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In eigener Sache: ein Herzensprojekt nimmt Gestalt an

Ein Kalenderblatt aus dem Jahre 2020 gab – zunächst unbewusst – den Impuls für eine Idee, welche Anfang dieser Woche sichtbar geworden ist: ein Weg, auf dem man Berlin zu Fuß umrunden kann.

Die Berliner Gürtellinie.

Der Impuls lag eine Weile vor sich hin, wurde eines Tages wiederentdeckt und stieß dann erste Arbeiten zum möglichen Verlauf eines solchen Weges an.
Nachdem eine grobe Skizze stand, hier und da vor Ort ausprobiert wurde und umgehend die Lust an der Sache weckte, wurde im darauffolgenden Winter etwas HTML-Programmierung gelernt, dann eine auf das Wesentliche reduzierte Webseite entworfen und nach und nach befüllt.

Über die Jahre (und so oft eben Zeit war) gab es immer wieder Vervollständigungen und Verfeinerungen, bis Ende letzten Sommers die Strecke einmal komplett begangen und alles Benötigte beisammen war.

19 Etappen, 243 Kilometer, 66 Spielplätze.
Und zweitausendzwölf Gedankennotizen …

Ein Gespräch beim BeBra Verlag, der mittlerweile in Sichtweite zum Botanischen Garten sitzt, leitete im frühen Herbst die Arbeiten zu einem Buch ein, welches alternativ zur Webseite neugierig machen soll auf den Rundweg zu Fuß um Berlin. Erschienen ist es Anfang dieser Woche, zwei Tage nachdem http://berliner-gürtellinie.de/ ans Netz ging.

Unterstützend gibt es Flyer, die hier und da verteilt werden.

Über eines sind sich Flyer und Webseite und Buch einig:
die Berliner Gürtellinie macht Spaß!






Zwei Türme, ein Gürtel und die ganz große Runde

Am Sonntag nach Frühlingsanfang wird Berlin um eine Idee reicher sein, wobei die Zahlenfolge 2-4-3 nicht nur im Datum eine Rolle spielt.

Dafür wurde in den letzten Jahren mancher Tag mit der Suche nach einem schönen Weg zugebracht, der mit regelmäßigen Blicken auf den Fernsehturm aus verschiedensten Himmelsrichtungen aufwarten kann und dabei manche Endstation der S-Bahn mitnimmt.

Hauptkriterien für die Wegfindung waren Abwechslung, Schönheit und eine gewisse Nähe zur Berliner Außenkante, quasi dem Gürtel der Stadt.

Eine bebilderte Beschreibung zwischen Buchdeckeln ist beim BeBra Verlag bereits in Arbeit.

Mehr ab 24.3. unter www.berliner-gürtellinie.de

Stellt schon mal Schuhe und Fernglas bereit!






Wernsdorf – Schlafende Pilze, der alte Arm und ein Gruß aus Sachsen

Es ist kaum zu fassen, wie lange jetzt schon der Frühling mit dem Winter rangelt, letzterer schon ganz quarkblass und entkräftet wirkt, doch wie der längst abgemurkste Unhold in gängigen Filmen immer nochmal aufsteht und aus dem Off angestakst kommt.

Brücklein am Oder-Spree-Kanal
Brücklein am Oder-Spree-Kanal

Der Frühling pariert die Stänkereien souverän, so als würde er mit der einen Hand beiläufig das Florett führen und mit der anderen gleichzeitig eine flache Tasse Tee trinken, mit leicht gehobenen Augenbrauen. Und erficht so manchen einzelnen Tag von großer Schönheit, mit bühnenreifen Himmeln und ergreifenden Lichtstimmungen.

Dennoch bleibt die klamm-graue Jahreszeit dominant, und so wurden schon etliche Male hochflorige Mützen und Handschuhe in den Schrank gestopft und bald darauf kleinlaut wieder herausgefingert. Die Vorfreude aufs nicht mehr Frieren ist schon lange unbändig, langsam schlägt sie nun auf die allgemeine Laune durch, was vielfältig zu beobachten ist.

Dorfblick Neu Zittau über die Spreewiesen

Unbeeindruckt davon sind neben vielem Geblüm auch die allerersten Lerchen, die schon vor Mitte März ihre Botschaft fröhlich in die Luft krakeelten, mit scheinbar grenzenloser Ausdauer. Einen Monat später sind endlich erste grüne Schimmer im Holz von Büschen und Sträuchern wahrzunehmen – wenn man etwas guten Willen mitbringt und die Gewächse gegen das Licht betrachtet. Die Ahornblüten täuschen wie jedes Jahr kronenfüllendes Laub vor und lassen es schon etwas heller werden im wintergebeutelten Herzen. Dank des immer wiederkehrenden Regens leuchtet in manch dunklem Wald der Boden grün vom gesättigten Moosteppich.

Am Bruch nördlicher Wernsdorfer See

Trotzdem – manche Frühlingstouren hätte man schon gehen wollen, die von blühenden Bäumen, Wäldern voller Bodenblüher oder schönen Lichtstimmungen leben und sehnsuchtsvoll erwartet in diese Zeit des Jahres gehören. Doch die einen konnte es nicht geben, weil die Blüten vor lauter Kälte in ihren Knospen blieben, die anderen, weil Licht eindeutig Knauserware war an allen Tagen, wo man hätte ausschwärmen können ins Ländchen, ganz gleich in welche Richtung. Vieles hat sich also aufgeschoben oder wurde aufgehoben, in der Hoffnung, dass der Zeitverzug manches später stattfinden lässt und irgendwann dann Sonne, Wolken und Himmel in ihrer schönsten Mischung ins Spiel kommen. Doch denkste. Daraus wurde auch Mitte April nichts.

In der Heide Paschenfeld

Um trotzdem einen schönen Tag zu haben, waren also besondere Wege und Landschaften gefragt, dazu ein gut Teil Wald, damit Wind und Regen uns nicht schon innerhalb der ersten Stunde durchweichen. Von den östlichen Wäldern rutschte der Finger auf de Karte immer mehr in Richtung Stadtgrenze. Ganz kurz davor kam er schließlich mit kleinem Ruck zum Stillstand, zumal sich gleich noch die Erledigung einer pragmatischen Angelegenheit einbauen ließ.

Schmöckwitzwerder

Wo sich die Wasser von Dahme und Spree so nahe kommen wie selten sonst, liegt die Insel Schmöckwitzwerder zwischen drei Seen und einem Kanal. Nur zwei Straßenbrücken und einen stattlichen Fußgängersteg gibt es, auf denen man die Insel erreichen oder verlassen kann. Dazu viel Wald, herrliche Uferpassagen und ganz im Süden die Siedlung Rauchfangswerder, die selbst fast wie eine eigene Insel wirkt. Die Fähre nach Zeuthen ist leider seit Jahren Geschichte – zumindest die Fährallee erinnert mit ihrem Namen noch an sie. Eine Neuauflage als Linienbetrieb zwischen Schmöckwitz und Königs Wusterhausen wird derzeit konkreter, und man darf gespannt sein, ob Berlin bald eine Fähre mehr statt einer weniger im Fahrplan aufführen darf.

Alte Linde an der Wernsdorfer Kirche

Wernsdorf

Ganz im Nordosten der Insel liegt nach deren Verlassen Wernsdorf. Ein hübsches Dorf entlang einer gekrümmten Dorfstraße, das neben etwas Fischerkietzigkeit mit einem einladenden Dorfplatz sowie ebenso ansehnlichen gelben Dorfkirche aufwarten kann. Ein kleiner Pfad führt dicht an deren Turmseite vorbei und zwingt Passanten zum kurzen Knicks vor den tief gebeugten Ästen einer sagenhaften Linde, deren Krone dank ausgefuchster Prothetik eine größere Fläche überdacht. Ein ehrfürchtig stimmender Anblick von Kraft und Anmut und etwas Ewigkeit.

Liebevolle Erhalts-Maßnahme am Kanal

Die Brücke von Wernsdorf hinüber zum Schmöckwitzerwerder ist so ein Platz, wo man gut einzwei Stunden am Geländer lehnen und einfach nur aufs Wasser und das Geschehen darauf gaffen könnte. Unten am Ufer liegt ein größerer Dampfer vertäut, mit einem halben Dutzend Schirmen auf dem Oberdeck, die nur darauf warten, am ersten sonnigen Tag vom Stiel zum Pilz zu werden. Im Dauerniesel wirken sie etwas verzagt, doch bald wird es soweit sein.

Neue Fußgängerbrücke über den Oder-Spree-Kanal

Auf direktem Weg und im fußweichen Bogen durch den satt getränkten Wald steht man bald am breiten Oder-Spree-Kanal, wo zwischen transportierenden Kähnen flanierende Bötchen noch die Ausnahme sind. Der scharfe Kiel des Patrouillenbootes der Wasserpolizei sorgt am Kanalrand bald für etwas schicke Brandung, sonst liegt das Wasser ruhig zwischen den Ufern.

Voraus liegt unübersehbar die neue Fußgänger- und Radfahrerbrücke, die Ende März erst eingeweiht wurde. Die alte Brücke wirkte ihrerzeit schon gewaltig, jetzt schwebt nur der enttreppte Mittelteil überm Wasser und wirkt neben dem wuchtigen Beton-Bauwerk regelrecht gebrechlich. Die neue Brücke macht es nun für alle mit Rädern unterm Hintern erheblich leichter. Dort an der Tafel mit der Wanderkarte hat jemand liebevoll einen wettergegerbten Wegesammler-Aufkleber wiederbefestigt, etwas in dieser Art haben wir noch nicht gesehen. Herzlichen Dank an die helfende Hand!

Wernsdorfer Schleuse in Wernsdorf

Gleich am Fuß der Brücke beginnt ein Pfad der Sonderklasse, über knapp einen Kilometer. Der wiesige Uferweg brückt bei den letzten Gärtchen über einen verträumten Wasserarm und geht dann in einen Dammpfad über, auf dem man sich bald wie mitten auf dem See fühlen kann. Nach Norden erstreckt sich weit der schilfumkränzte Wernsdorfer See, der nach Norden hin immer urwüchsiger und undurchdringlicher wird, so dass selbst mit dem leichtesten Kajak ein Anlanden problematisch sein kann.

Nördlicher Dammweg am Kanal

Entlang des Kanals reichen die Blicke hier tunnelartig bis zum Seddinsee, einem breiten Bauch der Dahme, dort zur recht eindrucksvollen Wernsdorfer Schleuse mit ihrem mittigen Breitband fallenden Wassers. Gen Süden öffnet sich mit dem Alten Wernsdorfer See ein herrliches Wasserreich mit unegalen Uferlinien, das manche an Skandinavien erinnern wird. Im Hintergrund ist bei der Durchfahrt zum großen Krossinsee nochmal der Dampfer mit seinen wartenden Schirmen zu sehen.

Blick zum jenseitigen Dammufer

In der Mitte des Dammes laden einige Stellen zum Sprung ins Wasser ein, nicht heute, jedoch meistens, und ganz in der Mitte schließt ein hochbeiniges Brücklein die Verbindung, die es am Damm gegenüber nicht gibt, und gestattet besegelten Kajaks die Durchfahrt ohne Masteinholen.

Am Bruch nördlicher Wernsdorfer See

Kurz vor der Schleusenbrücke geht hinter einer Handvoll Häuser ein gemütlicher Weg los, zwischen klatschnassen Wiesenlichtungen, dahinterliegendem Bruchwald und einem ganz anständigen kleinen Höhenrücken, der rechts seine bemooste Flanke steil ansteigen lässt. Überall zeigt sich, dass es in den letzten Wochen immer wieder Regen gab, wie auch heute den ganzen Tag. Der Plan mit dem Wald geht auf, der Regen erwischt uns vor allem oben und die Schirme können ohne Gezerre ihren Job machen.

Flanke der renaturierten Halde

Unerwartet beginnt ein massiver Zaun, hinter dem sich ein überdimensionierter Deich erhebt. Beim Blick auf die Karte entpuppt sich der großflächige Wiesenhang als begraste Deponie. Über fünfzig Jahre wurde hier Berliner Hausmüll aufgetürmt, bis 2005 damit Schluss war und der entstandene Berg nach und nach renaturiert wurde. Einige weit verstreute Zeugen waren bereits auf dem Kanalpfad zu sehen, und auch wenn die Margarinedeckel und Konservendosen mit EVP-Preisen von gewissem historischen Wert sind, ist es doch um so erfreulicher, dass es lokal ein Häuflein Leute gibt, die den ganzen Mist nach und nach aus der Natur sammeln. Auch hier ein herzliches Dankeschön!

Pfad am Fließ der Gosener Hauswiesen

Gosener Hauswiesen

Die grüne, doch sachliche Szenerie währt nur ein paar Minuten. Schon kurz nach dem Abzweig des Rundweges nach Gosen lockt links ein kleiner Pfad, der urig und auch wurzlig zwischen Waldrand und einem kleinen Wasserlauf mit reichlich Schilf verläuft. Links erscheinen die weiten Gosener Hauswiesen wie ein verlandeter See. Hier und da steht eine Insel aus hochgewachsenem Gebüsch, auf den Wiesen steht flächig das Wasser.

Die Wiesen hier sind nur eine kleine Außenstelle der weitläufigen Gosener Hauswiesen, die sich nördlich von Neu Zittau bis hin zur Spree ausdehnen, zum Großteil weglos und daher bei Wasservögeln sehr beliebt. Mit im Spiel sind in den benachbarten Schmöckwitzer Bruchwiesen der geradlinige Gosener Kanal, der schon krummere Gosener Graben und der kleine und äußerst kringlige Große Strom. Mittendrin liegen die Fischerei Kaniswall und das Freilandlabor mit dem gleichen Namen, letzteres ein grüner Lernort mit schönen Außenanlagen.

Ortsmitte Neu Zittau

Neu Zittau

Wir bleiben im südlichen Teil und biegen bald ab in einen schönen Pfad, der direkt im Örtchen Neu Zittau endet, einem ausgewachsenen Straßendorf. Nach einem Bogen durchs Wohnviertel gibt es fast am selben Fleck drei empfehlenswerte Möglichkeiten sich zu stärken. Einen schönen Kirchblick, eine Ampel und ein paar Abbiegungen später landet man auf dem Ablageweg direkt an der Spree, wo ein ufernaher, teils pfadschmaler Weg losgeht. Hier zeigt sich wieder einmal die Schönheit dieses kleinen Flusses, der an so vielen Stellen etwas wild und zugleich sanft wirkt. Und dieser Tage gut Wasser führt, was sich teils auch hier bemerkbar macht.

Spreeufer bei Neu Zittau

An herrlichen Badestellen geht es vorbei und durch kleine Waldstücken, über ein Brücklein und entlang der Wochenendhäuschen am Wurgel, wo hier und da ein Ruderkahn vertäut liegt. Über die Wiesen ergeben sich erste schöne Rückblicke auf die Kulisse von Neu Zittau, die vom Kirchturm bestimmt wird und tatsächlich ein wenig an die Oberlausitz denken lässt, wo man das ursprüngliche Zittau findet. Und wo es auch viele langgezogene Straßendörfer gibt. Selbst den leicht angezwiebelten Kirchturm würde man eher in Sachsen verorten als in Brandenburg, kurz vor Berlin.

Pfad am Altarm der Spree

Bis zur Reitanlage ließe sich diesem herrlichen Weg am Fluss noch treu bleiben, doch das Abbiegen auf Höhe eines abgekoppelten Altarms lohnt sich. Ein zauberhaftes Pfadstück beginnt hier, das sich zwischen struppig-büscheligen Feuchtwiesen und der eigenen Welt des alten Spreebogens hindurchquetscht und manche Verbiegung des Oberkörpers einfordert. Die Pfeiler für den Weidezaun stellen alte Eisenbahnschwellen aus Holz, deren zweite Haupteigenschaft ja die langfristige Wetterfestigkeit ist.

Spreewiesen mit teils bekleideten Pferden

Am Ende übernimmt ein gemütlicher Wiesenweg zwischen saftig grünen Wiesen und Weiden, führt in Kurven vorbei an verschmitzten Pferden, die halbverborgen im Unterholz ausharren und dem Regen die nasse Schulter zeigen. Wuchsfreudige Weidenreihen ziehen geradlinig über die Grasflächen. Bei einem Grundstück, das nur so strotzt vor Phantasie in Anlage, Bau und Ausführung von Garten und Behausungen, wird schließlich der Blick frei und macht nun das sächsische gefärbte Panorama rund – hinter einen Wiesensenke Neu Zittau mit Kirche am sanften Hang. Wir geben uns dem gerne hin..

Runder Wiesengrund in Neu Zittau

Gerade als der Regen dichter wird, liegt am Weg eine verspielte Rasthütte mit akkuratem Wetterschutz von drei Seiten und schönem Blick auf den grünen Grund. Der heiße Tee ist jetzt genau richtig, um für die letzte Stunde der Tour noch bei guter Laune zu bleiben. Der anschließende Weg unterhalb der Gärten hätte diesen Job selbst ohne Tee gut erledigt, es ist nun schon die dritte Zufallsentdeckung extraschöner Pfade an diesem Tag. Mehr und mehr geht der Plan des Tages auf.

Heimat-Museum an der Kirche

Neu Zittau Kirche

Vorbei an der Kirche, die auf einem winzigen Rondelltellerchen und gegenüber des ebenso winzigen Heimatmuseum und weiteren Dorfkaten steht, beginnt nun der Aufstieg in den Höhenzug des Kesselberges, der sich in mehreren Phasen vollzieht und keineswegs belächelt werden sollte. Die erste Höhenstufe ist am Friedhof erklommen und führt direkt hinter dessen Außenmauer entlang. Die ist leicht geneigt, doch noch gerade so, dass man ohne Sorgen ihrer Linie folgt.

Im Forst am Kesselberg

Heidefläche Paschenfeld

Nach diversen Abbiegungen im neonmoosgrünen Wald, weiteren Höhenstufen und einem im Sinne des Wortes liegengebliebenen Radfahrer endet der Wald an einer halboffenen Heide, die sicherlich mal Militärgelände war. Jetzt ist der sandige Boden von Weißmoos, Heidekraut und anspruchslosem Grünzeug bedeckt, Kieferchen versuchen sich am Großwerden und unzählige Wege laufen kreuz und quer. So grau der Tag, so erstaunlich grün ist es hier. Der Radfahrer hockt wieder im Sattel und fährt nun dort, wo er zu Fuß vermutlich schneller wäre.

Kronenkiefer in der Heide Paschenfeld

Einen absoluten Mehrwert schenkt uns der anschwellende Regen des Tages schließlich über Bande. Im ersten Teil der Tour war die Schießbahn des hiesigen Schützenclubs sehr präsent, wenn auch hintergründig, und irgendwann tatsächlich nervend. Seit dem Wiedereintauchen in deren akustischen Einzugsbereich ist jedoch Ruhe im Wald, was der nassen Witterung geschuldet sein könnte – ganz gleich, ob nun die Schützen, die Flinten oder die Projektile nicht so gern nass werden oder schlichtweg die Sicht zwischen Korn und Ziel bei stäubendem Niederschlag zu dürftig ist.

Oberes Hafenbecken vor der Wernsdorfer Schleuse

An einer kurzstämmigen Kiefer mit makellos runder Krone wird dann die Historie anhand von gefassten Schützengräben und dem eingezäunten Areal der Schießanlage greifbarer, was die umgebende Natur mit einem milden Lächeln quittiert und sich überhaupt nicht in ihrem Langzeitvorhaben stören lässt. Dementsprechend weiter verbuscht, überwächst und mit Nadeln bedeckt, was da zu bedecken ist.

Schleuse Wernsdorf

Der ausstehende Abstieg zum Oder-Spree-Kanal ist kurz und erfordert durchaus etwas Federn in den Knien, auch wenn der Waldboden schon gutgehend dämpft. Zwischen Weg und Kanal liegen Pferdeweiden, Gärten und kleine Gehöfte, einige tapfere Obstbäume halten ihre leuchtend weißen Blüten ins fahle Nachmittagslicht und die Pfützen auf dem Weg empfehlen uns manchmal an dessen äußersten Rand.

Alte Dorfstraße in Wernsdorf

Die Bucht vor der Schleuse wird im eleganten Bogen von einer gut befestigten Uferkante aus grobem Schotterbruch eingefasst. Direkt an der Schleuse ruft ein vergehendes Wirtshaus vergangene Zeiten wach, und in Verbindung mit dem Rauschen des Wasserfalls flammt kurz so etwas wie Hafenflair auf. Mit ein wenig Zickzacklauf lässt sich jenseits der Brücke der alten Dorfstraße nachspazieren, die teils noch unbefestigt ist und zuletzt direkt am schönen Dorfplatz endet. Gegenüber zieht das halbe Dorf zum örtlichen Krug, der hell erleuchtet ist, und wird wohl bis weit in die Nacht Tante Hannelores Achtzigsten feiern. Die passende Musik dringt schon gedämpft durch die Fenster und bringt drinnen die ersten beblusten Oberkörper ins Schwingen.








Anfahrt ÖPNV (von Berlin): mit Bahn bis Schönefeld oder Königs Wusterhausen, dann Bus (ca. 1-1,25 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): übers normale Straßennetz (ca. 1 Std.)

Länge der Tour: ca. 15 km (Abkürzungen vielfach möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Gosener Hauswiesen (PFD)

Informationen zu Neu Zittau

Kablow: Herbstsummen, Uferbänke und die korblosen Sucher

Die zweiunddreißig Grad von vor einem Monat sind scheinbar ewig her. Nach einem abrupten Temperatursturz in jenen Tagen hat sich der späte Sommer bei etwas unter zwanzig Grad eingependelt, ganz zuletzt dann allen Leuten regelrecht kühles Herbstwetter um die sonnenverwöhnten Ohren gehauen. Ein milder Altweibersommer blieb aus, wird möglicherweise für den Oktober aufgehoben. Davon abgesehen sind schon große Formationen von Gänsen in den ersten Zügen, wissen mehr als wir und üben mit dem üblichen Krakeel für den Stichtag.

Anger im Dorf, Kablow

Doch das Licht stimmt schon, auch die Düfte und die Farben, und so ist es ausreichend bekleidet ein wahres Vergnügen für die Sinne, draußen herumzustreifen. Den September als solchen gab es dieses Jahr vom ersten Tage an, und so wurde mancher Spätsommertag unter leisem Bibbern verbracht, da man moralisch noch nicht recht bereit ist, die gefütterte Jacke aus dem Schrank zu bergen.

An der Seetaille zwischen Kablow und Zernsdorf

Das sieht hingegen jeder ein bisschen anders, und so laufen Leute im T-Shirt neben solchen in dieser Art von Daunenjacke, die das Volumen des Trägers scheinbar verdoppelt, zumindest oberhalb der Oberschenkel. An den Füßen hört man knirschend warme Stiefel neben luftig flappenden Badelatschen, Köpfe bleiben gänzlich unverpackt oder in ohreneinschließende Mützen gehüllt.

Uferweg am Zernsdorfer Lankensee

Weil es so normal ist, vergisst man als Berliner und auch als Brandenburger immer mal wieder, was für spektakuläre Wasserlandschaften es nicht nur im Stadtgebiet, sondern auch etwas außerhalb gibt. So zum Beispiel das herrliche Seen- und Flussgewirr, das die Dahme hinter Königs Wusterhausen bis hin nach Prieros spektakelt und das gewissermaßen die Seen rund um Storkow und Groß Köris mit einschließt. Viele alte Klassiker für spazierende Ausflügler gibt es hier, doch auch manche Ecke, die beständig übersehen wird.

Rastbank am Seeufer, Zernsdorf Nord

Kablow

Kablow ist ein Dorf, das wie sein Kirchanger etwas abseits der üblichen Routen und Straßenverbindungen liegt und wohin einen eher ein schöner Zufall führt. Wenn man zum Beispiel mit der Bahn nach Storkow fährt, was in den vergangenen Monaten sicherlich mehr Leute als üblich getan haben, bleibt diese eine Stelle hängen, wo das Züglein auf einem schmalen Damm zwischen zwei Seen hindurcheilt und sich kurz ein Gefühl von Skandinavien einstellt – zu beiden Seiten Wasser mit bewaldeten Ufern und ausgeprägten Buchten, kleine Häuschen am Wasser und gemächlicher Freizeit-Bootsverkehr.

An der nördlichen Seespitze in Kablow Ziegelei

Der Abstecher zur Kirche dauert keine fünf Minuten und ist durchaus zu empfehlen, denn er verläuft entlang einer urigen Lindenreihe bis zum Anger mit seinen gemütlichen Häusern und der Kirche mit den gut erhaltenen Stufengiebeln. Weiter braucht man nicht zu gehen, denn einen Wasserzugang wird man hier nicht finden. Das macht jedoch nichts, denn eine der schönsten Uferstellen weit und breit ist nur eine Viertelstunde entfernt.

Auf der Fontanestraße kann man sich ruhig dem Krüpelsee-Rundweg anvertrauen, der hier auch das Wohnviertel mitnimmt. Das ist zum größten Teil altgewachsen, sodass es schöne Häuser zu sehen gibt, deren Grundstücke zudem immer wieder den Blick aufs Wasser gestatten. Schon an der ersten Kreuzung geht es links zum erwähnten Uferplatz, wo es einen kleinen Strand gibt, vor allem aber einen langen Steg mit großzügiger Eckbank am Ende.

Kablower Dorfanger bei der Kirche

Und das ist so ein Ort, wo man bei mildem Wind gut und gern ein paar Stunden rumsitzen könnte, neben sich vielleicht ein schönes Buch, das möglicherweise erst abends im heimischen Sessel aufgeschlagen wird. Ein ziellos gondelnder Schwan sucht den Augenkontakt und sorgt so für etwas beiläufiges Leben, während weiter hinten die frisch ausgeliehenen Hausboote eine Synchronisation mit der virtuellen Linie der Fahrrinne suchen. Da der Posten hinterm Steuer jeglichen Führerschein besetzt werden darf, geschieht dieser Vorgang sehr gemächlich, wirkt beruhigend auf äußere Betrachter.

Im Dorf, Kablow

Dazwischen saust hier und da ein gepflegtes Holzboot alter Schule vorbei und lässt hinter sich kleine Serien unverbundener Auspuff-Wölkchen, wie man sie eher im gezeichneten Cartoon erwarten würde. Trotz eines halben Kilometers Entfernung glänzt der gewienerte Bootslack bis hier und lässt eine salopp übergeworfene Frackweste hinterm messingverzierten Steuerrad vermuten.

Badestelle in Kablow

Der Wind ist gerade woanders, und so dringt mit einem Mal gänzlich ungedämmt die Summe aller Kehlen einer ganzen Gänsereihe an unsere Ohren. Beim Blick nach oben wird klar, dass noch kein Flug in den Süden ansteht, denn es herrscht eher noch Durcheinander a la Krähenschwarm. So ist wohl noch manche Übungseinheit nötig, bis das mit der Formation der Gänse-Eins funktioniert. Denn das muss es, wenn möglichst viele heil ankommen sollen.

Steg in den Krüpelsee, Kablow

Wiegesagt, der ganze Bogen durchs Wohngebiet lohnt. An seinem Ende beginnt dann jener Damm, der Kablow mit Zernsdorf verbindet und der gerade breit genug ist für die Bahntrasse, eine Straße und den Bürgersteig. Erstaunlich, dass das eigentliche Dammstück wirklich nur gut zweihundert Meter lang ist, dem Erinnern nach war das viel länger. Von der Brücke über die Verbindung zwischen Kröpelsee und Zernsdorfer Lankensee lässt sich ein Blick hinab ins klare Wasser werfen, auch hinüber zu den kleinen Bootsstegen in der Bucht. Nach Südenwesten reicht der Blick übers Wasser mehrere Kilometer weit, nach Norden hin lässt sich dieselbe Länge der krummen Uferlinie wegen nur erahnen.

Blick auf den Krüpelsee vom Damm

Zernsdorf

Von der Brücke bis zum Einstieg in den Uferweg bedarf es eines kleinen Hakens über den Bahnübergang und den zuletzt stark eingeschnittenen Einsiedelweg mit seiner markanten Kronenkiefer, doch dann geht es sofort in die Vollen, bis zuletzt unerwartet. Das urige Ufer ist üppig begrünt von der Uferkante bis in die hohen Wipfel. Viele Stämme haben ihren dunklen Rindenteint unter dichtem Efeu verborgen, der speziell in dieser Zeit auch deutlich zu hören ist – unzählige Bienen fliegen zwischen den grüngelben Blüten umher, die im späten September ihre Hochzeit haben und perfekt eine potentielle Versorgungslücke füllen, und summieren ihr Brummen zu einem sanften, hintergründigen Klangteppich.

Pflasterweg hinab zum See, Zernsdorf

Überall gibt es Stege, schöne Uferstellen mit Bänken für Pausenlustige und farbkräftig getünchte Uferlauben, liegen kleine Ruder- und Segelboote. Durch den fjordkrummen Seeverlauf ist voraus immer ein gutes Stück der Uferlinie zu sehen, wo sich auch schon der bunte Fortschritt in den frühherbstlichen Baumwipfeln sehen lässt – das Spektrum geht bereits jetzt erstaunlich in die Breite und zeigt zwischen dem noch vorherrschenden Grün schon viel Gelb, Rot und Orangebraun.

Uferweg am Zernsdorfer Lankensee

Ein Stichkanal führt zu einem verschwiegenen Pfuhl mit Insel, wo jetzt die Mücke erfreulicherweise keine Rolle mehr spielt. Mal verläuft der Weg durch einen dichten Waldstreifen, dann wieder licht zwischen Kiefernstämmen hindurch. Manchmal steigt der Hang steil an und wird von unverschämt schön gelegenen Häusern gekrönt, mal fällt die Böschung eher sanft aus und erinnert lose an ein Stück Kurpark. An jedem zweiten Steg ist jemand bei der Arbeit, Boot leerschöpfen oder für den Winter ausräumen, fegen oder schleifen, eine rauchen, auf der Bank von rechts nach links rücken oder auch eine Flasche öffnen und folgerichtig handeln. Alles schön analog, alles ohne künstliche Eile, alles ohne angestrengtes Stirnrunzeln.

Schöner Pausenplatz

Am Badestrand schwenkt der Weg nun weg vom Seeufer, und bei den folgenden Metern merkt man, wie weit unten doch der See liegt. Passenderweise heißt das Stückchen Ufer hier auch Spitzer Berg. Nach einem Stück Friedrich-Engels-Straße ermöglicht ein wiederum steil abfallender Fußweg die Rückkehr zum unterbrochenen Uferweg, der kurz darauf das Gelände des Campingplatzes durchquert, was für Fußgänger dank einer und noch einer Zaunlücke dauerhaft möglich ist.

Kiefernstelle am Uferweg

Campingplatz am Lankensee

Nach dem Umschiffen einer unverrückbaren Gruppe palavernder Herren um die vierzig samt zweier Damen im besten Alter ist schon der große Strand in Sicht, an dessen großzügig mit Sand bedecktem Hang ein draller Bengel mitten im tiefen Sand den Kopfstand probt, was irgendwie eine eigenartige Idee ist. So gesehen auch wieder nicht, da das zwingend zu erwartende wiederholte Umplumpsen im tiefen Sand kaum schmerzhaft ist. Andererseits wird es wohl noch Tage später in der Scheitellinie und um die Augenbrauen knirschen, das muss man auch wollen. Nach dem aktuellen Umfallen rollt er sich zurecht, rappelt sich auf und blinzelt uns freundlich an, quittiert das respektvolle Mikronicken mit einer Gesichtsmimik, die in etwa „aba janz jenau“ ausdrückt.

Blick über den Zernsdorfer Lankensee

Der Sand ist so tief, dass man mit mehr Aufwand vom Fleck kommt als am Ostseestrand. Weiter hinten gibt es eine ähnliche Gruppe palavernder Herren, nur älter und im Sitzen, dafür weniger näselnd und mit fest sitzender, wenn auch nicht lauterer Stimme. So über die Schulter beobachtet steuern wir souverän die erhoffte zweite Zaunlücke an und sind froh, als sie auch da ist und uns gewähren lässt. Bei all dem Tumult haben wir ganz vergessen, mal danach zu fragen, ob oben vielleicht der Imbiss offen hat.

An der Nordspitze des Sees in Kablow Ziegelei

Nach einem Stück Wald, das besonders tief zu sein scheint, endet die schöne und äußerst vielgestaltige Uferpassage an der nächsten Siedlungsstraße, wo stellenweise sichtbares Wasser zu beiden Seiten liegt. Die äußerste Nordspitze des Sees hat etwas sehr kuschliges und bietet neben der Buswendeschleife noch zwei schöne Rastbänke, die auch gut für Blei im Hintern sorgen können.

Herbstlicher Weg nach Dannenreich

Ein breiterer Bachlauf setzt sich von hier zum Uckleysee fort, der im Grunde eine absolute Sackgasse ist, doch über winzige Wasserläufe mit den Dahmeseen am Schmöckwitzer Werder in nasser Verbindung steht. Die kuschlige Bucht liegt voller Boote, von denen keines auch nur im Ansatz einem anderen gleicht. Im Schilf gegenüber raschelt es in unregelmäßigen Abständen und klingt am ehesten nach einer im Trüben fischenden Katze, die entweder ihr Vorhaben bald abbrechen oder unter kläglichen Lauten ins Wasser fallen wird. Das Geräusch bleibt aus, dafür plappt es oben von der Straße, denn die Wendeschleife ist so eng bemessen, dass der Bus beim Drehen irgendwas mitgenommen hat.

Zarte Farbkontrast im Walde

Kablow-Ziegelei

Jenseits der Brücke erinnert das Dorfbild hier und dort daran, dass es nicht mehr ganz so weit zum Spreewald ist. Der Ortsteil hier heißt Kablow Ziegelei und passend zum Eindruck von eben gibt es dafür auch den sorbischen Namen Kobłow-Cyglownja. Wer auf die Suche geht und nicht gleich aufgibt, wird hier und da noch Spuren der Ziegelei-Wirtschaft finden, die vor knapp dreihundert Jahren ihren Anfang nahm.

Fingerzeig zum späteren Herbst

Am östlichen Rand des Dorfes beginnt nun eine ausgedehnte Passage durch den Wald, der in Ausstattung, Dichte und Höhe immer wieder wechselt und dabei ungeheuer beruhigend wirkt. Auch hier sind die bunten Farben schon präsenter. Am Wegesrand ergeben sich spätsommerliche Bilder wie ein kleines Feld noch unzerzauster Goldrute vor grün belaubtem, jungen Birkenwald oder hochherbstliche wie das fast schon neonrote Laub des wilden Weines, welches sich auf dem liegenden Stamm eines kräftigen Baumes inszeniert und dabei klaffende Rindenschollen und bauchige Baumpilze einbezieht. Der Weg ist nie ganz gerade und überrascht daher immer wieder mit dem nächstfolgenden unspektakulären Bühnenbild.

Kegelbahn auf dem Dorfplatz, Dannenreich

Jenseits der Landstraße wird es kurzzeitig voll, da nach den Regenfällen der letzten Woche die schon lange vertrösteten Pilzsammler ihr Glück versuchen, viele von ihnen ohne Korb und demnach knapp an Zuversicht. Boviste haben wir gesehen, so groß wie im Pilzbuch und auch von Kohlkopfgröße, und außerhalb des Waldes immer wieder Schirmpilze von der Größe einer Bratpfanne. Ansonsten diese rötlichen, die bei Laien eher wenig Vertrauen erwecken.

Dannenreich

Ein Schwenk führt zurück zur Landstraße und hinein nach Dannenreich. An der Hauptkreuzung steht ein großzügiger Pavillon mit verschiedenen Karten und Informationen zur Umgebung, und hier finde ich tatsächlich eine Information, die für eine fragliche Stelle später hilfreich ist. Ein Schild verweist auf den örtlichen Krug mit dem schönen Namen Zur Friedenseiche. Den gibt es und er sieht sehr einladend aus, doch leider hat er regulär nur freitags und sonntags am Nachmittag geöffnet, jetzt also nicht. Schade.

Unweit des Skabyer Torfgrabens

Unabhängig von den Öffnungszeiten lässt sich gleich gegenüber ein seltenes Phänomen bewundern. Auf dem schönen Dorfplatz mit seinen Spielgeräten und Bänken, Tummelwiesen und auch einem Denkmal für die Kriegsgefallenen gibt es eine überdachte Kegelbahn mit allem, was dazugehört. Die Kugel rollt auf einer wetterfesten Gummibahn, was Kegelprofis für Gelegenheitskegler ein wenig mehr zu Gegnern auf Augenhöhe macht, und auch die Rücklaufschiene für die Kugeln ist aus robustem Metall, das allen Wassern trotzen kann. Eskortiert und scheinbar auch stabilisiert wird die Überdachung der Bahn von kräftigen Eichen. Ein abgefahrenes Gebilde!

Direkt am Skabyer Torfgraben

Hinterm Dorf ist die Landschaft nun offen, der Blick kann weit schweifen über saftige Wiesen und Weiden, die von diversen Wasserläufen durchzogen werden. Bevor der Weg zum Hof Dudel schwenkt, geht es rechts in einen krautigen Fahrweg entlang eines feuchten Streifens, für den der Skabyer Torfgraben mitverantwortlich ist. Der kommt vom Rittergut Schloss Skaby her, das mitten im Wald unweit der Swatzke- und Skabyberge gelegen ist. Ist mir noch nie untergekommen, ist aber auch nicht ausgedacht oder von irgendeinem Märchenbuch abgeschrieben. Das Schloss hat von Friedrich dem Großen bis zur NVA eine äußerst wechselvolle Nutzungshistorie hinter sich und steht seit gut dreißig Jahren nur so im Wald herum – bis es kurz vor dem Auseinanderfallen hoffentlich jemand wachküsst.

Gemütlicher Weg in Richtung Friedersdorf

Der breite Wasserlauf ist vollständig von glänzender Entengrütze bedeckt, die trotz bedeckten Himmels fast ein leuchtendes Band zwischen den Ufern erzeugt. Bald beginnt ein wunderschöner Alleeweg, der jetzt eine Stunde so weitergehen könnte. Die Ränder sind lose von Bäumen und Buschwerk verschiedener Höhe bestanden, auch vom blassem Holz abgestürzter Äste. Im Unterholz gedeihen zwischen hohen Gräsern prächtige Exemplare von Schirmpilzen, wie vorhin erwähnt in den Größen üblicher Teller für die gängigen Mahlzeiten des Tages.

Charakterköpfe am Wegesrand

Hauptmahlzeiten und gleichzeitig Vorratshaltung für längere Zeiträume finden auch die Mistkäfer in den großen platten Fladen, die der Regen aus Haufen von Pferdeäpfeln modelliert hat. Die glanzlackierten Krabbler stapfen fein kontrastierend in dem heubraunen Gestrüpp herum, wühlen sich hinein oder ruhen einfach einen Augenblick in diesem weichen, warmen Diwan. Einer fühlt sich beobachtet, spannt zögerfrei das metallicblaue Tragwerk auf und schwirrt ab.

Späte Erika

Etwas später steht endlich auch das erhoffte Heidekraut am Wegesrand, nicht viel, doch in schönster Blüte, denn schließlich ist ja noch September. Danach folgt das Wegestück mit dem großen Fragezeichen, welches sich netterweise in Wohlgefallen auflöst – der ungewisse Weg setzt sich als Pfad entlang der Bahnstrecke fort, der zum Überspringen zu breite Torfgraben kann per Bahnbrücke überquert werden und kurz darauf diese selbst per Bahnübergang. So dürfte es ruhig öfter sein mit kleinen und größeren Problemen!

Mit Kurs auf Kablow

Das folgende Wegstück läuft auf dem asphaltierten Radweg direkt parallel zur Bahnstrecke, dazu noch geradeaus und könnte gut und gern etwas langweilig sein. Doch der Wald ist schön, manche Eichel will unter der Sohle zerknackt werden und dann gibt es da noch Schautafeln zur germanischen Siedlung Kablow, die mit ihrem vielen Text zunächst nicht groß verlocken. Doch wer stehenbleibt, guckt sich sofort fest, denn die Mischung aus gelungenen Zeichnungen, Übersichten und anderem ist gerade richtig, macht neugierig und Vorfreude auf die nächste Tafel.

Ab und an will ein Auto vorbei oder ein Rudel Radfahrer, doch insgesamt geht es recht ruhig zu. Jetzt kommen auch wieder überall Leute aus dem Wald, erst welche ohne Korb und ohne Pilz, dann zwei Burschen mit Pils a la Wegebier im losen Griff der rechten Hand, wenn auch nicht selbstgefunden, doch immerhin.

Gärtchen am Rand von Kablow

Links des Weges erstrecken sich in sattem Grün die Buschwiesen, hinter denen schon die Dächer von Kablow zu sehen sind. Vom Ortsrand führt ein hübscher Weg durch die Kleingärten, in denen es von der klassischen Laube über den Bauwagen bis hin zum umgebauten Uralt-Benz-Truck alle möglichen Entwürfe gibt. Hier wird unterm Vordach mit reichlich Text das Feierabendbier genossen, drüben buddeln junge Stadtflüchter bis in die frühe Dämmerung im Erdreich und ein Beet weiter bergen hüfthohe Kinder Kartoffeln aus der Erde und strahlen mit jedem neuen Fund.

Friedhofskapelle in Kablow

Nach der nächsten Biege steht noch der letzte Kulturbeitrag für diese Runde bereit, in Form einer ungewöhnlichen Friedhofskapelle mit vielen großen Fenstern, einem winzigen Glockentürmchen sowie einem kühlen Untergeschoss. Über dem Feldsteinsockel ist das Mauerwerk vom guten alten Rauputz bedeckt, das Dach mit Dachpappziegeln. Das Schicksal der Kapelle ist ungewiss, da einiges gemacht werden müsste, doch noch steht sie da.

Der Tag ist noch jung, die Sonne noch relativ hoch und man möchte diesen Tag nur ungern loslassen. Eine gute Möglichkeit zur Verlängerung bietet sich eine Bahnstation weiter in Zernsdorf, wo es direkt am Krüpelsee überm Hausboot-Hafen eine schöne Eisdiele mit Seeblick gibt. Vor dem Hafen drehen gerade die kleinen Boote eines Segelkurses ihre Runden, derweil am Steg Urlaubswillige mit Hilfe großer Handwagen ihr gemietetes Hausboot beziehen. Während die Wellen eines längst vorbeigesausten Motorboots den kleinen Strand erreichen, werden sechs Eisschiffchen an drei Tischen serviert.












Anfahrt ÖPNV (von Berlin):
S-Bahn oder Regionalbahn bis Königs Wusterhausen, dann Regionalbahn Richtung Frankfurt/Oder (ca. 0,75 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): über Autobahn (Ausfahrt Niederlehme) oder Landstraße (ca. 0,75-1 Std.)

Länge der Tour: ca. 15 km (Abkürzungen mehrfach möglich)


Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Webseite zu Kablow

Webseite zu Kablow-Ziegelei

Einkehr: Zur Friedenseiche, Dannenreich (am Weg)

Ristorante Bel Sapore, Zernsdorf (dicht an der Route)

Paulines Hafencafé, Zernsdorf (fern der Route)



Grobskizziert – Gräbendorf: Die Dubrow, der Pätzer Strand und das Leben als Riesenkäfer

Die erste Schwalbe dieses Jahres saust schwalbenstill und pfeilschnell über den butterblumengelben Wiesen lang – jetzt muss es doch bald vorbei sein mit dieser zähen Kälte! An der Oder rutschen die Nachttemperaturen noch immer weit unter Null und fordern Härte ab von liebenswerten Schlüsselblumen und Adonisröschen, und tagsüber ist es selbst im überheizten Berlin noch äußerst frisch und eine Mütze in der Tasche ratsam nach wie vor. Doch all die Bäume, die schon dicht von Blüten überplüscht sind, lassen sich davon gar nicht beeindrucken, ob auf dem Lande oder in der Stadt, und sorgen sogar tief im lichten Kiefernwald für duftende Überraschungen.

Forsthaus Frauensee bei Gräbendorf
Forsthaus Frauensee bei Gräbendorf

Schon kurz hinter Königs Wusterhausen, dem letzten S-Bahn-Außenposten Richtung Südosten, beginnt bis fast zum Spreewald eine Landschaft mit viel Wald und vielen Seen, darunter einigen großen. Dank der kleinen Dahme haben Sie alle Anschluss an das Wassernetz, das bis nach Berlin reicht und damit über die Spree auch zu Havel und Elbe führt, respektive zum Pazifik und den Osterinseln.

Der Türsteher mit der lockenden Kurbel, Haus des Waldes
Der Türsteher mit der lockenden Kurbel, Haus des Waldes

Mittendrin liegt die Dubrow. Dubrow ist der slawische Begriff für Eiche, und so wie dieser Name slawisch klingt, so weisen auch die Art der Landschaft und die Richtung darauf hin, dass der die nördlichen Ausläufer des Spreewaldes und das Einzugsgebiet der sorbischen Kultur nicht mehr allzu weit entfernt sind. Das ist übrigens auch daran zu merken, dass beim hervorragenden Bäcker und Konditor im Ort die Chancen auf ein Glas Buchweizenhonig ganz gut stehen. Der hat einen bedrohlich starken Charakter (der Honig, nicht der Bäcker), ganz gleich, ob er fast weiß ist wie Raps- oder Akazienhonig oder tiefdunkel wie solcher aus dem Walde, und mit Sicherheit trifft er nicht jedermanns Geschmack. Für andere ist er die Krönung eines ausgedehnten Sonntagsfrühstücks. Davon abgesehen ist er hierzulande schwer zu kriegen, in nahen Polen stehen die Chancen da schon besser.

Feuer- und Rastplatz, Haus des Waldes
Feuer- und Rastplatz, Haus des Waldes

Das Naturschutzgebiet Dubrow ist leicht hügelig, komplett bewaldet und erstreckt sich zwischen den Ufern von Schmölde- und Hölzernem See und dem Gipfel von Richters Berg. Obwohl das Areal recht klein ist, hat der Wald hier erstaunlich viele Gesichter und damit zumeist belaubte Kontraste zum guten alten Kiefernwald. In Ufernähe führt eine schöner Pfad hindurch, doch das ist Stoff für einen anderen Tag.

Einstieg in die Unterwelt, Haus des Waldes
Einstieg in die Unterwelt und ins Käferdasein, Haus des Waldes

Rund um die Dubrow liegen tief im verschwiegenen Wald ein Zeltplatz sowie mehrere gut ausgestattete Ferienlager, jeweils direkt am See und gleichermaßen einladend für Klassenfahrten oder Familienurlaub. Die sind jeweils so großzügig angelegt, dass es nicht unangenehm auffällt, wenn gleichzeitig alle Betten belegt sind. Jeweils gut zu Fuß zu erreichen ist das Haus des Waldes. Es liegt beim Forsthaus Frauensee am Rand von Gräbendorf und ist ein ganz herrlicher Ort. Familien mit Kindern können hier einen richtig schönen Tag verbringen, und auch wer ohne Kinder unterwegs ist, wird seine Pause deutlich ausdehnen und sich mancher Neugier hingeben.

Stammplatz, Haus des Waldes
Stammplatz, Haus des Waldes

Frei von wissensvermittlerischer Trockenheit und pädagogischen Fingern, die gen Himmel weisen, kann man hier die verschiedensten Fragen und Gedanken zum Wald am eigenen Leib erfahren, ggf. erst finden und sich dann selbst beantworten. Sich rundum wohlfühlen und dabei entdecken und staunen, und das über Stunden. Wer als Kind einmal hier gewesen ist und eigentlich nichts mit Wald am Hut hatte, wird das danach anders sehen, zumindest ein bisschen. Und auch ein paar Muskeln spüren, von denen er vorher gar nichts geahnt hatte. Den Duft des Waldes kennen, in vielen seiner Ausprägungen.

Option auf ein Lied, Haus des Waldes
Option auf ein Lied, Haus des Waldes

Es kann auch ganz einfach gespielt werden, denn überall lockt es zum Klettern und Kriechen, zum Balancieren und Hangeln. Auch zum Lachen, zum Springen und zum Musizieren. Ein ganz besonderes Angebot und sicherlich ein anhänglicher Höhepunkt in den Erinnerungen am Abend, wenn vor der Schlafenszeit die Erlebnisse des Tages als Dauerschleife durch den Kopf laufen, ist die Hirschkäferwelt. Da der Hirschkäfer zu den größten Käfern Europas zählt, ist es vielleicht leichter, in seine Haut bzw. seinen Panzer zu schlüpfen als in den eines winzigen Krabbelkäferchens.

Wissen von Generationen
Wissen von Generationen

Wer bereit ist, seinen Blickwinkel eine Zeitlang gegen den eines Hirschkäfers zu tauschen, traut sich hinein in den dunklen Panzer des Käferweibchens, wird erst zum Ei und dann zur Larve. Ehe aus der Larve die Puppe geworden ist, dauert es richtig, richtig lange. So lange, dass es niemand vergessen wird, der es erlebt hat. Aus der Puppe schlüpft vergleichsweise schnell der Käfer, der sich sofort ohne fremde Hilfe im Wald mit all seinen Hindernissen zurechtfinden muss. Die Flugfunktion gibt es erst später, die will zunächst zu Fuß verdient sein. Auch die ersten Flugversuche haben ihren Preis, und wenn das endlich klappt, kommt schon bald die Konkurrenz aus den eigenen Reihen ins Spiel. Wenn sich schließlich alle gefunden haben, gibt es zum Abschluss ein kleines, harmloses und köstliches Saufgelage.

Vom Wald der Dubrow Richtung Pätz
Vom Wald der Dubrow Richtung Pätz

Wer sich nicht für derlei Käfereien angemeldet hat, kann die Kinder einfach ausschwärmen lassen in das sympathische Gelände und mit aufgesperrten Elternohren das erste „Kommstemaher!“ oder „Guck mal hier!“ erwarten. Oder mit ihnen gemeinsam losziehen, sauber strukturiert oder herrlich planlos. Mitmachen oder anfeuern, loslassen oder an die Hand nehmen beim Erkunden. Wo man auch hinschaut, ist Holz, und egal in welche Richtung der Blick gewendet wird, bleibt er hängen und ändert die Bewegungsrichtung, um rasch nachwachsende Neugieren zu stillen.

Es lässt sich also ein schöner Tag verbringen, wenn man vom märkischen Angerdorf Gräbendorf zum Forsthaus spaziert, einiges später von dort den Pfad durch den Wald mit seinen Portalen nimmt und dann die stille Straße zurück ins Dorf.

Badeufer in Pätz
Badeufer in Pätz

Für mehr Spazierlust, vielleicht nach Pätz mit seinem schönen Badplatz, lässt sich die Landschaft des Waldes gegen die freie Sicht der Weiden und Wiesen eintauschen. Die sind von Gräben durchzogen, die sich gerade so noch überspringen ließen. Das ist nicht nötig, denn es gibt Übergänge jeweils dort, wo sie gebraucht werden.

Wer in Pätz nicht die lange Straße bis zum Dorfplatz gehen möchte, kann auch direkt zum Wiesenstrand abbiegen. Direkt hier beginnt eine kleine Seepromenade, auf der man rund um den Pätzer Vordersee zum Bahnhof von Bestensee käme.

Von Pätz Richtung Tonstichsee
Von Pätz Richtung Tonstichsee

In Pätz wurden einst Ziegel gebrannt, und die wenigen Spuren, die es davon noch gibt, führen zu einem anderen See. Der gern zur Erfrischung genutzte Tonsee ist über einen winzigen Pfad zu erreichen, dessen Einschlupf leicht zu übersehen ist. Wer die eigenartig-faszinierende Gestalt von Tonstich-Landschaften kennt, vielleicht schon bei Klausdorf am Mellensee unterwegs war oder in den Glindower Alpen und den Zauber solcher kleinräumigen Reliefdramatik erlebt hat, wird am östlichen Ausgang von Pätz schon die Nachtigall trapsen hören, wenn er versucht, die wildwüchsige Botanik mit seinem Blick zu durchdringen. Apropos – während in Berlin schon seit zwei Wochen die Nachtigallen an den lautesten Stellen ihrer Wahl dem Stadtlärm die zarte Stirn bieten, war hier im Ländchen erst in diesen Tagen die erste dieser virtuosen Kehlen zu vernehmen.

Butterblumiger Schwalbenflugplatz
Butterblumiger Schwalbenflugplatz kurz vor Gräbendorf

Vom Tonsee führt entlang eines Wassergrabens ein direkter Weg mit freiem Blick über die Wiesen zurück nach Gräbendorf. Wer noch immer nicht genug hat und dazu etwas Waldlust übrig, kann alternativ der Waldsiedlung Uhlenhorst und dem Weinberg einen flüchtigen Besuch abstatten. Auch hier gibt es den freien Blick auf dem letzten Kilometer, und wer Glück hat, wird am Ortsrand von Schafen erwartet, die nach kurzer Prüf- und Fremdelphase ihre Lämmchen vorzeigen, aus sicherer Entfernung. Und einem hinterherschauen dann, fürsorglich. Bis der Sichtkontakt abbricht.

Spaziergänger in der jüngsten Saat
Spaziergänger in der jüngsten Saat

Zurück in Gräbendorf bleibt nach diesem Tag das Gefühl, vier verschiedene Landschaften gesehen zu haben, und das an mindestens zwei Tagen. Im Ohr klingt noch manch Schnabel nach, die Lungen sind gefüllt mit Wald und Frühling und später dann, im Traum, wird sicherlich ein Käferchen durch die Kulissen latschen.

Anfahrt ÖPNV (von Berlin): von Berlin-Alexanderplatz über Königs Wusterhausen, dann mit dem Bus; von Berlin-Ostkreuz über Zeesen, dann mit dem Bus (ca. 1-1,25 Std.)

Anfahrt Pkw (von Berlin): über die Autobahn, dann Abfahrt Bestensee; reizvoller: über die Berliner Vororte (Königs Wusterhausen, Wildau, Zeuthen, Eichwalde, Schmöckwitz)(ca. 1-1,25 Std.)

Länge der Tour: ca. 14,5 km, Abkürzungen sehr gut möglich (mit Kindern kleine Rundtour von Gräbendorf zum Haus des Waldes, ca. 5 km; bis Wegpunkt 8, dann direkt zurück zu Wegpunkt 1)
(Abkürzung vom Abzweig Tonsee bei Pätz direkt nach Gräbendorf Wegpunkte A-E)

Download der Wegpunkte

Links:

Gräbendorf/Dubrow

Märkisches Haus des Waldes (am Forsthaus Frauensee)

KiEZ Ferienlager Frauensee

KiEZ Ferienlager Hölzerner See

Informationen zu Pätz

Einkehr: in Pätz Imbissangebote (Lindenhof, Café am Pätzer See) zwischen Dorfplatz und Badestelle, sonst erst wieder in Bestensee

Monis Imbiss (nahe Bhf. Zeesen)(große Auswahl vollwertiger Gerichte); direkt am Bhf. Zeesen Restaurant Zum Schwiizer