Marxdorf: Tempelritter, verschwundene Kastanien und die Allee im Walde

In diesem Jahr hatte bereits der März sämtliches Pulver verschossen, welches der April sorgfältig angesammelt und bereitgelegt hatte, um wochenlang alle Lebewesen gehörig durch die verwinkelten Gassen der Wetterphänomene zu scheuchen. Wie er da rangekommen war, weiß keiner. Aller Launischkeit im Vorhinein beraubt, schaltete der April daher auf bockig, wilderte wie schon letztes Jahr übermütig im Werkzeugkasten des Sommers und legte eine gnadenlose Serie heißer Tage hin, an denen die Sonne mit voller Glut vom blauen Himmel bretterte, quasi von Null auf Hundert.

Komturei Lietzen hinter der Mauer

Auf den Bürgersteigen wurde umgehend bauch- und schulterfrei geboten und am Eis geleckt, während alle Cabrios auf den Straßen ihr Dach wegsteckten und jeder Lenker darin forsche Blicke warf. Auch andere Schönwetterautos und geliebte Oldtimer wurden ausgemottet, sodann versonnen und in altersgerechtem Fahrtempo über die Landstraßen bewegt. Waren nun all die Sonnenanbeter entzückt von diesem frühen Geschenk, bimmelten bei vielen schon wieder die Alarmglocken angesichts ausschließlich gelbfarbiger Wettervorschauleisten. Schnell folgten die ersten Waldbrände, und für alle amtlichen und ehrenamtlichen Feuerwehrleute im Lande brach eine unruhige Zeit an.

Fast vier Wochen lang gab es so gut wie keine Wolken und manches zu suchende Osterei schmolz dahin, bis in den letzten Apriltagen endlich der erste wirkliche Regen fiel und bei den tüchtigen Feuerwehren etwas Entspannung und eine Atempause einkehrte – innerhalb von zwölf Stunden sank die Waldbrandgefahr von der höchsten auf die niedrigste Stufe, von fünf auf eins. Auch die Natur schien darauf nur gewartet zu haben, denn in diesen zwölf Nachtstunden explodierte es an Halmen und Zweigen, vervielfachten Baumkronen und Wiesenflächen ihr sichtbares Volumen. Die Vögel tönten laut und zuversichtlich, die Mischung aller Frühlingdüfte geriet sagenhaft und verführte zu tiefem Einatmen. Es war eine wahre Befreiung für alles, was neben Licht auch Wasser braucht. Dass in der folgenden Woche dann gleich wieder die Handschuhe herauszuholen waren, ist eine andere Geschichte, vielleicht ja noch die späte Rache des Aprils. Der Tanz in den Mai jedenfalls war nicht schulterfrei.

Kastanienallee im Walde

Um nun diese lang erwartete Mischung aus nassem Waldboden, frischen Blüten und saftigem Grün beim Ausflug gründlich auszukosten, sollte verschiedenartiger Wald und allerhand von diesen schönen buschigen Wegen dabeisein, die oft von Dorf zu Dorf führen und unattraktiv für Fahrzeuge sind. Dazu vielleicht noch ein paar Seen, welche die Kühle des Morgens gespeichert halten. Zwischen Müncheberg und Seelow ist von all dem einiges zu finden, und aus einer alten Tour wurde durch bloßes Umkehren fast schon eine neue, die hier und da sogar noch überraschen kann.

Kirchweiher in Marxdorf

Marxdorf

Marxdorf ist ein gemütliches Dorf, das auf hübsche Weise abseits liegt – viele Wege führen dort hin, doch bis auf die Hauptzufahrt verleiten sie alle zur Langsamkeit und zum Genuss, egal ob nun im Latsch, im Sattel oder hinterm Lenkrad. Der Anger, nicht klar zu erkennen und variantenreich maskiert, verfügt über zwei Teiche. Am kleineren steht in attraktiver Nachbarschaft die Kirche, während der größere eher entspannten Freizeitstunden dient. Im Norden gibt es ein kleines Parkdreieck mit Denkmal, in der Mitte einige ergiebige Äcker und hier und da verschiedene Weiden für Fell- und Federvieh. Am großen Teich liegt über einer Wiese voller Schlüsselblumen der hübsche Spielplatz, und überall im Dorf trifft man statt Zäunen auf stattliche Feldsteinmauern als Grundstücksbegrenzung.

Am kleineren Kirchweiher, der unterhalb der Mauer des Kirchhofes liegt, hat sich eine Gänsefamilie eingerichtet, die mit lautem Geschnatter auf ihre Fünflinge hinweist und zugleich im Unterton einen ausreichenden Abstand nahelegt. Das gilt selbst für die entfernte Verwandtschaft eines Entenpärchens, das extra vom anderen Teich angereist ist, um seine Aufwartung zu machen.

Gänsefamilie auf dem Kirchweiher

Der hiesige Gasthof der mittleren Preisklasse wurde einst von einem bärtigen Herren geführt, dessen zelebriertes Erkennungszeichen neben frischen Fischen in der Pfanne ein lustig aufgesetzter lustiger Hut war. Markanter noch für den Durchreisenden war der herrliche Bullerjahn-Ofen im Schankraum, speziell natürlich an kalten Tagen. Mittlerweile sind neue Betreiber am Werk, und in greifbarer Zukunft soll hier der Erlebnis-Gasthof Loosgut öffnen, der dann neben Fisch auch Rindfleisch von der Weide nebenan auf die Karte bringt. Nicht minder markant für so ein leicht abgelegenes Dorf und fast ein bisschen kurios war die Likörfabrik, die sich jedoch mittlerweile nach Neustrelitz verlagert hat – das Marxdorf in Namen hat sie mitgenommen, was für ein gewisses Renommee der süßen Spezialitäten spricht.

Doch die Wahrnehmungsorgane und auch der Bewegungsapparat drängen jetzt zum Dorfende, wo einige bekannte Elemente freudig erwartet werden. Neben einem zutiefst beruhigenden Weg in Richtung Wald und dem weiten Blick übers saftige Grün zählen dazu einige alte Kopfweiden, die mehrfach auseinandergebrochen und doch noch zusammenhängend sind. Der jahrzehntealte Kompost der eigenen Krone sorgt im Innern des Stammes für einen weichen Mutterboden, auf dem allerhand wächst und gedeiht. Eine Kleinfamilie hätte dort ausreichend Platz für ein bedrängtes, doch einzigartiges Picknick.

Schlüsselblumenwiesenhang unterm Spielplatz

Am ersten Ausläufer des Waldes steht die erste Nachtigall des Tages in Sangespose, die schon ungeduldig darauf gewartet hat, dass endlich irgendwelche Zuhörer vorbeikommen und beeindruckt sind von ihrer Virtuosität. Von hier fällt der Weg als grüne Hohlgasse ab zum Wald, so eingesenkt, dass man fast den Krummen See übersieht, den ersten der sechs Seen am Weg. Ein Abstecher zum Marxdorfer Moor lohnt sich, verlangt jedoch eine gute Orientierung oder Satellitenunterstützung, denn von einstigen Wegen ist kaum mehr etwas zu sehen. Das Moor liegt noch trocken vom letzten Sommer und keine Froschkehle ertönt, doch in nässeren Zeiten lassen sich hier ganze Teppiche von Wollgras bestaunen. Der Abstecher lohnt auch wegen des besonderen Lichtes im fast reinen Buchenwald, dessen grüner Dom sich hoch über dem laubbraunen Waldboden wölbt.

Trockenes Marxdorfer Moor

Wer das Moor auslässt und sich lieber an vorhandene Wege hält, darf am Waldrand entlang einer stattlichen Reihe alter Eichen spazieren, mit den gewellten Feldern im Blick. Die buckligen Wurzelausläufer an ihren Füßen sind von Moos bedeckt und erinnern an mit Herzblut gebastelte Modelle von Mittelgebirgen. Ein besonderer Weg, der etwas Archaisches hat und auch ein paar Blicke in den Buchenwald spendiert. Am Waldeck biegt, alternativ zur geradeaus führenden Forststraße, ein leicht verwachsener Weg ab, der etwas Staksen und Beineheben verlangt, doch das lohnt sich. Jede Landschaftswelle nimmt er mit und sammelt damit einige Höhenmeter, führt zudem vorbei an Fichten- und Robinienwald, jeweils mit dem besonderen Licht. Begleitet wird der Waldrand auch hier von alten Bäumen mit gewaltigem Umfang. Auffallend sind zudem die Lesesteinhaufen, teils fast schon im Ausmaß vorgeschichtlicher Grabhügel. Direkt am Waldrand stehen sogar kleinere Hinkelsteine benachbart zu kürbisgroßen Brocken. Über wieviele Jahrzehnte wohl so ein Haufen gewachsen ist, wieviele Generationen von Ackerbauern ihn immer wieder nährten?

Buchenwaldhalle beim Marxdorfer Moor

Nach dem Abdrehen in den Wald zeigt sich dieser erneut besonders, denn der Weg führt vorbei an Douglasienbeständen. Wer gern eine besondere und natürliche Erfrischung hätte, zerreibt ein paar Nadeln zwischen seinen Fingern und wird die nächsten Minuten nicht damit aufhören können, immer wieder die Hand an die Nase zu führen und den anregenden Duft einzuatmen, bevor er irgendwann verfliegt.

Im Wald liegt noch einiges quer von vergangenen Stürmen, sodass das Verlassen der großen Wege etwas Kletterei erfordern kann. So krauchen wir über und unter umgelegten Stämmen und Kronen hindurch, bücken, strecken und verbiegen uns. Das Ziel ist ein Hügel mit Robinienwald, der auf einem steilen Weg verlassen wird. Überall lagern meisterlich angelegte Stapel riesiger Holzscheite im Wald, die zeigen, wieviel schon aufgeräumt wurde. Auch die Spuren grobstolliger Reifen zeugen davon. Umso erstaunlicher ist es, was alles noch zu tun bleibt.

Eichenreihe am Waldrand

Nach einem kleinen Gespensterwald voll knolliger Robinienstämme, den man besser nicht zur Dämmerung durchquert, übernehmen wieder breite, freie Wege. Hinter einer Waldstraße steht ein kleiner Lebensbaumwald, und wenig später beginnt eine wahre Rarität: mitten im Wald zieht sich eine betagte Kastanienallee entlang des Weges, deren hochgewachsene Bäume schon vollständig belaubt sind. An einem Querausläufer der Allee ruht eine urige und vielfältig bewachsene Riesenwurzel, groß und schnittig wie ein Delphin, die voll unerzählter Geschichten steckt. Oben in den grünen Wipfeln mit den weißen Kerzen jagen Finken und andere schnelle Vögel hin und her, dem Anschein nach eher verspielt als funktional. Genau hier fällt der erste Sonnenstrahl des Tages in den Wald und veredelt die besondere Szenerie.

Lesesteinhaufen mittlerer Größe, Draufsicht

Vorn auf der Schotterstraße zwischen Marxdorf und Lietzen Nord fetzt ein Transporter vorbei, den wohlverdienten Feierabend im Blick. Dass selbst jetzt kein Staub aufgewirbelt wird, ist wohl der nachdrücklichste Beweis für das Ausmaß des nächtlichen Regens. Die Straße verläuft durch einen grünen Tunnel, dessen Dach zu großen Teilen von Ahornblättern gebildet wird. Rechts im Hintergrund wachsen blutjunge Buchen heran, dicht an dicht mit ihren glatten Stämmen und in Wurfweite zu einigen versteckten Waldweihern.

Blick durch die Buchenstämme nach Marxdorf

Bald darauf verlässt der Weg den Wald und bringt nun großflächig eine neue Farbe ins Spiel. Der grüne Tunnel setzt sich fort, doch er zieht sich durch ein Meer von Gelb, das bis zum Horizont reicht und scheinbar auch die nächsten Waldstücke umspült. Das kaum farbecht zu fotografierende Gelb des Rapses treibt seinen Jux mit dem Kamerasensor, wenn es sich mit jedem Wolkenzug in neue Nuancen wandelt, mit jedem Wogen leicht changiert in seiner Antwort auf das Licht der Sonne. Noch stehen keine mohnroten oder kornblumenblauen Gegenpole am Wegesrand, die den Raps hervorragend ergänzen und ihm zugleich die Schau stehlen, zumindest punktuell und für das Tempo des Fußgängers. Das wird eine Woche später schon anders aussehen.

Gutwillige Robiniengeister

Lietzen Nord/Komturei Lietzen

Für den Windschutz von Feld zu Feld sorgen auch hier altgewachsene Bergahorne, die schnurgerade auf einen besonderen Ort zu führen. Am Ortsrand von Lietzen Nord möchte ein einladender Radweg-Einschlupf zum Überspringen des Dorfes verführen, doch dem sollte man auf keinen Fall nachgeben. Das Dorf Lietzen Nord besteht zur Hälfte aus der Komturei Lietzen, einem aus heutiger Sicht pittoresken Gebäude-Ensemble, wie es in Brandenburg kein zweites Mal zu finden ist. Komtureien sind Niederlassungen des Ordnens der Tempelritter, auf deren Spuren man hier im Umkreis in vielen Dörfern trifft. Die Templer gab es etwa zwei Jahrhunderte lang. Während der Kreuzzüge bildeten sie eine Art Elite-Einheit, die direkt dem Papst unterstand. Zahlreiche Filme bedienen sich bei ihrer Geschichte, Nachfolgeorganisationen sind bis heute aktiv. Das benachbarte Dorf Neuentempel trägt die Templer schon im Namen, und auch Marxdorf beruht auf dem Orden, der dort auch die Kirche baute.

Alte Kastanienreihe im Wald bei Lietzen Nord

Durch die zahlreichen Film-Adaptionen wurde die spannende und kontroverse Historie eher zur blumig-abenteuerlichen Fantasy-Mär abgeschliffen, und so passt es durchaus in den Blickwinkel, wenn man das zauberhafte Gelände der Komturei durch das große Portal betritt und an Drehorte und Kulissen der jüngsten Märchenverfilmungen denken muss. Insbesondere, wenn die Wiesen bunt und die Obstbäume voller Blüten oder Laub sind, ist es wirklich ein märchenhafter Ort, dessen Gelände zum größten Teil betreten werden darf – wo nicht, weisen Schilder freundlich darauf hin. Ein paar Blicke wert ist zuvor die Außenseite der Umgrenzungsmauer, deren pragmatisches Flickwerk von verschiedensten Epochen erzählt. Ihre Krone ist nachgerade exotisch bewachsen, im gekonnten Stil eines Steingartens.

Allee in den Raps um Lietzen Nord

Am ältesten sind wohl die Kirche und das benachbarte Herrenhaus, die zu Lebzeiten Walthers von der Vogelweide errichtet wurden, in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. In der einige Jahrzehnte zuvor gegründeten Mark Brandenburg war da gerade die Zeit der Askanier angelaufen. Der noch älter erscheinende Speicher hingegen kam erst etwas später dazu. Die Kirche ist meist geöffnet, die Tür einladend angelehnt, und diese Einladung anzunehmen lohnt sich. Neben der Stille und dem herrlichen blauweißen Himmelsgewölbe strahlt das kleine Schiff eine tiefe Ruhe aus, wozu auch die grobe Pflasterungen mit großen Ziegelsteinen beiträgt – im Altarraum übrigens in Bienenwabenform, die man auch im benachbarten Diedersdorf wiederfindet.

Komturei Lietzen mit Speicher, Kirche und Obstwiese

Zu all der Schönheit kommt noch die Lage über den Uferwiesen des Küchensees hinzu. Nördlich des neu gebauten Saal-Gebäudes gab es noch vor einigen Jahren eine sagenhafte Reihe freistehender alter Kastanien, die entlang eines grobknüppligen Geländers am Hang standen und dem Spaziergänger ihre waagerechten Äste fast ins Gesicht hielten. Dieses urige Bild im Kopf war fast so etwas wie das Tagesziel heute, und es ist wirklich schade, dass es diesen einzigartigen Ort nicht mehr gibt. Vermutlich wurde auch er ein Opfer der Wetterkapriolen. Zu hoffen bleibt der naheliegende Gedanke, dass nach Fertigstellung des neuen Gebäudes kleine Kastanienbäume nachgepflanzt werden. Das wäre wirklich schön.

In der Kirche, Komturei Lietzen

Vom Rand des Anwesens öffnet sich der Blick über eine idyllische Landschaft in grün, gelb und Himmelsschattierungen von grau bis blau, durch die sich unegal ein Wasserlauf zieht. Büsche und Bäume stehen vereinzelt darin, hinten verdichtet sich der Wald. Nachdem der Weg im Wald verschwunden ist, schwingt er sich in Kurven über eine kleine Anhöhe. Auch hier fallen wieder die vielen alten Bäume auf. Mehrere souverän-freundliche Spaziergänger begegnen uns. Sie wirken, als wenn sie den Jaguar im Zündschlüssel und den Weimaraner an der Leine hätten, darüber hinaus viele gute Ideen im Kopf und ansonsten gern ihre Ruhe beim Umsetzen dieser Ideen.

Steg zwischen den Seen, Lietzen Nord

Ein kleiner Fußgängersteg führt über den Durchlass zwischen Küchensee und Großem See, dahinter folgt ein üppiges Stück dichter Botanik – unten auf dem Weg die gelb leuchtenden Butterblumen, links und rechts die weiß blühenden Büsche und efeuberankten Baumstämme und darüber die frisch gedeckten Dächer der Baumwipfel. Sehr alte Buchen begleiten auch den Uferweg am Großen See, der manches Mal zu einer Rast am Wasser einlädt.

Rechts des Weges erhebt sich wie ein kleines Massiv ein fester, von Bäumen bestandener Sandhügel, der über steile Wände und Höhlen verfügt und rege von Schwalben und unterschiedlichsten Insekten als Unterkunft genutzt wird – demnach in halbwegs friedlicher Koexistenz. Es herrscht ein lebhaftes Kommen und Gehen, Flattern und Schwätzeln, begleitet von Gesumm. Bald öffnet sich der Wald und präsentiert ein Haus, das so wohlgefällig in blühende Fliederbüsche eingebettet liegt, dass es selbst kaum zu sehen ist. Rundherum gewinnt das Korn an Höhe und bildet schon winzige Ähren aus.

Großer See

Neuentempel

Auf den Wiesen zwischen Großem See und Halbesee rastet eine größere Schar Gänse, keineswegs lautlos, dazwischen mischt sich von weiter hinten das norddeutsch langgezogene Quaken der allerersten Frösche, und noch weiter hinten liegt eines der schönsten Dorfbilder Brandenburgs, das vom erwähnten Neuentempel mit seiner wuchtigen Kirche. War der Kirchturm vor ein paar Jahren fast noch vollständig zu sehen, sind die Bäume auf halbem Blick mittlerweile so hoch, dass nur noch die kantige Haube herausragt.

Kurz vor Neuentempel

Der geschwungene Verlauf des Weges zieht etwas höher die Uferlinie des Halbesees nach, auf dem zum ersten Mal in diesem Jahr das humorvolle und mitteilsame Geschnarre des Drosselrohrsängers zu hören ist, der im noch bleichen Uferschilf den Monat Mai bestätigt. Vom Ende des Sees brückt sich ein Weg durchs nasse Land, begleitet vom Verbindungsgraben zwischen Halbe- und Weinbergssee. Die Badestelle am Rand von Diedersdorf wurde in den letzten Jahren von Grund auf neu gestaltet, draußen auf dem See treibt sogar eine verankerte Badeinsel.

Dammweg zum Weinbergssee, Diedersdorf

Diedersdorf

In Diedersdorf, das wie das bekanntere Dorf gleichen Namens bei Großbeeren ebenfalls über ein Schloss verfügt, queren wir den kleinen Kirchhof und treffen vor der Kirchtür erneut auf die sechseckigen Pflastersteine. Schräg gegenüber bietet sich im Gasthaus nun unbedingt eine ausgedehnte Pause an. Erstmals in diesem Jahr können wir dabei im Freien sitzen, direkt neben der außerordentlichen Ulme, in der die Vögel aus den Furchen der Rinde kleinste Insekten ernten, teils kopfüber hängend. Als Hintergrundmusik zum Essen spielt im Gebüsch am Zaun eine trainierte Nachtigall ihr Repertoire für die anstehende Saison durch.

Alte Sensenschmiede am Rand von Neuentempel

Bald hinter dem Schloss biegt die stille Straße nach Neuentempel ab, die einem saftig grünen Talgrund folgt. Fast keine Autos fahren hier, und auf halber Strecke zwischen den Dörfern macht eine leicht erhöhte Rastbank ein faires Angebot. Als erstes Haus von Neuentempel empfängt die Alte Sensenschmiede, die noch immer komplett ausgestattet ist und deren Mauerwerk ähnlich pragmatisch gepatchworkt wurde wie die Lietzener Außenmauer von vorhin. Komplett wird das hübsche Bild durch ein schönes schmiedeeisernes Zunftzeichen, das somit doppelt passend ist.

Neuentempel

Im Dorf kommt von vorn der Oderbruchbahn-Radweg daher, der vorhin am Rand von Lietzen verführen wollte und einmal komplett durch Neuentempel fährt. Noch vorher zweigt nach rechts das Sträßchen Richtung Hedwigshof ab, dessen Asphaltband bald zwei wasserdurchlässigen Fahrspuren weicht. Vorher gilt es noch den lockenden Wegen hinab zum Großen Raaksee und dem Abzweig nach Hedwigshof zu widerstehen, beide durchaus schöne Optionen, den verbleibenden Weg noch etwas auszudehnen.

Wogende Rapsfelder bei Hedwigshof

Tief in den blühenden Rapsfeldern, welche die sanften Wellen der Landschaft abbilden, bereiten sich einige Bienenvölker auf ein gutes Stück Arbeit vor, und dann und wann rauscht ein Auto vorbei, meist mit Kennzeichen von ganz woanders. Die dichte Allee strebt direkt auf den Wald zu, der als schmaler Streifen die Felder vom zweiten Marxdorfer Haus trennt.

Wenn es am Vormittag schon ruhig war im Dorfe, so ist es jetzt noch ruhiger. Selbst die frischen Gänslein scheinen schon ins Nest gebracht zu sein, der Kirchenteich ruht spiegelglatt, frei von Lament. Gleichermaßen zurückhaltend und vordergründig liegt in der Luft das Sausen der eleganten Schwalben. Ihre Spiele verweisen auf eine Zeit, die bald schon kommen wird.














Anfahrt ÖPNV (von Berlin): wochentags über Seelow (1,25-1,75 Std.), am Wochenende ungünstiger

Anfahrt Pkw (von Berlin): Landstraße B 1 (ca. 1,25-1,5 Std.)

Länge der Tour: knapp 19 Kilometer (vielfältige Abkürzungen gut möglich)

Download der Wegpunkte
(mit rechter Maustaste anklicken/Speichern unter …)

Links:

Informationen zu Marxdorf (Amt Seelow)

Informationen zu Lietzen (Amt Seelow)

Seite der Komturei Lietzen

Einkehr: Ulmenhof, Diedersdorf

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