Rhinow/Stölln: Beflügelte Lebensfreude, die Rhinfalle und eine Wiesen-Lady

Manchmal, eher selten, hat man recht klar eine Tour vor Augen, die hervorragend zur Jahreszeit und zum vorhergesagten Wetter passt. Was grob skizziert vor dem geistigen Auge schon großartig aussah, scheint bei der konkreten Vorbereitung regelrecht großes Kino zu verheißen. Wenn es sich dann noch in einer selten besuchten, da entlegenen Gegend abspielt, die bisher ausschließlich charakterstarke Tage hervorbrachte, wächst die Vorfreude in der Erwartung auf Grandioses.

Die große Weite vor dem Gollenberg

Umso schmerzlicher ist es, wenn die bereits bunt ausgemalte Vision an einem kleinen Hindernis grandios kentert. Das fordert vor Ort große innere Stärke, insbesondere wenn man im Sternzeichen des Stiers geboren wurde. Stier gleich stur, unter anderem. Gut ist es dann, wenn jemand dabei ist, der mit grober Masche und dicker Wolle gestrickte Hörnlinge dabei hat und diese mit einem klugen Satz über das Stiergehörn streift. Gut und rettend, weil so ein Tag dann mit etwas Glück noch viel besser werden kann. Wenn auch völlig anders.

Der Rhin auf dem Weg zum Gülper See

Es gibt Landschaften, die im eigenen Empfinden besonders gut zu bestimmten Jahreszeiten passen. Oder zu passen scheinen. In den Randbereichen des Winters fallen mir da der Hohe Fläming und das Oderbruch ein, im Herbst der Untere Spreewald oder die Hügelländer und Buchenwälder der südlichen Uckermark. Im zeitigen Frühjahr sind es unter anderem die Gegend zwischen Dahme und Spreewald im Südosten oder die weit entlegene Partie des westlichen Havellands, wo Havel, Dosse und der Große Havelländische Hauptkanal die Wasserzufuhr dominieren. Rhin und Jäglitz mischen auch noch mit. Schaut man zurück in der eigenen Unterwegs-Historie, verschlägt es einen in solche Regionen fast immer zu ähnlichen Zeiten. Vermutlich werden hier erfolgreich und weitgehend verlässlich Sehnsüchte bedient, und Verlässlichkeit kann etwas sehr Schönes sein.

Die Rhinower Voralpen

Als verschmitzter Hintergedanke kam noch dazu, dass es bei verstopften Atemwegen nicht von Schaden sein kann, einen Ort aufzusuchen, der Rhinow heißt und von viel Weite, Wind und klarer Luft umgeben ist. Später vor Ort wurde dem wortspielerisch noch eins draufgesetzt, denn obwohl die Stadt Rhinow nicht sehr groß ist, gibt es hier ein Autohaus. Vertrieben wird eine französische Automarke, die fast genauso heißt wie der Ort und eine merkelsche Raute im Schilde führt.

Weg nach Neugarz, zumindest theoretisch

Rhinow liegt fast schon in Sichtweite zu Sachsen-Anhalt. Das ermöglicht der große Gülper See, der fast bis ans östliche Ufer der Havel reicht, die hier die Ländergrenze markiert. Zugleich lässt sie ein wahrhaft gewaltiges Gewirr von Nebenwassern, Altarmen und undurchdringlichem Nassland von der Leine, über viele Kilometer.

Der See selbst ist mitsamt seinem Zubehör auch charakterprägend für Rhinow. Jahr für Jahr gibt es hier gewaltige Spektakel zu sehen von allen möglichen Geflügelten, die auch weit über seinen Einzugsbereich hinaus allgegenwärtig sind. Alles hier ist fast schon friesisch weit und in vergleichbarer Weise von Wasser durchzogen. Jäglitz, Dosse und Rhin gibt es jeweils in mehreren Ausfertigungen, und dazwischen ziehen sich unberechenbare Netzwerke von schmalen und breiteren Gräben, die Spaziergängern bei einer flapsigen Wegeplanung zum Verhängnis werden können. Für alle Zugvögel und sonstiges Getier ist es eine geniale Heimstatt, sei es nun für einen Durchreisestopp gewisser Länge oder gleich für ein ganzes halbes Jahr.

Der Große Rhin mit den Bergen im Hintergrund

Sachsen-Anhalt liegt nicht um die Ecke, und so braucht es seine Zeit, ehe die goldene Murmel auf dem Rhinower Kirchturm zu sehen ist. Die Art und Weise der Entlegenheit von Städtchen wie Friesack oder Rhinow ist vergleichbar mit solchen im Oderbruch wie Letschin oder Neutrebbin. Wer dorthin mit dem Auto will, muss häufig am Lenkrad kurbeln und gut auf die Schilder achten. Findet auch nicht ohne weiteres denselben Weg zurück. Dabei lassen sich noch Landstraßen erleben, die sich anfühlen wie eine Dampferfahrt auf der bewegten Müritz, darunter uralte und knorrige Alleen sowie nostalgische Pisten aus fachgerecht verlegten Katzenköppen. Nicht das übliche „Autobahn bis Abfahrt Dings, dann über Bums nach Sowieso und gut“. Die Bahn kommt seit über zehn Jahren nicht mehr direkt nach Rhinow, doch über Rathenow gibt es eine gute Anbindung per Bus, die sich im Zeitvergleich sehen lassen kann.

Am Zusammenfluss von Bültgraben und Dosse

Flatow

Den Bäcker in Flatow erreichen wir kurz vor Ladenschluss, doch die gute Frau lässt uns ohne jegliches Stirnkräuseln noch zwei große Tassen durchlaufen, frisch und dampfend. Auf dem schon archivierten Reste-Blech liegen nur die schönsten Sachen und machen die Entscheidung schwer. Als wir versorgt sind, kommt Punkt Feierabend noch ein dritter Kunde, ein freundlicher Kerl mit Rad und kernigem Zottelhund, und nimmt grinsend unser zweites Frühstück zur Kenntnis. Aus seinem Pferdeschwanz ist er schon ein bisschen rausgewachsen, und so hat der Fahrradhelm seine liebe Not, alles unter einen Hut zu bringen. Vielleicht ja einer von den Stadtflüchtern aus dem sieben Kilometer entfernten Kuhhorst oder vom benachbarten Ziegenhof. Er hält einen netten Plausch mit der Bäckersfrau, aus dem wir erfahren, dass einer vom Dorf sich jetzt ein Haus hat bauen lassen in Ägypten und dort das kalte halbe Jahr verbringt seither. Die Bäckersfrau verweist darauf, dass der Flug dorthin doch ganz schön reinhaut mit 350 Euro, und wir einigen uns schließlich alle darauf, dass es nicht groß auffallen dürfte bei jemandem, der sich nebenher ein Häuschen in Ägypten leisten kann. Eine kuriose Konstellation – Flatow im Wechsel mit Ägypten. Rhinluch versus Nildelta.

Stare beim Start aus dem Baum

Kurz hinter Flatow überqueren wir die Autobahn. Sieht man einmal von den weiteren Tentakeln des äußeren Berliner Rings ab, ist die nächste Autobahn von hier aus mehr als 200 Kilometer entfernt und liegt dann schon in Niedersachsen. Kurz vor Kuhhorst vorbei am Abzweig nach Karolinenhof, wo es im gemütlich verkramten Café zum Ziegenhof ein sagenhaftes Panoramafenster in die Unendlichkeit der Felder gibt, mit Abertausenden von Kranichen und anderen Zugvögeln. Über Kuhhorst, wo tatsächlich mitten im Dorf eine lebensgroße Kuh auf ihrem Horst hockt, und Königshorst kommen wir in den Ort mit dem irritierend-exklusiven Namen Lobeofsund. Am Hydranten zeigt grad die Feuerwehr ihrem Nachwuchs, wie man professionell schnelles Wasser zapft, daneben steht motivierend das Tor zur Garage mit dem großen roten PS-Boliden offen, den wohl jeder zweite in der Spielzeugkiste hatte.

Stars in stripes

Rhinow

Während die Horst-Orte im ackerflachen Dunstkreis des Ländchens Bellin liegen, erreichen wir nach Überqueren der ICE-Trasse nun die wald- und hügelreicheren Ländchen Friesack und Rhinow mit ihren gleichnamigen Städten. Von Friesack kommt man dann bis Rhinow ohne weitere Abbiegung aus. Die goldene Murmel sehen wir erst, als wir direkt vor der Kirche stehen, denn das Land ist im Nebel versunken, alles über einer gewissen Höhe beschnitten. Später wird er sich hoffentlich verziehen, denn ein Aussichtspunkt von besonderer Qualität liegt am Weg.

Rhinow ist ein stilles Städtchen mit ganz spezieller Lage. Ähnlich wie Städte, die im flachen Alpenvorland vor dem Hang der ersten Vorhöhen hocken, gibt Rhinow aus der Ferne gesehen eine überzeugende Miniatur-Version davon zum Besten. Denn während sich die topfebene Weite ewig nach Norden ausdehnt, erstreckt sich dahinter ein durchaus markanter Höhenzug. Aus der Entfernung sieht das aus wie ein gut sichtbares Vorgebirge vor vernebeltem Hauptkamm.

Die Dosse auf dem Weg zur Havel

Die Weidenallee hinterm Ortsausgangsschild hat bereits ihren radikalen Schnitt erhalten, die Geschorenen wirken mehr als bereit für den neuen Wuchs. Hinter dem letzten von ihnen führt eine Brücke über den Mühlenrhin. Seine genießerischen, fast etwas lasziven Mäander auf dem Weg zum Gülper See liegen glatt, grau und komplett frei von Reflexionen, denn der Nebel lässt keinerlei Licht hindurch. Überall lagern kleine und große Scharen von Gänsen, teils im gedämpften Dialog. Weiter oben zieht alle paar Minuten eine große Formation gen Osten, sicherlich zu den Futterplätzen.

Weg durch die südlichen Dossewiesen

Hier beginnt ein stiller Weg in das durchtränkte Land zwischen Mühlenrhin und Großem Rhin. Überall auf den Wiesen stehen große Pfützen, fast schon kleine Seen. Und dann hören wir sie – die allererste Lerche dieses Jahres. Dieser winzige Vogel, der klingt, als hätte er das letzte halbe Jahr bei den Kartäusermönchen verbracht und müsste nach dem endlosen Schweigen nun umso mehr seine Lebensfreude in die Welt schreien. Doch dieser Klang verliert nicht seine Kraft, ab jetzt bis zu den letzten Tagen im Spätsommer. Schon heute bleibt er uns den ganzen Tag erhalten.

Rechts des Weges läuft ein Graben, davor liegt torfiger Aushub mit allerlei Schilfwurzeln und diesen urtümlich wirkenden Spiral-Schnecken, die typisch sind für den Rhin. Das weiche Torfzeug gibt eine komfortable Sitzbank für die erste Pause ab. Drüben liegt Rhinow still vor seinen Bergen, der Funkturm steckt noch immer halb gekappt im grauen Dunst. Neben den Gänsen, einigen Kranichen und den stets präsenten Lerchen kommen jetzt viertelstündlich neue Stimmen dazu.

Vorbildliche Weidenreihe

Wenn wir aus klammer Erfahrung bestens wissen, dass der Rhin an vielen Stellen schwer zu überqueren ist und gut und gern ein wirkliches Hindernis bilden kann, so hätten wir nicht mit dem gerechnet, was uns jetzt ausbremsen würde – eine Sackgasse, die eigentlich keine ist. Nach einem Kuhstall mit einem Kuhbauern sowie dem Queren des stillgelegten Damms der Bahn zwischen Rathenow und Neustadt/Dosse stehen wir vor einem sperrangelweit geöffneten Tor zu einem privaten Hof. Dort bellt ein von sich überzeugter Schäferhund in unsere Richtung.

Dann eben außen rum, wie so oft in solchen Fällen. Doch das geht hier nicht, denn links liegt breit der Große Rhin, rechts genauso breit der Mühlenrhin. Von den Bahnbrücken stehen nur noch die Köpfe, scheinbar grienend. Und Badewetter ist noch keins. Siebzig Meter, die eigentlich nicht versperrt sind, doch der Hund ist Meister seines Faches. Vor dem geistigen Auge zerbricht die schöne Tour, die von ihrem Kontrast zwischen flachem Wasserland und aussichtsreichen Waldhöhen lebt, darüber hinaus noch einigen speziellen Accessoires.

Weg nach Rhinow

Also zurück zum Bauern, allen Charme rausgeholt und gefragt, ob er eine Idee hat, wie wir durch den Hof vorbei am Hund zur Straße kommen. Sein Auto stand bereit, er wäre auch befugt. Er hingegen ruft beim Hofbesitzer an, der nimmt nicht ab. Mehr ist leider nicht zu wollen, trotz konkreter Frage. Sein Tipp zum Abschied ist das Wehr etwas flussabwärts, da käme man hinüber.

Etwas bockig nehmen wir die zwei Kilometer Umweg in Kauf, um vor Ort zu sehen, dass das Wehr zwar über etwas hinüber führt, doch nicht über den Großen Rhin. Die Seifenblase mit der schönen Aussicht platzt jäh. Da nimmt die Frau an meiner Seite meinen Kopf, schüttelt ihn mit ein paar sanften Worten und verursacht im Resultat und nach etwas stierem Zeitverzug ein Umdisponieren, das dem Tag und dessen Fortgang seinen Glanz zurückgibt, und zwar nicht zu knapp.

Blick zurück zur Dosse

Die maßgeschneiderte Papierkarte hat damit ausgedient, jetzt schlägt die Stunde des GPS-Empfängers. Mit dessen Hilfe und etwas Restrisiko auf Sackgassen lässt sich etwas zurechtstricken, was uns nicht nur sicher und trocken hier herausbringt, sondern auch schön, ausgewogen und arm an Doppelungen. In der halben Stunde auf dem wiesenweichen Deichweg des Bültgrabens ändert sich komplett das Wetter und mit ihm der Himmel. Erst die Sonne, dann nach und nach mehr Blau am Himmel und zuletzt nur noch zählbar viele weiße Wolkenfetzen. Was könnte tröstlicher und stimmungsaufhellender sein?

Überflutete Wiesen mit Gänsen

Rund um die Mündung des Bültgrabens in die Dosse gibt es nun gleich drei Möglichkeiten, ans andere Ufer zu gelangen, doch das hat sich ja erledigt. Nach Rübehorst führt eine provisorische Brücke, so eine, die man zusammenklappen und einem Sattelschlepper auf den Buckel schnallen kann. Vermutlich liegt sie dort schon immer, triftige Gründe dagegen sind nicht erkennbar. Einmal wechseln wir also wenigstens das Ufer, zum einen, da wir es nun können, zum anderen, da dort ein kleiner Rastplatz steht.

Edle Rhinkurven am Abend

Dank der fast schon vergessenen Verlegenheit können wir nun also ein Stück Hand in Hand mit der entspannten Dosse gehen, deren breite Flutwiesen weitgehend trocken liegen. Zu Zeiten überschüssigen Wassers kann hier ein knöcheltiefes Meer liegen, das sich zwischen Dosse und Jäglitz mehr oder weniger lückenlos aufspannt. Gegenüber steht eine einzelne, asymmetrische Eiche, die als Ausgangsbasis dient für einen Starenschwarm. Diese großen schwarzen Vogeltrauben, die ihren unbegreiflichen Formationsflug am Himmel inszenieren, wie ein entfesseltes Tagesgespenst auf weicher Droge oder wie eine nur aus Ruß bestehende Flamme, die ihrer wild geschwenkten Riesenfackel träge folgt.

Weidenallee nach Rhinow am Abend

Trotz ihres sichtlichen Fließtempos liegt die Dosse spiegelglatt und gibt das Blaugrau wider, das der Himmel gemischt hat. Voraus sehen wir das erste Wäldchen des Tages. Ein schöner Anblick, zumal wir jetzt vom Deich absteigen und den ätherischen Duft erwärmter Nadeln am Waldrand inhalieren dürfen. Ging auf dem Deich noch der kalte Wind durch die Ärmel, ist es jetzt hier unten warm und windgeschützt, dass die obersten drei Zwiebelschichten gelockert werden. Im Westen ist der Himmel fast schon wolkenlos, sodass die Sonne ungehindert ihre Strahlen fließen lässt. Nach dem nächsten Abbiegen wird dann alles wieder schnell verschlossen und verzurrt, denn der Wind hat uns wieder. Richtung Rhinow hat sich eine hinreißende Reihe mittelwüchsiger Weiden brav in einer Reihe aufgestellt, sodass man immer wieder hinschauen muss. Offensichtlich hat ein knorriger Weidezaun bei der Ausrichtung geholfen – Weide hilft Weide.

Blick vom Hauptgipfel des Gollenberges

Auf der langen gerade Plattenpiste nach Buchhorst kommt ein Radfahrer von hinten, später eine Radfahrerin von vorn, darüber hinaus gibt es wenig Aufregung. Das nächste Wäldchen bietet einen harten Wettkampf zwischen zwei Rasthügeln. Links am Waldrand eine charismatische Kiefer mit zottigem Langgras, links am Feldrain eine winzige Eiche mit markanter Krone, darunter kurz gestoppeltes Polstergras. Der Fairness halber warten wir noch etwas mit der Pause. Bei Buchhorst gönnen wir den geschundenen Atemwegen dann den letzten lauwarmen Tee und sitzen dabei in einem Stück Wald, in dem nächste Woche oder in zwei Tagen oder schon nachher die ersten Veilchen durchs harte Bodenlaub schlüpfen könnten. Davon abgesehen scheint Rhinow schon zu wirken, denn die Nase atmet freier, das ist spürbar.

Sanfter Aufstieg zum Nebengipfel

Schon von ferne blinkt jetzt die goldene Kugel auf dem Kirchturm. Auf der Brücke von vorhin queren wir erneut den Rhin, der fast noch genauso ölig glatt liegt, doch auch vereinzelt glitzert. Zwischen den frisierten Weiden parkt ein Fahrrad, die Frau dazu streift durch die nahen Wiesen und sammelt ganz bestimmte Halme.

Stölln

Jetzt greift Plan B. Wir fahren ein Dorf weiter ins hübsche Stölln, das sich seit ein paar Jahren Lilienthal-Gemeinde nennen darf, ganz offiziell. Das ist angemessen, denn hier steht der Gollenberg als einer der weltweit bedeutendsten Orte für die Fluggeschichte der Menschheit. Darüber hinaus gibt es hier noch ein relativ neues Lilienthal-Museum sowie die Pfade, Pflanzungen und Anlagen, die nach der Bundesgartenschau von 2015 blieben. Und natürlich einen Flugplatz, komplett bedeckt von artenreichem Stoppelrasen, der im Sommer die Herzen von Botanikern und Insektenkundlern höher schlagen lässt. Einzigartig ist wohl der Umstand, dass auf halber Hanghöhe ein ausgewachsenes Langstreckenflugzeug parkt, pensioniert, doch gut besucht. Die russische IL 62 ist weniger historisch, als man denken sollte – vor 20 Jahren noch wurden Flugzeuge mit dieser Bezeichnung gebaut, und ein paar davon sollen noch heute ihren Dienst versehen.

Die Lady Agnes, der Spielplatz und die Einkehr

Nicht zuletzt dank der weiten Picknick-Wiesen und des herrlichen Spielplatzes mit seinem Kletterparcour ist das hier ein Ausflugsziel für Familien jeglicher Konstellation, das als genial zu bezeichnen ist, das Wort passt wirklich. Hier lässt sich sowohl bewegungsarm als auch in freizeitlicher Bewegtheit ein ganzer Tag verbringen, ohne sich mehr als einen Kilometer entfernen zu müssen – wer den Weg ins Dorf und zum Museum nehmen möchte, wird von blauen Säulen sicher geleitet. In Sichtweite zum Spielplatz steht beeindruckend die „Lady Agnes“, das erwähnte Flugzeug, das den Namen von Otto Lilienthals Frau trägt. Ihm zu Füßen lässt sich auf das Beste einkehren.

Der frühe Mond überm Gollenberg

Wer Kindern oder seinem liebsten Menschen oder sonstwem zeigen will, wie ein Berg funktioniert, findet im Gollenberg einen dankbaren Verbündeten. Der spürbare Aufstieg ist kurz und vielfältig sowie gefällig für Auge und Fuß und bietet oben den Lohn der Aussicht, womit das Prinzip klar sein dürfte. Schon vom Nebengipfel ist das beeindruckend, vom Hauptgipfel mit dem kleinen Lilienthal-Denkmal dann regelrecht ergreifend. Nach Norden scheint sich die Ebene endlos zu erstrecken, und die steile Hangflanke lässt nachvollziehen, warum sich Lilienthal gerade diesen Berg aussuchte. Wer gern einmal eine Nordwand bezwingen möchte, folgt unten im Ort ein Stück der Hauptstraße und nimmt dann den steilen Aufstieg über zahlreiche Treppen, die ähnlich alt sein dürften wie die Lady Agnes. Apropos Lady Agnes: Familien, die erst noch welche werden wollen, können sich hier gegenseitig Ringe an die Hand stecken und dazu nicken.

Lady Agnes mit Kollegen zu Gast

Durch die verqueren Umstände des Tages erreichen wir den Gipfel des Gollenberges bei ungetrübter Sicht und zu dem Zeitpunkt, wo das warme Licht der sinkenden Sonne die Kiefernstämme vergoldet und den Wald in schöne Schattenspiele taucht. Das ist so ein Moment, wo man gern die Zeit anhalten möchte. Wo zum Abend alles still wird und nur noch eine Amsel singt. So dehnen wir den Abstieg über die langen Stufen durch Langsamkeit, bestaunen kleine Eichen, die wie große tun und greifen tief ins Heidekraut, um zu ermitteln, ob es trocken ist. Wären Pilze da, dann würden wir sie zählen. Stattdessen zählen wir die ersten wilden Bienen.

Anfahrt ÖPNV (von Berlin): nach Rhinow: alle zwei Stunden von Berlin Hbf. mit der Regionalbahn nach Rathenow, weiter mit dem Bus nach Rhinow (letzte Rückfahrt ca. 22 Uhr)(1,75-2 Std.);
nach Stölln: nicht praktikabel (optional von Rhinow ca. 1 Std. zu Fuß)

Anfahrt Pkw (von Berlin): über die A 24 Ausfahrt Fehrbellin, dann Landstraße über Friesack nach Rhinow (1,5-1,75 Std.);
alternativ schon Ausfahrt Kremmen abfahren Richtung Kremmen, dann in Staffelde links nach Flatow und über Königshorst, Warsow und Friesack nach Rhinow (1,75 Std.)

Länge der Tour: Rhinow ca. 15 km, Stölln 1,5-2 km

Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Amt Rhinow

Gülper See (NABU)

Otto-Lilienthal-Verein Stölln

Gollenberg (NABU)

Blog-Beitrag zu Lady Agnes (Reiseland Brandenburg)

Artikel zum Absturz von Otto Lilienthal 1906

Einkehr: Zum Schwalbennest, am Gollenberg in Stölln (sehr gute Küche, freundliche Bedienung, schöne Terrasse)

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