der Havel, also zweigen wir bei erster Gelegenheit in den Aufstieg ab, noch immer durchs grüne Lauch. Nach dem S-Bahn-Graben und dem äußersten Rand der Pichelsberger Plattenbauten lärmt vorn schon die Heerstraße, die ab hier schnurgerade der Stadtgrenze entgegenstrebt. Von der Stößenseebrücke öffnen sich nun Blicke auf ein regelrechtes Fjordreich aus Havelwasser, gesäumt von unzähligen Stegen, an denen zumeist weiße Bootskörper vertäut liegen – vermutlich noch nicht allzu lange, doch schon ungeduldig.

Blick von der Haveldüne zum Grunewald

Ein Seitenweg senkt sich direkt hinter der Brücke zu einem dieser Ufer ab und vermeidet ein Stück Straßenlärm. Der Pichelswerder, um ein Haar eine Insel, bietet ein einladendes Imbiss-Reich und ein Stück Wald, bevor die Havel höchstselbst auf einer relativ neuen Brücke überquert wird. Die Konzentration der Stege hält an und lässt daran zurückdenken, dass zu Westberliner Zeiten die großen Wasserflächen eher die Ausnahme waren. Hier beginnt nach Süden ein Segel- und Schipperrevier, das bei üppiger Breite zehn Kilometer bis zum Hafen Wannsee reicht. Es war das mit Abstand ausgedehnteste, was das ummauerte Westberlin zu bieten hatte.

Alt-Pichelsdorf

Nach Pichelsberg am Nordrand des Grunewalds und dem havelumspülten Pichelswerder findet man sich nach dem zügigen Verlassen der Heerstraße in Pichelsdorf wieder, einem alten Dörfchen, das an einigen wenigen Stellen noch selbstbewusst durchscheint. Das wirkt kurios, in direkter Nachbarschaft zur eigenwilligen Bebauung aus jüngeren Jahrzehnten. Nördlich des Dorfes und der Heerstraße gibt es mit dem Grimnitzpark und dem Südpark zwei wasserreiche Grünanlagen, die gemeinsam mit der Scharfen Lanke im Süden den Eindruck erschaffen, auch Pichelsdorf wäre ein Teil des genannten Fjordreiches und von Wasser umgeben.

Kirchhof in Alt-Gatow

Unversehrt ist der dörfliche Charakter in den Kleingartenkolonien, die sich um die Scharfe Lanke schmiegen. Da stehen so einige Lauben, die einem zille’schen Pinsel entsprungen sein könnten, und erwecken vor dem geistigen Auge entsprechende Episoden zum Leben. Zeitlich halbwegs passend verrät eine kleine Tafel, dass auch der markant frisierte Albert Einstein hier einen Garten hatte, dazu ein kleines Boot. Auch das eine schöne Vorstellung – der humorvolle Pfeifenraucher auf dem Rand eines nicht gänzlich dichten Bötchens, das der launige Wind über die Havel scheucht.

Ab hier beginnt nun ein Weg, der bis hinein nach Kladow ohne größere Unterbrechung den seebreiten Fluss im Auge behält. Die einzige nennenswerte Havelpause gibt es rund um Alt-Gatow, und das ist dankenswert, wie sich zeigen wird. Der Weg am Flussufer, wieder mal einer der 20 grünen Hauptwege Berlins, ist voller Abwechslung, unterhaltsam und idyllisch. Doch die eigentliche Würze erhält diese entspannte Passage durch ein paar kleine Abstecher, jeweils nicht weit, doch markant.

Aufstieg zum Mühlberg, Alt-Gatow

Die Bucht der Scharfen Lanke ist komplett eingefasst von Stegen, die bis zu hundert Meter ins Wasser hineinragen und bei dichter Belegung mit kleineren und größeren Bootsleibern für eine effiziente Nutzung dieses gut angebundenen Uferstreifens sorgen. Viele von ihnen gehören zu Bootsclubs mit so hakeligen und auf ia endenden Namen wie Arminia Cheruskia und Gothia oder Arkonia und Dresdenia. Die Namen gehören zu Segel- und Rudervereinigungen oder auch zum Altherrenverband einer akademischen Turnverbindung, was weder ausgedacht ist noch aus einem alten Buch entnommen.

Südlich davon übernimmt schon bald die Natur, so dass es nur noch vereinzelt Stege gibt. Noch vorher winkt überzeugend der erste Abstecher in einen steilen Aufstieg über alte Stufen. Die führen hoch auf die Haveldüne, eine kleine Lokal-Prominenz. Von der Düne oder ihrem Sand ist hier so gut wie nichts zu sehen, doch die Anhöhe überrascht mit einem Weg in Kurpark-Breite, der durchaus an die Oberkante einer Steilküste denken lässt und sogar etwas mediterranes Flair ausstrahlt.

Eiche auf dem Gipfelplateau des Mühlberges, Alt-Gatow

Zwischen platten Kronenkiefern stehen herrliche Aussichtsbänke, die den Grunewald in panoramischer Breitseite bieten. Inbegriffen sind der backsteinerne Grunewaldturm, die zerfledderten Horchkuppeln auf dem Teufelsberg und zu ihren Füßen das Restaurant-Schiff Alte Liebe, seit einem Neuanstrich noch weißer als zuvor. Im Süden reicht der Blick in die jüngste Vergangenheit, zu den Plattenbauten von Pichelsberg und dem hohen Funkmast an der Heerstraße. Und direkt zu den Füßen wird die Havel nun minütlich weißer, denn jeder, der ein Boot mit einem Segel hat, will heute diesen Tag ausnutzen. Ein eleganter Zweimaster macht sich auf den Weg nach Spandau und wird später dann zum zuverlässigen Begleiter. Direkt neben uns setzt sich eine Amsel in die kräftige Gabel einer Kiefer und zwitschert präzise Richtung Teufelsberg – als wollte sie die rundlichen Überbleibsel des Kalten Krieges verjuxen.

Rückseite der Windmühle, Alt-Gatow

Nach dem letzten Steg beginnen die grünen Wege. Fast immer dabei ist eine ausgeprägte Geländekante, die das Haveltal als solches betont. Häufig besteht die Wahl zwischen einem ufernahen Spazierweg und einem Radweg, jeweils reizvoll zu gehen. Zwischen beiden wurde auf dem Pless’schen Gelände eine Streuobstwiese angelegt. Direkt benachbart liegt die Villa Lemm und besteht auf ihr ganz persönliches Stück Ufer. Die gesamte Anlage ist sehr mondän und beschreibt anschaulich die Bedeutung des Wortes „konsequent“, auch bekannt als „wenn schon, denn schon“. Drum herum schmiegen sich schon die Ausläufer von Alt-Gatow.

Alt-Gatow

Im Ortsbereich muss also ab dem lemm’schen Fingerzeig das Havelufer verlassen werden, was davor bewahrt, an einer liebenswerten Mischung dörflicher Elemente versehentlich vorbeizulaufen. Obwohl sich der Durchgangsverkehr weiter westlich auf der Bundesstraße 2 abspielt, ist auch hier einiges los. Da heute nicht nur für Segelboote ein guter erster Tag ist, sondern auch für Motorräder, sind einige wohlklingende als auch lärmige Aggregate zu hören.

Gutshof Gatow

Bereits nach wenigen Minuten bietet sich als Gegenentwurf der Kirchhof rund um die Dorfkirche an, der genau so auch auf irgendeiner Ostsee-Insel liegen könnte. Sofort ist es stiller, und sowohl der Duft als auch die Optik versetzen den Besucher in ein entlegenes Dörfchen. Etwas die Straße hinter beginnt ein winziger Pfad hinauf zum Mühlenberg, der nun die Düne von vorhin fürs Auge nachholt. Ein sandiges Wegenetz mit klobigen Holzgeländern führt hoch zum weiten Plateau, das von vielfältigem Trockenrasen bedeckt ist. Weiterhin steht hier eine einzelne Eiche, eine Mühle hingegen nicht.

Gärtnerei-Café, Alt-Gatow

In der Eiche tummeln sich ein buntgekleideter Vater und eine ganze Horde gleichfalls bunter Kinder, die rein rechnerisch nicht alle die eigenen sein können. Die Eiche ist noch nicht sehr alt. Da sie jedoch der einzige Baum hier oben ist, hat sie eine ausufernde Krone aufgespannt und streckt die meisten Äste gerade und weit vom Stamm. Mit sichtlicher Freude turnt der Vater behende und elastisch wie ein Artist durchs Astwerk, das teils erheblich nachgibt. Das Beherzte und die Freude übertragen sich ohne Umweg auf die Kinder, die überhaupt nicht angefeuert, ermutigt oder gebändigt werden müssen. Als der Vater in drei Schwüngen die nachgiebigen und elastischen Außenäste zum Boden hin verlässt, dauert es nicht mehr als anderthalb Minuten, bis alle Kinder wohlbehalten unten sind. Plaudernd trollen sie sich, wahrscheinlich zum gemeinsamen Kakaotrinken. Und haben was Schönes zu erzählen am nächsten Schultag.

Grunewaldturm gegenüber

Eine hochgewachsene Allee begleitet den Abstieg und liefert schließlich noch die Mühle nach zum Berg. Die ist nicht mehr die originale, vielmehr eine Zugezogene aus der Prignitz, und scheint sich gut eingelebt zu haben. Aus den Schildern vor Ort geht hingegen hervor, dass die heutige Mühle fast nur aus fachgerecht konstruierten Neuteilen besteht und mit Lottogeldern finanziert wurde. Wie auch immer, fest steht, dass die Mühle namens Regine wunderschön ist, über ein markantes Dach verfügt und hier einen passenden Standort gefunden hat, an dem sich bestens Feste feiern lassen.

Das gilt auch für den Gutshof Gatow einen halben Wiesenhang tiefer. Hier steht der zur Mühle passende Holzbackofen. Die alten Gebäude rund um den gepflasterten Hof atmen Atmosphäre und schaffen einen einladenden Ort zum Verweilen. Im Hofladen mit Café ist ein kleines Fest im Gange, und zwischen den Beinen der Tanten, Opas und Familienfreunde tummeln sich Kinder mit Kränzen im Haar, geflochten aus den Butterblumen vom erwähnten Wiesenhang. Nicht nur der Hof bezaubert, auch im Café geht es höchst gemütlich zu. Kräftige und grob behauene Holzbalken liegen frei, und in der Raummitte steht groß ein zylindrischer Ofen, dem viel zuzutrauen ist.

Nasses Havelufer an der Laubenkolonie

Wem es hier vielleicht zu voll ist und zu trubelig, der braucht nur eine Pforte weiter zu gehen. In einer kleinen Gärtnerei gibt es unter freiem Himmel und auch drin im alten Wachshaus ein Café, ganz genauso gemütlich wie nebenan und doch völlig anders. Zwei Räume gibt es, in denen man herrlich versacken kann. Dazu tragen neben den kulinarischen Möglichkeiten zwei fähige Öfen, zahllose Zeitschriften und Bücher sowie einige Sessel bei, die einen nicht so leicht loslassen werden, wenn man erstmal drinsitzt. Beiden Orten gemeinsam ist die freundliche Atmosphäre, die das Personal ausstrahlt. Wenn man fünf Minuten später wieder dem Havelufer folgt, wird man gern zurückdenken an Alt-Gatow und sich schon freuen aufs nächste Mal.

Nach etwas Straße biegt schon bald ein Weg ab, der vorbeiführt an Obstwiesen und zaghaft daran erinnert, dass die Zeit der Obstbaumblüte läuft. Am Uferweg ist einiges gemacht worden, Pflasterungen und auch viele neue Bänke. Von den zahlreichen Badebuchten fällt der Blick immer wieder auf den Grunewaldturm, der die ganze Zeit schon sichtbar war und jetzt direkt gegenüber aus den Wipfeln ragt, wie ein vergessener Spargel. Unter ihm schippern weiße Dampfer durchs klare Havelwasser und geben eine Vorausschau auf die nähere Zukunft.

Streuobstwiese unterhalb des Gutshauses, Gutspark Neukladow

Am Ende der Wiesen beginnt nun wieder eine Laubenkolonie, die erneut an Zille denken lässt. Schlicht sind die Lauben, winzig und sehr pittoresk, die meisten mit direktem Wasserblick. Die Kante zur Havel ist hier so niedrig und unmittelbar, dass der beharrliche Wind der letzten Tage den Weg immer wieder mit Wogenwasser überspült. Auch ein Bild, das eher an ein norddeutsches Inselufer denken lässt und die Urlaubswirkung dieses Tages noch verstärkt. Nicht zu verachten ist in dieser Hinsicht auch, dass sich die Sonne immer wieder zeigt, den Himmel zeitweise bis zur Bläue leergeräumt hat. Jetzt ziehen neue Wolken auf und es scheint gut, das Ziel in Griffweite zu haben.

Im Gutspark Neukladow

Gutspark Neukladow

Nach den Lauben übernimmt nochmal die üppige Natur zwischen Hang und Uferkante, bevor der Gutspark Neukladow beginnt. Mit vergleichbarer Sogkraft werben ein flacher Weg am breiten Wiesengrund und der ansteigende Pfad über den laubbestandenen Parkhügel um den Vorrang der Schritte, ein stiller Wettbewerber ist mit dem Reiz des weiten Wassers die Fortsetzung des Uferweges. Auch wer den Hügel umrundet, kommt nicht um die sanfte Steigung herum, die schließlich herrschaftlich am Gutshaus Neukladow endet, einem überschaubar großen Anwesen in schönster Aussichtslage. Um von hier wieder auf Havelniveau zu gelangen, steht eine erfahrene Treppe bereit, die zu einer Uferwiese voller jugendlicher Obstgehölze führt. Der gediegene Weg entlang dieser Wiese endet schließlich an einer Mauer. Der Bogen darin, vor dem sich lange Menschen beim Durchschreiten etwas verneigen müssen, überführt in eine baumschattige Straße und schließlich zur alten Allee, die direkt vom Gutshaus her nach Alt-Kladow führt. Wem das als Abschluss zu direkt ist, der kann vorher noch rechts in eine trockene Rasenkule voller Pfade abbiegen und oben die belebte Ortsmitte von Kladow mitnehmen.

Kladow

Spätestens von der Kirche führen alle Weg hinab zum Hafen, wo jede Stunde ein riesiges vollverglastes Fährboot anlegt, mit reichlich Platz für Bollerwagen voller Kinder und knapp zweihundert Fahrräder, Passagiere auch. Berechtigt ist jegliches Bedauern, dass diese ausgedehnte Passage aufgrund knochentrockener und rationaler Argumente seit einigen Jahren nicht mehr mit frischer Seeluft und Wind um die Nase einhergeht. Der Ausflugsdampfer zum wohl zweitromantischsten Normaltarif der Stadt ist zum praktischen Wasserbus geworden. Auf der anderen Seite ist es schön, dass die regelmäßige Verbindung überhaupt noch besteht, und rausgucken lässt sich nach wie vor bestens. Den Rest muss die Phantasie ausgleichen, vorher und danach beim windzerzausten Stehen an der Hafenkante.

Wenn die Fähre gerade weg ist – Biergarten am Hafen, Kladow

Jede erwartete Fähre zeigt sich erst ganz zuletzt, da fast die gesamte Route von der Vogel-Insel Imchen verdeckt wird, die schützend vor dem Kladower Hafen liegt und wirklich Imchen heißt. Scheinbar ebenso lang wie die zwanzigminütige Überfahrt dauert wohl das Aus- und Einsteigen an beiden Häfen, so dass es rein rechnerisch eigentlich kaum möglich ist, dass nur ein einziges Schiff die Linie F 10 bedient. Der Zeitplan stark auf Knirsch gestrickt ist. Doch es funktioniert.

Auf halbem Weg nach Wannsee gesellt sich von den Potsdamer Havelgewässern kommend der historische Dampfer Rheinland hinzu, lässt der Fähre als Linienverkehr aber Vorfahrt beim Einlaufen. Gebaut wurde er an den klaren Gewässern bei Rüdersdorf. Wie das Schiff zu seinem Namen kam, bleibt im Bereich der Spekulation. Die Optik des 80 Jahre alten Pottes lässt Kenner der alten Fähre noch einmal wehmütig seufzen, doch das ist bei der ersten Brise kurz nach dem Aussteigen rasch wieder vergessen.

Wannsee-Fähre mit MS Rheinland backbord

Wie der Tegeler See ist auch der Wannsee eine ausgeprägte Bucht der Havel, und so liegen zwischen Hafen und Bahnhof ein paar Höhenmeter. Wer sich oben noch einmal umdreht und zurück aufs Wasser schaut, möchte den Tag vielleicht noch etwas verlängern. Eine gute Möglichkeit dafür ist der große Biergarten gleich gegenüber, der weitere Höhenmeter einfordert und direkt auf ein großzügiges Aussichtsplateau führt. Hat man oben einen schönen Platz gefunden und sich mit dem Nötigsten versorgt, liegt beim Blick auf die urige Almhütte oder die glitzernde Wasserfläche der Gedanke mehr als fern, dass in nächster Zukunft ein AB-Fahrschein irgendeine Rolle spielen könnte.

 

 

 

 

 

Anfahrt ÖPNV (von Berlin): mit der U-Bahn bis Neu-Westend

Anfahrt Pkw (von Berlin): nicht praktikabel

Länge der Tour: ca. 17,5 km

Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Informationen über Neu-Westend

Informationen über die Murellenschlucht

20 grüne Hauptwege Berlin

Bericht über die Haveldüne

Hannes Café in Alt-Gatow

Gutshof Gatow

Gutspark Neukladow

Einkehr:
Imbiss an der Heerstraße auf dem Pichelswerder, mit Biergarten
Hannes Café, Alt-Gatow (nur Wochenende)
Dorfkrug Alt-Kladow, Kladow ggbr. der Kirche
Biergarten am Hafen Kladow
Biergarten und Restaurant Loretta am Hafen Wannsee

Berliner Spaziergang – Moabit: Stille Mauern, alte Gleise und die Walfisch-Rücken

Es ist April, wie es selten April war in den letzten Jahren. Verschiedenste Wetterlagen wechseln im Viertelstundentakt. Relativ unbeeindruckt davon zeigt sich die frisch eröffnete Internationale Gartenausstellung, die zuletzt den Nordlichtern Rostock und Hamburg zusätzlichen Glanz verlieh. In ihrer neuesten Auflage tut sie dies im Osten von Berlin und hegt die Absicht, die große Welt an die kleine Wuhle zu locken und gleichzeitig dem landesweit bekannten Begriff „Marzahn“ zu ein paar neuen Gesichtszügen zu verhelfen. Nachdem sie am Donnerstag vor dem Osterwochenende erste wetterfeste Besucher empfing, ist ihr umgehend der Osterhase mit seinen freien Tagen auf den Fersen und veranlasst Tourismus-Experten zu Besucher-Prognosen in Millionenhöhe für die Stadt.

Sommergrünes Wuhletal beim Kienberg

Je nach Geschmack kann man sich nun mitten ins internationale und multikulturelle Getümmel der Innenstadtlagen stürzen und nach Herzenslust diese turbulente Seite der Stadt auskosten. Oder gar nicht weit entfernt vom bunten Treiben schauen, was sich denn an einem der grünen Nebenschauplätze der IGA getan hat. Denn abseits vom Marzahner Areal rund um die Gärten der Welt und den wuhleflankierten Kienberg wurden quer übers Stadtgebiet zwanzig weitere Grünflächen unter das gartenplanerische Auge und den zugehörigen Spaten genommen. Darunter sind bekanntere wie Treptower Park, Lietzenseepark und Großer Tiergarten, doch auch weniger prominente wie der Stadtpark Steglitz, der Landschaftspark Herzberge oder der kleine Rosengarten im vorderen Hinterland der Karl-Marx-Allee. Ein weiterer der zwanzig Auserwählten ist der Kleine Tiergarten im Herzen der einstigen Industrie-Siedlung Moabit, wo jegliche Bemühungen sehenswerte Früchte tragen, auch wenn sein Charakter stark verändert wurde. Da das Wetter an diesem April-Wochenende mehr als monatstypisch ist, kann es zudem nicht schaden, alle paar Minuten in einem Buswartehäuschen oder einem Café Zuflucht suchen zu können vor spontanem Niederschlag und frostigen Winden.

Bernauer Straße an der Mauergedenkstätte

Der Weg nach Moabit und wieder zurück lässt sich mühelos mit ein paar reizvollen Extrabögen würzen und führt am Ende zu einem mehrstündigen Spaziergang, nach dem das aktuelle Bild von Moabit  gefällig nachgeschärft ist. Wahlweise als Runde ausgehend vom Hauptbahnhof, wer es etwas ausgedehnter wünscht, nimmt als Ausgangspunkt den U-Bahnhof Eberswalder Straße oder den S-Bahnhof Nordbahnhof.

U-Bhf. Eberswalder Straße

Zwischen beiden liegt die Bernauer Straße, die vor einiger Zeit von Grund auf renoviert wurde. Die seinerzeit gepflanzten Bäume sind fast alle gut gediehen und geben der breiten Straße Jahr für Jahr mehr von dem Charme zurück, den sie durch ihre ausgewachsenen Straßenbäume vormals hatte. Je nach Wochentag wälzen sich auf den ersten 500 Metern Ströme von Menschen über den rechten Bürgersteig, mit Kurs auf Mauerpark und Trödelmarkt. Ab dort übernimmt der linke Bürgersteig mit der stilisierten Berliner Mauer aus unzähligen Stahlrohren, die je nach Blickwinkel durchlässig oder eben absolut undurchlässig ist – eine der gelungensten wortlosen Metaphern für dieses eigenartige Bauwerk, das es wirklich einmal gab. Ab hier ist der Menschenstrom meist überschaubar, bevor es dann an der großartigen Mauer-Gedenkstätte kurz vor dem Nordbahnhof wieder bevölkerter wird. Das ist gut so, denn dieser Platz vermittelt anschaulich und direkt Geschichte, die noch greifbar nah zurück liegt und damit zwar absurd, aber kaum abstrakt ist.

S-Bhf. Nordbahnhof

Das kleine Oberstübchen des Nordbahnhofs linste von Baustellen umtost lange Zeit verloren aus seinem verborgenen Unterbau heraus, wie der kleine Bürzel eines tief gründelnden Entleins. Mittlerweile ist die kleine Backstein-Festung von Bebauung und Gleiskurven umgeben, hat irgendwie ihren Platz gefunden und wirkt dort richtiggehend charmant. Neben den aktiven Gleisen, auf denen Straßenbahnen aus großen Teilen Berlins in einer nassforschen Biege die lange ersehnte Zielgerade zum Hauptbahnhof antreten, werden gleich um die Ecke dezent und doch effektvoll die zahlreichen Gleise des alten Stettiner Bahnhofs zitiert, der jahrzehntelang von einem sonderbaren Grenzverlauf durchzogen wurde. Diese lassen die Frage offen, ob sie noch die originalen sind, auf denen schwere Dampflokomotiven mit viel Wasserdampfgeschnaufe ihre Züge zum Stehen brachten. Sie beantworten aber zugleich klar und sehr gut lesbar, wohin die Reise gehen konnte von diesem Sackbahnhof im Herzen von Berlin. Darunter finden sich eher regionale Ziele wie Eberswalde und Angermünde, vor allem jedoch polnische wie Stargard, Kolberg oder das namengebende Stettin. Zur Bauzeit des Bahnhofs lagen diese in der preußischen Provinz Pommern.

Vor dem Naturkundemuseum in der Invalidenstraße

Die nächste Menschenansammlung wartet vor dem Museum für Naturkunde, das selbst eine gute Lösung für einen verregneten Tag darstellt. Doch heute wechseln die Wetter alle paar Minuten, was bedeutet, dass sich in jeder Stunde des Tages auch ein bisschen Sonnenschein ereignet, meist eingerahmt von spektakulären Wolkenbildern. Das Museum muss also noch warten.

Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal Richtung Invalidenfriedhof

Hinter der Brücke über den Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal thront der Hamburger Bahnhof, ebenfalls ein Kopfbahnhof, der für die nordwestliche Richtung zuständig war und in seinem wunderschönen Inneren das Museum der Gegenwart beherbergt. Wer nun neugierig wird, welche Pendants solcher Kopfbahnhöfe es noch gab oder gibt, kann zum Beispiel in der Nachbarschaft des Ostbahnhofs oder in Kreuzberg am Askanischen Platz und dem Görlitzer Park auf sichtbare Spuren stoßen. Insgesamt gab es einmal elf Kopfbahnhöfe mit klar verteilten Zuständigkeiten.

Hauptbahnhof

Gleich darauf erstreckt sich auf der linken Seite der Hauptbahnhof, dieses riesige Ding. Die Vorstellung fällt schwer, dass hier vor relativ kurzer Zeit noch ein unscheinbarer S-Bahnhof kauerte, den man mit der Spree kaum in Verbindung brachte und dessen Namen man immer wieder vergaß. Der heutige Bahnhof ist umtost von der Einfahrt zu einem unterirdischen Stück Stadtautobahn, das eigentlich keine ist, ferner der Straßenbahn und den Bussen sowie dem ständigen Hin und Her von Ausflugsdampfern auf der Spree. Dazu kommt noch der eigene Lärm bremsender und anfahrender S-Bahnen, Regional- und Fernzüge, gemischt mit hallenden Durchsagen .

Auf dem einstigen Gelände des Zellengefängnisses Moabit

Umso faszinierender ist es, wenn man sich schräg gegenüber durch den unscheinbaren, fast verborgenen Eingang in einer hohen Ziegelstein-Mauer wagt. Die gehörte zum Zellengefängnis Moabit, das in seiner aktiven Zeit als eines der fortschrittlichsten Gefängnisse galt. Das erklärt sich insbesondere durch die Art und Weise seiner Anlage. Wer neugierig auf Details ist, findet an den zwei Eingängen wohlkonzipierte Informationstafeln zum Thema. Das Gefängnis wurde vor etwa 60 Jahren abgerissen, die Außenmauer blieb jedoch großteils erhalten.

Wer also durch diese Mauer getreten ist, findet sich umgehend in eindrucksvoller Stille wieder, umgeben von Freiraum, mittelalten Bäumen und einer parkartigen und freundlichen Anlage, die gänzlich ohne Zaunpfahl auf das hinweist, was hier einmal stand. Die Mauer ist nur ein paar Meter hoch, doch sie filtert das meiste von dem Lärm, der sich ebenfalls nur ein paar Meter entfernt abspielt. Fast fühlt es sich an wie der Eintritt in einen Klosterhof, in einen Raum der Stille, einen Rückzugsort. Es ist absolut faszinierend.

Ruheoase mitten im Stadtlärm

Gegenüber des Ausgangs zur Lehrter Straße befindet sich der Hauptsitz der Berliner Stadtmission, die sich bereits seit 130 Jahren um all die Menschen in der Stadt kümmert, die es aus der Bahn geworfen hat, die direkt oder gedanklich ausgegrenzt werden und über die man im Stadtbild gern hinwegsieht. Gleich benachbart stehen die weitläufigen Gebäude des Jugendgästehauses Hauptbahnhof, in sinnvoller Nachbarschaft zu zahlreichen Sportanlagen, einer Kletterhalle des Deutschen Alpenvereins und einem kleinen Park. Wer sich gern im Wasser oder im Wasserdampf aufhält, wird vom Stadtbad Tiergarten oder der benachbarten Wohlfühl-Sauna-Oase bestens bedient. Ein unmittelbares Nebeneinander verschiedenster Welten, das einen typischen Berliner Gesichtszug recht gut charakterisiert.

Der kleine Park übrigens ist der Fritz-Schloß-Park und gilt immerhin als größte Grünanlage von Moabit. Er verfügt über ein  Gipfelchen, dessen sekundenlanges Erklimmen durchaus einen leicht erhöhten Puls abfordert. Eine Aussicht wird oben nicht geboten, doch dafür gibt es zwei schön geschwungene Liegen und eine Holzplattform, auf der man sich lang ausstrecken kann. Zahlreiche Wege und Pfade durchqueren das dichte Grün, und auch auf einer der vielen Bänke hier lässt es sich gut abschalten.

Auf dem Gipfelplateau im Fritz-Schloß-Park

Turmstraße

Die kurze und gemütliche Pritzwalker Straße endet an der Turmstraße, die ein klarer Identitäts-Bestandteil von Moabit ist. Gegenüber erhebt sich imposant und durchaus einschüchternd das Kriminalgericht, das über ein unterirdisches Gangsystem in direkter Verbindung mit dem Gefängnis steht und damit allerhand Geld, Komplikationen und Risiken beim Hin und Her zwischen Zelle und Gerichtssaal einspart. Im Kopf von Cineasten werden bei diesem Anblick sicherlich zwei Handvoll Filmszenen aufploppen. Gericht und Gefängnis nehmen einen vollständigen Straßenblock ein, und auch sie machen einen Teil davon aus, wofür Moabit bekannt ist.

In der Pritzwalker Straße

Kleiner Tiergarten

Auf der anderen Seite der Turmstraße liegt der sogenannte Kleine Tiergarten, der über die Länge von fast einem Kilometer den Raum zwischen Turmstraße und Alt-Moabit ausfüllt, fast wie ein Anger. Der längliche Park erhielt in zurückliegenden Jahrzehnten wenig Beachtung, wurde aber im Rahmen von Förderprogrammen und zuletzt im Zusammenhang mit der IGA umgestaltet. Das Ergebnis ist eine gelungene Anlage, die bewusst offen und unverwinkelt gestaltet wurde. Das war leider nicht nur gestalterisch eine Notwendigkeit, da der Kleine Tiergarten seit einigen Jahren als Kriminalitätsschwerpunkt gilt und bevorzugt bei hohem Sonnenstand und eher abseits der Stromstraße besucht werden sollte.

Im Park gibt es zahlreiche lichte Sitzecken, teils mit Springbrunnen, und überall wurden große Sitzhügel angelegt, denen man ihren Beton nicht ansieht, die vielmehr an die rundgeschliffenen Uferfelsen mancher Schärenküste erinnern. Auf den sanft gerundeten Walfischrücken kann man bestens sitzen, fläzen oder lümmeln, allein oder zu zehnt. Dass sie viel Geld verschlungen haben und nicht jeden Geschmack treffen, scheint den gelassenen Kolossen ziemlich egal zu sein. Ganz im Osten nahe der Johannis-Kirche gibt es einen großen Spielplatz und eine kleine Carrera-Bahn für Bambi-Räder, mit Über- bzw. Unterführung und ein paar sanften Huckeln in der Piste. Alle angetroffenen Knirpse strahlen breit und wirken sehr beschäftigt.

Sogenannte Sitzkiesel im Kleinen Tiergarten

Die Turmstraße selbst ist westlich der Heilandskirche eine belebte Straße mit Gastronomie und Geschäften, wo an mehreren Stellen ein wirklich guter Döner zu bekommen ist. Direkt an der Kirche erstreckt sich als kleines Berliner Unikat die Thusnelda-Allee über ganze 50 Meter Straßenlänge, die durch diesen Superlativ und ihren markanten Namen jedem Berliner Taxifahrer für immer im Gedächtnis haften bleibt.

Wer sich im Kleinen Tiergarten veranlasst sah, seinen Schritt zu beschleunigen, kann diesen unerwünschten Adrenalin-Stoß schon wenige Minuten später am Ufer der Spree ausgleichen. Dorthin führen südlich von Alt-Moabit gemütliche Straßen, die teilweise über Parkcharakter verfügen und im Rahmen ihrer Vorgärtchen schöne Cafés, Biergärten und sogar eine einladende Kaffee-Rösterei anbieten. Nach einem nordrhein-westfälisch gefärbten Zickzackkurs durch Bochumer, Essener, Elberfelder und Dortmunder Straße glitzert ein paar Meter tiefer auf einmal die Spree, die hier eine ganze Serie von euphorischen Kurven zieht. Auf diesen flanieren all die Dampfer, die sich über die Standard-Partie zwischen Mühlendammschleuse und Kanzler-Riegel hinaus wagen oder sogar regelmäßige Kontakte mit dem Treffpunkt von Spree und Havel unweit der Spandauer Altstadt pflegen.

Im Kleinen Tiergarten nach dem Aprilregen

Spree-Bogen

Auf dem einstigen Gelände der Bolle-Meierei befindet sich jetzt der Spree-Bogen, der stellenweise alte Fabrik-Substanz mit neuer Architektur verbindet und dabei an vielen Stellen Phantasie und Freude am Blickwinkel bewiesen hat. Das Schönste am Spree-Bogen ist ein durchgängig begehbarer Uferstreifen, darunter auch ein sandiger Spielplatz in Gestalt eines lebensgroßen Schiffes, das fast in Rufweite zu den Walen von vorhin vor Anker liegt. Die etwa 12 Meter lange Rutsche sorgt nicht nur bei Kindern für Vergnügen und spitze Stimmlaute.

Spreeufer gegenüber des Hauptbahnhofs, noch ohne Bar und Liegestühle

Eine letzte kleine Grünanlage verbirgt sich im Hof zwischen Spener- und Paulstraße und braucht den Vergleich mit dem Fritz-Schloß-Park samt Hügel nicht zu scheuen – sie ist nur eben drei Nummern kleiner. Eine Kreuzung später liegt in ihrer ausufernden Wendeschleife die bisherige Endstation aller Straßenbahnen, die den Hauptbahnhof anfahren. Es ist keine Haltestelle zum Einsteigen, da die Züge von hier direkt auf ihren Pausenhof fahren. Wer trotzdem gern von Westen aus mit der gelben Stretch-Limo beim Hauptbahnhof vorfahren möchte, kann das auch von der nur wenige Minuten entfernten Station Clara-Jaschke-Straße tun. Alternativ kann man einmal durch den Hauptbahnhof gehen oder um ihn herum, die Spree überqueren und sich drüben mit einem passenden Getränk in einen der Liegestühle hängen – wenn das April-Wetter mitspielt und die Bar schon aufgebaut ist.

 

 

 

 

 

Anfahrt ÖPNV (von Berlin): U-Bhf. Eberswalder Straße, S-Bhf. Nordbahnhof, Hauptbahnhof

Anfahrt Pkw (von Berlin): nicht sinnvoll

Länge der Tour: 10 km, als Runde von Hbf.  gut 6 km

 

Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)